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Neresheim 33. Juli. Der Landjäger von Ebnat ist von einer Zigeunerbande, zu deren Verfolgung er sich aufgemacht hatte, totgeschlagen worden. Von der Bande hat man noch keine Spur.
Neckarsulm 33. Juli. An einem alten Hause in Widdern befindet sich ein prächtig geschnitzter Eckbalken, eine schön gearbeitete Atlasgestalt. Altertums Händler hatte« schon wiederholt versucht, die Besitzerin zu überreden, sie solle den Balken mit der Figur herausnehmen lassen und durch einen andern ersetzen. Es wurde der Frau dafür eine ansehnliche Entschädigung in Aussicht gestellt. Es wäre zu wünschen, daß die Besitzerin diesem Drängen nicht nachgibt.
Pforzheim 23. Juli. Südlich von Pforzheim gingen gestern abend furchtbare Gewitter nieder, von denen die Ortschaften des nördlichen Schwarzwaldes schwer getroffen wurden. Von Lehningen berichtet man, daß Dächer abgedeckt wurden und daß die stärksten Obstbäume an der Landstraße vom Sturme niedergelegt wurden, ebenso wurden die Teüphon- leitungen zerstört. In Friolzheim hauste der Sturm ebenfalls so, daß die stärksten Bäume an der Straße nach Pforzheim abgebrochen wurden. Das Korn ist zum größten Teil vernichtet.
Tauberbischofsheim 23. Juli. Bei Fundamentarbeiten an der neuen Stadtkirche wurde ein unterirdischer Gang von 1.40m Höhe und 60 em Breite aufgedeckt, der unter den Fundamenten der alten Kirche hinlauft. Es dürste sich um einen alten Festungsgang handeln, der in früheren Zeiten den Belagerten die Flucht ermöglichen sollte.
Vom Bodensee 23 Juli. Die Staatsanwaltschaft Kempten hat sofort die Fahndung nach dem Lindauer Lu st Mörder ausgenommen. Als Täter kommt ein Mann in Frage, 30—40 Jahre alt, mittelgroß mit blonden Haaren, dünnem, blondem Schnurrbart, blassem Gesicht; er trug schwärzlichen Filzhut, mit herabgedrückter Krempe, dunkle abgetragene Kleidung, soll offenbar dem Arbeiterstande angehören und vermutlich auf den Namen Stephan FackaS von Mühlhausen reisen. Die Aussetzung einer hohen Belohnung für die Festnahme des Täters ist beantragt.
Breslau 23. Juli. In Admont in Steiermark sind der Breslauer Kaufmann Böhm und dessen 15jährigr Tochter, die, wie die „Breslauer Ztg." meldet, dort als Sommergäste weilten und eine kleinere Partie unternahmen, seit drei Tagen spurlos verschwunden. Die Nachforschungen find bisher ergebnislos geblieben.
Metz 23. Juli. Daß schwere Unwetter des gestrigen Abends hat, wie sich nunmehr über
sehen läßt, im ganze» Lothringer Land, besonder« in der Metzer Gegend außerordentlichen Schaden angerichtet. Besonders stark hat da» Gewitter in Plapeville gehaust. Ein Zyklon drückte mehrere Häuser zusammen, entwurzelte die Bäume und vernichtete fast die ganze Ernte. Die Weinberge der Gegend von Ancy, die von der Perenospora in diesem Jahr so stark betroffen wurde», sind von dem Unwetter so mitgenommen, daß kaum mehr als ein Zehntel Herbst zu erwarten ist.
Köln 23. Juli. Da» gestrige Unwetter hat besonder« die Orte Efferen, Fischenich und Mefseling stark heimgesucht und an den dortigen Feld- und Gartenfrüchtrn großen Schaden angerichtet. In Fischenich ging ein Wolkenbruch mit schwerem Hagelschlag nieder und richtete außer auf den Feldern und in den Gärten auch an Wohnhäusern großen Schaden an. Die Telefonleitungen wurden zerstört. Auch in Frechen, Benzelrath und Brühl wurde strichweise großer Schaden angerichtet. Die Frucht auf den Feldern liegt stellenweise wie niedergewalzt am Boden.
Hamburgs. Juli. Der hiesigen Polizei ist abermals ein großer Juwelendiebstahl angezeigt worden, der auf der Ueberfahrt von Newyork nach Hamburg verübt wurde. Einer Frau Stratford sind aus ihrer Kabine erster Klaffe eine große Menge Pretiosen entwendet worden.
