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wurde sofort im Automobil de» Herrn Vollmöller nach dem neuen Cannstatter Krankenhaus gebracht, wo leider nur noch der Tod des Knaben konstatiert werden konnte.

Plochingen 14. Aug. Im nahen Alt­bach machte am Samstag abend der hiesige Gipsermeister Glück mit seinem selbsterbauten Eindecker Flugversuche. Infolge de» un­ebenen Terrain« brach an dem Fluggestell eine Feder, wodurch der Propeller leicht beschädigt wurde, sodaß weitere Versuche eingestellt werden mußten. Nach Hebung de» Schaden» beabsichtigt Glück, auf dem Wasen in Cannstatt neue Ver­suche zu unternehmen.

Vaihingen a. E. 15. Aug. Zu der Nachricht, daß bei Cop Map ein Automobil mit einem Schnellzug zusammenstieb und Fritz Mergenthaler, ein Sohn de» Erfinders der Setzmaschine, getötet wurde, erzählt dieLandpost": Unseren Lesern dürfte e» wohl bekannt sein, daß der Erfinder der Setzmaschine ein Schwabe war, aber nicht allenthalben bekannt ist es, daß er seine Lehrzeit in Bietigheim zubrachte. Ottomar Mergenthaler, de» Verunglückten Vater, war ein Sohn des Schullehrer» Mergenthaler in Ensingen. Er besuchte in Vaihingen die Real­schule, erlernte bei seinem Vetter, dem Uhrmacher Hahl in Bietigheim, die Uhrmacherei, von wo au» er dann nach Amerika wandelte. Mergen­thaler ist in ärmlichen Verhältnissen ausgewachsen und erst als kranker Mann bemittelt gestorben. Sein Bruder lebt noch als Rektor in Backnang.

Heidenheim 14. Aug. Eine höchst merkwürdige Himmelserscheinung wurde gestern abend beobachtet. In der Richtung nach Nordwesten sahen nach 8'/« Uhr mehrere Spazier­gänger plötzlich einen roten Himmelskörper, der die Größe eines Spielballs mit einem Durch­messer von etwa 15 Zentimeter hatte und etwa« eingedrückt war; nach 1012 Sekunden schmolz der seltsame Himmelskörper, nach und nach etwas kleiner werdend, in sich zusammen und erlosch.

Welzheim 15. Aug. Ein Beweis dafür, wie gesund das Klima de» Welzheimer Walds ist, ist die große Zahl der älteren Leute unter der ansässigen Bevölkerung. So zählt z. B. die Pfarrei Althütte (auf den aussichtsreichen Ausläufern de« Welzheimer Waldes, im Oberomt Backnang) unter ihren 1070 Gliedern eine Fra« mit über 90 Jahren, 11 Personen mit 80 Jahren und darüber, 36 mit 70 Jahren und darüber, 78 mit 60 Jahren und darüber. Zusammen haben 127 Personen 11,78 °/-> der Gesamt­bevölkerung das 60. Lebensjahr überschritten. Eine schöne Anzahl von ihnen geben noch heute mit ihrem unermüdlichen Fleiß ein von den meisten Jüngeren kaum erreichtes musterhafte»

Vorbild. Selbst von dev Achtzigern beteiligt sich die Mehrzahl noch an den häuslichen und landwirtschaftlichen Arbeiten. Ein 86jährige» Weiblein geht noch immer zur Weihnachtszeit in den umliegenden Dörfern mit Nüssen haussieren. Völlige Abstinenten find unter den 126 Personen wohl keine, dagegen haben die meisten und zwar gerade auch von den ältesten, ein mäßige», arbeitS- und entbehrungsreiche» Leben hinter sich.

Tuttlingen 15. Aug. Das Kind eine» hiesigen Bürgers wurde in der letzten Zeit von Verwandten entführt. ES bedurfte wieder­holter Bemühungen de» Vater«, um das Kind zurückzuerhalten. Die Angelegenheit ist bereits beim Gericht anhängig gemacht.

Friedrichshafen 15. Aug. Mit der Füllung de» Luftschiffs 1-2 6 wird nunmehr begonnen werden. Ein genauer Termin über die ersten Pafsagierfahrten kann jedoch nicht fest­gesetzt werden, da der Ausfall der Probeaufstiege abgewartet werden muß.

