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Ahrweiler. Nachdem das Hochwasser der Ahr langsam zu falle« begonnen hat, läßt fich erst einigermaßen ermessen, welches unsäg­liche Unglück die Hochflut über das schöne Ahrtal gebracht hat. Einzelne Dörfer sind völlig vernichtet. Zahlreiche Städte sind ohne Be­leuchtung. Die Zahl der vermißten Personen wird jetzt auf 200 angegeben.

Antweiler 15. Juni. Heute wurden in Schuld und Antweiler unter Beteiligung der Behörden und der Geistlichkeit 39 Opfer der Hochwasser-Katastrophe beerdigt.

Gelsenkirchen 15. Juni. Nachmittags wurden, wie Zeche Consolidation mitteilt, die beiden auf Sohle VI noch verschütteten Bergleute als Leichen geborgen.

Potsdam 16. Juni. (Neuer Palais.) Der Kaiser hat sich einen anscheinend durch den ersten nach seiner Genesung unternommenen Ritt veranlaßten Erguß im rechten Kniegelenk zugezogen und muß auf die Teilnahme an der heutigen Hebung in Döberitz und auf die Reise Hannover-Hamburg verzichten. Das Allgemein­befinden des Kaisers ist in keiner Weise gestört, die Körpertemperatur so gut wie gar nicht erhöht. Ein Zusammenhang der Knieaffektion mit dem nunmehr geheilten Furunkel besteht nicht.

Berlin 14. Juni. Wie dieBerliner Korr." meldet, tritt die vom Kriegsminister ein- berufene Kommission zur Untersuchung der Ur­sachen, die zum Unglücksfall des Luftschiffes 2 II" führten, am 18. Juni zur mündlichen Verhandlung zusammen. Außer den Obersten Schmiedecke und Messing, sowie Major Sperling vom Kriegsministerium bezw. der Versuchabteilung der VerkehrStruppen gehören der Kommission Professor Buslcy, Direktor Ereil von den Siemens-Schlickert-Werken und Oberingenieur Dürr von der Zeppelin-Luftschiffbau-Gesellsch. an.

Berlin 15. Juni. Das Militärluftschiff ? II", das heute vormittag zur Vornahme von Uebungen mit drahtloser Telegraphie aufgestiegen war, wurde, als es wieder landen wollte, über die Jungfernheide nach Charlottenburg zu abge­trieben, weil die Mannschaften auf dem Tegeler Schießplatz die LandungSseile nicht fassen konnten. Mit vieler Mühe gelang es schließlich, das Luft­schiff, das in Gefahr schwebte, in die Bäume hineinzufallen, wieder hochzubringen, worauf es nach dem Tegeler Schießplatz flog und glatt landete.

Al len sie in 15. Juni. Als in der heu­tigen Verhandlung gegen Frau v. Schönebeck- Weber die Angeklagte in den Warteraum geführt wurde, verfiel sie wiederum in Schrei­krämpfe. Sämtliche ärztlichen Sachverständigen bemühten sich vergeblich um die Angeklagte. ES ist fraglich, ob nachmittags beim Zustand der An­geklagten die Verhandlung fortgesetzt werden kann.

Breslau 15. Juni. Gestern nachmittag wurden nach einer Meldung derSchles. Ztg." in der Nähe von Herrnstadt drei bei der Heu­ernte beschäftigte Frauen, die vor einem Ge­witter unter einem beladenen Heuwagen Schutz gesucht hatten, durch Blitzstrahl getötet, während eine vierte Frau schwer verletzt wurde.

Ob er ursel 12. Juni. Wer in den letzten Monaten die schöne Königsteinerstraße von Oberursel nach Cronberg benützte, sah hinter den letzten Häusern Oberursels, auf der Stierstädter Heide eine Flughalle, von der stolz die italienische Flagge wehte und an der mit großen Lettern der Name Borromeo prangte. Der Name hat einen guten Klang, man wird an die schönen Inseln im Lago Maggiore erinnert, freilich auch an die Enzyklika zu Ehren des berühmtesten aus dem Geschlecht der Borromeo. Fragte man einen Oberurseler Bürger, so hörte man, daß Graf G. Borromeo, der Besitzer jener herr­lichen Inseln und eines Vermögens von vielen Millionen zur Zeit in Oberursel weile, um einen von ihm erfundenen Flugapparat zu bauen. Nur das eine war merkwürdig, daß die Frau Gräfin-Mutter in Mailand ihrem reichen Sohn das Geld so sehr unpünktlich schickte. Deshalb mußten dessen Gläubiger sich von einer Woche zur anderen vertrösten lassen. Es tauchten auch infolgedessen Zweifel an dem Reichtum des Grafen auf. Eines Tages ließ die Gemeinde Stierstadt die übrigens leere Halle versiegeln und auch andere Gläubiger wurden dringlich, und da geschah es, daß der Herr Graf auf ein­mal verschwunden war. In Mailand eingezogene Erkundigungen ergaben, daß der Herr Graf so­wie seine Mutter ohne Vermögen sind. (Kl. P.)

Lindau 15. Juni. Seit 36 Stunden regnet es am Bodensee und in den Bergen un- unterbrcchen. Ungeheure Waffermassen werden dem See durch seine Zuflüsse zugeführt, sodaß er eine Höhe erreicht hat, wie seit Jahren nicht mehr. Der Pegel zeigt jetzt 5,04 m. Der kleine See ist auf der Lindauer Seite bereits über die Ufer getreten, und nur noch 30 om fehlen und der See wird die Hafenanlagen Lindaus über­fluten. Die Strecke Lindau Innsbruck ist zwischen Lochau und Bregenz und bei Feldkirch unter­brochen. Die Strecke Lindau Kempten ist zwischen Jmmenstadt und Kempten ebenfalls unterbrochen. Die Züge von Lindau nach München werden umgeleitet. Die Züge aus der Schweiz halten in Bregenz und die Paffagiere werden mit Dampfern nach Lindau befördert.

