862

Schwimmverei» Cannstatt; 4. Georg Proß, Schwimmverein Heilbronn; 5. Wilhelm Proß, Schwimmverein Heilbronn; 6. August Schwende­mann, Schwimmerbund Schwaben-Stuttgart; 7. Otto Böhm, Schwimmverein Neptun Schwab. Gmünd.

Cannstatt 32. Aug. Die Süddeutsche Fluggesellschaft hat heute nacht durch den Orkan ihren flugbereiten Apparat ein­gebüßt. Der Aeroplan, der unter der Direktion von Hugo Ritheimer von den Ingenieuren Heiner'ci und Lehmann erbaut wurde, stand in einer von Gipsdielen gebildeten Halle. Die Einfahrt, die nur durch Segeltuch abgeschlossen werden konnte, bot dem heftigen Sturm nicht genügend Widerstand und in Kurzem uu-ß der prächtige Aeroplan sein Opfer geworden sein. Das Dach der Halle ist abgedeckt, die Flügel des Apparates zerstört und verbogen, ebenso Motor und Propeller. Vor 4 Wochen wurde der erste Flugversuch mit dem Aeroplan gemacht, wobei dieser aber verunglückte. In den nächsten Tagen hätten weitere Flugversuche stattgefunden.

Cannstatt 23. Aug. Für den Drei­decker der Herren Profifsor Baumann und Ingenieur Schreiner aus Charlottenburg wurde in den letzten Tagen ein riesiger Schuppen auf dem Wasen erbaut. Der kolossale Aeroplan wiegt annähernd 7 Zentner. Da sich die Er­finder seither auf dem Wannsee bei Berlin übten, so benützten sie im Gegensatz zu anderen Systemen ein aus Stahlrohr und Segeltuch bestehendes Boot, das jetzt bei den Uebungen auf dem Wasen in Wegfall kommt und durch einen Radwagen ersetzt wird. Die Erfinder werden noch ca. 14 Tage zu diesen Umänderungen brauchen.

Von den Fildern 22. Aug. Das Un­wetter, das heute nacht hier wütete, richtete auf den Feldern großen Schaden an. Auch vieler unreifes Obst fiel von den Bäumen. Die Telephonverbindungen sind unterbrochen. Die elektrischen Lichtleitungen wurden teilweise zerstört.

Eßlingen 22. Aug. Während des überaus heftigen Gewitters, das während der Nacht von gestern auf heute ausbrach, schlug der Blitz in da» Haus des Lokomotivführers Blaicher am Roßmarkt und zertrümmerte den Kamin und da« Dach, zündete aber glücklicher­weise nicht. Seit langem haben wir kein so heftiges Gewitter mehr erlebt. Ununterbrochen zuckten die Blitze und krachte der Donner, lange Zeit schien der Himmel in ein Feuermeer getaucht zu sein. Taghell war die Nacht beleuchtet. Die Telephonleitungen waren vielfach gestört, auch die elektrische Beleuchtung funktionierte längere Zeit nicht mehr.

Eßlingen 32. Aug. (Auch eine Sub- missionsblüte.) Bei einer Submission, die das Hochbauamt auf Lieferung von Mobiliar für das neue Gymnasium ausgeschrieben hat, wurden von drei Firmen 380, 360 und 350 ^ verlangt, von einer vierten Firma 128 Für ein anderer Stück wurden von derselben Firma 138.^ gegenüber anderen Angeboten von 285 und 280 Mark verlangte. Gestern mittag wurde einem Knechte de» Viehhändler« Lindauer von einem Bekannten, mit dem er sich unterhielt und den er bewirtete ein Hundertmarkschein gestohlen. Der Dieb konnte noch rechtzeitig festgenommen werden. Er hatte den Schein schon wechseln lasten, doch fand c.-.n den g-^ten Teil des Geldes noch bei ihm.

Reutlingen 22. Aug. Die Witwe de» Kunstmühlenbesitzers Hahn von hier, die sich bei Verwandten in Göppingen aufhielt, hat sich dort in einem Anfall von Schwermut erschossen.

Reutlingen 22. Aug. Verschiedene Einbruchsdiebstähle der letzten Zeit deuteten darauf hin, daß sie von ein und derselben Person durch Nachschlüssel verübt worden sind. Als nun der seit einigen Woche» hier arbeitende verheiratete Schlaffer Karl Baurle von Tübingen dieser Tage in Stuttgart eine goldene Damenuhr zum Ver­kauf anbot, gelang es, in ihm den hiesigen Ein­brecher zu erkennen, der am 6. und am 10. Aug. aus verschlossenen Zimmern zweier Häuser der Bismarck- und der Karharinenstraße Bargeld und goldene Uhren gestohlen hatte. Er wurde'ver­haftet unter der weiteren Anschuldigung, auch in Stuttgart verschiedene Diebstähle in Mägde kammern verübt zu haben.

