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die rohen Patrone fest. Alle fünf wurden in» Balinger Amtsgericht eingeliefert.

Göppingen 20. Sept. Die hiesigen Glaser ge Hilfen find in eine Lohnbewegung eingetreten; sie verlangen einen sofortigen Lohn­zuschlag von 3 Pfg. pro Stunde und vom 1. Mai n. I. ab einen weiteren Zuschlag von 2 Pfg. bei 9'/»ständiger Arbeitszeit. Der Mindestlohn soll 36, der Höchstlohn 49 Pfg. betrage». Für Arbeiten im Bau sollen 5 Pfg. Zuschlag pr. Stunde, für Arbeiten außerhalb 2.50 Mk. Zu­schlag pr. Tag gezahlt werden. Eine Einigung ist noch nicht erzielt worden.

Aus Schorndorf berichtet derBe­obachter" :Bei einer früheren Gerichtsverhand­lung hatte derBeob." die Mitteilung gemacht, Oberförster Leibnitz in Schorndorf werde als Zeuge darüber au»zusagen haben, daß der württ. Geschäftsführer de» Bunde» der Landwirte, Th. Körner, sich dahin geäußert habe: Zahle ihm die Deutsche Partei 1000 ^ mehr al» der Bund der Landwirte, so arbeite er auch für jene. Körner verklagte hierauf den Oberförster wegen Beleidigung. Am Freitag fand nun die Ver­handlung in Schorndorf statt. Da zeugeneidlich die Aussage de» Oberförster» bestätigt wurde, wurde Körner kostenpflichtig abgewiesen und Oberförster Leibnitz freigesprochen; Körner hat auch die erheblichen Kosten de» Beklagten zu be­zahlen." (Körner hat wegen derselbe« Ange­legenheit auch denBeobachter" verklagt; die Verhandlung hierüber wird am Samstag statt­finden.)

Wäschenbeuren 19. Sept. In dem Steinbruch von Singer L Krau» wurden Ver­steinerungen von Schnecken in der Größe von 7080 em aufgefunden; sie wurden von dem Geologen Pfarrer Dr. Engel-Kleinei-lingen aufgekauft.

Geislingen a. St. 19. Sept. Ein hei­teres Nebenbahn-Idyll spielte sich heute morgen auf dem Bahnhof Deggingen ab. Ge­wöhnlich werden dort an dem daselbst 5 Uhr 23 fälligen Personenzug noch 2 weitere Personen­wagen, die für gewöhnlich immer Sonntag abend dort stehen bleiben, wieder angekuppelt. Anstatt diese Rangierung zu nehmen, ist der Zug nach kurzer Rast mit Volldampf nach Reichenbach weiter­gefahren, Zugmeister, Schaffner und die bereits vollbesetzten zwei Wagen zum allgemeinen Gau­

dium zurücklafsend. Doch in Reichenbach kam der Ausreißer wieder zur besseren Einsicht, er bereute sein allzu rasche« Handeln und im ver­doppelten Tempo ging es wieder retour nach Deggingen. Die herzliche und freudenvolle Be­grüßung zwischen Zugmeister und Maschinensührer soll hier nicht näher beschrieben werden.

Gmünd 20. Sept. In der Lohnbewegung der Gold- und Silberarbeiter hat der Arbeitgeberverband von Gmünd die Arbeitgeber aufgefordert, Gold- und Silberarbeiter von Stutt­gart nicht einzustellen, da diese in einer Lohn­bewegung stehen. Weiter ersuche» die Gmünder Fabrikanten, Arbeiter au» anderen Betrieben nicht anzunehmen. Die Bezirksleitung de» deut­schen Metallarbeiterverbands hat nunmehr eben­falls die Sperre über Stuttgart und Gmünd verhängt.

Gmünd 18. Sept. Die von mancher Seite bezweifelte und bestrittene Tatsache, daß Gmünd nicht im Zunehmen, sondern in stetiger Abnahme begriffen ist, beweist unwider­leglich die eben ausgegrbene Betriebsbilanz der städtischen Gasfabrik für« Jahr 1909/10. Die­selbe konstatiert eine Abnahme der Ein­wohnerzahl von 1,1°/» ^ 230 Einwohner im letzten Jahr;, und der Geschäftsbericht de» städtischen Wasserwerks pro 1909/10 berechnet sogar eine Abnahme von 611 Köpfe« 3°/° bei einer festgestellten Einwohnerzahl von 20 770.

