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zwischen Ebhause» und Walddorf so unglücklich vom Rade gestürzt, daß er einen Oberschenkelbruch erlitt und nach Hause gebracht werden mußte.
Freuden st adt 17. Aug. Unser Luftkurort verdankt seinen internationalen Ruf ausschließlich seiner unvergleichlichen Lage und feinem zum Sommeraufenthalt hervorragenden Klima. Die Verkehrsverbindungen haben den geringsten Anteil an dem Aufschwung Freudenstadt» als Fremdenplatz und lassen auch in diesem Sommer manches zu wünschen übrig. Insbesondere hat sich eine Kalamität der Postanschlüsse von Baden her durch das Kinzigtal herausgebildet, von der übrigens alle, auch die nichtwürttem- bergischen Schwarzwaldplätze, die auf die Anschlüsse von Appenweier südwärts angewiesen sind, betroffen werden. Gestern fehlte wieder einmal die ganze Hauptpost von Frankfurt, dem Rheinland und von Elsaß her. Außer den Briefen sind sämtliche große Zeitungen Deutschlands auSgeblieben. Nachgerade ist es ein Skandal, wie Freudenstadt zur Zeit der Hochsaison infolge der schlechten Zuganschlüsse geschädigt wird.
Leonberg 17. Aug. Unter dem Hurra der Jugend wurde heute früh 8 Uhr der in de» Heumaden gelandete Ballon „Condor", der gestern abend bei Straßburg i. E. mit zwei Offizieren aufgestiegen war, zum hiesigen Bahnhof gebracht. Der Ballon fuhr in geringer Höhe über die Stadt und stieg trotz Ballastabgabe nicht mehr. Eine Stunde nach der Landung war der Ballon schon auf dem Bahnhof zum Rücktransport nach Straßburg aufgegebe«. Die Landung er- > folgte mit Hilfe auf dem Felde arbeitender Perforier! glatt.
Feuerbach 17. Aug. Bei den Umbau- orbeiten im Feuerbacher Tunnel wurde dem verheirateten Arbeiter Gottlieb Reim von Unter- lürkheim dadurch ein Ohr vollständig weggerissen, daß der Mann aus einer Mafchine, die im Gang war, sich zu weit vorbeugte und mit dem Kopf an einen Balken avstieß. Ein anderer Arbeiter, namens Schmied, wurde durch die Explosion einer Acetylen-Lampe schwer verletzt.
Stuttgart 17. Aug. Da« Volksfest beginnt am Samstag, den 24. September und dauert bis zum Dienstag, 27. September. Am Sonntag nachmittag finde« Pferdetrabweltrennen und Galopprennen für leichte und mittelschwere Pferde statt und am Montag Schauflüge mit 4 Flugmaschinen. Für die Trabwrttrennev sind für Preise im ganzen 4250 auSgeworfe».
Stuttgart 17. Aug. Anläßlich der Herbstübungen der Truppen des XIII. (K. württ.) Armeekorps wird auf die Wichtigkeit einer genauen und deutlichen Adresse der Post
sendungen und Telegramme hingewiesen. Zu einer genaue« Adresse gehören: Vorname, Ge- schleckttname, Dienstgrad, Truppenteil und für gewöhnlich der Standort (Garnisonsort), zutreffendenfalls mit dem Zusatz „nachzuseuden". Als „postlagernd" dürfen die Sendungen nur bezeichnet werden, wenn sie von den Empfängern selbst, also nicht von den Kommandierte« der Truppenteile, abgeholt werden sollen. Da die Stäbe und die einzelnen Teile des gleichen Truppenkörpers die Postsachen häufig bei verschiedenen Postanstalten abholen lassen, so ist bei Sendungen an Offiziere und Mannschaften die genaue Bezeichnung des Truppenteils (Regiment, Kompagnie, Eskadron, Batterie) nötig. Die an Offiziere und Einjährig Freiwillige gerichteten Sendungen, die in der Aufschrift nur die Wohnung des Empfängers im Standort, aber keine nähere Bezeichnung de« Truppenteils enthalten, erleiden wegen dessen Feststellung häufig Verzögerungen in der Beförderung. Sollen Sendungen an Militärpersonen nicht in das Manöver nachgesendet werden, so ist dies durch den Vermerk „Nicht nachsenden" in der Aufschrift zum Ausdruck zu bringen. Bei Briefen an die Mannschaften empfiehlt sich die Verwendung von Umschlägen mit entsprechendem Vordruck, wie solche bei den Postanstalten, Posthilfstellen und Landpostboten käuflich, 2 Stück 1 ^ zu haben sind. Zu Postanweisungen an die Truppen im Manöver find nur Kartenformulare zulässig.
