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Balz, Bäcker, am sogen. Seeberg, Feuer aus, da» auch das daneben befindliche Wohn- und Oekonomiegebäude von Bauer Jaiser ergriff. Da» Feuer drohte anfangs sehr gefährlich zu werden, und die Feuerwehr hatte Mühe, es zu bekämpfen. Das auf der Zehntscheuer befindliche Storchennest hatte bereits Feuer gefangen, wurde jedoch nebst den darin befindlichen Jungen gerettet. Wäre das Feuer nachts ausgebrochen, oder hätte ein kräftiger Wind geweht, so wäre ein ganzer Stadtteil gefährdet gewesen. Die Entstehungsursache ist zur Zeit noch unbekannt. Balz ist versichert, Jaiser soll nicht versichert sein.
Stuttgart 13. Juni. Vertrauensmännerversammlungen des Bundes der Landwirte in Beihingen und in Waiblingen haben einstimmig beschlossen, die Kandidatur der Ersatzwahl im zweiten Reichstagswahlkreis dem Landtagsabgeordneten vr. Wolfs anzutragen. Or. Wolfs befindet sich z. Z. in Friedberg-Büdingen. Seine Zusage wird in den nächsten Tagen erwartet.
Stuttgart 14. Juni. In dem am 1. Juni abgelaufenen Wettbewerb für das Gebäude der Generaldirektion der Kgl. Württ. Staatseisenbahnen in Stuttgart sind rechtzeitig 82 Arbeiten und verspätet 2 Arbeiten eingelaufen. Das Preisgericht wird am 21. d. Mts. zusammentreten.
Stuttgart 14. Juni. (Strafkammer.) Der Aktuar a. D. Eisele war vom Schöffengericht wegen tätlicher Beleidigung und groben Unfugs zu einem Monat Gefängnis verurteilt worden. Er hatte im Gang des Justizgebäudes nach einer Verhandlung vor dem Amtsgericht einen Rechtsanwalt, der von ihm als Vertreter der Gegenpartei einen Eid verlangte, in der Erbitterung darüber am Hals gepackt. Gegen das Urteil hatte er Berufung eingelegt. Die Strafkammer fand jedoch keinen Anlaß zur Aenderung des schöffengerichtlichen Urteils.
Cannstatt 14. Juni. Das „Neckar- Echo" berichtet: Ein kühnes Stückchen leistete in der Nacht vom Samstag auf Sonntag ein Dieb, indem er sich auf der Cannstatter Polizeihauptwache einschlich und zwei Säbel und eine Handschließe entwendete. Von dem Täter soll man keine Spur haben. — In Mühlhausen a N. glitt der 9jährige Sohn des Bauern Gustav Pfänder beim Spiel am Neckarufer aus und fiel unterhalb der Mündung des Feuerbachs in den Fabrikkanal. Da keine Hilfe zur Stelle war, verschwand er in den trüben Wellen des Flusses. Seine Leiche ist bis jetzt noch nicht gefunden. — In Schmiden gerieten am Ein
gang in den Ort einander begegnende junge Leute in Streit, wobei der 23jährige verheiratete Bäcker Fritz von hier mehrere bedeutende Stiche erhielt, so daß seine sofortige Ueberführung ins Krankenhaus nötig wurde. Der Täter, ein 20jähriger, Heuer zum Militär ausgehobener Bursche, wohnhaft in Fellbach, wurde verhaftet und ans Amtsgericht eingeliefert.
Tübingen 14. Juni. Zu dem Unglücks fall bei der Nachenpartie der „Germania" am letzten Samstag ist zu berichten, daß schwimmkundige Angehörige der Burschenschaft sofort und bis jetzt täglich 3 bis 4mal den Neckar von der Unfallstelle bis Lustnau durchschwimmen um den Verunglückten aufzusuchen, leider bis jetzt ohne Erfolg.
Reutlingen 14. Juni. Der in der Baumwollspinnerei von Hecht L Groß mit Reparaturarbeiten beschäftigte Mechaniker Christian Wagner, 37 Jahre alt, wurde heute früh von der Transmission erfaßt und mehrfach um die Triebwclle gerissen, sodaß der Tod sofort eintrat. Mit zertrümmertem Schädel und vollständig gebrochenen Armen fiel der leblose Körper zu Boden. Der Verunglückte war verheiratet und Vater von fünf minderjährigen Kindern.
