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der selbst Veteran ist, die Festrede hielt, erlitt er plötzlich inmitten der Rede einen Herzschlag, der den sofortigen Tod des sonst gesunden Mannes herbeisührte. Er erreichte ein Alter von 65 Jahren und stand 31 Jahre lang an der Spitze der hiesigen, rasch aufblühenden Gemeinde.
Giengen a. Br. 4. Sept. Im Juli fand in Tsingtau die Uebergabe der von der Firma Gebrüder Link hier für die dortige Christuskirche erbauten Orgel statt. Sachverständige waren Dr. Grusen und Lehrer und Organist Schuhmann, die beide abwechselnd mit Orgelbaumeister Reinhold Link, der die Aufstellung der Orgel selbst übernommen hatte, das schöne Werk den zahlreich erschienenen musikvsrständigen Gästen vorführten. Die zarte, edle Tongebung, verbunden mit sehr präziser Ansprache, die feine Charakterisierung der einzelnen Register und die im Plenum entfaltete Wucht und Tonfülle fanden ungeteilten Beifall.
Bad Mergentheim 6. Sept. Mergentheim ist an einem bedeutsamen Abschnitt seiner Entwicklung angekommen. Was für eine Universität der 2000. Student ist, dar bedeutet für ein Bad der 2000. Kurgast: den Schritt vom Kleinen zum Große». Während die Frequenz in den früheren Jahren zwischen 200 und 600 Kurgästen schwankte und im letzten Jahre auch erst 1400 erreichte, hat er Mergentheim in diesem Jahre schon in den ersten Tagen des September zum 2000. Kurgast gebracht. Es darf nicht wundernehmen, wenn der 2000. Kurgast mit besonderem Jubel erwartet wurde. Er erschien gestern in der Person der Rudolf v. Pfister aus Saloniki und wurde durch Böllerschüsse freudig empfangen. Abend» fand ein größere» Fest mit Illumination de» Kurhauses, sowie der Parkanlagen und imposantem Feuerwerk statt, da» trotz der ungünstigen Witterung von zahlreichen Personen au» Mergentheim und Umgebung besucht war. Im Verlauf de» Abend» besuchte der Badekommifsar, Haupimann a. D. Jamin den 2000. Kurgast nud überreichte im namens der Kurverwaltung einen silbernen Tafelaufsatz. Der Gefeierte dankte mit einem Hoch auf das weitere Wachsen und Gedeihen Mergentheims und auf das baldige Erscheinen des 10 000. Kurgaste». Eine im Anschluß daran veranstaltete Tanz-Reunion beendete da» stimmungsvolle Fest. Eine weitere Ehrung des 2000. Kurgastes seitens der Stadlgemeinde Mergentheim ist in dieser Woche geplant.
Laupheim 6. Sept. Am Samstag flog ein großer Luftballon, der am Abend zuvor in Saarbrücken aufgestiegen war, über den südlichen Teil der Stadt hinweg. In der Gondel
befanden sich 3 Personen. Ein auSgeworfeneS Tau riß einen Schornstein um, auch wurde an Telephon und elektrischen Leitungen, sowie an einigen Dächern teil» nicht unbedeutender Schaden angerichtet. Der Ballon landete bei Bühl.
Friedrichshofen 6. Sept. Auf tragische Weise verunglückte gestern früh der Hilfsmatrose Anton Deutschle. Er wollte auf dem auf einer Traj kffahrt von hier nach Bregenz befindlichen Dampfer „Königin Charlotte" in Höhe von Langenargen mit einem Eimer Wasser schöpfen und fiel dabei ins Wasser. Bei dem hohen Wellengang sank er sofort unter und trotzdem der Dampfer sofort bei der Unfallstelle schwenkte und sie mit dem Rettungsboot abgesucht wurde, war von dem Verunglückten nichts mehr zu sehen. Die Leiche konnte noch nicht gefunden werden und es dürfte bei der großen Seetiefe eine Bergung ausgeschlossen sein.
Friedrichshafen 6. Sept. Von Straßburg aus verbreitete gestern das „Hirschbureau" die Nachricht, daß die Passagierfahrten de» 1-2 6 von Berlin aus verboten worden seien. Auf eine Anfrage telegraphierte Direktor ColSmann: Von Fahrverbot hier nicht» bekannt. Die Garnisonverwaltung Straßburg» hat nur abgelehnt, einen Landungsplatz zur Verfügung zu stellen.
