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ihn wegen Privaturkundenfälschung, volleodete» und versuchten Betrugs zu 1 Jahr 8 Monate« Gefängnis und 3 Jahren Ehrverlust.
Stuttgart 12. Aug. (Schöffengericht.) Der des Betrugs beschuldigte Schlosser Joseph Hartmann von Hochdorf war zur Beobachtung seines Geisteszustands in die Anstalt Winnental eingewiesen worden. Als er dort von einem GefändniSaufseher abgeholt werden sollte, leistete er heftigen Widerstand. Er legte sich auf de« Boden und schlug mit de» Händen um sich, fünf Mann waren nötig, um ihn zu überwältige«. Hartmann stand heute wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und Betrugs vor dem Schöffengericht. In einer hiesigen Wirtschaft verkaufte er zwei geringwertige Uhren um teures Geld, unter dem Vorbringen, es seien goldene. Er wurde zu drei Monaten Gefängnis verurteilt.
Tübingen 12. Aug. Aus Anlaß des 50jährigen Todestage» des am 27. Juni 1789 zu Schnaith bei Schorndorf geborenen und am 26. Juni 1860 zu Tübingen gestorbenen Komponisten Friedrich Silcher findet am 26. Aug. ds. IS. eine große offizielle Silcher-Feier hier statt. Abends 5 Uhr singen sämtliche Gesangvereine Tübingen« unter Leitung von Professor Wörz am Silcherdenkmal, dar im Jahre 1874 enthüllt wurde. Dann schließt sich ein Silcher- Bankett abend« 8 Uhr im Museum an. Von Silcher» Liedersammlungen erwähnen wir die schönen Melodiee« der Volkslieder „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten", „Zu Straßburg auf der Schanz", „Morgen muß ich fort von hier", „Aennchen von Tharau". Silcher war von 1817 bis zu seinem Tode, 1860, Musikdirektor der Universität Tübingen.
Tübingen 12. Aug. Die Ernteergebnisse sind auch hier nicht übermäßig günstig; die Aehren sind, namentlich bei Hafer und Gerste, infolge der Lagerung leicht. An Weizen zeigt sich hier und da der Ruß. Auch da» Stroh ist sehr kurz geblieben. Der Schnitt bereitet teilweise bei dem stark gelagerten Getreide erhebliche Schwierigkeiten. Gestern wurden die Erntearbeiten durch heftige Gewitter unterbrochen; da» in den Nachmittagtstunden nirdergegangene Gewitter war eine» der heftigsten de» ganzen Sommers. Der es begleitende Hagelschlag richtete glücklicherweise nicht sonderlich viel Schaden an. — In Lustnau geht das schon längere Zeit schwebende Projekt einer Wasserleitung seiner Verwirklichung entgegen. Die Bohrversuche im Golderbachtale ergaben reichliche Waffermengen, die für die Versorgung de» Ortes mehr als genügend find. Nunmehr sollen die Arbeiten mit aller Energie gefördert werden, so- daß bereits im November die Inbetriebnahme der Anlage erfolgen könnte.
Ofterdingen OA. Rottenburg 12. Aug. Bei dem gestrigen Gewitter hatte der Landwirt Karl Stein hi Iber mit seiner Frau und zwei Knaben unter einer Kastanie beim Kirchhof Schutz gesucht. Der Blitz fuhr in de» Baum, tötete den sechsjährigen Knaben und betäubte die Mutter und den achtjährigen Bruder. Die beiden letzteren blieben unverletzt.
Kirchheim u. T. 12. Aug. Au» dem Feldzug von 1870 leben hier noch 62 Kombattanten und 11 Nichtkombattantev. Um sie zu ehren, haben die bürgerlichen Kollegien beschlossen, unter sie eine Ehrengabe von 500 zu verteilen.
Vom Zabergäu 12. Aug. Durch ein gestern über den oberen Teil des Zabergäu» niedergegangenes schweres Gewitter mit wolken- bruchartigem Regen wurde großer Schaden an- gerichtet. Starke Regenströme gingen nieder und rissen Unmassen von Erde aus den höhergelegenen Weinbergen herab. In Leonbronn traf der Blitz vier auf dem Felde arbeitende Personen, von denen zwei, der KneLt und die Magd des dortigen Ochsenwirts, sofort tot waren. Die beiden anderen wurden am ganzen Körper gelähmt; der eine von ihnen ist bis zur Unkenntlichkeit entstellt und am ganzen Leib schwarz gefärbt. Die geschnittene Frucht ist zum großen Teil vernichtet.