Darmsheim OA. Böblingen 17. Aug. Gestern vormittag stürzte plötzlich ein großer Teil de« Hintergebäudes der Wirtschaft zur „Linde" in sich zusammen. Ein Glück war es, daß niemand in dem Haukteil anwesend war.
Eßlingen a. N. 17. Aug. Ein über die Markung Köngen niedergegavgenes schweres Gewitter hat schrecklich gehaust. Auf der ganzen Markung wurde durch den Sturm viel Obst abgerissen; im Wirtschaftsgarten zur Linde wurde ein prächtiger Kastanievbaum etwa 1V» m vom Boden vollständig geknickt. Nahe dabei stehen zwei uralte Linden, das Wahrzeichen von Köngen. Die größere der beiden wurde, laut Schw. Merk., vom Blitz getroffen, der Stamm aufgerissen und ein beinahe meterdicker, mächtiger Ast weggespalten. Ein auf dem freien Platz bei den Linden stehender, neu gebauter Schuppen, in welchem eine Dreschmaschine samt Lokomobile aufgestellt war, wurde vom Sturm erfaßt und vollständig zertrümmert. Von den dort beschäftigten Personen wurden 2 von de« stürzenden Balken und Ziegeln getroffen und schwer verletzt.
Reutlingen 17. Aug. I» der oberen Mühle von Grüninger suchte der Dienstknrcht Dürr feinem Herrn vor dem Austritt noch einen Streich zu spielen und legte Feuer in den
Spreukaste«. Das Feuer wurde aber rechtzeitig entdeckt und sofort unterdrückt. Dürr wurde verhaftet.
Lauffen a. N. 17. Aug. Ein 8jährige» Bürschchen, das schon des öfteren Geld entwendet hatte, stahl auch gestern wieder einem Manne, der seine Juppe zum Geschäfte ausgezogen und in seiner Nähe aufgehängt hatte, daraus ein Portemonnaie mit 20 ^ Inhalt. Das Geld hatte der hoffnungsvolle Junge unter einen Stein versteckt. Wie man hört, hat der Gemeinderat schon vor einigen Wochen beschlossen, das Früchtchen in eine ZwangSerziehungLanstalt zu verweise«.
Crailsheim 17. Aug. Durch mehrere in der Umgegend niedergegangene schwere G e - Witter wurde großer Schaden angerichtet. Auf der Markung Jagstheim hat es etwa Stunde lang gehagelt, wodurch fast sämtliche Gartengewächse vernichtet und das Obst zum größten Teil von den Bäumen geschlagen wurde. Der Schaden an den noch auf dem Felde befindliche» Getreidefrüchte» wird auf 90°/o geschätzt.
Aalen 17. Aug. Ein wundervolle» Schauspiel war am Montag abend zwischen 8 und '/-9 Uhr zu beobachten. In der Richtung Hüttlingen war in der Bewölkung eine größere Lichtung, in der sich eine Landschaft zeigte: Getreidefelder, Büsche, Hügel und Wald wundervoll gezeichnet, wie richtige Fata Morgana. Anderthalb Stunden später ging ein starkes Gewitter nieder.
Vom Bodensee 17. Aug. Das deutsche Kronprinzenpaar, das sich zur Zeit in Hopfreben im Bregenzerwald zum Sommerauf- enthalt befindet, besucht auch verschiedene Bodenseeorte. Der Kronprinz wird in Friedrichshafen den Ausstiegen der 1-2 6 beiwohnen. Die Kronprinzessin begab sich nach Lindau und unternahm mit der Motorjacht des Fabrikanten Saurer von Arbon eine Fahrt auf dem Bodensee.
Berlin 17. Aug. Der „Reichsanzeiger" schreibt im nichtamtlichen Teil: Kaiser Franz Josef vollendet morgen sein 80. Lebensjahr. Wie ihm an diesem Ehrentage seine Völker in dankbarer Liebe entgegenjubeln, so wenden sich auch in Deutschland die Herzen dem erlauchte» Monarchen zu, in dem wir den väterlichen Freund unseres Kaisers, den treuen Bundesgenossen des deutschen Reiches, einen starken Schirmherr» de» europäischen Friedens und ein leuchtendes Vorbild fürstlicher Pflichterfüllung verehren. Indem ungezählte Millionen Sr. Maj. dem Kaiser und König Franz Josef ihre Huldigungen darbringen, vereinigen wir uns in dem Wunsch, daß seine Weisheit noch lange über de» Geschicken der verbündete» und befreundeten habsburgischen Monarchie walten möge.
