Amt»- und Anzeigeblatt für den Vberamtrbezirk Lalw

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Dienstag, den 16. August 1910.

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r. Calw. An 5 Arbeiter der hiesigen Firmen Vereinigte Deckenfabriken Calw A.-G. und Heinr. Hutten Nachf. konnte Heuer die König Karl JubiläumS-Medaille in Silber verliehen werden. Anläßlich dieser Ver­leihung, welcher eine Dienstzeit von mindestens 38 Jahren in ein und derselben Firma zu Grunde liegt, wurde den Dekorierten seitens ihrer Firma bei Uebergabe der Medaille je ein ansehnlicher Betrag überreicht. Die Jubilars sind: Einsele, Joh., Schlosser; Kleindienst, Aug., Appretur­meister; Schelling, Marie, Weberin; Tümmel, Karoline, Spulerin; Wiedmann, Fritz, Zigarren- macher.

Kusterdingen OA. Tübingen 15. Aug. Zu schweren Ausschreitungen, bei denen da» Messer leider die Hauptrolle spielte, kam es am Sonntag nacht gegen halb 12 Uhr. Anläßlich von Ruhestörungen zogen die Gebrüder Braun gegen zwei hiesige Polizeidiener sofort das Messer und stachen wie wütend auf diese ein. Die beiden Polizeidiener wurden schwer verletzt. Der eine Polizeidiener namens Friesch erhielt sieben Stiche, von denen einer die Lunge durchbohrte, so daß er kaum mit dem Leben davon kommen dürfte. Die Polizisten selbst mußten von der Waffe Gebrauch machen und verletzten die Täter durch Säbelhiebe. Die Gebrüder Braun wurden verhaftet und an das Amtsgericht eingeliefert.

Stuttgart 15. Aug. Von den 666 Prüflingen, die in diesem Jahre an den höheren Lehranstalten des Landes die Reifeprüfung bestanden, werden sich 72 dem Studium der katholischen Theologie, 57 demjenigen der evang. Theologie widmen; 67 studieren Medizin, 52 Rechts- und Staatswifsenschaft, 51 neuere Philo­

logie, 42 widmen sich dem Bankfach, 39 dem Bauingenieurfach (Tiefbau), je 35 dem Hochbau und dem Maschinen- und Verwaltuagsingenieur- fach, 33 dem Studium der Mathematik, 32 dem Osfiziersberuf, 26 dem kaufmännischen Beruf, 25 dem Studium der klassischen Philologie, 20 dem der Naturwissenschaften, 15 der Chemie, 9 der Tierheilkunde, 7 der Elektrotechnik, je 6 der Forstwissenschaft bezw. einem sonstigen Beruf, je 5 dem Studium der Philosophie, der Feldmeß­kunst, de» Verkehrswesen, dem Seeosfiziersberuf, je 3 dem Studium der Kunst, der Landwirtschaft, dem Buchhandel, je 2 dem Studium der Geschichte und der Zahnheilkunde, je 1 dem Studium der israelitischen Theologie, der Musik, dem Kolonial­dienst, einem gewerblichen Beruf.

Stuttgart 15. Aug. Au» Anlaß der 40jährigen Wiederkehr des Tages von Sedan veranstaltet der hiesige Orttverein der Nationalliberalen (Deutschen) Partei am Sonntag 4. September, abends 8 Uhr, im Fest­saal der Liederhalle eine Festfeier.

Stuttgart 15. Aug. Bei einem Probe­flug de» Aviatikers Vo llmöller ereignete sich, wie bereits kurz gemeldet, gestern Nachmittag auf dem Cannstatter Wasen ein bedauerlicher Unglück «fall, bei dem ein 9 Jahre alter Knabe den Tod fand. Von der Flugprüfungikommission erhält dieWürtt. Preffe-Korresp." folgende fachmännische Darstellung: Eine Flugprüfungs­kommission war gestern Nachmittag auf dem Cannstatter Wasen zusammengekommen, um die zur Erlangung des Führerpatents für Herrn Hans Vollmöller notwendigen 3 Probeflüge zu kontrollieren. Zur Vermeidung größerer Menschen­ansammlungen wurde keinerlei öffentliche Bekannt­machung von dem Vorhaben gegeben. Es hatte sich deshalb auch nur ein verhältnismäßig wenig