Brackevheim 12. Aug. Bei einem hef
tigen Gewitter schlug der Blitz in Ochsenburg in einen Kirschbaum, unter dem 5 Personen vor dem Regen Schutz gesucht hatten. Der 31 Jahre alte Dievstknecht Adam Gräter au» Leonbronn und der 14 Jahre alte Bauernsohn Adolf Deibler wurden getötet. Die Mutter und der Bruder de« letzteren, sowie eine Dienstmagd wurden schwer verletzt.
Heubach OA. Gmünd 12. Aug. Gestern ging hier ein Gewitter mit Hagelschlag nieder. Die Hagelkörner fielen teilweise haselnußgroß, richtete» aber glücklicherweise an Feldfrüchten und Obstbäumen, auch an der bereit» begonnenen Ernte, nur wenig Schaden an.
St ei «heim OA. Heidenheim 12. Aug. Auch in unserer Gemeinde wird zufolge Beschlusses der bürgerlichen Kollegien den Veteranen (Kombattanten und Nichtkombattanten), sowie den Witwen verstorbener Veteranen eine Ehrengabe von je 5 Mark gereicht. Die Uebergabe wird bei der diesjährigen Champigny-Feier erfolgen.
Gschwend OA. Gaildorf 12. Aug. Bei dem gestern abend 5 Uhr über unsere Höhe gegangenen schweren Gewitter schlug der Blitz in Schlechtbach in die alleinstehende Scheuer de» Bauern Gottfried Grau, die bereit» mit Heu und Frucht gefüllt war und zündete. In kurzer Zeit war da» ganze Gebäude ein Raub der Flammen.
Bühlertann OA. Ellwangen 12. Aug. Als der Bauer Josef Langlois mit Frucht- einführrn beschäftigt war, stürzte der Wagen um; seine erst 22 Jahre alte Frau kam zu Fall, brach das Genick und war alsbald tot.
Tuttlingen 12. Aug. In einer stark besuchten Versammlung beschlossen die hiesigen Lederarbeiter, in eine Lohnbewegung einzutreten. ES wurden folgende Forderungen an die Meister gestellt: 9'/»stündige Arbeitszeit; für Rotgerber 22—27 Mk., für Weißgerber 25 Mk. Wochenlohn. Die Lederarbeiter hoffen, diese Forderung auf gütlichem Wege zur Durchführung zu bringen, nachdem bereit» in 3 Gerbereien die Arbeitszeit freiwillig verkürzt worden ist und auch der geforderte Lohn in mehreren Betrieben schon längere Zeit anstandslos bezahlt wird. — Auch die Zwicker sind in eine Lohnbewegung eingetreten; einzelne Fabriken haben die Forderungen bereit« bewilligt. — Die Instrumentenmacher beabsichtigen gleichfalls in eine Lohnbewegung einzutreten.
Ulm 12. Aug. Am Montag wurde am Ankerseile eine» an der Mündung der Isar in die Donau (unterhalb Deggendorf) liegenden Baggerschiffes die Leiche eines nur mit der Badehose bekleideten jungen Mannes aufgefunden. ES wurde durch die Gerichtskommisfion festgestellt, daß der Ertrunkene der 21jährige Schriftsetzer an» Ulm «amen» Alfons Gerber ist, der vorigen Monat beim Baden ertrunken ist.W
' Ulm 12. Aug. Für die Ülmer Jahr- hundertfeier ist nun folgendes Programm festgesetzt. Am Mittwoch, 24. August findet Fest- gottetdienst in sämtliche« Kirchen statt. Gegen 11 Uhr kommt da» Königkpaar mit Gefolge an. Auf dem Rathaus findet eine Begrüßung durch die Stadlvertretung und die Vertreter der an der Feier beteiligten Gemeinden statt. Gegen 11'/- Uhr beginnt das Festspiel mit lebenden Bildern im Saalbau. Nach Schluß desselben kehrt da» Königkpaar in das Rathau» zurück. Der Fefizug beginnt nachmittags 1'/, Uhr vom Rathaus au», wo er eine Schleife um den Marktplatz bildet und endet in der Friedrichsau in einem Volksfest mit Musik und turnerischen Vorführungen, die bei ungünstiger Witterung in die verschiedenen Turnhallen verlegt werden. Abend« findet eine Beleuchtung de» Münster» statt. Das Festspiel wird am Samstag abend den 27. Aug. und Sonntag morgen den 28. Aug. im Saalbau wiederholt. — So rüstet sich Ulm zur würdigen Feier eines bedeutsamen Gedenktags, für welchen da« Interesse mit jedem Tage wächst. ScköneS wird zu hören und zu sehen sein. Die altbewährte Ulmer Gastlichkeit wird auch hier sich in bestem Lichte zeigen. Im ganzen Würt- temberger Lande nimmt man freudigen Anteil an dieser Erinnerungtfeier.