Berlin 17. Aug. Im Grunewald wurde
Die Goldinsel.
Teeroman von Clark Russell.
(Fortsetzung.)
Zweiundzwanzigste» Kapitel.
Der Kapitän examiniert mich.
Zur Zeit der Ablösung, um 6 Uhr, war der Kapitän noch nicht zurück. Als Lush in seinem weißen Jackett, dem Zeichen seiner Würde als Wachhabender, erschien, verriet sein Holzgeficht keine Spur von Verwunderung, den Schiffer nicht zu sehen. Er schritt zum Kompaß, kontrollierte den Kurs und nahm dann seinen Pendelgang an der Reling entlang auf.
Um 7 Uhr hatte sich der Himmel geklärt. Der Dunst, welcher ihn de» ganze» Tag über verfinstert hatte, war hinter den südlichen Rand de» Horizonts hinabgezogen; das sanfte Violett de» tropischen Abend- Himmel» breitete sich über uns aus. Im Westen glühte strahlenlos die untrrgehende Sonne wie eine goldene Scheibe.
Durch da» Oberlicht blickend, sah ich Wilkin» das Abendbrot auf den Tisch stellen; bald darauf rief er uns. Fräulein Temple war noch immer verstimmt und sprach kein Wort, ich war daher ganz froh, als gleich, nachdem wir «n« an de» Tisch gesetzt hatten, der Kapitän aus seiner Kajüte trat und bei un» Platz nahm.
Bedaure, Madam, sagte er, auf den einfachen Imbiß deutend, daß ich Ihnen nichts Besseres anbieten kann. Gepökeltes Rind- oder Schweinefleisch bilden meine einzige Abwechslung, und dazu Erbsen, die nur gut sind, um in ein Blaserohr geladen zu werden. Wie oft sehne ich mich nach einer Scheibe saftiger Rindslende und einer mehligen Kartoffel! Das Seemannsleben ist eben ein schwerer, entsagungSreicher Beruf, man
mag es betrachten, von welchem Ende man will. — Wie sind Sie mit Ihrer Wache zustande gekommen, Herr Dugdale?
Ganz gut, e» gab ja nichts zu tun, antwortete ich, herzhaft kauend, denn ich war sehr hungrig.
Sie hätten aber gewußt, die nötigen Maßnahmen zu treffe«, wenn es anders gewesen wäre?
Fräulein Temple» Augen mahnten mich, auf der Hut zu sein.
Nun, ich weiß nicht, erwiderte ich achselzuckend; e» wäre auf den Fall angekommen. Ein richtiger Seemann, wie Sie und Herr Lush bi« ich doch nicht.
Dieser „Herr Lush", wie Sie ihn nennen, ist kein Herr; er sst em Schwein auf zwei Beinen, rief er erbost. Lassen Sie ihn auf allen Vieren laufen, so gibt es keine alte Sau unter einem Langboot, die nicht in ihm eins ihrer verlorenen Kinder erkennen würde. Solche Manieren! Sie hätten ihn essen sehen sollen, Madam. Und dann seine Sprache! Es war mit ihm nicht auszuhalten; schon bald nach Chickens Tod jagte ich ihn von meinem Tisch, obwohl ich Freude an Gesellschaft habe. Hierbei machte er gegen uns beide eine verbindliche Kopfverbeugung.
Na, von einem simpel» Zimmermann können Sie doch nicht die Manieren eines Hofmann» erwarten, sagte ich, glücklich, daß er meine Qualifikation zum Seemann vergessen zu haben schien. Aber ich irrte, denn scheinbar in tiefe Gedanken versunken, ruhte plötzlich wreder fern starrer Blick auf mir, und dann begann er von neuem:
Ich halte Sie natürlich nicht für einen Seemann erste« Range», dazu find Sie zu lange aus der Uebung, aber es wird ihnen bald alle» wieder einfallen.
Herr Dugdale war doch nur zwei Jahre zur See, erinnerte Fräulein Temple; in so kurzer Zeit kann er doch ganz unmöglich viel gelernt haben.
Glauben Sie da» nicht, Madam. Ich hatte in einem Jahr schon