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Amtsgefängnis erregte besonderes Aufsehen, da er von drei Landjägern begleitet war und infolge seiner Weigerung z« gehen, mittels einer Droschke übergeführt werden mußte.
Rottweil a. N. 13. Aug. Die hiesige Strafkammer hat 15 Wirte, zumeist von Freudenstadt, wegen gewerbsmäßigen Glücksspiel« durch die Aufstellung von sogenannten „Geschicklichkeits-Automaten" zu je einem Tag Gefängnis verurteilt.
Vaihingen a. F. 13. Aug. Ein kleiner Unfall ist heute vormittag dem um 8 03 Uhr von Stuttgart nach Zürich abgefahrenen V-Zug 38 auf der hiesigen Station dadurch zugestoßen, daß infolge eine« Mißverständnisses die Schiebelokomotive heftig auf den letzten Wagen auflief. Ist mehreren Abteilen wurde« durch den Anprall Gepäckstücke au» den Netze« geworfen und einige Fahrgäste erlitten unbedeutende Verletzungen. Der Zug konnte nach einem Aufenthalt von wenigen Minuten seine Fahrt fortsetzen.
Neckargartach OA. Heilbronn 13. Aug. Trotzdem der Hamsterplage durch eifrige Vertilgung schon jahrelang Einhalt geboten wurde, trete» die Tiere dieses Jahr wieder häufig auf. Die Gemeindeverwaltung zahlt Fanggeld, für alte Hamster 50 A für halberwachsene 25 ^ und für junge 10 c). Es wurden seit dem 1. Mai d. IS. 840 Stück abgeliefert. ES kommen oft in einem Bau 10—15 Junge, aber auch 18 bi» 22 vor. Die Vertilgung wird meistens von Schülern von 12—14 Jahren ausgeübt. Ein nettes Sümmchen haben sich drei Knaben, die gemeinschaftlich arbeiten, erworben. Diese haben bis jetzt allein schon 230 Stück abgeliefert.
St ein heim OA. Heidenheim 12. Aug. In der Sandgrube des GipsermeisterS Karl Sammet werden gegenwärtig interessante Funde gemacht. Anfangs voriger Woche fand man den Stoßzahn eine« Mammuts. Er hatte eine Länge von 1,30 Meter. Er scheint von einem jüngeren Tier zu sein. Zugleich entdeckte man den Hinterfuß von einem dieser Riesentiere. Der ObeHchenkel hatte einen Durchmesser im Becken von 35—40 Zentimeter, in der Kniekehle einen solchen von 25—30 Zentimeter und eine Länge von 1,40 Meter, der untere von 1,20 Meter Länge. Gestern mittag fand man lt. „Postillon" den anderen Hinterfuß in den gleichen Dimensionen. Da« Becke» samt Knochen wurde ebenfalls freigelegt. Man hofft es in einigen Tagen zu bergen. Sämtliche Funde wurden dem Natu- ralievkabinett überwiesen, dessen Vertreter hier waren.
Hall 14. Aug. Gestern mittag kurz vor 12 Uhr entstand in der obersten Spitze des mit
Schiefer gedeckten Solbadturms Feuer, das durch die sofort herbeigeeilte Weckerlinie bald gelöscht war. Im Solbad war die Aufregung unter den Badegästen groß, Für die benachbarten Gebäulichkeiten bestand jedoch keine Gefahr. Die Ursache des Brandes konnte noch nicht ermittelt werden.
Heilbronn 13. Aug. In den letzten Tagen wurden in hiesiger Stadt mehrere Fahrräder, die teilweise innerhalb der Häuser, teilweise vor ihnen auf der Straße abgestellt waren, entwendet, ohne daß es bis jetzt gelungen ist, die Täter zu ermitteln. — Der Selbstmordversuch, den am letzten Mittwoch ein junger Mann auf dem neuen Friedhof verübte, hat seinen Grnnd nicht in schlechter Behandlung im Geschäft, wie der junge Man» selbst angab, dieser hat sich vielmehr, wie sein Prinzipal mitteilt, Veruntreuungen bei der Portokaffe zu schulden kommen lassen, weshalb seine Entlassung bevorstand.
