732

eingerichtet sein müsse». Die Wirte, die diese Verfügung in Dresden angefochten halten, waren vom sächsischen Oberverwaltung« gericht abgewiesen worden. Die Antwort de« württ. Mini­sterium» de« Innern auf diese Ein­gabe ging dahin, daß da« Ministerium nicht in der Lage sei, den 8 54 Abs. 1 der Verfügung de« Ministerium« de« Innern vom 1. Februar 1903 betr. den Verkehr mit Schlachtvieh und Fleisch, in dem beantragten Sinne abzuäudern. Die Vorschriften dieser Verfügung seien auch in den gewerbsmäßigen Metzgereien noch nicht überall durchgeführt. Vom Ministerium sei in zahlreichen Fällen Befreiung hiervon erteilt worden und auch jetzt noch würderrimmer wieder Befreiungkgesuche von Metzgern aufallen. Solange noch zahlreiche Metzgereibetriebe nicht vorschriftsmäßig eingerichtet seien, könne von einer Ausdehnung der ge­nannten Vorschriften auf Wirte nicht die Rede sein. Soweit Wirte einen Fleischwarenhandel betreiben, könne deren Geschäftsbetrieb in dieser Richtung schon jetzt auf Grund de« § 78 durch den Fleischbeschauer beaufsichtigt werden.

Stuttgart 18. Juli. Bei einem Land­hausneubau in Untertürkheim auf dem Gelände de« Kaufmann« Karl Mold wurde, wie die Württ. Ztg." milteilt, bei den 'Grabarbeiten ein 3 Meter langer Mammutzahn gefunden. Der größte Umfang beträgt 70 Ctm. Bedauer­licherweise ist der Zahn beim Herausgraben in Brüche gegangen, doch ist die Möglichkeit vor- Händen, ihn bei seinem sonstigen guten Zustand wieder zusammensügen zu können. Die Farbe de« Findling» ist weißgelb. Die Bergungs­arbeit wurde durch das den Zahn umlagernde Gestein sehr erschwert. Der Zahn ist jetzt im Besitz de« bauausführenden Architekten, der be­absichtigt, ihn einem Museum einzuverleihen.

Stuttgart 18. Juli. Ein unverbesser­licher Schwindler ist der ledige 23jährige Taglöhner August Maisch von Steinenbronn. Er ist schon 7mal wegen Betrug» vorbestraft. Im April wurde er au« der Strafanstalt ent­lassen und gleich darauf verfiel er in seinen alten Fehler. Er erschwindelte in Möhringen a. F. ein Fahrrad, einen Anzug und mehrere Darlehen. Das Fahrrad im Werte von 180 ^ veräußerte er sofort um 30 Das Urteil gegen ihn lautete auf 1 Jahr 4 Monate Ge­fängnis. Der Staatsanwalt hatte eine Zucht­hausstrafe beantragt.

Ludwigsburg 18. Juli. Der 6. Ver- bandriag württembergischer Gemeinde- Unterbeamten wurde gestern unter dem Vorsitz von Goldschmid - Stuttgart abgehalten. Nach den Begrüßungsansprachen von Oberregie­rungsrat Schütz als Vertreter der K. Krei«-

regierung und von Oberbürgermeister Hartenstein wurde der Geschäftsbericht erstattet. Darnach zählt der Verband 3616 Mitglieder. Die Ver­bandskasse weist einen Bestand von etwa« über 1000 ^ auf. Nach einem Referat de« Vor­sitzenden Goldschmid-Stuttgart über das Pensions­gesetz für die körperschaftlichen Unterbeamten Württembergs wurde eine Resolution angenom­men, in der dem Bedauern Ausdruck gegeben wird, daß die jüngste Erklärung des Ministers v. Pischek eine weitere Verzögerung der Ein­bringung de« Entwurf« eine« Pensionsgesetzes bedeute. Anerkannt wurde, daß zwischen der Reich«versicherungsordnung und dem PenfionS- gesetz ein Zusammenhang bestehe. Ferner wurde die Erwartung ausgesprochen, daß der Gesetz­entwurf sofort eingebracht werde. Die Verbands­leitung wurde zur Einleitung gemeinsamer Schritte mit den beteiligten Beamtenvereinigungen ermäch­tigt und beauftragt, eine Interessengemeinschaft mit anderen körperschaftlichen Unterbeamten- Vereinigungen vorzubereiten. Der Antrag auf Anstellung eines Verbandssekretärs wurde abge- lehut. Als Ort des nächsten Verbandstags wurde Ulm bestimmt.