Heidenheim, 20. Sept. Die in ver­schiedenen Zeitungen enthaltene Mitteilung, daß die Frau Fetzer und ihr Verwalter in Schnait­heim verhaftet worden seien, ist nicht zutreffend. Bi» jetzt ist nur der junge Fetzer unter dem Verdacht des Mords an dem Dienstmädchen Anna Held verhaftet worden.

Vom Bodensee 20. Sept. Als Grund­stock für ein Wöchnerinnenheim in Konstanz hat die kürzlich dort verstorbene Witwe Allspach der Stadt Konstanz ein Legat von 10000 Mk. vermacht.

Berlin 19. Sept. Unter der Ueber- schriftDie wertlose Statistik de» Land­wirtschaftsministers" schreibt dieAllg. Fleisch erzeitung":

Der LandwirtschaftSminister veröffentlicht jetzt lange Spalten statistischer Zahlen, um seine Ablehnung aller Maßnahmen zur Mil-

von Wildberg und Altensteig auf Vollmaringen und Eutingen an den Neckar vor, um die Neckar­übergänge zu halten und womöglich da» Südufer zu gewinnen. Die Vorhut von Blau konnte durch überraschendes Artilleriefeuer von Bildech- ingrn aus die rote Kavalleriebrigade zum Rück­zug nötigen und sich in den Besitz von Horb setzen. Da« Regiment 121, dar bi« Nordstetten vorgegangen war, wurde von Rot wieder in den Grund hinabgeworfen. Doch wurde Horb von Blau gehalten. Morgen wird um den Besitz der Neckarübergänge ein heftiger Kampf entbrennen.

Oberndorf 20. Sept. Zum Rück­transport der Stäbe und Fußtruppen de« XIII. (württ.) Armeekorps au» dem Manövergelände werden am nächsten Donnerstag, den 22. September, nachmittag» und in der Nacht vom Donnerstag auf Freitag 19 Exlrazüge au»- geführt, von denen 5 in Rottenburg, je 4 in Niedernau und Bondorf und je 3 in Bieringen und Ergenzingen abgehen. Mit diesen 19 Zügen werden insgesamt 583 Offiziere, 14781 Mann, 781 Pferde, 85 Fahrzeuge und Geschütze und 180250 Kilogramm Gepäck befördert.

Rottweil a. N., 20. Sept. Al» merk­würdige« Zusammentreffen wird anläßlich der Ueberfiedelung in da» neue Landgerichtsgebäude die Tatsache vermerkt, daß die letzte Sitzung der Zivilkammer im alten Gebäude und die erste Sitzung im neue» Gebäude Prozesse in Sachen der Familie v. Münch zum Gegenstand der Verhandlung hatten.

En dingen OA. Balingen 20. Sept. I» der Nacht vom Samstag auf Sonntag war unser Ort der Schauplatz roher Auftritte. Fünf österreichische Monteure, bei der elektrischen Ueberlandzentrale beschäftigt, schlugen au« Aerger darüber, daß sie nach Eintritt der Polizeistunde die Wirtschaft verlassen mußten, im Gasthau» zum Adler Fenster und die Türfüllungen ein, demolierten auch ein Fenster in einem benach­barten Hause und fielen dann in der rohesten Weise über zwei ruhig de» Wegs kommende Endinger Bürger her. Ohne daß sie von diesen im geringsten gereizt worden waren, schlugen sie barbarischer Weise mit Knüppeln auf die beiden ein und brachten ihnen erhebliche Verletzungen, insbesondere am Kopfe bei. Die telefonisch herbeigerufene Balinger Landjägermannschaft machte dem rohen Treiben ein Ende und nahm

Himmlische Wonne und Ruhe waren an Stelle der schrecklichen Auf­regungen getreten. Wir saßen und sprachen nur von unser« Glück und unfern Hoffnungen. Und unbeschreiblich lieblich klangen mir all die Worte, die dem dankerfüllten Herzen meiner Braut Gott im Himmel, ich konnte es noch gar nicht fassen entströmten.

Wir schwelgten in dem Gefühl unserer Freiheit und beratschlagten, welchen Weg wir nehmen sollten, um möglichst schnell in eine Fahrstraße zu gelangen, die uns Aussicht gab, einem Schiff zu begegnen und damit Hilfe zu erhalte«. Endlich kamen wir überein, die Straße »ach Valparaiso zu wählen. Dieser Hafen lag allerdings noch 2600 Meilen fern, aber wa« verschlug «ns da» jetzt? Jedenfalls fanden wir dort große Schiffe zur Heimreise und jede Unterstützung bei dem dortigen englischen Konsul. Dieser Gedanke machte uns beide zu fröhlichen Kindern; wa« planten wa« schwatzten wir nicht alle»!