Vom Bodensee 15. Aug. Gestern unternahmen die Aviatiker Züst und Schlegel in Gegenwart eines zahlreichen Publikum» in Konstanz Flugversuche, die »ach kurzem Anlauf wiederholt glückten. Als Schlegel den Apparat zum letzten Mal bestieg, sauste die Maschine mit großer Schnelligkeit über den Platz. Bereit» nach 150 Meter Anlauf schwebte sie in guter Lage in etwa Meterhöhe längere Zeit dahin. Dann ging der Flieger wieder nieder, um sich jedoch nach kurzem Bodenlauf abermal» zu er­heben. Diesmal erreichte er sofort eine Höhe von drei Meter. Plötzlich stieg der Schwanz de» Flieger» in die Höhe, der Apparat neigte sich zur Seite, und mit rasender Geschwindigkeit stürzte er senkrecht auf den Kopf. Schlegel wurde dabei mit großer Gewalt vom Führersitz über Mast und Motor hinweg auf die Erde geschleudert, wobei er sich am linken Fuß eine leichte Verletzung zuzog. Der Apparat wurde durch den Unfall so stark beschädigt, daß ein Wiederaufbau zweifelhaft erscheint.

München 14. Aug. Nachmittags kurz vor 5 Uhr unternahm das Parseval-Luft- schiff unter Führung von Oberleutnant Stelling seine erste Passagierfahrt in München. Der für den Vormittag angesagte Aufstieg wurde durch die ungünstige Witterung vereitelt. An der Fahrt nahmen v. a. teil der Präsident de» Bayrischen Automobilklubs Graf Bopp, Dr. Alt von der meteorologischen Zentralstation, Regie- rungSkaumeister Hackstätter, LandtagSabgeordneter SchoiSwohl und Schriftsteller Roda.? VI" hob sich leicht in die Luft und beschrieb immer größer werdende Kreise über Landungsplatz und

Ausstellung, die sich schließlich bi» in» Stadtinnere erstreckte». Die Landung erfolgte glatt nach etwa 1'/--ständiger Fahrt. Für morgen sind weitere Ausstiege vorgesehen.

Frankfurt 15. Aug. (Ueberlandflug.) Die viele» Tausende, die gestern nachmittag zum GrieSheimer Exerzierfeld hinströmten und bi« zur abendlichen Windstille ausharrte», haben nicht umsonst gewartet. E» gab viel zu sehen, mehr als an den besten Jlatagev, und zwar ohne Ein­trittsgeld. Tagsüber ist in den Fliegerschuppe«, deren Zahl inzwischen noch gewachsen ist und die jetzt in großen Lettern die Namen ihrer In­haber tragen, fleißig gerüstet worden, überall wurde montiert und probiert. Gegen 6 Uhr, als der Platz im weiten Bogen abgesperrt ward, erschien dann der rote Ballon auf dem höchsten Fliegerschuppen, als Zeichen, daß geflogen werde. Zuerst stieg gegen 6'/- Uhr Loch» er hoch, der in guter Form war und mehrere Runden in beträchtlicher Höhe absolvierte. Er flog in« Niddatal hinüber noch Sossenheim und kehrte dann in weitem Bogen wieder auf den Platz zurück, indem er im Gleitflug mit abgestelltem Motor landete. Kurz nach ihm rüstete v. Tiede- mann seinen Sommer-Apparat zum Flug; wie am Vormittag so versagte aber auch jetzt der Motor den Dienst. Kurz vor 7*/- Uhr ging Lochner zum zweiten Mal hoch, um seinen Motor auszuprobieren. Er blieb eine Viertel­stunde in der Luft und landete wieder im Gleit­flug. Lochner hatte sich kaum auf den Boden niedergelassen, als hoch von einem Schuppen herab der Ruf erklang: Euler kommt! Weit hinten am südwestlichen Horizont erblickte mau eine Flugmaschine. Mit großer Geschwindigkeit näherte sich der Aeroplan dem Platz, zu dem bald der Motor aus etwa hundert Meter Höhe sein laute» regelmäßiges Surren herabsandte. Euler beschrieb noch einen weiten Bogen und ließ sich dann, wie sein Schüler Lochner, im Gleitflug gemächlich auf da» Sandfeld nieder. Von allen Seiten wurden ihm Glückwünsche zu teil. Er hat die etwa 70 Kilometer lange Strecke von Griesheim bei Darmstadt über Büttelborn, Groß-Gerau, Nauheim, Schönauer Hof, Rüffels­heim, Raunheim, Mönchshof, Sindlingen, Schwan­heim, Goldstein nach Frankfurt in 37 Minuten zurückgelegt; die Abfahrt in Griesheim bei Darm­stadt erfolgte 5 Minute» vor 7 Uhr, die Landung in Frankfurt um 7 Uhr 32 Minuten. Unter­weg« traf Euler anfänglich starke Windströmunge», die seinen Flug beschleunigte». Er hielt sich immer in Höhen von 150 bis 200 Metern. Er wird nun auch an dem Ueberlandflug Frankfurt- Mainz-Mannheim teilnehmen.