-X- Oehringen 16. Juli. Gestern Abend versammelten sich die Kriegervereinskameraden, sowie Freunde und Bekannte de« von hier nach Calw al« Oberamtsdiener verziehenden Herr» Zustellungsbeamten Fischer zu einem gemüt­lichen Abschiedsschoppen in der Schillerlinde. Von verschiedenen Rednern wurden dem Scheiden­den warme Worte der Anerkennung in seiner Eigenschaft als Beamter, als Privatmann und als eifriger wirklich treuer Kamerad und Aus­schußmitglied de« Kriegervereins gewidmet. In bewegten herzlichen Worten dankte Herr Fischer, den mit seiner Familie die besten Wünsche für die Zukunft in seinen neuen Wirkungskreis be­gleiten, möge er gestützt auf seine Eigenschaften auch dort bald gute Freunde und liebe Krieger­vereinkameraden finden.

Böckingen OA. Heilbronn 18. Juli. Der Ende der 20er Jahre stehende, seit kurzem verheiratete Landwirt Ludwig Eberle ist vor einigen Tagen flüchtig geworden. Er hatte in letzter Zeit bei verschiedenen Bürgern größere Summen Geldes ausgenommen. Nachdem sich seine junge Frau wieder von ihm trennte, hat er da« Weite gesucht und dürfte jedenfalls Amerika al« neue Heimat gewählt haben. Die zahlreichen Gläubiger halten inzwischen da« vor­handene Mobiliar durch den Gerichtsvollzieher beschlagnahmt. Der Vorfall erregt allgemeines Aufsehen.

Göppingen 18. Juli. Am Samstag abend ist da« Metzger Hinderer'sche Pferd im

Mühlbach in eine zerbrochene Flasche getreten und hat sich am linken Fuß die Sehne» durch­schnitten. Der Blutverlust war trotz des an­gelegten Notverbande« so groß, daß da« Pferd getötet werden mußte.

Reichenbach OA. Gmünd 18. Juli. Wie hartnäckig verlautet, wurden bei der kürz­lich bei dem ungetreuen Schultheißen Grupp vorgenommenen Haussuchung nicht 10000 sondern nur etwa» über 4000 ^ gefunden, unter welcher Summe sich auch die Sparkaffen­gelder seiner Frau und Kinder befinden. Somit ergibt die Konkursmasse nur etwa» über 14000 Der Darlehenskaffenverein fordert 70 000 19 000 ^ werden allerdings wegen

von Grupp gefälschten Unterschriften angefochten. Grupp hat auch Schuldnern ausgeholfen, ohne dafür wieder Ersatz zu erhalte». Auch behauptet er, für seinen früher von ihm betriebenen Laden viel Geld gebraucht zu habe», womit aber immer noch nicht aufgeklärt ist, woher die 75 000 ^ betragende Schuldenmaffe kommt. Grupp« Ver­urteilung wird auf Spätherbst erwartet. Gestern fand bereit« die Vorstellung der fünf Kandidaten für den Ortsvorsteherposten, unter denen ein Nichtfachmavn ist, statt.

Gaildorf 18. Juni. Bei dem unlängst durch Blitzschlag verursachten Brande de« Hauses von Wirt Fahr in Rübgarten hat der Ortkvorsteher von Laufen, um dem übliche« Alkoholgenuß durch die Feuerwehrmann­schaften vorzubeugev, angeordnet, daß keinerlei alkoholische Getränke ge­nossen werden dürfen. Statt deren sorgte er für warmen Kaffee. Auch die, die meinte«, bei einem Brande ginge es nicht ohne so und so viele Glas Bier, sahen schließlich den Nutzen dieser Anordnung ein.

Pfahlbronn OA. Welzheim 18. Juli. In einer gestern abgehaltenen Vertrauensmänner­versammlung des Bunde« der Landwirte wurde die Aufrechterhaltung der Kandidatur Mohring« für die Nachwahl am 28. Juli beschlossen.

Ulm 18. Juli. Am Samstag machte zum nicht geringen Erstaunen der zahlreichen Besucher de« städt. Luft- und Sonnenbades ein ansehnlicher Bienenschwarm dem Luftbad einen Besuch und ließ sich an einem Baum in der Mitte des Platzes häuslich nieder. Da« biedere Naturvölkchen verkehrte jedoch mit dem Naturmenschen" in friedlichster Harmonie. Ein in der Nähe beschäftigter Imker darauf auf­merksam gemacht, faßte den Bienenschwarm mit leichter Mühe und somit war jegliche vermeint­liche Gefahr für die Badgäste vorüber.

