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Tagesaeuigkeite».

Calw. Die Besitzer von Obstbäumen werden darauf aufmerksam gemacht, daß da und dort an Apfelbäumen die Ansiedelung der Blut­laus wahrgenommen wird. In Baumgärten wird der Schädling oft erst nach der Heuernte entdeckt, wenn sich die Läuse bereits tief in die Rinde eingebohrt haben. Die Bekämpfung ist jetzt umsomehr angezeigt, als die gegenwärtige feuchtwarme Witterung eine starke Vermehrung der Schädlinge befürchten läßt.

Nagold 11. Juni. Gestern nachmittag hat sich hier der ältere, leidende und allein­stehende Taglöhner Sch. auf einer Bank vor dem Eingang zum Friedhof erschossen.

Stuttgart 11. Juni. Die Wert­zuwachs st euer bildete auf einer Versammlung in derCeres" die Anregung zu einer äußerst interessanten Diskussion. Referent war W. v. Gizycki, Geschäftsführer der auf bodenreforme- rischer Grundlage gegründeten Eßlinger Heim- stätten-KolonieNcckarhalde". Der Vorsitzende der Abt. Württemberg desBundes deutscher Bodenreformer", Professor Feucht, trug mit feinen vortrefflichen Ausführungen viel dazu bei. Es wurde im Laufe der Diskussion das Für und Wider des Steuerentwurfes an Hand verschie­dener Berichte der Presse erörtert. Die Ein­wände der Gegenpartei, die nicht nur die Haus­besitzer, sondern sogar die Mieter gegen diese Steuer mobil zu machen versucht, wurden wider­legt, denn gerade diese Kreise haben von der neuen Steuer nur Vorteile zu erwarten. Die wahren Beweggründe der Gegenpartei, die mit verschiedenen eigenartigen Gründen die Bodenspekulation zu verteidigen sucht, wurden aufgedeckt. Im Anschluß wurde noch die Steuer

Montag, den 13. Zum 1910.

nach dem gemeinen Wert besprochen, die eben­falls in absehbarer Zeit kommen muß und dem Staate, insbesondere den arbeitenden Volksklassen, nur Vorteile bringen wird und zugleich berufen ist, besonders in der Nähe der Großstädte größere Gelände der Spekulation zu entreißen und der Bautätigkeit zu erschließen.

Stuttgart 12. Juni. In der Lieder­halle fand heute, am ersten Jahrestage der Gründung, die Landesversammlung des Würt- tember gischen Hansabundes statt. Der Vorsitzende des geschäftsführenden Ausschusses des Württembergischen Landesverband» und zu­gleich Vizepräsident des Hansabundes, Fabrikant Albert Hirth-Cannstatt, begrüßte die zahlreich Erschienenen und erteilte hierauf dem Geschäfts­führer des Württemberg. Landesverbandes, Hrn. G. Bayer, unter lebhaftem Beifall das Wort. Bayer gab einen Ueberblick über die Arbeit des Bundes während des abgelaufenen Jahre». Er führte unter anderem aus, die Begeisterung, aus der heraus die Gründung des Bundes erfolgt sei, sei auch in die Tat umgesetzt worden und habe reiche Erfolge erzielt. Der Bund zähle heute mehr als eine Viertelmillion zahlende Mitglieder, außerdem seien ihm über 520 Kor­porationen des gewerblichen Lebens Deutschlands angeschloffen, sodaß er mit diesen zusammen mehr als eine Million Menschen zähle. In Süd­deutschland habe die Landesorganisation festen Fuß gefaßt. Im Deutschen Reiche seien bis heute 500 Ortsgruppen entstanden. Die Be­hauptung, daß der Mittelstand im Hansabund nicht zum Wort komme, werde schon allein da­durch widerlegt, daß unter den 455 Männern aus dem ganzen gewerblichen Leben Deutschlands, die der Gesamtausschuß des Hansabundes um­faßt, 219 dem Mittelstände angehören. In einem

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Zeitraum von ^/« Jahren habe der Bund 800 Versammlungen in Deutschland abgehalten. In Württemberg zähle der Bund rund 10 000 Mit­glieder, die in 51 Ortsgruppen organisiert seien. Diese Ortsgruppen seien unausgesetzt an der Arbeit, die zahlreichen Aufgaben des Hansabundes zu lösen. Außer der Agitation habe der Bund mit allen Mitteln für seine Gedanken und Be­strebungen propagiert, und um ein stärkeres Publikationsmittel, als es bis jetzt die Rund­schreiben darstellen, zu besitzen, seien die Vor­bereitungen für eine Wochenschrift schon weit vorangeschritten. Trotz aller Schwierigkeiten sei es dem Hansabund vergönnt gewesen, im würt­tembergischen Oberland 5 Ortsgruppen mit je rund 80 Mitgliedern zu gründen (Beifall.) Die Bestrebungen des Hansabunde» seien nicht nur auf die Wahrung der Interessen der Industrie gegenüber dem Bunde der Landwirte gerichtet, sondern sie würden sich auch auf die Interessen der Mittelstandsschicht, des kaufmännischen Mittel­standes erstrecken. Die Hauptaufgabe des Bundes fei, alle fest zusammenzuschließen. (Lebhafter Beifall.) Hierauf erteilte der Vorsitzende dem Professor Kindermann das Wort zu einem Vortrag überIndustrie und Handwerk in ihrem organischen Zusammenwirken". Von lebhaftem Händeklatschen begrüßt, führte Professor Kinder­mann unter anderem aus, als eine Begleit­erscheinung der Reichsfinanzreform sei die Idee des Hansabundes entstanden. Sofort habe aber auch die Gegenmine eingesetzt und sich gegen dasUnnatürliche" der Verbindung von Hand­werk und Industrie, von Unternehmer und Angestellten usw. gerichtet. Die Gesamtentwick­lung der Völker, speziell in Deutschland, kenn­zeichne sich durch ein Fortschreiten in Spannkraft, durch ein Fortschreiten in der Arbeitsteilung und