Baden-Baden 6. Sept. Die für heute vormittag geplante Fahrt des 1-2 6 nach Straßburg wurde wegen der widrigen Windverhältnisse aufgegeben und im letzten Augenblick Karlsruhe als Ziel gewählt. Um V-11 Uhr erfolgte der Aufstieg. Gegen V-12 Uhr traf da» Luftschiff in Karlsruhe ein, wendete dort und kehrte nach Baden-Baden zurück. Hier machte 1-2 6 eine Schleife und landete gegen V-2 Uhr glatt vor der Halle in Oos. — 1-2 6 stieg nachmittags 4.10 Uhr abermals auf und unternahm eine Fahrt nach Straß bürg, da sich da» Wetter inzwischen günstiger gestaltete. ES befanden sich, wie am Vormittag, 9 Paffagiere in der Gondel.
Baden-Baden 6. Sept. Für morgen wird eine Zielfahrt nach Pforzheim geplant und für den 15. oder 16. ds. Mt», eine solche nach Frankfurt a. M, wozu bereits sämtliche Plätze vergriffen find.
Mannheim 5. Sept. Ueber einen kuriose« Fall von ein^m hier wohnenden Deutschen, der doch kein Deutscher ist, berichten die Blätter. Er wurde 1875 in Speyer geboren, wuchs dort auf und meldete sich als junger Mann vorschriftsmäßig zur Stammrolle an. Er wurde auch genommen, diente seine zwei Jahre beim 17. bayerischen Infanterie-Regiment in Germerkheim ab und wurde auch später zur
Reserve- und Landwehrübung eingezogen. Vor drei Jahren verheiratete er sich, und die Trauung wurde auf Grund seiner Militärpapiere vollzogen. Später, als er bei der Geburt eine» Kindes Papiere beibringe» mußte, machte die Behörde eine Entdeckung, die ihn aus allen Himmeln riß. Er, der sich stet» als Deutscher fühlte und e» nicht anders wußte, der zwei Jahre beim Militär gedient hatte, eine Reserve- und eine Landwehrübung machen mußte, ist kein Deutscher. Er wollte e» selbst nicht glauben, aber die Behörde bewies es ihm schwarz auf weiß. Sein Vater, ein Pfälzer, war einstmals nach Amerika au»- gewandert, aber 1875, also vor der Geburt seines Sohnes, wieder nach Speyer zurückgekehrt, Jedenfalls au» Unkenntnis hatte er das bayerische Staattbürgerrecht nicht wieder erworben. De» amerikanischen Bürgerrechts war er inzwischen verlustig gegangen, und so kommt es, daß sein Sohn heimatlos ist. Amerikaner ist er nicht, Deutscher, trotzdem er dienen mußte, auch nicht, es sei denn, er legt zirka 180 Mark, soviel kostet die Erwerbung der bayerischen Staatsangehörigkeit auf den Tisch der Behörde. Dagegen sträubt sich aber der Betreffende. Er ist der Meinung, daß er alt Deutscher, der nur aus Versehen k^in abgestempelter Deutscher ist, der zwei Jahre beim Militär dienen, Uebungen machen mußte u. s. w., genau wie j der, der ein richtiger Deutscher ist, daß der nicht erst eine solche Summe zu zahlen braucht. Der Betreffende ist nun schon verschiedene Instanzen durchgegangen, aber überall mit negativem Resultat Interessant ist, daß der Betreffende bei den letzten beide» Reichstagswahlen in Mannheim gewählt hat, den« er glaubte doch, ein Deutscher zu sein. Er war auch ordnungsmäßig in die Listen eingetragen und wurde nicht beanstandet.
Berlin 6 Sept. Der Kaiser hat, wie man dem N. Tagbl. berichtet, für die diesjährigen Kaisermanöver bestimmt, daß für seinen persönlichen Gebrauch nur alkoholfreie Getränke in» Manöverfeld mitgeführt werden sollen, da er die Strapazen der Manövertage am besten erträgt, wenn er keinen Alkohol genießt. Wie es heißt, hat der Kaiser auch alle Truppenteile aufgefordert, im Manöver recht wenig Alkohol zu genießen.
Berlin 6. Sept. Roosevelt machte am gestrigen Labor-Day in Fargo (Süd-Dakota) einer Zuhörerschaft von 20000 Personen die Probleme der Arbeiterpolitik in den Vereinigten Staaten klar. „Das 20. Jahrhundert", sagt« er, „hat die Aufgabe, die großen produktive» Kräfte de« Lande» mehr für die Bedürfnisse der Massen als für den Privatbesitz nutzbar zu machen. Ich bin Anhänger de» Prinzips der Organisationen
die Tür offen stand, eine unmittelbare Verbindung mit der durch das Oberlicht sonnenerhellte Kajüte bestand. Da dir» ebenso mit meiner Kabine der Fall war, besaßen wir sozusagen nunmehr eine zusammenhängende Wohnung von drei Zimmern, und da» hob unsere Stimmung und ließ uns unsere Lage viel behaglicher erscheinen.
