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Wiesen überschwemmt und da« ganze Heu ist davongeschwommen. Die Straße ist gesperrt. In den reißenden Fluten schwimmen große Balken, große Ladungen Bretter und sogar Bäume mit, die den Brücken gefährlich werden.

Vom unteren Remstal 15. Juni. Der Versand der Frühkirschen ist nun bald beendet. Am Platz werden von den Händlern 20 und 22 ^ bezahlt. Der Ertrag der Spät­sorten schlägt zurück.

Tübingen 15. Juni. Der in Wangen OA. Göppingen geborene Monteur Eduard Waldenmaier war im vergangenen Winter in Walddorf OA. Tübingen in Stellung und wohnte bei den Bauersleuten A. Er verstand e», da- Vertrauen der Leute zu erwerben und sich der Tochter des Hauses angenehm zu machen. Nachdem das elektrische Licht in Walddorf ein­gerichtet war, blieb er stellenlos in seiner Wohnung bi» zum Februar. Am 22. Februar reiste er ab und am 24. Februar entdeckte der Bauer, daß ihm sein Geldbestand mit über 700 gestohlen worden war. Der Verdacht lenkte sich sofort auf Waldenmaier, der auch am 2. März ver­haftet worden ist. Von dem gestohlenen Gelbe hat Waldenmaier ein Fahrrad gekauft, den Rest hat er verbraucht. Er wurde zu 1 Jahr 6 Monaten Gefängnis verurteilt.

Rottenburg 15. Juni. Die fast un­aufhörlichen Regenfälle, auch in der Nacht, haben ein starkes Steigen des Neckars zur Folge gehabt, auffallend schnell stieg er zwischen 10 und 11 Uhr, so daß vorsichtshalber ein Teil der Feuerwehr requiriert wurde, die an den Badeanstalten rc. die notwendigen Vorkehrungen für den Fall ernster Hochwassergefahr traf, diese dürfte aber ausgeschloffen sein, da der Regen nachzulaffen beginnt. Der Neckar führt viel Ackerboden und Heu mit sich, vereinzelt ganze Schochen.

Freuden st adt 14. Juni. Am Sonntag früh starb die frühere Besitzerin des allbekannten Kurhauses zum Ruhestein Frau Anna Klumpp im Alter von 65 Jahren. Mit ihrem Manne, dem am 8. August 1901 aus dem Leben geschie­denen Ruhesteinvater L Klumpp, und unterstützt von ihren 4 Söhnen und 9 Töchtern hat die wackere, umsichtige Frau, ein Schwarzwälder­original voll köstlichen Humors, ihr Anwesen aus kleinen Anfängen heraus im Lauf der Jahre zu einer Musteranstalt gemacht, in der alljährlich im Sommer und Winter Hunderte von Städtern und besonders von Stuttgartern Ruhe und Er­holung fanden. Auch der einfache Tourist erhielt bei Mutter Klumpp jederzeit ein gemütliches Plätzchen und treffliche Verpflegung und manche«

Lob wurde der biederen Frau von den Gästen gezollt, die im Laufe der letzten 30 Jahre, zuerst im einfachen niedrigen Rasthäuschen hoch oben an der einsamen Paßstraße, und später im großen Gasthaus mit seiner stattlichen Kolonie von Ge­bäuden Einkehr hielten.

Gmünd 15. Juni. In Degenfeld hiesigen OberamtS kamen in einer Familie Dril­linge zur Welt. Die glückliche Mutter wurde von drei vollausgewachsenen, gesunden und normalen Mädchen entbunden.

Heilbronn 15. Juni. Ein junges, auf einem Kontor beschäftigtes Mädchen von 15 Jahren, war von der betr. Firma beauftragt, 360 ^ auf der Post einzuzahlen. Sie zahlte aber nur 60 ^ ein, während sie den übrigen Betrag für sich behielt, sowie über den Verbleib des Postscheines falsche Vorspiegelungen machte. Da» Mädchen wurde gestern vormittag wegen Verdachts der Unterschlagung festgenommen.

Ammertsweiler OA. Weinsberg 14. Juni. Aus blinder Eifersucht schoß ein junger Bürger­sohn von Klingenhof der Nachbarstochter aus allernächster Nähe eine Schrotladung in den Kopf und Hals. Die Wirkung des Schusses war geradezu fürchterlich, selbst der Kehlkopf ist schwer verletzt. Der Täter wurde verhaftet, ehe er die Waffe gegen sich selbst richten konnte. Staatsanwalt und Untersuchungsrichter waren letzte Woche zwei Tage hier, um den Fall zu untersuchen. Die Bürgerschaft befindet sich in begreiflicher Aufregung.