Rotten bürg 14. Juni. Ein betrunken nach Hause kommender hiesiger Arbeiter fing mit seiner Frau Händel an, mißhandelte sie in gröbster Weise und warf sie auf die Straße, so daß sich die Frau unter Zurücklassung ihrer beiden Kinder auf die Polizeiwache flüchten mußte. Von dort au» wollte sie bei Verwandten für die Nacht Unterkommen suchen, ihr Mann ging ihr aber nach und transportierte sie mit einem Stock bewaffnet nach Hause. Die Frau flüchtete aber nochmals auf die Polizeiwache, wohin ihr der Mann auch nachfolgte. Der Unhold wurde dort festgehalten und in polizeiliches Gewahrsam genommen, sodaß die Frau wieder zu ihren Kindern zurückkehren konnte. In seiner Wohnung hatte der rabiate Mensch mit einer Axt alle Möbel zertrümmert. Eine strafrechtliche Verfolgung wird den Schluß des Vorkommnisses bilden.
Vaihingen a. E. 13. Juni. Zu der Leichenländung in Untermberg schreibt die „Landpost" weiter: Heute morgen wollten zwei hiesige Mädchen, deren Vater vor etwa 6 Wochen starb, und die von ihrer Stiefmutter grob behandelt wurden, nach Mannheim in Stellung gehen. Sie arbeiteten bisher in der Kammgarnspinnerei Bietigheim, packten aber gestern ihre Sachen und wollten heute um die Zeit, wo sie sonst zur Arbeit gingen, abreisen. Dies erfuhr die Stiefmutter und ging den zwei Mädchen nach. Sie holte sie bei Bisfingen ein und traktierte
sie auf offener Straße, wobei die eine der Töchter, eie 17 jährige Marie Mühle, so aufgebracht wurde, daß sie den Tod in der Enz suchte. Die Leiche ist» geländet. Die Frau soll dem Gericht vorgeführt werden.
Heilbronn. Die Vorbereitungen zum 29. allgemeinen Liederfest des Schwäbischen Sängerbünde» sind in den einzelnen Ausschüssen in allem Wesentlichen zu Ende geführt. ES handelt sich jetzt noch hauptsächlich um die Fertigstellung der Sängerhalle und des Festplatzes, die aber auch schnell fortschreitet, und dann natürlich, wenn da» Fest gekommen, um die Ausschmückung der Stadt. Sehr erfreulich ist, daß durch das Entgegenkommen des Vereins für Gewerbekunst einzelne Straßen nach einheitlichem Plane geschmückt werden können. Am Begrüßungsabend wird der Vorsitzende des Festausschusses, Kaufmann Dederer, den Gästen den Willkomm bieten, beim Festmahl Stadtbaurat Keppler; die Bundesfahne nimmt bei der Uebergabe Oberbürgermeister Dr. Göbel entgegen. Unsere Gäste aus Amerika, der Schwäbische Sängerbund aus Brooklyn, werden sich auch am Festzug beteiligen. Es wird ihnen hier alle Aufmerksamkeit zu teil werden. — Zufolge Entschließung des K. Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten, Verkehrsabteilung, wird zum Besuch de» am 3. und 4. Juli d. I. in Heilbronn stattfindenden Liederfestes de» Schwäbischen Sängerbundes auf den württembergischen Staatsbahnstrecken eine Fahrpreisermäßigung mit Beschränkung auf die bei diesem Anlaß zur Ausführung kommenden Sonderzüge in der Art gewährt, daß den Reisenden, die sich durch das Festabzeiche« als Mitglieder des Schwäbischen Sängerbundes ausweisen, die Benützung der Sonderzüge zum Preise von 1,75 ^ für 1 Kilometer der einfachen Fahrt gestattet wird. Die Ermäßigung wird nur gewährt, wenn die Hin- und Rückfahrt in den Sonderzügen erfolgt.
Hall 14. Juni. Der Ballon „Württemberg", der unter Führung von Oberleutnant Hencke am Sonntag früh in Gaisburg aufgestiegen, ist mittags 12 Uhr 50 Min. bei Uebrigshausen gelandet. Er berührte bei der Landung die Drähte der von Hall herausführenden Starkstromleitung. Glücklicherweise war der Strom am Sonntag abgestellt, sonst hätte leicht ein Unglück entstehen können. Im übrigen vollzog sich die Landung glatt. Der Ballon war schon längere Zeit beobachtet worden und e» kamen deshalb viele Leute von allen Himmelsrichtungen herbei. Nach der Landung gings sofort an die Entleerung und Verpackung des Ballons, der von Kupfer aus mit der Bahn heimwärts befördert wurde.
hielten in der Ruhepause Bier. Deshalb murrte er etwas vor sich hin, was beinahe klang wie: so viel könnte er wohl auch noch auSrichten wie die LieSl, die damische Böhmackenhex. Da aber der Bauer den Jungen ernst anschaute, schwieg dieser plötzlich und machte sich etwas mit seinem Tischmefser zu tun.
