754

einsteigen, als da« Seil, an dessen einem Ende Widmayer festgebunden war, in der Hand der Führers einen plötzlichen Ruck gab. Schultheiß und der Führer riefen zu Widmayer hinab, was denn sei. Widmayer gab keine Antwort; nur ein dreimalige« Stöhnen war hörbar. Auf die Hilferufe des Führer« kletterte ein zweiter Führer zu Widmayer empor. Die übrigen folgten. Sie konnten nur noch den Tod Widmayer« feststellen. Alle Anzeichen sprechen dafür, daß ein plötzlicher Herzschlag seinem Leben ein Ende gemacht hatte. Eine Bergung der Leiche am gleichen Tag war ausgeschlossen. Am Donnerstag brach eine große Führerexpedition auf, um den Toten zu Tal zu bringen. Die Leiche wird nach Stuttgart gebracht werden.

Feuerbach 33. Juli. Al« sich einige Schuljungen beim Feuerbacher Schützenhaus mit Revolverschießen vergnügten, schoß sich einer in die Hand und suchte bei Passanten Hilfe. Ein Spaziergänger schützte ihn vor Ver­blutung und veranlaßte seine Uebersührung in die Wohnung eines hiesigen Arztes, der die Kugel entfernte.

Horb 33. Juli. Einen größeren Auflauf verursachie gestern da« Festhalten eines Auto­mobils. Von Bittelbronn au« war die Polizei telephonisch um Anhalten eine« Automobil«, da« dort durch schnelles Fahren ein größeres Unglück angerichtet haben sollte, ersucht worden, ein Er­suchen, dem sofort entsprochen wurde. Der Insasse de« Auto», ein Franzose, der keines Wortes Deutsch mächtig war, und mit dem des­halb mit Hilfe eine» DollmetscherS verkehrt werden mußte, war sich keine« Vergehens bewußt. Auf wiederholte Anfrage in Bittelbronn stellte e» sich heraus, daß das Auto einen Hund überfahren hatte. Nach Hinterlegung eine« Zwanzigmarkstückes als Schadenersatz konnte der Führer des Autos seine Reise fortsetzen.

Trossingen 34. Juli. Der seltene Fall, daß ein kaum der Schule entwachsener Knabe durch einen Schlaganfallden Tod erleidet, hat sich hier in der Familie des Harmonikamachers und katholischen Kirchenpflegers Martin Schindler zugetragen. Der 14'/,jährige hoffnungsvolle Sohn Albert klagte, als er von dem Besuche einer Nachbar familie heimkam, über Kopfschmerzen und brach kurz darauf vor seinen bestürzten An­gehörigen zusammen. Ein Gehirnschlag hat ihn weggerafft.

Urach 34. Juli. Seit längerer Zeit werden in der Kirche und auf dem Friedhof die Opfergelder gestohlen. Nun ist es gelungen, drei jugendliche Missetäter zu ermitteln und zu einem Geständnis zu bringen. Sie wußten für die gestohlenen größeren Beträge sichere Verstecke

im Wasser und unter Brücken zu finden und das Geld dann zu passender Zeit zu holen und zu vertun. Der zusammengestohlene Betrag soll hundert Mark übersteigen.

Eßlingen 33. Juli. Gestern statteten eine große Anzahl Mitglieder de« Bunde« deutscher Gastwirte der Stadt einen Besuch ab. Sie besichtigten die zahlreichen Sehens­würdigkeiten und nahmen dann auf der Burg einen ihnen von der Eßlinger Brauereigesellschaft gespendeten Imbiß ein. Während dessen hielt Oberbürgermeister Dr. Mülberger eine bedeutungs­volle Ansprache, in der er die wirtschaftliche Be­deutung de- Wirtsgewerbes hervorhob und auf die Pflichten hinwies, die der Wirt zu erfüllen habe, wenn er das Gewerbe in idealem Sinne ausüben wolle. Die Champagnerfabrik Kessler und Cie. hatte die Gäste zu einem Champagner- frühstück eingeladen, während dessen der Besitzer, Kommerzienrat Weiß, als trefflicher Leiter und als einer der besten Söhne Eßlingens gefeiert wurde. Während de» Essens wurde vielfach die Schönheit Eßlingens und seiner Umgebung ge­rühmt und ausgesprochen, daß sich die Teilnehmer gerne des schönen Ausflug« nach Eßlingen er­innern werden.