Pfedelbach OA. Oehringen 15. Juni. Gestern ereignete sich hier dadurch ein Unglücks- fall, daß ein Hcuwagen, auf dem 78 Per­sonen saßen, in scharfem Gang durch den Ort um eine Kurve fuhr, wobei der Wagen umge­worfen wurde und sämtliche Personen teilweise schwer verletzt wurden, eine Frau von Heuberg ist bereits ihren Verletzungen erlegen.

Ulm 15. Juni. Der Präsident der Regierung des Donaukreises, v. Schmidlin, vorm. Stadtdirektor in Stuttgart, ist gestern abend an Herzschwäche gestorben.

Ulm 13. Juni. Auf dem Wege zwischen Affelfingen und Oberstotzingen wurde ein 23jähr. Mädchen von zwei Knaben im Alter von 14 und 11 Jahren angefallen, zu Boden ge­worfen und unter Drohungen zur Hergabe einer Mark gezwungen. Beide jugendlichen Räuber sind von Niederstotzingen, der ältere steht in Affelfingen im Dienst. Der Vorfall kam zur Anzeige und der ältere Knabe ist in Unter­suchungshaft genommen worden.

Pforzheim 15. Juni. Der Kabinett- meister Emil Hubbuch in der Goldwarenfabrik

Fuchs L Co. hier, betrog seinen Geschäftsherrn in frechster Weise, indem er sich Goldwaren, halbfertige Waren und Edelsteine im Gesamt­werte von 6452 in wenigen Monaten an­eignete. Der Mann bezog ein Monatsgehalt von 250 Er wollte sich aber durch die Diebstähle für später ein Vermögen zurücklegen. Da» gestohlene Gold und die Edelsteine vergrub er in einer blechenen Milchkanne in einem Garte« vor der Stadt. Als er dabei entdeckt wurde, flüchtete er nach Paris. Von dort kehrte er aber nach einigen Wochen wieder zurück, als ihm das Geld ausgegangen war. Er wurde gestern vom Gericht zu 2 Jahren und 2 Monaten Ge­fängnis, sowie zu 2 Jahren Ehrverlust verurteilt.

Gernsbach 14. Juni. Gestern nach­mittag ereignete sich ein bedauerlicher Unglücks­fall. Die schon seit einiger Zeit nicht mehr ganz normale Ehefrau des Schreiners I. Haß­mann wollte in dem Herde Feuer anmachen; die dazu benutzten Hobelspäne, die auf dem Boden vor dem Herde lagen, singen jedenfalls Feuer, wobei auch die Kleider sofort in Brand gerieten. Auf die Hilferufe der Bedauernswerte» eilten sogleich Nachbarn herbei. Sie fanden die Frau mit verkohlten Kleidern in einer Ecke stehend vor. Die Unglückliche wurde sofort in das Krankenhaus verbracht, wo sie noch abends gestorben ist.

Hechingen 15. Juni. Nach einem wolkenbruchartigen Regen, der schon 3 Tage dauert, ist g«stern eine Ueberschwemmung eingetreten. In Stunde stieg das Wasser 1 Meter. Der ganze untere Stadteil steht in Wasser.

München 15. Juni. Infolge Steigen» der Isar wird hier Hochwasser be­fürchtet, zumal da der Regen immer noch anhält.

Garmisch 15. Juni, 1 Uhr mittags. Das Wasser beginnt zu fallen. Da« Elektri­zitätswerk ist beschädigt, so daß Garmisch ohne Beleuchtung -ist.

Köln 15. Juni. DieK. Ztg." veröffent­licht einen Aufruf zur Hilfe für die durch da« Hochwasser Geschädigten im Ahr- t a l. Der Verlag derK. Ztg." spendete 2000 ^ und Kom mer zienrat v. GuilleaumelOOOO^. Insgesamt sind bisher 16 000 ^ eingegangen. Die Stadtverordneten von Neuwied haben 1000°^ gestiftet.

Ahrweiler 15. Juni. Die Aufräu­mungsarbeiten schreiten schnell voran. Tau­sende fremde Hilfskräfte sind eingetroffen. Die Bahnverbindung wird voraut sichtlich am Samstag provisorisch hergestellt werden.

Darüber gab sich Fritz Steiner, so leichtsinnig er auch war, nicht den ge­ringsten Illusionen hin. Seine ganze Karriere war vernichtet, wenn die junge Bäuerin auf dem Rodershof das in ihrer Brust ruhende Geheim­nis preisgab.