Darüber rötete sich allmählich der Osten. Golden stieg die Sonne au» den Fluten empor. Mit einem tief empfundene» stillen Daukgebet begrüßten wir den Tag.

Schluß.

Der Wind blieb un» günstig, und hoffnungsfroh arbeiteten wir mit vereinten Kräften. Ueberall leistete mein wackere« Mädchen treuen Bei­stand, stenerte wie ein alter Seemann.

Am Nachmittage de» fünften Tages sichtete« wir endlich ein Segel. ES war ein peruanisches Kriegsschiff, da» auf meine Signale hin uns ein Boot sandte. Der junge Offizier, der er e» befehligte, sprach französisch, und da ich dieser Sprache ebenfalls mächtig war, wußte er bald unsere Erlebnisse und Wünsche. Er kehrte zu seinem Schiff zurück und kam mit zwei irischen Matrosen wieder. Als wir un» trennten, gab er mir auf meine Bitte die Versicherung, daß sein Kommandeur nicht anstehen würde, da« Riff anzulaufen und die dort ihrem Schicksal überlassenen Leute ab­zuholen. Da» war mir eine große Beruhigung.

Die Tage vergingen so schnell, daß wir in einem Traum gelebt zu haben glaubten, als wir im Hafen von Valparaiso Anker warfen.

Wir machten dem britischen Konsul sogleich unfern Besuch, der nach­dem er unsere Erlebnisse erfahren, da» Schiff übernahm und un» in liebenswürdigster Weise Gastfreundschaft gewährte. Dankbar gedenke ich noch heute der herrlichen acht Tage, die wir in seiner Familie verleben dursten.

Nach Ablauf dieser Zeit ging ein schönes, großes Passagierschiff nach England, auf dem wir zwei behagliche Kabinen erhielten.

Bei unserer Abreise war Wetherley zugegen, der jetzt vor Glück strahlte, da ihm der Konsul auf mein Ansuchen L eovto de« Bergeloh»» einen erheblichen Vorschuß gezahlt hatte.

Auch uns waren so reichliche Mittel zur Verfügung gestellt worden, daß wir uns für die lange Reise glänzend hatten ausstatten können.

Jetzt machte mir nur noch der Gedanke an da« Verhalten ihrer Mutter Sorge. Doch all meine Befürchtungen in dieser Richtung zer­streuten sich mit unserer Ankunft in England. Die alte Dame war bei der Nachricht von der Zurücklassung ihrer Tochter auf dem Wrack einem Schlagfluß erlegen.

Colledge war es gewesen, der ihr diese Nachricht durch Vermittlung von Verwandte» hatte zukommen lassen. Sein Boot hatte nach längerem Umherirren das Glück gehabt, von der Korvette aufgefunden zu werden. Diese war noch zwei Tage auf der Suche nach dem Wrack in den Ge­wässern umhergekreuzt, dann aber in der Ueberzeugung, daß es während de» Sturme» «ntergegegange» sei, nach der Heimat gesegelt. Meine arme Luise war wie zerschmettert durch den Tod der Mutter. Sie wollte sich nicht tröste« lassen, und ihr Schmerz bereitete auch mir tiefen Kummer. Wenn mir der Tod der Mutter «un auch den Weg freigemacht hatte, so konnten wir doch nicht daran denken, vor Ablauf de» Trauerjahre» zu heiraten. Während dieser Zeit hielt sich meine Braut abwechselnd bei dem und jenem ihrer zahlreichen vornehmen Verwandten auf, und die» brachte neue Gefahre» für mich mit sich. Die ganze stolze Sippe arbeitete an ihr, die Verlobung mit mir rückgängig zu machen, und stellte ihr ein ganze» Heer von hochgeborenen Söhnen gegenüber. Ich lebte in einer wahren Tode»angst, bi» e« mir endlich gelang, sie zu meiner Mutter zu bringen, unter deren echt mütterlichem, sanftem, liebevollem Wese« sie allmählich seelisch gena». Schon nach kurzer Zeit erwiderte sie die ihr entgegengebrachte Liebe und zärtliche Fürsorge wie eine wirkliche Tochter. Sie fühlte sich glücklich und widerstand allen Lockungen, mit denen ihre Verwandten sie wieder zu sich hinüberziehe» wollten. Alle Ränke und Jntriguen scheiterten an ihrem Herzen. Nach Ablauf des Trauerjahre» fand unsere Hochzeit nur im Beisein meiner nächsten Verwandten statt.

Viele Jahre machte unser Lebensschiff eine von Glück getragene herrliche Sommerfahrt. Jetzt bin ich alt und allein.

(End e.)