Eßlingen 34. Juli. Die Friseur- Tragikomödie will immer noch nicht zur Ruhe kommen. Hatte schon die geschwollene Er­klärung, die der Obmann des Bürgerausschusses gegen den Beschluß des Gemeinderats abgab, der die Bezahlung des über 150 ^ hinausgehenden Betrages für den von der Stadt gespendeten Imbiß ablehnte, ebenso wie die in einer hiesigen Zeitung veröffentlichte Erklärung de« Bürger- ausschusse« gegen jenen Beschluß allgemeines Kopfschütteln und Befremden hervorgerufen, so erregt die Rede des Oberbürgermeister« Dr. Mül­berger zur Begrüßung de« zum Besuche der Stadt hierher gekommenen Bundes deutscher Gastwirte kein geringes Aufsehen in der Stadt. Es ist darin von einer bitterbösen Aktion die Rede, die in letzter Zeit in der Dunkelheit ge­trieben worden sei, und da» Ansehen Eßlingens nicht nur in Württemberg, sondern auch in Deutschland und selbst im Auslande (!) schwer geschädigt habe. Er lasse persönliche Reibereien und Beleidigungen in den Hintergrund treten, wenn er auch noch so tief getroffen sei durch dunkle Mächte, die gar nicht wüßten, was sie angerichtet haben (!). Man fragt sich hier er­staunt, ob dieser Aufwand von tönenden Worte« wirklich im Verhältnis stehe zu der doch im Grunde recht unbedeutenden Sache, über die man hier herzlich gelacht und der kein ernsthafter Mensch die Bedeutung beimessen konnte, wie der an­scheinend an einer sehr empfindlichen Stelle ge-

Jmmer möglich, lachte Prance. Ich würde Ihnen raten, bald Vor­kehrungen für Ihre Sicherheit zu treffe«.

Dieser Hohn veranlaßte wohl manchen anderen, der ähnlich, wie Emmet fürchtete, seine Gedanken für sich zu behalten. Die Gesichter aber sprachen deutlich genug. Erst gegen Mittag, als sich herausstellte, daß da» ankommende Schiff in der Tat eine kleine englische Korvette war, wich der Alp von den Zaghaften, und nun waren sie es, die nichts sehn­licher wünschten, als daß da« ganze Räubernest voll säße und all die Bösewichter von dem Kriegsschiff gefangen und gehängt würden.

Leider kam diese» sehr bald ebensowenig von der Stelle wie wir, denn e« trat absolute Windstille ein. Kein Lüftchen regte sich mehr. Die schlaff herab hängenden Segel bewegten sich nur noch leise, wenn bei der schwachen Dünung die hohen Spieren sich sanft neigten. Das Wrack der Brigg lag uns jetzt etwa zwei Meilen steuerbord und ungefähr noch eine Meile weiter die Korvette. ES war, als wären wir alle drei verankert.

Um mir die Zeit zu vertreiben, stieg ich aufs Deckhaus und zündete mir eine Pfeife an. Während ich dort, an da» Geländer gelehnt, meine Augen umherschweifen ließ, wurde mein Blick durch da« merkwürdige Aus­sehen der Seelinie im Südwesten gefesselt. Der Rand der See zeigte dort eine eigentümliche Vertiefung, was jedenfalls eine Wirkung atmo­sphärischen Druckes war. Der Anblick war aber um so wunderbarer, als da, wo Meer und Himmel in dieser sonderbaren Einsenkung hätten zusammenfließen müssen, ein verhüllender Dunst lagerte.

Ich hätte vielleicht diesem seltsamen Naturspiel weniger Beachtung geschenkt und e« nur für eine Folge merkwürdiger Strahlenbrechung ge­halten, wenn mir nicht eingefallen wäre, daß mir bei meiner ersten See­reise der eine Maat erzählt hatte, wie er einst eine solche Vertiefung am Horizont bemerkt und sie sich nickt zu deuten gewußt hätte, dann aber plötzlich ein solche» Wetter gekommen wäre, das die Segel gegen die Maste geweht und diese über Bord geworfen hätte. Ich nahm mir deshalb vor,

troffen« Herr Oberbürgermeister, der doch den ganzen Spaß durch seine Witze vomlieber de« Löffel balbieren" erst hervorgerufen und sich al« ein ausgezeichneter Prophet, wenn auch wider Willen, erwiesen hat. Man wundert sich ganz besonder« darüber, daß der Herr Oberbürger­meister vor einer Corona wildfremder Gastwirte seinem gepreßten Herzen Luft machte, nachdem ihm im Gemeinderate, also von maßgebender Seite, allerseits bestätigt worden war, daß jene verhängnisvolle Abstimmung gar keine persönliche Spitze gegen ihn gehabt hat. Soviel Lärm um einen Eierkuchen!

