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Klaß gingen an der dort gefährlichen Stelle unter und fanden den Tod in den Wellen. Marquardt konnte sich durch Schwimmen auf einen inmitten der Donau stehenden Felsen retten, wo er längere Zeit schwer erschöpft war, nach eingetretener Erholung wurde er ihm möglich, an« Ufer zu schwimmen. Erst gestern Abend konnten die beiden Leichen beim sog. „Schänzle" aufgefunden und nach Fridingen gebracht werden, wo sie im Rathaus nebeneinander liegen. Die Eltern de« verunglückten Schlegel wurden sofort telegraphisch benachrichtigt, während der Frau Kloß die Trauerbotschaft von ihrem Sohne, der gestern in Beuron war, überbracht wurde."
Friedrichshafen 20. Juni. (Probefahrten de« 1-2 7.) Nach l'/rstündiger Fahrt des 1-2 7, während der auf glänzende Weise die verschiedensten Steuermanöver gemacht wurden, landete da« Luftschiff um V-1 Uhr und wurde in die Halle gebracht. Die chinesischen Offiziere, die die Fahrt mitgemacht haben, waren voll Begeisterung. Einer von ihnen erklärte, diese Fahrt sei das Jmponierendste gewesen, was er auf seiner Europareise erlebt habe. Die Herren besuchten darauf die Werftanlagen des Luftschiffbaus Zeppelin und ließen sich alles auf das eingehendste zeigen und erklären; dann begaben sie sich zum Carbonicumwerk. Der Direktor der Gesellschaft, Rechtsanwalt Marx, ließ ihnen das Werk in vollem Betrieb vorführen. Sie interessierten sich besonders für die aufgestapelten mit Ruß gefüllten Fässer, der bekanntlich bei der Verarbeitung des CarbonicumS in genau gleicher Menge wie Gas produziert wird. Ein großer Teil dieses Rußes wird nach China geschickt und dient dort zur Fabrikation der chinesischen Tusche. Nach dem Besuch in dem Carbonicumwerk kehrten die chinesischen Herren zum Kurgartenhotel zurück, wo um 2 Uhr dos Diner begann, das Graf Zeppelin zu ihren Ehren veranstaltete; sie gedenken heute um 5 Uhr über München nach Berlin zu fahren. — Der Motor, der gestern einen kleinen Defekt hatte, war ausgebessert worden und lief heute vorzüglich. Die Mitglieder der Abnahmekommission der Delag sind schon eingetroffen. Die Meinungen über die genügende Sicherheit der Motore sind verschieden. Die Ueberführung des 1-2 7 nach Düsseldorf findet heute noch nicht statt, da morgen weitere Probefahrten gemacht werden.
(Schw. M )
Pforzheim 20. Juni. Einen großen Auflauf verursachte am Samstag abend nach 10 Uhr die Verhaftung und Abführung eines hiesigen Gelegenheitsarbeiters, der zuerst in einer Wirtschaft am Marktplatz, dann in einer solchen am Waisenhausplatz Krakehl gemacht hatte und deshalb nach der Rathauswache verbracht werden mußte. Der Festgenommene, welcher erst am selben Tag von einer zweimonatigen Gefängnisstrafe zurückgekommen war, leistete heftigen Widerstand und vollführte im Notarrest bei der Wacht- stube einen solchen Lärm, daß sich ein vielhundertköpfiges Publikum ansammelte, da« auch der Unterbringung nach dem AmtSgefängnir nachfolgte.
Sigmaringen 19. Juni. In große Aufregung versetzt wurden die Insassen eines
Wagen« de« nachmittag» 5 Uhr hier eintreffenden Zuges Tübingen-Hechingen. Während der Fahrt starb plötzlich in den Armen seiner Frau zwischen Ebingen und Straßberg ein älterer Mann, der Engelwirt von Winterlingen. Er befand sich in der letzten Zeit in der Lungenheilanstalt zu Schömberg, wo er von seinen Angehörigen abgeholt worden war. Unter den Mitreisenden herrschte Unwille über den leichtfertigen Transport eine« so schwer Kranken. In Straßberg wurde der Tote aus dem Wagen genommen, der Wagen sofort geräumt und verschlossen.