zahlreiches Publikum eingefunden. Trotzdem war zur besonderen Sicherheit der Landungsplatz mit Seilen abgesperrt, wobei außerdem ein Aufgebot vo» Schutzleuten in bereitwilligster Weise behilf­lich war. Wenige Minuten vor 5 Uhr startete der Apparat zum ersten Rundflug über eine Strecke von 5 Kilometer, die er in einer Höhe von etwa 50 m in wenigen Minuten erfolgreich zurücklegte. Bei der Landung, die vollständig glatt an einem vorher bestimmten Punkt erfolgte, brach das Publikum in lauten Beifall aus und überschritt dabei mehrfach die Ab­sperrungslinie. E» gelang jedoch dem tatkräftigen Einschreiten der Polizeimannschaften, die Leute größtenteils wieder zurückzubringen. Kurz darauf startete der Apparat zum zweiten Fluge, der einen ebenso schönen Verlauf nahm wie der erste. Durch ein momentanes Versagen des Motors im Augenblick der Landung stieß der Apparat mit den Vorderrädern heftig auf dem Boden auf und wurde dadurch steuerungsunfähig. Die Maschine erlitt eine unerwartete und nicht mehr kontrollierbare Drehung nach links auf da» Publikum zu, unglücklicherweise gerade an der Stelle, wo diese» die Absperrungslinie am weitesten überschritten hatte. Die Maschine bewegte sich noch mit ziemlicher Geschwindigkeit steuerlo» auf dem Boden vorwärts, um schließlich an einem Baum zum Halten zu kommen. Bei der hierbei entstandenen Panik geriet ein Knabe offenbar in den Bereich der Maschine und wurde am Rücken schwer verletzt, vermutlich durch den abgesprungenen Propeller. Eine Schuld des Piloten an dem bedauernswerten Unglücksfall ist nach der übereinstimmenden Ansicht der anwesen­den Augenzeugen und Sachverständigen aus­geschloffen. Der verunglückte Knabe, der 9 Jahre alte Sohn de» Cannstatter Kaufmanns Vollsack

Die Golöinsel.

Sreroman von Clark Russell.

(Fortsetzung.)

Ich merkte an seinem unruhig verlegenen Wesen, daß er ein Gespräch mit mir beginnen wollte, aber noch nicht mit sich einig schien, wie er e« einleiten sollte. Um ihm Zeit zu geben, blieb ich stehen und betrachtete den Kompaß. Da sagte er auf einmal:

Verzeihung, Herr, vorn geht die Rede, daß da» Schiff, aus dem Sie waren, Gräfin Jda geheißen hätte.

So ist es, bestätigte ich.

Na, da nehmen Sie mir wohl die Frage nicht für ungut, ob dort ein Bootsmann namens'Smallridge ist?

Gewiß, erwiderte ich freudig, und der alte, brave Kerl ist sogar ein guter Freund von mir.

So so, dacht ich mer's doch. Nu ja, fuhr er in seiner schleppende« Sprache fort, seh'a Se, ich wollt' mich nämlich auch auf der Gräfin Jda als Bootsmann verheuern, aber sie stach zu schnell in See, und da mußt ich die Stelle fahren kaffen, weil ich noch was am Lande abzumachen hatte, und so hat er sie gekriegt, wie geht'» em denn?

O, recht gut.

Freut mich. IS 'n guter Mensch, der Smallridge. Hab' alle Achtung vor ihm. Wissen Se, er ging nämlich eine zeitlang mit meiner Schwester und würde sie geheirat haben, aber wie er mal wieder 'ne Reise machte, hing se sich an 'nen Soldaten. Ja ja, wie'» eben so geht. Wenn wir de Gräfin Jda treffen und Sie an Bord bringen, ohne daß ich dabei den Smallridge sehe, werden Se wohl die Gefälligkeit haben, ihn von Jos Wetherley zu grüßen.

Gewiß, gern, sagte ich munter. Smallridge und ich waren schon

früher auf einem Schiff zusammen; er als Matrose und ich als Seekadett, und schon von der Zeit her schreibt sich unsere Freundschaft.

Meiner Treu, Herr, rief er erstaunt, so waren Sie also auch See­mann! Na, da gehören wir ja auch so'n wenig zusammen.

Ich war im Begriff, zu antworten, und ihn im weitere« Gespräch etwas über den Kapitän und die Mannschaft auszuhorchen, doch da kam gerade Lush, um den Kurs auf dem Kompaß zu kontrollieren, und des­halb entfernte ich mich. Ich war aber sehr zufrieden und glücklich, nun­mehr mit einem Mann bekannt geworden zu sein, mit dem ich mich immer mehr anzufreunden hoffte, und dessen Redseligkeit ich gründlich auszunutzen gedachte.

Einundzwanzigstes Kapitel.

Ich sage meiner Gefährtin die Wahrheit.

Leise schlich ich die Kajütentreppe hinab bis zur Tür, um nach meiner Gefährtin zu sehen, und als ich merkte, daß sie noch ruhig schlummerte, kehrte ich mit dem Vorsatz zurück, mich zu überzeugen, weß Geister Kind Lush wohl wäre.

Er stand an der Reling und sah in die Wolken, ab und zu den Saft seines Primchen» über Bord spritzend.

Hier herum passiert e» nicht oft, redete ich ihn an, daß der Himmel, so wie heute, den ganzen Tag fast auf den Mastspitzen hängt.

Nein, brummte er, immer noch besser, als von der Sonne gebraten zu werden.

Verzeihen Sie die Frage: Wie viel Maat» führt das Schiff?

Na, wie viel soll denn ei« Schiff von der Größe führe«, grunzte er. Seü der Chicken» tot ist, hat es keinen Maat mehr.

Wieso denn? Sie sind doch Maat?

Jawohl schöner Maat, lachte er höhnisch. Keine Spur davon.