Der Bilrvitzschneider.

Erzählung von Jos. Valerie in.

(Fortsetzung.)

Der alte Mann konnte seinen berechtigten Ingrimm nicht still­schweigend verwinden, sondern er mußte ihm durch Worte, wie der Groll sie auf seine Zunge legte, Luft verschaffen.

Al« er aber nach dem ersten Ausbruch der Erregung einen Blick auf seine Tochter warf, erschrak er. Babette hatten beim Anhören von ihres Vaters niederschmetternden Mitteilungen die Kräfte verlassen. Sie war auf die Ofenbank niedergesunken und starrte von dort den Förster geisterbleich mit Augen an, in denen der Irrsinn zu flackern schien.

Ihre Hände waren krampfhaft geballt, der Busen wogte heftig und um den Mund lagerte ein so schmerzlicher, leidensvoller Zug, daß der Anblick de» in tiefster Seele verwundeten Mädchen» sogar einen Fremden zu Mitleid bewogen hätte. Und wie viel mehr den Förster, besten zärt­liche Vaterliebe durch seinen Zorn gegen Fritz nur zurückgedrängt und nicht im geringsten geschmälert worden war.

Herzkäferl!" sagte er, schnell beschwichtigt, indem er sich gleichfalls auf die Ofenbank setzte und seine Tochter in die Arme schloß,laß dir'» nicht gar zu schwer fallen; der Lump ist es nicht wert. Im Gegenteil, wenn ich'S recht bedenk', haben wir die Geschicht nicht einmal zu teuer bezahlt mit hundertzwanzig Mark. Mein Gott, mich graust'«, was au« dir worden war' als Frau von einem solchen liederlichen Tuch!

Unglücklich wärst g'wesen deine Lebtag'! Und was ich noch sagen wollt': laß dir um alles in der Welt nichts merken vor den Leuten'! Zeig' ihnen ein freundlich'» G'ficht und verrat mit keinem Sterbenswörtel, daß wir dem schlechten Tropf das Geld 'geben haben, das er auf die niederträchtigste Manier verputzt hat. Die Leut' täten dir deinen Jammer

und mir meine innere Wut grad' gönnen, und zum Schaden bekämen wir auch noch den Spott. Trag' also den Kopf in der Höh' und laß dich nicht niederducken vom Schicksal. Ich sag'S wiederum und so oft du'S hören willst:Der ehrlose Strick ist nicht wert, daß d' um ihn weinst."

Aber ach! Die TrosteSworte des alten Försters wollten bei Babette, obgleich sie deren Richtigkeit zugeben mußte, dennoch nicht verfangen. Ihr Herz blutete unter dem an ihr verübten Verrat, und sie würde ihrem Liebesschmerz wohl noch lange nachgehangen haben, wenn sie nicht durch einen noch viel schwereren Schickfalsschlag gewaltsam daraus emporge­rüttelt worden wäre: zwei Tage nach der Heimkehr von seiner Amberger Erkundigungsreise erkrankte der Förster Weigand an einer Lungenent­zündung, und am neunten Tage darnach rang Babette, trostlos und ver­zweifelt, die Hände, vor dem Bette knieend, in welchem die Leiche ihre« Vaters lag.

Dreizehnte» Kapitel.

Wie ein Blaser, wie man ein Licht auslöscht, so sei e» vorbei gewesen mit des Steinerfritz und Schön-Babettchenr Liebfchaft; aber kein Menfch wiffe warum; so hatte der Rodershofer Großknecht am Abend des Ostermontag» der Stallmagd Nannl erzählt. Wenn auch niemand im Dorfe sich erklären konnte, wamm der junge Steiner unter Hintansetzung seiner Vohenstraußer Stelle und seines Verhältnisses mit der FörsterS- tochter so plötzlich aus der Heimat verschwunden war, so kennen nunmehr doch die freundlichen Leser einerseits die Beweggründe, welche den jungen Burschen in die Fremde und als Freiwilligen zum Militär getrieben, anderer­seits die bitteren Enttäuschungen und schweren Verhängnisse, die im Herzen BabetteS die Glut der Liebe zu einem ihrer unwürdigen Menschen bi» auf den letzten Funken erstickt hatten.

Als sie tief gebeugt vor der starren Leiche ihres Vaters kniete, konnte sie den sinnverwirrenden Gedanken nicht los werden, daß im