Berlin 18. Juni. Der Ausschuß zur Untersuchung der Zeppelin-Katastrophe bei Weil- burg ist heute vormittag im Kriegsministerium unter dem Vorsitz des Obersten Schmiedecke zu einer Beratung zusammengetreten. Die Verhandlungen dauerten bis 2 Uhr und sollen in der nächsten Woche fortgesetzt werden. In der heutigen Sitzung gelang e« trotz des reichlichen vorliegenden Materials noch nicht, ein klares Bild über die Ursache und die Begleitumstände der Katastrophe zu gewinnen.
Paris 20. Juni. Der Stationsbeamte Paty von Villepreux war unter den ersten Löschmännern, die vor 15 Jahren in den brennenden WohltätigkeitSbazar in der Rue Saint Coujon in Paris eindrangen. Er meint aber, so gräßlich die damaligen Eindrücke auch waren, dis bei dem Eisenbahnzusammenstoß vom Samstag überstiegen in ihren Einzelheiten alles, was die Phantasie sich vorstellen könne. Er habe 7 Personen, die furchtbar verstümmelt wurden, unter den Trümmern hervorgezoqen. Ein Kind von 4 Jahren sei in seinen Armen gestorbtn. Alle Verwundeten lechzten nach Wasser. Die Vorräte der Station waren zu gering. Unter den Personen, die er hervorzog, befand sich ein 30jähriger Mann mit zertrümmertem Schädel, aus dem das Gehirn trat. Ein Arm einer 25jährigen Frau war durch die Wagentüre vom Rumpfe getrennt worden und lag der Verletzten, die herzzerreißend jammerte, zu Füßen.
New-Dork 20. Juni. Gestern früh wütete hier eine halbe Stunde lang ein furchtbarer Cyklon. Durch Blitzschläge und durch Ertrinken kamen dabei 10 Menschen umsLeben. Viele Personen wurden verwundet.
Marktberichte.
Dur lach 18. Juni. Der heutige Schweinemarkt war mit 94 Läuferschweinen und 329 Ferkelschweinen befahren. Der Geschäftsgang war infolge der ungünstigen Witterung etwas flau, und die Preise deshalb auch etwas niedriger. Verkauft wurden 94 Läuferschweine, das Paar zu 45—80 305 Ferkelschweine,
das Paar zu 24—40
Vermischtes.
Eine internationale Diebesgesellschaft. AuS Südtirol wird geschrieben: Vor dem Bozener Schwurgericht wird gegenwärtig ein Prozeß durchgeführt, der geeignet ist, weithin Interesse zu erwecken. Im Jahre 1908 wurde nämlich eine ganze Reihe schwerer Hotel
diebstähle verübt, ohne daß e» jemals gelungen wäre, die Täter zu ertappen. Diese hatte» e« namentlich auf die feine« Hotel« der Kur- und Badeorte abgesehen. Es wurden nur Juwelen und Gold gestohlen, wobei der Gesamtwert de« Entwendeten drei Millionen Kronen erreichen soll. Im September 1908 erfolgten bald hintereinander zwei Hoteldiebstähle in Meran, und der Täter erbeutete Juwelen im Werte von etwa 50 000 Kr. Am nächsten Morgen ersuchte in Bozen ei» fremder Bursche den Schutzmann To- masini, ihm eine Leihanstalt zu zeigen. Dem Schutzmann kam dies verdächtig vor, und er forderte den Burschen auf, sich auszuweisen. Dieser vermochte das nicht; so wurde er auf die Wachtstube geführt und gestand alsbald, der Meraner Einbrecher zu sein. Die gestohlenen Juwelen hatte er schon größtenteils nach Genua verschleppt. Der Bozener Wacheführer Tampier reiste nun nach Genua, wo er im Gasthaus „Deutscher Kaiser", das einer gewissen Lina Pfeffer gehört, einen Schlupfwinkel deutscher Verbrecher entdeckte. Da gab e« einen „Professor", einen „Leutnant", einen „Barbarossa", einen „Tiroler", einen „Russen", einen „Belgier" u. s. w., die sich angeblich als Fremdenführer beschäftigten, in Wirklichkeit aber von Betrug