Neckarsulm 13. Aug. Von der krummen Ebene schreibt die „Unterländer Volkszeitung": I» einem Dorfe trug sich kürzlich ein heiteres Vorkommnis zu, Dort liegt ein schon betagter Meister krank darnieder, der sich Hymen'S Gunst noch nie recht erfreuen konnte. Er wollte nun mal sehen, was seine Gemahlin wohl anstelle» wird, wenn er das Zeitliche segne und stellte sich zu diesem Zwecke tot. Die Frau ihren Mann so leblos daliegen sehend, wähnte ihn tot; zur Ueberzeuguvg schüttelte sie ihn ein paarmal hin und her, jedoch ohne ein Lebenszeichen zu erhalten. Nun war ihr erste« Geschäft, die Kaffe auf ihren Bestand zu untersuchen, doch nur einige Mark waren da« Resultat. Inzwischen mögen jedoch dem Weibe Bedenken aufgestiege» sein, sie wiederholte ihr Experiment, gleichzeitig nach etwa unter dem Kopskiffen verborgenen Schätzen auslugend, doch der Pseudo Tote, der sich jetzt nicht länger zu halten vermochte, präsentierte sich seiner Gesponsin durch eine schallende Ohrfeige zur gemeinsamen Weitertragung de» Ehejochs auf unbestimmte Zeit.
Vom Lande 12. Aug. Die landwirtsch. Versuchsstation Hohenheim hat Ende Juni den Schultheißenämtern eine Bekanntmachung betr. Mißstände im Kunstdüngerhundel übersandt, mit der Bitte, sie durch längere« Aushangen zur öffentlichen Kenntnis bringen zu wollen. Da z. B. nachgewiesenermaßen allein beim Thomasmehl bis zu 60°/o Mindergehalte in den letzten Jahren festgestellt wurden und auch speziell in unserem Bezirk erst dieses Jahr bedeutende Fälschungen u. a. in Ammoniak und Chilisalpeter vorgekommen find, so drohen allen Landwirten große VermögevSschädigungev, soferrH sie ihre Kunstdünger nicht untersuchen lassen, trotzdem
ihnen dank dem weitgehende» Entgegenkommen der Staatsregierung, Kosten durch diese Untersuchung nicht entstehen. Es kann den Landwirten in ihrem eigensten Interesse deshalb nicht dringend genug angeraten werden, ihre Kunstdünger entweder zur Nachuntersuchung nach Hohenheim einzusenden oder von solchen Kaufsvereinigungen zu beziehen, die, wie namentlich der landwirtschaftliche Verein, die Molkereien rc. die Kunstdünger regelmäßig untersuchen lassen und für reelle Ware Garantie nicht nur versprechen, sondern tatsächlich auch übernehme« können.
Friedrichshafen 13. Aug. Ein bestimmter Termin für die Aufstiege des Luftschiffs 1-2 6 ist bis jetzt noch nicht festgesetzt worden, da über den Amfall der Probefahrten ei» Ergebnis noch nicht vorliegt. Sobald die Probefahrten einen zufriedenstellenden Verlauf genommen haben, wird die Uebersührung de« Luftschiffs nach Baden-Baden erfolgen.
München 13. Aug. In der Münchner Raubmordaffäre hat die Polizei das Signalement des als Mordgehilfen in Betracht kommenden Dienstmädchens derart genau feststelle« können, daß mit ihrer baldigen Verhaftung zu rechnen ist.
München 24. Aug. Der Lenkballon ? VI stieg heute nachmitag 5 Uhr zur ersten Passagierfahrt von hier mit 16 Personen, einschließlich der Besatzung auf. Nach andert- halbstündiger Fahrt landete er glatt bei der Ballonhalle auf dem AusstellungS platze.
Nürnberg 14. Aug. In einem hiesigen Gasthof ist gestern abend die Kellnerin Drescher tot oufgefunden worden. Es liegt wahrscheinlich Raubmord vor.
Frankfurt a. M. 12. Aug. In dem überfüllten Auditorium de« städtischen Krankenhauses sprach heute mittag Professor Herzheimer über die mit dem Präparat606 an Patienten des Krankenhauses erzielten Resultate und kam zu dem Ergebnis, das Mittel sei von überraschender, selbst verblüffender Wirkung und dabei unschädlich. Geh. Ehrlich selbst teilte mit, daß Nachrichten über 3300 behandelte Fälle vorliege», doch dürfte die Zahl der mit dem Präparat Behandelten schon über 4000 betragen. Von 2000 Fällen könne gesagt werden, daß die Kranken durch eine Injektion tatsächlich vom Grabe gerettet wurden. Bisher seien nur vier Todesfälle beobachtet worden. Von drei dieser Todesfälle sei mit großer Wahrscheinlichkeit avzunehmen, daß nicht das Mittel als solches, sondern die körperliche Beschaffenheit der Patienten die Todesursache gewesen sei. Gegenüber den von Zei-
Wie stark ist eigentlich Ihre Mannschaft, Herr Kapitän?
