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Eisenbahn- und Postprrsonalzeitung, das Organ de» Verbandes süddeutscher Eisenbahn- und Post­angestellten u. a.: Endlich, nachdem der Verband de» Süddeutschen Eisenbahn- und Postpersonals gleich nach Inkrafttreten der Reichsfinanzreform mit einer intensiven Agitation im ganzen Lande eingesetzt hat, nachdem in Versammlungen, Kon­ferenzen und in den Arbeiterau»schüssen die nö­tigen vorbereitenden Schritte getan worden sind, kommt auch der Hirsch-Duncker'sche Schwäbische Eisenbahnerverband hintennach gehumpelt und beruft am 18. September eine Kundgebung nach Eßlingen ein, um die nötigen Schritte einzuleiten wie da» Organ der Hirsche bemerkt, um auch für die württembergischen Eisenbahner eine Berücksichtigung ihrer berechtigten Wünsche bei der kommenden Gehaltsvorlage zu erreichen. Um die Parade wirksam zu gestalten, sollen auch die Mitglieder de» Zentrum»verbandes und die Mit­glieder unserer Organisation als Statisten dienen und der Bruderzwist fallen gelassen werden. Herr Roth hat scheintS ein sehr kurze» Gedächtnis. Wer hat denn den Zwist in die württemberg­ischen Eisenbahner hineingetragen? Wer hat denn die meisten ZersplitterungLarbeiten in der deutschen Arbeiterbewegung getrieben? Die Schuld wird dem Hirsch-Dunker'schen Verbände zuge­schrieben, der in de» ArbeiterauSschüssen der Krankenkasse und der Zuschußkasse so gut wie nichts geleistet habe. Bekanntlich hat auch der neue Eisenbahnerverband ek entschieden abge- lrhnt, seine Mitglieder als Dekoration für die geplante Demonstration gebrauchen zu lassen, nachdem gerichtlich festgestellt worden ist, daß die Führung der VerbandSgrschäfte des alten Ver­bände» nicht einwandsfrei gewesen ist.

Cannstatt 18. Sept. I« der ver­gangenen Nacht ereignete sich hier ein schwerer Automobilunfall. Anscheinend infolge zu schnellen Bremsen» überschlug sich ein Taxameter- automobil. Der Chauffeur und beide Insassen wurden au» dem Wagen geschleudert. Der erster« und die Insassin erlitten so schwere Ver­letzungen, daß sie »ach dem Krankenhau» gebracht werden mußten. Der mitfahrende Herr wurde ebenfalls verletzt, konnte sich jedoch später in seine Wohnung begeben.

Gräfenhausen OA. Neuenbürg 17. Sept. Zwei freche Stromer traten gestern früh 7 Uhr in den Laden de» Bäckers Wilhelm Glauner ein und plünderten, während dieser in der Backstube beschäftigt war, die Ladevkasse. Als der Bäcker da» Klirren der Münzen hörte, sprang er hinzu, schloß die Ladentüre und rief Nachbarn zur Festnahme der Diebe. Inzwischen hatten sich diese aber durch die Wohnung geflüchtet. Man setzte ihnen nach, konnte aber nur noch den

einen der Beiden festnehmen. Er hatte aber bloß 8 ^ bei sich. Die beraubte Kasse enthielt 40

Baiersbronn 17. Sept. Für die im Oktober stattfindende Schultheißenwahl sind 10 Bewerbungen eingegangen. Kandidaten sind:

1. Wagner, O., Polizeikommiffär, Eßlingen;

2. Hufnagel, W., Oberamtssekretär, Kirch- heim; 3. Dreher, G., Stadtpfleger, Calw; 4. Rommel, H., stellv. Stadtpflegebuchhalter, Stuttgart; 5. Wezel, E., Armenverwalter, Stuttgart; 6. Heid, R., Pol.-Inspektor, Stutt­gart; 7. Horsch, G., Ratsschreiber, Stuttgart;

8. Vaihinger, K., Stadtpfleger, Geklingen;

9. Gaiser, K., Oberamtssparkassenkontrolleur, Freudenstadt. Der 10. Kandidat hat inzwischen seine Bewerbung zurückgezogen.

Eßlingen 17. Sept. Oberbürgermeister Or. Mülberger hat beim Gemeinderat um Verlängerung seines Urlaubs nachgesucht. Er wird voraussichtlich erst Ende Oktober von seiner Amerikareise, die sich bi» San Franzi! co arrs- dehnen wird, hierher zurückkehren.