Ulm 18. Juli. Der BallonUlm" verließ gestern früh 7 Uhr mit 15 Sack Ballast

voll. Da« Schiff wiegte sanft über die schwache Dünung. Der Westen glühte in der Pracht de« Sonnenuntergänge», und alle Paffagiere er­labten sich an der warm fächelnden Lust. Auf dem Vorderdeck tanzte ein Matrose, umgeben vom größten Teil der Mannschaft, einen Hornpipe nach den Klängen einer Fiedel, in die sich da« leise Plätschern de» Wasser« mischte. Ein gewissermaßen ländlich stiller Friede ruhte auf dem Schiff.

Prance und ich amüsierten uns über den tanzenden Burschen. Da plötzlich hielt derselbe inne, weil der Geiger mitten im Takt abbrach, von den Spieren, auf denen er gesessen, herabsprang und mit der Nase in der Luft schnüffelte. Dann schüttelte er den Kopf, horchte, sagte etwa«, und schritt, gefolgt von den andern, zur Vorderluke. Hier neigte er sei« Ohr tief hinab bis zum Deckel und sagte wieder etwas.

Was haben die nur? Was kann denn da lo« sein? meinte Prance.

Gleich darauf sahen wir einen Bootsmannsmaat mit langen Schritten auf uns zukommen, und als er über dem Deckrand auftauchte, fragte Prance: Wa» gibt e«?

Mit verhaltener Stimme und verstörtem Blick murmelte der Mann: E« riecht da vorn nach Rauch und dann fügte er scheu hinzu klingt e«, al« ob unter der Luke jemand pochte.

Teufel auch! Brandgeruch? Wie sollte denn das kommen? brummte Prance erschreckt und schritt sogleich schnell, aber sich den Anschein voll­kommener Ruhe gebend, nach vorn. Natürlich folgte ich ihm.

Die Vorderluke ist ein großer viereckiger Deckausschnitt, der durch einen entsprechenden Deckel verschlossen ist. Ueber ihm liegt eine durch Eisenstäbe festgehaltene Teerdecke. Die Luke wird auf See selten geöffnet, da unter ihr die Ladung verstaut ist, die in der Regel bis an den Deck­rand reicht.

Al« wir angelangt waren, verspürten wir wohl Brandgeruch, doch er war so schwach, daß eine feine Nase dazu gehörte, ihn zu bemerken. Noch schnüffelten wir da und dort, al» auf einmal unmittelbar unter dem

Deckel deutlich und unverkennbar ein Pochen hörbar wurde, das von einem schweren Instrument herrühren mußte.

Wir sahen uns alle an, als ob wir unser« Sinnen nicht traute«, doch Prance schwankte nicht lange und sagte zum Zimmermann: Da unten ist jemand. Oeffnen Sie die Luke! Aber ohne viel Lärm, damit die Passagiere nicht« merken und nicht beunruhigt werden.

Lautlos und in ängstlicher Erwartung standen die Leute umher, während die Eisenstäbe beseitigt wurden. Und die allgemeine Spannung erhielt neue Nahrung, als beim Zurückschlagen der Teerdecke da« Poche« so heftig ertönte, daß die Arbeiter entsetzt zurückfuhren. E« dauerte eine Weile, bis sich vier Mann auf Befehl de« Zimmermann« entschlossen, den Deckel zu fassen und abzuheben.

Der freigelegten Oeffnung entstieg ein dünner bläulicher Rauch und in ihm eine Gestalt, bei deren Erscheinen sich Schreie des Entsetzens er­hoben der vor Wochen begrabene Matrose Crabb stand vor un«.

Bei dem Anblick des Totgeglaubten wichen die meisten unwillkürlich zurück. Auch ich fühlte, wie ich blaß wurde, ein beinahe lähmende« Grausen hatte mich erfaßt. Es ist in der Tat keine Kleinigkeit, plötzlich einem Menschen zu begegnen, den man mit eigenen Augen tot vor sich hat liegen sehen und dessen Begräbnis man beigewohnt hat. Und doch, da stand er, weit abschreckender noch, als ich ihn je gesehen, und wandte sein von Rauch und Schmutz geschwärztes Gesicht von der sanften Abend­röte ab, als ob seine an die Dunkelheit des Kielraums gewöhnten Augen keinen Lichtschein ertragen könnten. Sein Hemd hing ihm in Fetzen vom Leibe, seine Hosen zeigten Riffe, Arme und Brust waren voll blutiger Kratzwunden, die er sich wohl beim Durchquetschen durch die eisenbeschlagenen Holzkiste« zugezoge« hatte, kurz, es war ein grauenhafter Anblick. Er sprach kein Wort, sondern hustete und pustete nur, während er wie schwindlig hin und her taumelte.

(Fortsetzung folgt.)