Alles in allem zählten wir vierzehn Köpfe, ehe Chicken« starb.
Und an seiner Stelle ist nun Herr Lush Ihr erster Maat?
Nein, durchaus nicht, flüsterte er mit einem etwa» höhnisch verzogenen Mund. Dazu ist er nicht angetan. Ich bin mein eigener erster Maat. Er ist Schiffszimmermann und hält nur Wache wie ein zweiter Maat. Wa« soll man mit einem Man» anfangeu, der keine Erziehung besitzt und nicht einmal seinen Namen schreiben kann?
Da« muß freilich unangenehm für Sie sein, da sind Sie ja in der Schiffsführung ganz allein auf sich angewiesen.
Darüber werde ich bald Gelegenheit nehmen, mit Ihnen zu sprechen. Ja, ja, seufzte er, e» war ei» harter Schlag, meinen alten, guten Chicken« zu verlieren. Er war nicht allein ein tüchtiger Seemann, sondern auch ein frommer Christ.
Diese Erinnerung versenkte ihn wieder in tiefes Sinnen. Eine Weile schwiegen wir alle drei. Endlich unterbrach ich die Stille:
Was ich noch fragen wollte: Haben Sie vielleicht Bücher oder irgend einen anderen Zeitvertreib, z. B. ein Schachspiel oder Karten?
Leider führe ich nicht« dergleichen an Bord. Einige Bücher werden Sie ja in Chickirs Kabine bemerkt haben, es sind meist nur Erbauungsbücher. Und was mich betrifft, so besitze ich nur diese Bibel — er strich hiebei fast liebkosend über da« Buch in seiner Hand — sie ersetzt mir jedes andere Buch.
Ich war erstaunt und gleichzeitig erfreut. Von einem solchen Mann, der seine Muse dem Studium der Bibel widmete, hatten wir jedenfalls nichts zu fürchte«. Unwillkürlich überkam mich ein Gefühl der Hochachtung für den sonderbaren Gesellen.
Er sah jetzt plötzlich nach dem Wetter, stieg ohne rin wettere» Wort auf Deck hinunter, sprach einige Augenblicke mit Lush Md verschwand sodann nach unten.
Fräulein Temple und ich begaben uns nunmehr auch Ms das Deck
hinab und spazierten dort auf und ab. Sie hatte ihren Arm in den meinen gelegt und sprach lebhaft von unserer Lage, unseren Aussichten, ihrer Tante und dergleichen. Wir schritten so traulich miteinander daher, daß die Schiffsleute, die un» natürlich beobachteten, nicht ander« denke« konnten, als daß wir Mann und Frau oder mindesten» Braut und Bräutigam wären.
Und diese Wandlung hatten drei Tage vollbracht — unser Alleinsein auf dem Wrack und nun wieder der Schicksalswurf auf dieses Schiff, auf dem sie von noch größeren Gefahre» bedroht zu sein wähnte. Wieder und wieder richtete sie ihre großen, schwarzen Augen verzweiflungsvoll auf mein Gesicht und fragte, wann und wie alles enden sollte. Und genau die gleichen Fragen wiederholte mein Herz, aber ach — in einem ganz anderen Sinne.
Schließlich wurde sie müde. Ich führte sie in die Kajüte und saß ein Weilchen bei ihr. Als ich merkte, daß ihr die Lider schwer wurden, redete ich ihr zu, sich viederzulegen und ein wenig zu ruhen. Sie tat dies ohne Sträuben und schlief bald ein. Ach, wie wunderbar holdselig war doch jetzt ihr Gesicht, wo die Bewußtlosigkeit alle Züge von Stolz und Hochmut milderte! Ich hätte neben ihr niederknien und sie stundenlang betrachten können, doch der Gedanke, auch während sie schlief, für sie sorgen zu müssen, trieb mich fort. Leise schlich ich zur Tür, indem mein übervolle« Herz immer von neuem seufzte: Was soll daraus werden? Wie soll das enden?
Oben auf Deck stopfte ich mir zunächst meine Pfeife. Dann mustrtte ich, müßige Neugier zur Schau tragend, Schiff und Mannschaft. Hm- und herschlendernd richtete ich da und dort einige Worte an den oder jenen Mann, der mir besonders auffiel, und dem ich ins Gesicht sehe« wollte. Dabei kam ich auch an da« Rad, an dem der Mann mit dem ehrlichen Gesicht und grauen Backenbart stand, mit dem ich im Boot gesprochen hatte, während dasselbe noch am Wrack festlag.
(Fortsetzung folgt.)
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