Berlin 15. Aug. Von dem General-

Sie nennen mich nur so, weil ich mit dem Kapitän abwechselnd Wache halte, aber ich habe für Zimmermann unterzeichnet und Zimmermann bin ich, und nicht» andere« ist au« mir nicht zu machen, und ich schere mich keinen Teufel drum, wer mich das sagen hört.

Ich ließ mich durch sein grobe» Wesen nicht abschrecken und sagte sanft: Entschuldigen Sie nur; ich wollte Sie nicht beleidigen, bi» doch hier noch unbekannt. Ich suchte sie hauptsächlich auf, weil ich annehme, daß wir doch nun in näheren Verkehr treten werden, da Sie ja jeden­falls Ihre Kabine hier hinten haben.

Hat sich was mit einer Kabine, knurrte er grimmig. Meine Hänge­matte hängt im Vorderkastell. Ist da» nicht genug für mich?

Da sind Sie allerdings sehr bescheiden, erwiderte ich; e» war mir nicht ganz klar, in welchem Sinne ich seine Worte auffaffen sollte; ich fuhr indessen fort: Leidet denn bei dem steten Zusammensein mit den Leuten nicht Ihre Autorität?

Ach was Autorität! Mir ist keine Autorität übertragen, und ich verlange auch keine. Die Leute kommen, wenn ich sie rufe, und da» ist mir genug.

Aber Sie essen doch wenigstens mit dem Kapitän?

Er begann förmlich wütend auf seinen Tabak zu beißen und knirschte: Jetzt nicht mehr. Da» war nur so lange, als der Chicken» noch lebte. Dann aber, als der Kapitän und ich allein waren, entdeckte er auf ein­mal, daß ich nicht fein genug wäre, bei ihm zu fitzen. Er meinte, ich hätte nicht gelernt, anständig zu essen, schimpfte mich ein Schwein und sagte meine Schnauze wäre für den Leutefraß, aber nicht für Messer und Gabel und Porzrllanteller. Na-Er sah mich zornrot an, be­

herrschte sich jedoch gewaltsam und steckte seine Hände in die Hosentaschen.

Er schien keine Lust mehr für eine weitere Unterhaltung zu haben, und sie hätte auch ohnedem jetzt ihr Ende genommen, da der Kapitän zur Ablösung erschien. Wenn ich auch nur wenig erfahren hatte, so war mir

doch da» klar geworden, daß er den nominellen Maat nicht weniger haßte, wie dieser ihn.

Sowie der Zimmermann de» Kapitän» ansichtig wurde, trottete er er mit verbissenem Gesicht, alle zehn Finger an den steif herabhängende« Armen wie Angelhaken gekrümmt, nach vorn.

Auch ich verspürte keinen Hang, mich in ein neue» Gespräch mit dem Kapitän einzulaffen, und begab mich hinunter.

Leise in die Kajüte tretend, fand ich meine Gefährtin noch immer schlafend. Still setzte ich mich nieder, meine ganze Seele in da» ent­zückende Bild versenkend.

Der Eintritt Wilkins, de» rotköpfigen jungen Steward», der mit einem Teebrett erschien, weckte die Schlafende. Sie sah sich zuerst ver­wirrt um und richtete sich dann mit einem tiefen Seufzer auf.

Was bringst du da? fragte ich den Jungey.

Nur Tee und Zwieback für den Kapitän. Ihr Abendbrot kommt um 7 Uhr. Damit stieg er die Kajütentreppe hinauf.

Der Schlaf hatte des Mädchens Wangen rosig angehaucht, doch bald wichen diese Rosen wieder der gewöhnlichen Alabasterfarbe ihrer Haut. Sie glättete rasch ihr Haar und stützte dann gedankenvoll das Kinn auf die Hand.

Sie haben gut geruht? sagte ich freundlich.

O ja. Ich wollte nur, ich könnte ununterbrochen schlafen, bi» ich endlich einmal wieder ohne Schrecken erwachen und den Tag mit Freude begrüßen könnte. Wissen Sie, fuhr sie mit unruhig glitzernden Augen fort, ich wünsche ja von Herzen, daß Herr Colledge gerettet ist, aber zehnmal mehr wünschte ich, er wäre nie geboren oder wenigsten» nicht mit mir auf demselben Schiffe gereist, dann würde ich nicht hier sein. Er allein trägt die Schuld an all meinem Unglück.

Aber Ihre Frau Tante bemühte sich doch so sehr, Sie davon zurückzuhalten.

Allerdings, da» tat sie, und ich leide nun die gerechte Strafe für