Großbottwar OA. Marbach 22. Aug. Ein verheerendes Unwetter wütete in der vergangenen Nacht im größten Teile unseres Bottwartales. Unter unaufhörlichem Blitz und Donner raste eine Stunde lang ein wütender Sturm über die Fluren, der, begleitet von Regen und Hagel, namentlich den Obstanlage» schweren Schaden zufügte und auch sonst in den Fluren an den Feldfrüchten allerlei Schädigungen verursachte. Hunderte Zentner von Obst lagen heute morgen weit und breit verstreut und viele schwerbeladene Neste lagen mit ihrer Last ab­gebrochen am Boden. Das Unwetter dürfte die Obstaussichten bedeutend verschlechtert haben.

Ludwigsburg 22. Aug. Am Samstag ist au» dem hiesigen Zuchthau» der 39 Jahre alte Schneider August Reiser von Magstadt entflohen. Er hat einem ZuchthauSauffther' Zivilkleider gestohlen, deren Besitz ihm seine Flucht sehr erleichterten.

Ludwigsburg 22. Aug. Ueber die Entweichung des 39jährigen Schneiders

August Reiser von Magstadt, desselben, der schon im September 1908 geflohen und damals in Pforzheim wieder aufgegriffen worden war, berichtet dieLudwigsburger Zeitung" näher wie folgt: Der Geflüchtete ist ein alter Einbrecher, der schon etwa 13 Jahre abzubüßen hatte. Er war im Buchbindereibetrieb, und zwar in einem besonderen Zimmer, beschäftigt. Ohne daß der Aufsichisführende etwas davon bemerkte, verstand e» R. in einer Ecke der Werkstätte vom Boden ein Brett auszulösen und damit die Decke in die darunter liegende Wohnung des Oberaufsehers Haller durchzustoßen. Durch das entstandene Loch stieg der Verbrecher hinab und fand nun in der Wohnung, was er zu seinem Weiterkommen brauchte: zunächst die gute dunkle Kleidung eine» Sohnes Hallers, die er mit seinem Sträflingsanzug vertauschte, sodann einen Bund Schlüssel, mit denen er die vorhandenen Schwierigkeiten leicht bewältigte. Vollkommen unbelästigt gelangte Reiser in den sogen. Pfarrhof und von da durch eine offene Tür in die Schorndorferstraße. Ueber den Weg, den er dann weiter einschlug, gab die Tätigkeit des von Stuttgart herbeigerufenen PolizeihundesSherlock" zuverlässigen Aufschluß. Er nahm, nachdem man ihm Kleidung und Schuhe de« Ausbrechers vorgelegt hatte, die Spur vom Ausgang in der Schorndorferstraße unverzüglich auf, verfolgte sie bis zur Königsallee und behielt sie auch bei, als man das Tier, um völlig sicher zu gehen, nochmals zum Zuchthaus zurückgesührt hatte. Die Spur führte dann durch die Wilhelmstraße über den Arsenalplatz und durch die Myliutstraße bis vor einen Kartenschalter de» Bahnhof«, wo der Hund sichverbellte". Reiser hat sich zweifellos eine Fahrkarte gelöst und ist abgereist; wohin, darüber fehlt bis jetzt noch jeder Anhaltspunkt. Ungewiß ist auch, ob Reiser über größere Geldmittel verfügt; in der Hallerschen Wohnung ist ihm Bargeld nicht in die Hände gefallen.

Neckargartach 22. Aug. Der Jagd­pächter und Mühlenbesitzer Weizsäcker ist beim Schießen dadurch verunglückt, daß sich ein Schuß nach rückwärts entlud und Weizsäcker am Auge so schwer verletzte, daß die Sehkraft gefährdet ist.

Nieder stellen OA. Gerabronn 23. Aug. Ein furchtbares Gewitter, begleitet von einem orkanartigen Sturm, ging hier nach der furcht­baren Hitze des Sonntag» heute früh um V-2 Uhr nieder. Der Schaden in der Stadt und Umgebung ist sehr groß. Viele Dächer sind großenteils abgedeckt und besonders beim Dache der Getreide-Verkaufsgenoffenschaft dürfte der Schaden allein sich auf 200300 ^ belaufen. In der Umgebung find viele prächtige Obstbäume geknickt oder beschädigt. Stellenweise ist die

I nu, warum denn nich? Da wär doch mal wieder 'n richtiger da.