Wenn Fritz Steiner bei diesem Schluß seiner Gedankenfolgerung ankam, war es ihm selber unklar, ob das Gefühl, welches er sür Babette empfand, Liebe oder Haß sei. Man kann doch nicht lieben, was man fürchtet, und daß er die junge Frau, oder vielmehr die feindselige Macht, die sie gegen ihn ausüben konnte, fürchtete, das wußte er gewiß. Und doch glaubte er wieder, da» höchste irdische Glück könne nur im Besitze des schönen Weibes zu finden sein, daß er fürchtete, also eigentlich hätte Haffen müssen. Durch derartig fortgesetzte Grübeleien und da» Bemühen einen richtigen Einblick in ihr Inneres zu gewinnen, war Fritz die Beute widerspruchsvoller seelischer Erregungen geworden, die aber wiederum alle seine Gedanken nur auf ein Ziel, auf den Rodershof hinrichteten, wo seine frühere Verlobte weilte, die er jetzt fürchtete und zugleich leiden­schaftlich zu lieben wähnte. Denn das Gefühl, das Fritz Steiner für das Weib des Rodershofer« in der Brust trug, war nichts weniger als Liebe, war es niemals gewesen, vielleicht nicht einmal zu der Zeit, wo die RoderS- hoferin Babette Weigand hieß und ihrerseits die reinsten heiligsten Em­pfindungen ihres Herzen» ihm gewidmet hatte, der sich dieses Geschenks unwürdig erwies. Sonst hätte er nicht schon damals die zarte Neigung eines unverdorbenen Mädchen» der sinnlichen Laune eines Augenblick« aufopfern, er hätte nicht wieder den Weg nach dem RoderShof antreten dürfen mit dem bewußten schmachvollen Vorsatz das Weib eines anderen zu verderben.

In der Tat hatte sich im Gemüte des Leichtsinnigen aus der Flut von vagen, aus Furcht und Sinnlichkeit geborenen Vorstellungen der eine Gedanke zur festen Form herauSkristallifiert, der jungen Frau die gefähr­liche Waffe, welche sie gegen ihn besaß, au» den Händen zu winden. Er wollte den Alp von seiner Brust wälzen und wieder frei aufatmen.

Babette sollte für alle Zeiten die Möglichkeit genommen werden, den Flecken zu verraten, der seine Ehre besudelte.

Nach Fritz Steiners Meinung ging das sehr leicht, wenn es ihm gelang, die junge Frau seinen Wünschen dienstbar zu machen, und trotz der Erfahrungen, die er bei seinem ersten Aufenthalt auf dem RoderShof gemacht, gab er die Hoffnung nicht auf, dieses für ihn aus zweifache» Gründen erstrebenswerte Ziel zu erreichen. Einerseits wollte er dadurch seine Leidenschaft befriedigen, andererseits der Bäuerin die Zunge für immer binden. Denn gemeinsame Schuld ist ein guter Kitt; sie hält fester als Stahl und Eisen, und die von ihr geschmiedeten Ketten schneiden ins Fleisch und klirren beständig hinter dem Unglücklichen her, der sie nie wieder abstreifen kann! Von solchen Beweggründen geleitet, war Fritz nach dem Hof gekommen, fest entschlossen, alle ihm zu Gebote stehende« Künste anzuwenden, um die junge Frau zu betören. Was ihm während der kurzen Spanne Zeit an Ostern nicht geglückt war, sollte jetzt geschehen, wo zwei Wochen zur Ausführung vor ihm lagen.

Das ewige Stillschweigen Babettes mußte errungen werden, errungen um jeden Preis! Was lag ihm daran, wenn er das Lebens­glück de« Weibe« zum zweiten Mal zertrat gleich wertlosen Scherben? Wenn sie zusammenbrach unter dem Bewußtsein ihrer Schuld, und ge­foltert von fruchtloser Reue der Verzweiflung anheimfiel? Gleichviel! Gleichviel! War doch er sicher, daß das Geheimnis seiner Vergangenheit nie mehr an» Tageslicht kam!

Der raffinierte, oder richtiger gesagt: der satanische Plan de»' Steinerfritz hatte nur einen Fehler. Er war bei seiner Rechnung von der irrigen Voraussetzung ausgegangen, BabetteS einstige Liebe sei zu ihm in Haß umgeschlagen. Weil aber Haß in eines Weibe« Busen, namentlich Haß gegen einen früheren Geliebten, keinen ewigen Bestand hat, so dünkte es ihm nicht allzu schwer, in Babette wieder zärtliche Gefühle für ihn zu erwecken. Um Ostern war ihm das fehlgeschlagen, weil es an der nötigen Zeit fehlte. (Forts, folgt.)