und Diebstahl lebten. Der Bozener Agent setzte sich mit der italienischen Polizei in Verbindung, und einige von den Gaunern wurden festgenommen. Von Genua aus, wo da« Gesindel eine sogen. „Kommandobrücke" hatte, liefen geheime Fäden bis nach Paris und London. Man hatte auch bald heraus, daß die beiden Anführer der Rotte ein gewisser Albert Hornschuh, gebürtig aus Tal in Türingen, und ein gewisser Julius Leubner, gebürtig au« Pabianice in Rußland waren. Bald nach Julius Leubner wurde auch Hornschuh mit seiner mit ihm lebenden 16jährigen Nichte Hedwig und einem gewissen Ludwig Starke verhaftet, der in Paris die Juwelen zu verkaufen pflegte. Die ganze Gesellschaft — 5 Männer und das oben erwähnte Mädchen — fitzt nun in Bozen auf der Anklagebank. Später erfolgt dann ihre Auslieferung an das Deutsche Reich, weil hier nur die in Oesterreich und in der Schweiz begangenen Verbrechen zur Ahndung kommen. Interessant ist e« nun, wie da« Gesindel arbeitete: Hornschuh, der zuerst als Schornsteinfeger, dann als Hoteldiener gearbeitet hatte, rühmt sich, der erfolgreichste Dieb in ganz Europa zu sein, mit dem sich kein anderer vergleichen könne. Er pflegte abends, wenn die Hotelgäste bei der Tabled'hote saßen, aus dem Garten, meist längs des Blitzableiter», bis zu einem Fenster hinaufzuklettern, durch das er in ein Zimmer gelangte. Hier verschloß er zunächst die Tür, öffnete dann Koffer und Reisetaschen, stahl Geld und Juwelen und entfernte sich, wie er gekommen. Der Verdacht der Täterschaft fiel stet« auf die Hotelbediensteten, in einem Falle sogar auf den Sohn eines Geschädigten. Hornschuh kletterte manchmal bis in den dritten Stock hinauf. Die anderen Spießgesellen sorgten dann für den Vertrieb der Beute, wobei Hornschuh meist furchtbar betrogen wurde. Der Prozeß wird etwa eine Woche dauern. Die Angeklagten sind in den wichtigste« Punkten geständig.
Amtliche und Privatanzeigen.
Bad Teiuach.
Fahrnis-BerktMf.
Im Konkurse des Emil Holzäpfel, Kaufmanns hier, bringe ich am Freitag, de« 24. Juni ISIS, von vormittags '/,9 Uhr, im Hause des Gemeinschuldmrs die vorhandene Haushaltungsfahrnis, worunter:
mehrere vollständige Bette«, Bettzieche«. Leinwand, Tische, Sessel, Stühle, Waschkommode, Sofa, Kästen, Spiegel, Porträts, Waschmauge, Wringmaschine, Brückenwage samt Gewicht u. a.,
ferner:
1 Limonadefabrikationsmaschine mit Absüllbock zu Patentflasche«, Versandtlisten und Limonadefläschchen, 1 Patentkaffeeröster samt Kühler und Kaffeemaß
gegen Barzahlung im öffentlichen Aufstreich zum Verkauf. Liebhaber sind eingeladen.
Den 18. Juni 1910.
Korrkursverwalter
Bezirksnotar Franz.
Rötenbach.
Nttlmf von Moldmgkv und MikskN.
Georg Adam Rentschler, Bauer in Rötenbach, bringt am Freitag, de« 24. Juni 1910, vormittags 8 Uhr, in dem Rathaus zu Rötenbach nachstehende Waldungen und Wiesen im öffentlichen Aufstreich aus freier Hand zum Verkauf:
mtarrnng morenoaky:
92 a 86 qm Wiese, Distrikt Hecken.
4 da 23 „ 23 „ Wiese u. Nadelwald, Distrikt Schorch. 1 „ 13 „ 41 „ Nadelwald, Distrikt Schorch.
37 „ 22 „ „ „ Hornwaid.
SO „ 08 „
1 „ 08 „ 87 „ „ „ Schmiehermiß.
36 „ 15 „ „ „ Alter Hau.
Markung Agenbach:
11 a 97 qm Nadelwald im alten Hau.
Die Waldungen werden durch den Verkäufer vorgezeigt.
Den 15. Juni 1910. Im Auftrag:
Schultheiß Dengler.
Parz. Nr. 185/3 „ „ 196/1
„ 196/3
„ 291/2
„ „ 351/2
„ 374/2
„ „ 389/1
Parz. Nr. 217/2