Jnterlaken 23. Juli. 2 führerlose Bergsteigergruppen, aus je 3 Mann bestehend, die gestern bei schönstem Wetter von der GugiS- hütte nach der Jungfrau aufgebrochen waren, wurden in einem gefährlichen Feltrevier von einem fürchterlichen Schneesturm überrascht. Er gilt als unmöglich, ihnen Hilfe zu bringen. — Vom Sexmor, einem 3190 Meter hohen Vorberge des Spitzmeilen, stürzte ein 3ljähriger junger Mann eine 300 Meter hohe Felswand ab. Er war fast auf dem Gipfel angelangt und jauchzte drei Kameraden zu, die weiter unten warteten, als ihm das schreckliche Unglück zufiieß. Die schrecklich verstümmelte Leiche wurde ins Tal geschafft.
Mailand 24. Juli. In Solario, einem Teildorfe der Gemeinde Seriano Laghetto, zerstörte der Sturm eine Ziegelsteinfabrik. Vierzehn Personen wurden getötet und viele verletzt. In Busto Arfizio wurde eine Anzahl Arbeiter von herabstürzenden Fabrikkaminen verschüttet. Etwa zehn von ihnen wurden als Leichen geborgen, andere sollen noch unter den Trümmern liegen. Auch in MoSciano wurde schwerer Schaden angerichtet. Fünfzehn Personen wurden teils schwer, teils leicht verletzt. Auch im Distrikte Gallarate richtete der Sturm schwere Beschädig
ungen an. Die telephonischen und telegraphischen Verbindungen sind teilweise zerstört worden. Der Präfekt hat Truppen und Feuerwehrabteilungen zur Hilfeleistung abgesandt und sich selber in die von dem Unwetter betroffenen Bezirke begeben.
Tokio 24. Juli. Der Dampfer „Tel- surimarn", der zwischen Kobe und Dalny verkehrt, ist in vergangener Nacht auf der Höhe von Tschindo in Korea «ntergegangen mit 246 Passagiere«. 40 Personen sind gerettet. Kriegsschiffe sind abgegangen, um nach den übrigen Passagieren zu suche».
Vermischtes.
(Ausweisungen von Deutschen au» Rußland.) Die „Franks. Ztg." schreibt: Da» Ausweisungssystem der Russen richtet sich nunmehr auch gegen die Deutschen. In Wolhynien sind 300 Arbeiterfamilien deutscher Nationalität vor die Wahl gestellt worden, sich entweder naturalisieren zu lassen oder Rußland zu verlassen. Die Deutschen haben die Naturalisation (wahrscheinlich infolge ihrer langjährigen Erfahrungen) abgelehnt und erwarten jeden Tag den Ausweisungsbefehl. Da e» sich um sehr kinderreiche Familien handelt, so kommen für diesen Fall der Ausweisung 1500—1800 Personen in Frage. Das Grenzamt MyLlowitz der Deutschen Feldarbeiterzentrale ist beauftragt, sich der Leute anzunehmen. Es muß zunächst mit der östreichischen Bezirkshauptmannschaft, deren Gebiet für den Grenzübertritt in Frage kommt, verhandelt und ferner Vorsorge für die Verpflegung u. Ueberführung der AuSgewiesenen nach Deutsch- land getroffen werden. ES ist anzunehmen, daß sich bezüglich des weitere» Fortkommens der Leute die Anfiedlungskommission ins Mittel legen wird.
Letzte Nachrichten.
Leonberg 25. Juli. I» dem Eltlinger Gemeindewald wurde gestern abend V«9 Uhr der Jagdaufseher Kaiser von Wilderern angeschossen. Kaum hatte er den Wald betreten, Als ihn 3 Schüsse trafen, einer in die Füße und einer in den Kopf und ihn lebensgefährlich verletzte». Heute morgen wurde er nacb Stuttgart in ein Hospital überführt. Die Täter find noch nicht bekannt.
Luzern 25. Juli. Gestern erfolgte hier der erste vorzüglich gelungene Aufstieg de» Luftballons Stadt Luzern I, der 5 Mann Besatzung und 8 Passagiere aufnehmen kann.
Klein Scheidegg 25. Juli. Die 6 Touristen, die am Freitag ohne Führer eine Besteigung der Jungfrau unternahmen und von einem heftigen Sturm überrascht wurde», find gestern glücklich geborgen worden.