„Wenn ich auf den Feldern etwas Mitarbeiten kann, bin ich gern bei der Hand," sagte der Unteroffizier. Der Bauer schüttelte lächelnd de» Kopf.
„Nein, Herr Steiner! Beim Kornschneiden können wir Ihnen morgen nicht brauchen, und auch da» Garbenbinden ist nichts für Sie. Wissen's, wenn man solchene Arbeiten nicht von Jugend auf 'trieben hat, tut man sich zu hart damit und kann mit den andern nicht Schritt halten. Aber wenn'» Zeit ist, zpm Troad aufladen und heimführen, dann werd' ich Ihnen schön bitten, daß ein wengel mit zulangen. Natürlich ist ein Verstehmich dabei, nämlich, wenn's wirklich selber gern mithelfen wollen."
„Ich werde zu allem bereit sein," versicherte der Unteroffizier.
„Wie schaut's denn eigentlich aus, Vater, mit der Ernt?" fragte Franz. „Meinst', wir kriegen viel Korn? Und was steht denn Heuer bester, die Gersten oder Weizen?"
Statt des Bauer» antwortete der Großknecht Michl. „O mein," sagte er, „so eine Ernt' wie Heuer haben wir schon lange Jahr' nimmer g'habt. Du glaubst nicht, Franz, wie hoch da» Korn steht: die Halme reichen um einen ganzen Kopf über einen erwachsenen Menschen hinaus, und Aehren hängen dran, so groß wie die Tannenzapfen. Aber erst den Gartenacker, wenn du siehst, da muß dein Herz lachen. An einem solchen Weizen kann man seine Freud' haben; weit und breit in der Rund rum gibt'S keinen zweiten."
„Das hat der Bauer mir zu verdanken," warf der Hütejunge dazwischen.
Die Behauptung schien allen am Tisch so urkomisch gewagt, daß die Dienstboten in lautes Gelächter ausbrachen; sogar der Bauer konnte sich
eines Schmunzeln» nicht erwehren. LieSl aber sagte spitzig: „Hast also du das Troad so schön wachsen lasten? Nein, so was! Schaut's nur den Tolpatsch an!"
„Betracht's euch lieber die böhmische CharfreitagStratschen, die in alle Reden dreinploppern tut," gab Hans schlagfertig zur Antwort. Wachsen Hab' ich das Korn und den Weizen freilich nicht lassen; selbige» nicht. Aber meine Judaskreuzeln Hab' ich richtig g'steckt auf den Feldern. Derentwegen hat der Bilmesschneider nirgend» hinein'konnt und darum kriegt der Bauer auch eine schöne, ganze Ernt'. Jawohl!"
„Vor deinen Kreuzeln wird er sich wohl viel g'fürchtet haben, der Bilmesschneider!" erwiderte die Dirne, die dem Buben nicht recht geben wollte.
„Wenn du dich 'nausg'stellt hätt'st ins Feld und der Bilmes hält' dein g'schecktes Gesicht g'seh'n, alsdann wär' er freilich noch geschwinder davon g'sprungen als vor den Judaskreuzeln. Vor einem solchenen Scheuchen tät' auch der Teufel auSreißen. Jawohl!"
Ein scharfes „Pst!" des Bauern machte dem Wortgefecht ein Ende. Da LieSl ihrem Feind nichts mehr erwidern durfte, warf sie ihm wenigstens die giftigsten Blicke zu, über welche sie verfügte, was der Bube damit vergalt, daß er die Zunge gegen sie herausstreckte. Ein Glück, daß der Rodershofer die Unart nicht bemerkte, sonst hätte es eine böse Straf
rede abgesetzt.
„Heut', Franz," richtete der Bauer das Wort wieder an fernen Sohn, „ruhst dich noch aus von der Reis', damit du morgen frisch bist."
„Wo hast denn für mich und den Herrn Unteroffizier Belten Hergericht't, Mutter?" fragte Franz.
„Nun," gab die Bäuerin freundlich zur Antwort, „du blerbst m deinem alten Stübel, und dort Hab' ich auch für den Herrn Steiner das Bett aufstellen lassen." , , , . ,
„ES wird Ihnen doch nichts verschlagen, wenn'S mit memem Sohn in der nämlichen Kammer schlafen müssen?" erkundigte sich der Rodershofer.
(Fortsetzung folgt.)