Köngen OA. Eßlingen 17. Sept. Den Hausbewohnern war es aufgefallen, daß der in Stuttgart wohnhafte ledige, hier zu Besuch wei­lende Architekt Gunzeuhäuser schon einige Tage nicht bemerkt worden war. Man ließ das Zimmer öffnen und fand ihn als Leiche vor. Ein Herzschlag hatte seinem Leben ein jähes Ende bereitet.

Kilchberg a. Murr 17. Sept. Auf schreckliche Weise verlor in Marion, Ohio, der dort lebende älteste Sohn Angust des hiesigen Händlers August Schwarz sein Leben. Frau und 4 Kinder warteten am Samstag, den 13. August, auf ihren Vater, um dessen 34. Geburts­tag zu feiern. Als er aber ungewöhnlich lange aukblieb, veranlaßte die geängstigte Frau Nach­forschungen. die endlich am Sonntag früh zu dem Ergebnis sührten, daß Schwarz an seiner Arbeits­stelle in den Werkstätten der Delaware Big-Tour- Eisenbahn bei Regulierung eine» mächtigen Transmission»riemen» erfaßt und mit umgestükptem Körper so zwischen eine Wand und ein Schwung­rad gepreßt wurde, daß die Mitarbeiter, die von allem nichts wahrgenommen hatten, de» leblosen Körper für ein Paar hingeworfene Arbeitshosen hielten.

Welzheim 17. Sept. Gestern früh 7 Uhr brach in dem den Geschwistern Frank und der Familie Oesterle gehörigen Wohngebäude in der neue« Straße Feuer aus, durch das da» Gebäude bis auf die Grundmauern eingeäschert wurde. Vieh und Fahrni» konnte gerettet werden, über die Entstehungsursache des Brandes weiß

mau nicht» Bestimmtes. Der Abgebrannte Oesterle ist nicht versichert.

Welzheim 17. Sept. Wie sich jetzt hrrausgestellt hat, ist das Feuer, dem da» Wohnhaus der Familien Frank und Oesterle zum Opfer gefallen ist, von dem 11jährigen Sohn der Schuhmacherswitwe Knödel verursacht worden. Der Bursche hatte sich kurz vor Schulbeginn auf den Scheunenboden begeben und das Heu in Brand gesteckt.

Tuttlingen 17. Sept. (DieMilitär­närrischen".) Ein hübsches Geschichtchen über die Anziehungskraft des Militärs erzählt der Gränz-Bote". Von Arbeiterinnen einer hiesigen Fabrik wurde ««läßlich der Manöver an den Fabrikanten folgender Brief gerichtet: Werter Herr H.! Wir möchten Sie höflich ersuche«, uns diesen Nachmittag frei zu geben. Sie werden wissen Herr H., daß wir Weibsleut auch noch ein wenig militärnärrisch sind und eine solche Gelegenheit selten geboten wird (stimmt!). Wir werden bestrebt sein, diese« Nach­mittag nächste Woche wieder einzubringsn. Werter Herr H., find Sie so gut und tun Sie un« den Gefallen. Im Namen aller Ihrer Stepperinnen. (Es folgen 3 6 Unterschriften.) Der Arbeitgeber konnte sich denzwingenden Gründen" nicht verschließen und bewilligte das Urlaubs­gesuch anstandslos.

Karlsruhe 18. Sept. Die Festlich­keiten anläßlich der silbernen Hochzeit de» Großherzogpaares haben ihren Anfang genommen. Die Stadt ist überaus prächtig ge­schmückt. Es finden verschiedene Ausstellungen statt. Unter anderem wurde gestern in Anwesen­heit des Großherzogspaares eine elektrotechnische Ausstellung eröffnet. Am heutigen Sonntag waren verschiedene Vereinsveranstaltunge» u. a. eine Regatta der Karlsruher Vereine, welcher der Großherzog und die Großherzogin gleichfall» anwohnten. Es macht sich bereit» ein gewaltiger Fremdenzustrom bemerkbar. Große Menschen- massm durchwogen in festesfroher Stimmung die Straßen der Stadt.

Baden-OoS 16. Sept. Die Kata­strophe de» 1^2 6 ist, wie da» Südd. Korr.- Bureau meldet, soweit die bitherigen Feststellungen ergeben haben, auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführev, sei es, daß man den Motor zu früh laufen ließ, als sich noch offenes Benzin in der Gondel befand, oder durch Uebertretung des Rauchverbots in der Nähe der Hintere» Gondel, in der bekanntlich da» Unheil seinen Anfang nahm. E» wurde ein mit Benzin ge­tränkter (?) Zigarrenstummel gefunden. Von einem Augenzeugen wird berichtet, daß er bei

Wa»? Wie? Tot?

Richtig tot. Erschossen von der Dame!