Nun sagen Sie aber mal, Wetherley im Vertrauen so ganz unter uns, ein Schiffsmaat zum andern fehlt es dem Kapitän nicht hier oben ein bißchen? Dabei berührte ich meine Stirn.

Hm, wiegte er mit dem Kopf, könnt' wohl sein. Hab's schon ge­dacht, solange ick bei ihm bin.

Was ist denn die Meinung der andern darüber?

Ah, ba, schnippte er mit den Fingern, indem er vorsichtig umher­blickte, ob die Küste auch klar sei, das Volk i» zu dumm, da» merkt nicht» als höchstens 'n Grog, den man 'em unter de Nase hält

Wa» Sie sagen! Ganz das Gegenteil habe ich geglaubt. Ich will' Ihnen nicht verhehlen, daß ich nach Andeutungen, die mir der Kapitän machte, die ganze Mannschaft für gefährliche, schlaue, durchtriebene Burschen hielt. Er ließ mich durchblicken, daß es Meuterer und entlaufene Sträf­linge wären, ja sogar einer darunter sei, der einen Mord begangen habe.

Er sah mich verwundert an, schob an seiner Mütze und kratzte sich hinterm Ohr. Na, da muß 'r mehr wissen wie ich. Meutert mögen wohl schon manche haben und auch sonst in ihrer Dummheit Unrechte« getan haben, ohne sich viel Gewissen draus zu machen. ES könn'n auch welche Sträflinge gewes'n sein. Kann sein, kann nich sein aber seh'n Se, e Mord i» doch 'ne schwere Sache! Wen mag er denn damit meinen?

Darüber hat er sich nicht bestimmt geäußert, Sie werden es aber begreiflich finden, daß, wenn ich mit der Dame bi» Mauritius auf dem Schiffe bleiben muß, ich auch gern Bescheid wissen möchte, ob die Mann­schaft auch wirklich gefährlich ist.

Ja ja. Da» versteh' ich. Und ich will Ihnen auch meine ehrliche Meinung sagen. Sie würden mich ja »ich drum gefragt haben, wenn Se mer nich trauten.

Gewiß nicht. Ich schenke Ihnen volles Vertrauen.

Na also er sah sich erst wieder vorsichtig um da will ich

Ihnen-sagen zischelte er, einen Mann gibt es, der gefährlich werden könnte, und dg» iS der Lush. Der glaub' ich, wär'imstande, den Kapitän auf der Stelle niederzustechen, wenn'» die andern zuließen. Er hat 'neu Haß auf ihn, da» weiß ich. Und alles, wa» wahr iS, er hat Grund dazu. Denn seh'n Se, wenn doch nu einer Maat spielen soll, da will 'r doch auch danach behandelt sein. Und der Lush wissen Se, iS 'ne empfindliche Seele, wenn er auch nur '« einfacher Handwerker i». Der verträgt'» nich, wenn ihm immer schlechte Manieren und Unbildung vorgeworfen werden. Und da» tut der Kapitän mit den beleidigendsten Schimpfworten. Ich, an seiner Stelle, würd's nich tun, denn gibt'« mal wirklich Schwierig­keiten, dann wird ihm der Lush nich helfen. Dann kann'» schlimm werden, da» sag' ich Ihnen. Was aber die Mannschaft betrifft na, da wüßt' ich wirklich nich, wer davon gefährlich werden könnte. Soweit ich se kennen gelernt habe, sind'S alle stumpfe, roh zugehau'ne Jungen», die tun, wa» man ihnen sagt. Freilich kann man nicht wissen, wozu se sich verleiten lassen würden, wenn'» dem Lush mal einfiele, sie aufzuhetzen, denn se halten was auf ihn. Und kommt'« da mal zu was, und die Band wird wild na ja, seh'n Se, da weiß man doch «ich, was ge- gescheh'n kann, und dessentwegen mein' ich, täte» Sie gut, sich mit der schönen jungen Dame so bald als möglich von hier fortzumachen.

Diese Auslassung war zwar nicht sehr tröstlich, ich sah jedoch wenigstens etwas klarer. Ich dankte dem Manne für seine Offenheit und bat ihn, mich zu warnen, fallt sich einmal irgend etwa» anspiune» sollte, damit mich nichts unvorbereitet träfe.

Darauf sprachen wir noch kurze Zeit über nautische Dinge, und alz ich mich von ihm trennte, tat ich es in dem für mich beruhigenden Bewußtsein, für den Fall der Not wenigstens einen Freund an Bord zu haben.

Den Rest de« Abends verbrachte ich dann noch mit Fräulein Temple, der ich indessen von meinem Gespräch mit dem Bootsmann nur so viel mitteilte, als ich für gut hielt.