Innsbruck 15. Juni. Nach den bis heute mittag bei der Statthalterei eingetroffenen Meldungen scheint das Unwetter am meisten in Westtirol und Vorarlberg gewütet zu haben. Amt Imst ist größtenteils überschwemmt. Das Dorf Nassereith steht völlig unter Wasser. Große Gebiete gleichen einem See. In Nasse­reith sind auch Menschenleben dem Hochwasser zum Opfer gefallen. Ein Kanzleibeamter ist bei den Rettungsarbeiten ertrunken. Mehrere Per­sonen werden vermißt. In Vorarlberg ist zwi­schen Feldkirch und Bregenz jeder Zugverkehr unterbrochen, da der Bahndamm unterwaschen wurde. Das Hochwasser hat große Verheerungen im Talkessel von Vermoos und Ehrwald an ge­richtet, ebenso in Reutte, wo mehrere Brücken zerstört wurden. Die ReichSstraße steht an vielen Stellen unter Wasser und ist unpassierbar. Jeder Verkehr ist unterbrochen. Von Innsbruck gingen Kaiserjäger zur Hilfeleistung ab. Am traurigsten

ist die Lage im Zillertale, wo weite Gegenden vermuhrt sind. Auch dort ist seit gestern abend Militär. Feldkirch steht zu zwei Dritteln unter Wasser.

Serajewo 14. Juni. Als der LandeS- chef von Bosnien, General Varesanin von VareS, von der Eröffnung des Landtags in den Konak zurückkehrte, feuerte auf der Kaiserbrücke der Sozialdemokrat Boyd an Karajic gegen den Wagen des Landeschefs 5 Revolverschüsse ab, ohne jedoch den Landerchef zu treffen. Mit dem 6. Schuß entleibte sich der Täter selbst. Er war sofort tot.

Belgrad 15. Juni. Gestern Abend ent­luden sich starke Gewitter über den Städten Jagodina, Cuprija, Bagrdan und Swilajnatz. Die Flüsse überfluteten die Straßen dieser Städte; in wenigen Viertelstunden war alles unter Wasser. Die Ernte im Morawatal, der fruchtbarsten Gegend Serbiens, ist vernichtet. In Swilajnatz sind 26, in Bagrdan 6 Personen um gekommen und viele Häuser eingestürzt. Der Schaden ist sehr groß. Gleichzeitig vernichtete starker Hagelschlag in mehreren Gegenden Serbiens die Ernte fast vollständig. Der König, der Minister der öffent­lichen Arbeiten und der Kriegsminister haben sich nach Swilajnatz begeben.

Lissabon 14. Juni. In der kleinen Stadt Clasa ereignete sich vorgestern ein schwerer Unglücksfall. Anläßlich eine» Festes zog eine kirchliche Prozession durch die Straßen, als in der Hauptstraße plötzlich ein Balkon, auf dem etwa 200 Personen sich befanden, in die Tiefe stürzte und zwar gerade im Moment, als die Prozession vorbeizog. Eine große Anzahl Menschen wurde unter den Trümmern begraben. Vier wurden getötet, 32 mehr oder weniger verletzt.

Vermischtes.

Eine Häufung von schweren Gewittern, wie sie seit Pfingsten zu ver­zeichnen ist, ist schon lange nicht mehr dagewesen. Die Zahl der Blitzschläge, die Schaden anrichteten, sind zahllos. Und eine Aenderung des herrschen­den WitterungScharakterS scheint noch nicht be­vorzustehen. Außergewöhnlich groß ist Heuer die Zahl der durch den Blitz getroffenen Personen; sind doch nach einer Zusammenstellung, die keines- .wegS vollständig ist, seit Pfingsten allein im Rheinland, Hessen, Baden und Württemberg, rund 50 Personen vom Blitz getroffen, davon allein in den letzten Tagen in Rheinland 20, in Baden und Württemberg 16, der Rest im Elsaß, der Pfalz und Bayern. Und täglich wird die Toienliste durch neue Opfer der Blitzschläge ver­mehrt. Die Mehrzahl der Blitzschläge wirkte tödlich, nur in wenigen Fällen kamen die Ge­troffenen mit leichten Verletzungen und dem Schrecken davon. Nahezu ^/s aller vom Blitze Getroffenen befanden sich unter oder in der Nähe von Bäumen, in einigen Fällen bildeten mitge­führte Metallgegenstände als Sensen, Gewehre u. a. den gefährlichen Anziehungspunkt. Des­halb Vorsicht.

Amtliche und Privatanzeigen.

Aichelberg, Gerichtsbezirk Calw.

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Der Unterzeichnete bringt im Auftrag des

1. Andreas Seid, Bauers in Hofstett,

2. Christian Seid, Bauers Witwe, daselbst

am SamStag, den 18. Juni 1910, nachmittags 2 Uhr, auf dem Rathaus in Aichelberg folgende Liegenschaft im öffentlichen Aufstreich zum Verkauf: Grundbuchheft

Nr. 110 Abt. I Nr. 1 Parz. Nr. 135 86 s 56 qm s Wässerwiesen

» ,, ,, ,, 2 137 66 41 ) im

.. » 3 138 9 80 i Kleinenztal.

Hiezu sind Kaufsliebhaber eingeladen mit dem Bemerken, daß bei befriedigendem Angebot nach Schluß der Versteigerungsverhandlung der Zu­schlag sofort erteilt wird.

Den 13. Juni 1910. I. A.:

Ratsfchreiber

Schultheiß Frey.

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