Bitte, mit Vergnüge». Und der Name Ihre» Schiffe«?
„Gräfin Jda"; von London nach Bombay. Ich darf die gleiche Frage an Sie richten?
Sr. Majestät Korvette „Zauberin".
I der Tausend! platzte hier Colledge dazwischen. Verzeihen Sie, dann ist Sir Edward Panton Ihr Kommandeur?
Allerdings, wandte sich der Leutnant ihm höflich zu. Sie kennen ihn?
Er ist mein Vetter. Habe ihn sieben Jahre nicht mehr gesehen. Und ihn nun hier mitten auf dem Ozean zu treffen! Da» ist wirklich spaßhaft.
Ja, wirklich, ein eigener Zufall. Dürfte ich Sie um Ihren Namen bitten?
Colledge.
Ah; also jedenfalls ein Sohn von Mylord Sandown. Ich hörte den Namen öfter von Sir Edward. Er wird sich freuen, von Ihnen zu hören. Ich kann ihm doch Grüße bestellen?
Gewiß. Die allerherzlichsten, wenn Sie so gut sein wollen.
Herr Leutnant, begann jetzt wieder Keeling, ich denke, Sie werden nach der heißen Fahrt einen kleinen Imbiß nicht verschmähen. Das Frühstück steht noch auf dem Tisch, wenn es Ihnen gefällig ist, gehen wir hinunter.
Auf eine zusagende Verbeugung schritten beide nach dem Salon, wobei der Leutnant seine Augen neugierig über da« Schiff und die umstehenden Herren und Damen schweifen ließ, unter denen die goldhaarige kleine Hudson mit ihren neckischen Augen einen besonders langen Blick der Bewunderung empfing.
Da hat da« hübsche Ding wieder einen, dem sie den Kopf verdrehen kann, raunte mir Colledge zu, indem er seinen Arm unter den meinen steckte. Paffen Sie auf, sie geht ihm bald nach. Und richtig, sie schloß sich gleich anderen an, welche die Neugier trieb, zu hören, was der junge Offizier alle« zu erzählen hatte. Wir lachten und traten zusammen
an die Reling, wo Colledge sagte: Wissen Sie, Dugdale, ich würde meinen Vetter schrecklich gern überraschen; es wäre doch ein riesiger Spaß, ihn zu besuchen! Mir scheint, es ist gar nicht so weit bi» zur Korvette. Was meinen Sie?
Oh, die Entfernung würde das wenigste sei«, antwortete ich, meine» Blick unwillkürlich wieder nach der Stelle am Horizont wendend, wo mir vorher die sonderbare Vertiefung ausgefallen war, aber ich traue der Windstille nicht, mitunter folgt ihr ganz plötzlich ein böse« Wetter.
Ach waS; ich bin kein solcher Schwarzseher. Würden Sie mitkomme«, wenn ich fahre?
Mit größtem Vergnügen.
Na, da» ist aber nett von Ihnen, rief er, mich auf die Schulter schlagend. Wir fahren mit dem Leutnant, und mein Vetter schickt un» wieder zurück. Da» wird rin Hauptfest! Ich habe die MarinejungenS gern; wissen Sie, man fühlt sich so sicher, wenn sie rudern. — Ah, da kommt wa» zu trinken für die braven Kerls. Das freut mich. Wahrhaftig, unser Alter trägt doch unter seinem närrischen altmodischen Rock ein mitfühlendes Herz.
Alles ganz schön, Colledge, Nur fragt r» sich, ob der Leutnant uns überhaupt mitnehmen darf. Vielleicht verbieten ihm da» seine Dienstvorschriften. Wie wäre es, wenn Sie hinuntergingen und die Sache mit ihm besprächen? Ist es ihm nicht erlaubt, wird uns wohl Keeling ein Boot geben.
Voller Eifer sprang er davon, und ich trat an da» Oberlicht, von wo au» ich den Leutnant vor einer Flasche Champagner sitzen und mit Appetit ein Stück kalte» Geflügel verzehren sah. Neben ihm saß der alte Keeling mit der Tante und Fräulein Temple, die ebenso wie einige andere, welche bi» jetzt Briefe geschrieben hatten, ihr unterbrochenes Frühstück fortsetzten. Colledge zog sich einen Stuhl dicht neben den Offizier, und bald sah ich beide in lebhaftem Gespräch.
(Fortsetzung folgt.)