Meine ursprünglich fröhliche Natur kam wieder mehr zum Durchbruch, und so machte ich wiederholt den Versuch, durch munteres, freundliches Wesen ein bessere» Verhältnis zwischen mir und Lush anzubahnen, aber all mein guter Wille scheiterte an der ewig verdrossenen Übeln Laune dieses Kerls. Er war wie ein Igel; bei jeder Annäherung meinerseits sträubte er seine Stacheln und sah mich tückisch an. So gab ich ihm gegenüber bald alle Freundlichkeit auf und sprach mit ihm nur noch in befehlendem Ton. Ueberhaupt gewöhnte ich mich merkwürdig schnell an meine Würde als Kapitän; ich staunte, wie mir noch alles fest im Gedächtnis saß, wa» ich in den zwei Jahren meiner Seemannszeit gelernt hatte, und wie ich es praktisch zu verwenden wußte. Bei jeder Gelegenheit zeigte ich mich sicher und bestimmt, und dies hauptsächlich, neben meiner freundlichen Art, war e» wohl, wa» mir bald Achtung bei den Leuten verschaffte. Mit Genugtuung und Vergnügen nahm ich wahr, wie willig und eifrig sie alle meine Befehle befolgten, und wie fröhlich sie sowohl bei jeder Arbeit al« auch in ihren Freistunden waren. Sie trieben allerhand Kurzweil, sangen, scherzten und führten Tänze nach den Klänge« einer Fiedel auf. Es war, al» ob wir «n» auf einer Vergnügungsreise befänden.
Niemals bemerkte ich irgendwelche Zeichen von Trunk; Lush hielt darin in der Tat gute Zucht. Er achtete streng darauf, daß nur die gewöhnliche Tagesration Rum verabfolgt wurde.
So ging alle» glatt von statten, und in der von allen geteilten Sehnsucht, die Reise so schnell al» irgend möglich zurückzulegen, schonte ich keine Leinwand und ließ dev weißen Klipperrumpf der Bark mit Kometengeschwindigkeit die Wellen durchschneiden. Wir legten täglich an»
Wunderbare grenzende Strecken zurück, und je toller die Fahrt ging, desto aufmerksamer zeigte sich die Mannschaft für jeden meiner Winke
Ich brauchte keinerlei Besorgnisse mehr zu hegen, meine Gefährtin sich auf Deck sehen zu lassen. Ich legte ihr daher auch nicht» in den Weg, mich, so oft sie wollte, während meiner Tageswachen zu begleiten. Sie schien sich in da» Unvermeidliche gefunden und beschlossen zu haben, allem, wa» kommen mochte, mit Mut und Geduld entgegen zu gehen.
Mit der Zeit wurde da» jedoch anders. Sie wurde teilnahmslos, genoß fast nichts mehr, fand nur wenig Schlaf, wurde immer hagerer im Gesicht und verlor den Glanz ihrer herrlichen Augen. All meinem aufmunternden Zureden begegnete sie nur mit einem matten Kopfschütteln oder wehmütigen Lächeln.
Meine Verzweiflung hierüber war um so größer, als meine Liebe sich von Tag zu Tag steigerte. Mein Herz krampfte sich vor Schmerz bei ihrem Anblick zusammen. Ich zermarterte mein Hie», wie ich sie diesem Gemütszustand entreißen, ihr wieder aufhelfen könnte. Aber nicht», nichts wollte mir einfallen.
Schließlich verfiel ich auf den Gedanken, an da» Gefühl der Mannschaft zu appelieren; ich wollte sie versammeln, ihre Menschlichkeit anrufen und sie anflehen, da» Mädchen vor der Erreichung de» Kap Horn auf ein anderes Schiff zu bringen. Ich wollte, wenn man nicht darauf einging, da» Kommando des Schiffes niederlegen, mich um nicht» mehr kümmern. Doch auch dieser Gedanke hatte seine großen Bedenken. Aus dem, was Wetherley mir ab und zu über die Gespräche der Mannschaft zugrtragen,
hatte ich erkannt, daß bei allem äußerlichen Wohlverhalten sich die Stimmung
im Handumdrehen gegen mich wenden konnte. Ich sprach deshalb erst noch einmal darüber mit Wetherley über meine Absicht und mußte diese al» völlig verfehlt aufgeben, als er mir versicherte, daß ich mit der Weigerung, da» Schiff weiter zu führen, mir mein eigene, Todesurteil sprechen und die Dame der Rache der Leute prei,geben würde.
(Fortsetzung folgt.)