Ich starrte sie mit offenem Munde an, doch nur einen Augenblick. Ich mußte zufassen, um die geliebte Gestalt, deren Arme schwer von meinem Hal» herakfielen, aufzufangen. Sie war ohnmächtig geworden.

Schnell, Wetherley, Ihre Jacke herunter! rief ich erschreckt. Dann trug ich die Bewußtlose nach einer geschützten Stelle, ließ sie sanft nieder, legte ihr zärtlich die zusammengerollte Jacke unter den Kopf und öffnete ihr den Halskragen.

So mußte ich sie einstweilen in Angst und Sorge verlassen, denn da» anhaltend wütende Gebrüll auf der Insel trieb zur äußersten Eile. Gelangte da» Boot in die Hände der Teufel zurück, bevor wir da» Schiff vom Anker freigemacht und wenigstens ein Segel gesetzt hatten, dann waren wir verloren.

Nun hurtig, Wetherlcy, eine Laterne zum Bratspill! Ich hole in­zwischen eine Axt, wir müssen die Ankerkette kappen!

In gleicher Hast stürzten wir beide davon. Al» wir an der Ankerwinde wieder zusammentrafen, nahm Wetherley die Axt, während ich leuchtete, schlug ein Glied der Kette durch, und raffelnd fuhr die Kette vom Anker gezogen durch die Bugklüse in die Tiefe.

Nun hieß e» wenigstens einige Segel fetzen, um den Wind zu fangen, so schwach er auch war. Eine kurze Besprechung genügte, welche von den gereffte» Segeln wir zunächst aufbinden und falle» lassen wollten. Ich brauchte Wetherley nicht zu treiben. Der sonst so schwer­fällige Mann war behende wie ein Eichkätzchen, denn er wußte, wa» ihm bevorstand, wenn wir erwischt wurden.

Mit fast übermenschlicher Anstrengung gelang e» un» in kurzer Zeit, mehrere Segel in den Wind zu bringen. Und einGott sei Dank" entstieg unserer keuchenden Brust, als wir bemerkten, daß die Bark Fahrt machte. Sie schlich zwar »och schneckengleich dahin, doch sie war wenigsten» glücklich in Bewegung.

Ich rannte nun zum Ruder, stillte es nach Maßgabe des Windes ein, machte es fest, und überließ e» dem Schiff, sich kurze Zeit selbst zu steuern.

Erst jetzt konnte ich meinem Herzen folgen und nach Fräulein Temple sehen; sie war mittlerweile zu sich gekommen und versuchte sich aufzurichten, allein aber wollte ihr das nicht gelingen. Ich mußte ihr helfen. Lang­sam führte ich sie unter zärtlichen Worten nach dem Oberlicht der Kajüte, wo ich sie niederließ und mich neben sie setzte. Ich konnte zwar nur wenige Minuten bleiben, doch auch diese waren glückselige für mich. Sie sagte, daß sie, sobald sie wieder bei Kräften wäre, uns so gern helfen würde, und zeigte kindliche Freude, als ich ihr sagte, daß wir dringend eine» Steuermanns bedürften. Mein Glück, sie in solcher Stimmung verlassen zu können, war groß; neu belebt sprang ich eilend» wieder Wetherley zu Hilfe, der inzwischen Vorbereitungen getroffen hatte, das große Focksegel aukzuschüttcln.

Während mir mit dieser schwer zu bewältigenden Arbeit beschäftigt waren, dauerte der Lärm am Ufer drüben ungemindert fort. Mir schien es, al» ob sie jetzt nach Forrest riefen. Der machte un» ja freilich keine Sorge mehr, aber die Angst, daß das Boot inzwischen zurückkehre« könnte, ließ mir keine Ruhe. Immer und immer wieder schweiften meine Blicke über die Lagune, ohne etwas von demselben zu erkennen, endlich aber bemerkte ich gegen die Sterne einen dunkeln Punkt auf dem schwarzen Wasser, und ihn im Auge behaltend, erhielt ich die Gewißheit, daß e» da» Boot war. Ich konnte unterscheiden, wie es breitseit dahiuschaukelte ein Zeichen, daß es von keinem Ruder bewegt wurde. Von dem Kerl darin war keine Spur zu bemerken, er mußte also noch immer schlafe«. Da» nahm mir eine Zentnerlast von der Seele, denn immer noch kroch die Bark wie eine Schnecke durch das Wasser.

Erst als e» un» glücklich gelungen war, da» Focksegel zu setzen, und der Wind diese» große Stück Leinwand etwas zu bauschen begann, kamen wir ein wenig mehr in Fahrt. (Forts, folgt.)