Ernsingen OA. Ulm 12. Aug. Die Auffüllungsarbeite« am hiesigen neuen Bahnhof schreiten trotz aller Schwierigkeiten rüstig voran. Durch die fortwährenden Regengüße ist der Hügel, dem da» Material entnommen wird, in« Rutschen geraten, so daß die Rollwagengleise zugeschüttet wurden. Die Bewegung des Berges dauert noch immer an. Mächtige Spalten durchfurchen ihn und e» sieht au« wie nach einem Erdbeben. Die Fun- damentierungsarbeiten am Burren, an der Stelle der Ueberführung, sind vollendet. Die Züge werden die gefährdete Stelle, an der seit Wochen von morgens früh 5 Uhr ab gearbeitet wird, bald wieder mit der regelmäßigen Geschwindigkeit passieren können. Nun kann mit den Ueber- führungsarbeiten begonnen werden.
Ravensburg 12. Aug. Ein Flugapparat wurde vorgestern und gestern Abend von hiesigen Einwohnern beobachtet. Der Apparat bewegte sich in bedeutender Höhe in der Richtung von Norden nach Süden hi».
Amtzell OA. Wangen 12. Aug. Im Stall des Oekonomen Rupp in Ettenlehe» brach Feuer aus, das sich rasch verbreitete, so daß nicht einmal alles Vieh gerettet werde« konnte. Zwei Kalbeln und zwei Rinder, sowie der treue Hofhund, der die Bewohner weckte und nachher in der Bestürzung nicht losgelaffen wurde, kamen in den Flammen um. Den herbeigeeilten Feuerwehren gelang es, da» stark gefährdete Wohnhaus zu retten. Der Abgebrannte ist seit sechs Wochen verheiratet. Die EntstehungSursache konnte noch nicht festgestellt werden.
Aussig 13. Aug. Auf der Strecke von Bodenbach hierher wurde im Berliner Schnellzug einem Amerikaner von einem internationale« Eisenbahndieb eine Ledertasche mit Schmuck und amerikanischem Gold- und Silbergeld und einem auf 95 Pfund Sterling lautenden Kreditbrief einer Londoner Bank gestohlen.
Koblenz 12. Aug. Ein hier angestellter Hotelportier erschien an patriotischen Festtagen mit Kriegsderkmünzen geschmückt. ES stellte sich jetzt heraus, daß er niemals gedient hat, aber jahrelang Veteranevunterstützung erhielt.
Kolmar 11. Aug. Heute früh 6.45 Uhr sind bei Kilometer 24,1 der Strecke Straßburg— Basel zwischen Mützenheim und Benfeld. Gemeindebezirk Sand bei starkem Nebel während der Begegnung der Personenzüge 206 und 201 von dem letzteren 6 Rottenarbeiter überfahren und getötet worden. — Die „Straßb. Post" erfährt über das Unglück: Zwischen Matzenheim und Benfeld arbeitete eine Rotte von 11 Arbeitern mit einem Vorarbeiter, dem getötete» Mathias Fischer, an dem Gleise gegen den Rhein.
ES herrschte ein dichter Nebel, der auf keine zehn Meter freie« Ausblick bot. Da kam der Personenzug 206 von Straßburg und fuhr an ihnen vorbei. Durch das Geräusch diese» Zuges über- . hörten die Arbeiter das Nahe« des Personenzugs 201, der von Benfeld herkam. Als der erste Zug um die Hälfte seiner Länge an den Arbeitern vorbei war, geschah da« Schreckliche. Der Vorarbeiter hatte die ganz gewöhnlichen Vorsichtsmaßregeln außer Acht gelaffen. Bei dem starken Nebel hätte er unbedingt einen Nebelposten ausstellen müssen. Er hat da» selbst dann unterlaffen, als er von einem Arbeiter darauf aufmerksam gemacht wurde. Diesem erwiderte er auf seine Vorstellungen: „Ich stelle mich selbst an die Spitze der Arbeiter und paffe auf!" Er wurde auch zuerst erfaßt und hernach die fünf folgenden auf dem Gleise Stehenden. Ein siebenter Arbeiter Namen« Bischof wurde durch den Körper des sechsten aus dem Gleise geschleudert und verdankt diesem Umstand sein Leben. Die fünf zuletzt stehenden Arbeiter konnten im letzten Augenblick noch aus dem Gleise springen. Die fünf ersten wurden teilweise schrecklich zugerichtet; einer ist vollständig durchgeschnitten. Den Lokomotivführer trifft keine Schuld, er gab sofort Warnungtsignale, als er die Leute bemerkte, doch e» war zu spät. Die Versäumnis der Ausstellung eine» Nebelposten» durch den Vorarbeiter Fischer, der durch ein Horn da» Herannahen von Zügen avzeigen sollte, war schuld an dem Un-