Marbacha. N. 33. Juli. In der Sand­grube des Ludwig Riegraf in Steinheim wurden wieder 3Mammutzähne gefunden, die aber leider beim AuSgraben zerfielen, sodaß sie nicht, wie beabsichtigt, nach Stuttgart gebracht werde« konnten.

Oberbettringen OA.Gmünd33.Juli. Ein 13jähriges Mädchen, das im Aalbuch Heidelbeeren suchte, wurde, laut RemSztg., von einer Kreuzotter gebissen. Alsbald schwoll der Fuß heftig an. Doch hatten die Kinder, die dabei waren, den glücklichen Einfall, die Wunden sofort aut zusaugen und den Fuß mit dem Taschen­tuch tüchtig umzubinden. So wurde die Todes­gefahr beseitigt.

Ulm 33. Juli. Wandervögel au« Leipzig trafen gestern hier ein. Die neu« jugendlichen Wanderer, in regenfeste Kleidung gesteckt, mit Kochgeschirr, gefülltem Rucksack und Guitarren bepackt, marschierten unter Gesang durch die Straßen nach Neu-Ulm, wo sie auf Einladung im GesellschaftSgarten abkochten. Der Weitermarsch ging nach Biberach. Dort wurde Nachtruhe gehalten. Die Reise geht dann an den Bodensce. In Ueberlingen findet eine Zu­sammenkunft sämtlicher Wandervögel Süddeutsch­lands statt. Auf dem Rückweg wird der Hegau und die schwäbische Alb durchwandert bis Aalen, von wo aus dann die Bahn zur Heimreise be­nützt wird.

Wangen i. A. 33. Juli. Ein etwa 10 in langer Tcil der massiven 3'/-stückigen Vorder­wand des Knöpfler'schen Eisenmagazins an der Argen stürzte unter lautem Getöse auf die Straße gegen den Spitalgarten. Glücklicher­weise befand sich zur Zeit niemand auf der sonst sehr frequentierten Straße. Die Ursache scheint darin zu liegen, daß die Menge de» im Magazin aufgestellten Langeisens eine» der an­gebrachten Gestelle abdrückte; dieses fiel weiter auf da» vor ihm stehende und so fort, bi« die ganze Wucht die Vorderwand traf und diese hinausdrückte. Da« Gewicht de» Eisen» wird auf einige tausend Zentner geschätzt.

Prance auf meine Wahrnehmung aufmerksam zu machen, vergaß e« aber schließlich über einer anderen Sache.

Beim Frühstück nämlich kam Cocker und machte dem Kapitän eine Meldung.

Schön, antwortete dieser. Der Besuch wird wohl mehr au» Neugier als au» Höflichkeit geschehen. Wie weit ist das Boot noch ab?

E» hat soeben das Wrack verlassen.

Na, dann dauert es ja noch eine Weile, bis e» heran ist. Meine Herrschaften, fuhr der Alte zur ganzen Tafel gewandt, fort, die Korvette hat ein Boot nach dem Wrack geschickt, und jetzt kommt e« zu uns. Ich zweifle nicht, daß die Korvette nach Hause segelt, und die« würde eine Gelegenheit sein, Briefe mitzugeben. Wer von Ihnen also schreiben will, wird gut tun, die Zeit wahrzunehmen.

E« gab nur wenige, die nicht den Drang fühlten, die günstige Ge­legenheit zu benutzen. Ich frühstückte in Ruhe zu Ende und ging dann auf Deck, da» ankommende Boot zu betrachten.

Unter dem präzisen, taktmäßigen Heben und Senken der Helle«, eschenen Riemen kam e« schnell näher. Ein junger Marineoffizier steuerte es, mit einer ebenso geschickten wie eleganten Wendung legte es sich längs- seit, die Riemen flogen mit einem Schlage auf, es hakte an, der junge Offizier enterte flink die für ihn bereit gehaltene Strickleiter empor und betrat das Deck, indem er mit einer gefälligen Handbewegung alle Ver­sammelte« begrüßte. , ^ ^

Der alte Keeling empfing ihn mit freundlichem Händedruck. Was verschafft uns da» Vergnügen Ihres Besuche»?

Mein Kapitän befahl mir, erwiderte der sonnengebraunte, frische Leutnant mit vornehmer Sicherheit, da« Wrack zu durchsuchen und dann hier anzufragen, ob wir Ihnen irgendwie zu Diensten sein könne».

Sehr gütig von J^rern Kapitän, entgegnete Keelmg verbindlich. Meine Passagiere werde». Ihnen dankbar sein, wenn Sie einige Briefe mitnehme« wollen.