kammer verurteilte Köhler zu 1 Jahr Gefängnis, Gutbrod zu 1 Jahr .4 Monaten und Schillinge! zu 1 Jahr 1 Monat Gefängnis, unter Anrech­nung von je 2 Monaten Untersuchungshaft. Außerdem wurden dem Angeklagten die bürger­lichen Ehrenrechte auf die Dauer von 3 Jahren abgesprochen. Das Gericht hielt Köhler zu gut, daß das Verhalten des Kommerzienrats für ihn verführerisch war.

Stuttgart 9. Juni. (Strafkammer.) Gegen einen hiesigen Wirt war ein amtsgericht­licher Strafbefehl in Höhe von 10 wegen Vergehens gegen § 33a der Gewerbeordnung ergangen. Der Wirt hatte im März in Zeitungen angekündigt, daß der kleinste Kellner der Welt in seiner Wirtschaft bediene. Der kleine Mann ist 24 Jahre alt, mißt 1 w und wiegt 50 Pfd. Die Verfehlung wurde darin erblickt, daß der Wirt ohne Erlaubnis gewerbsmäßig eine Schau­stellung veranstaltet habe. Gegen den Straf­befehl erhob der Wirt Einspruch. Vor dem Schöffengericht machte der Wirt geltend, daß er den kleinen Mann auf Bitte eines Kollegen als Volontär zur Weiterbildung als Kellner angestellt habe, aber nicht als Abnormität. Der Kellner hatte freie Kost und Wohnung, auch durfte er in der Wirtschaft Postkarten verkaufen. Das Schöffen­gericht war der Ansicht, daß eine öffentliche Schau­stellung vorliege, verneinte dagegen die Gewerbs- mäßigkeit, da Eintrittsgeld nicht erhoben und die Preise für Speisen und Getränke nicht erhöht wurden und erkannte auf Freisprechung. Gegen das freisprechende Urteil wurde von der Staats­anwaltschaft Berufung eingelegt. Die Straf­kammer kam zu der Feststellung, daß eine öffent­liche Schaustellung nickt vorliege. Der Ange­klagte habe den kleinen Mann nicht als Abnor­mität, sondern als Kellner zur Bedienung der Gäste engagiert. Die Strafkammer erkannte in Uebereinstimmung mit dem Schöffengericht gleich­falls auf Freisprechung.

Tübingen 9. Juni. Nach der Fahnen­weihe des Kriegervereins in Walddorf, wo be­kanntlich die furchtbare Messerstecherei, der Vater und Sohn zum Opfer fielen, vorkam, ist es auch noch zu Ausschreitungen andrer Art gekommen. Der Kriegerverrin von Mittelstadt und der von Kirchentellinsfurt, die in Walddorf tüchtig mit­geweiht hatten, gerieten in Gniebel auf dem Nachhauseweg so in grimmige Fehde, daß man sogar mit der Fahne zuschlug, die in Trümmer ging. Es dürfte interessant sein, zu erfahren, ob die Kirchentellinsfurter auch die neue Fahne des Mittelstadler Vereins dereinst milweihen helfen.

Laufen a. d. E. 9. Juni. Ein arges Hagelgewitter zog über unsere Markung. Eine halbe Stunde fielen die Hagelkörner bis

zur Größe von Taubeneiern. Noch 2 Stunden nach dem Gewitter lagen die Schloffen an manchen Stellen in beträchtlicher Höhe. Der größte Schaden wurde an den Gartengewächsen und an den Obstbäumen, die sehr reich angesetzt hatten, verursacht. Die Wiesen- und Kleefelder liegen wie gewalzt. Wie groß der Schaden an den Halmfrüchten ist, läßt sich vorerst noch nicht sagen. Ein sogenannter kalter Schlag fuhr in das Fabrik­gebäude von Eppler u. Söhne an der Straße nach Lautlingen, während die Bewohner am Mittagessen saßen. Sie kamen mit dem Schrecken davon. Das Dach wurde stark beschädigt, der Kamin wurde vollständig demoliert und noch verschiedener Schaden im Innern des Gebäudes, namentlich an Zimmerdecken, verursacht.

Besigheim 9. Juni. Der Motten­fang wurde hier beendet, nachdem an 10 Abenden durchschnittlich je 70 Schulknaben unter Aussicht in die Weinberge hinausgezogen waren. Im ganzen wurden 82262 Motten gefangen.

Heilbronn 9. Juni. Ueber das ganze Unterland ist gestern ein schweres Gewitter gezogen. Ganze Wolkenbrüche gingen nieder und richteten in einzelnen Gegenden förmliche Ueberschwemmungen und großen Schaden an. In Heilbronn verstopfte das mit dem Wasser von den Feldern und Wiesen daherströmende Heu den Kanal am Eisenbahndurchlaß beim Nordbahn­hof, wodurch die ganze Straße überschwemmt und der Verkehr selbst für die Straßenbahn unter­brochen wurde. Der Neckar selbst stieg rapid und führte gewaltige Mengen von Heu, aber auch andere Gegenstände mit sich. In Lauffen schlug der Blitz in mehrere Häuser ein, ohne zu zünden. Auf der Markung der Gemeinde Wannenberg wälzten sich die Waffermaffen in der Tiefe bis zu einem halben Meter über die Aecker und verschlammten die Halmfrucht und die Kartoffeln. Auf dem Wege nach Bönrügheim wurde der 22 Jahre alte Ludwig Heiges vom Blitz getroffen und war sofort tot. In Cleebronn fuhr der Blitz in ein Weinberghaus, wo vier Personen Unterschlupf gesucht halten. Alle vier wurden getroffen. Ein Mann namens Löffler war sofort tot, die andern mußten schwer verletzt vom Platze getragen werden. In Dürrenzimmern fuhr der Blitz in den Kirch­turm und zündete, doch gelang es der Feuerwehr rechtzeitig zu löschen. Bei Nord heim mußten die Ziegen auf dem Weideplätze unter Lebens­gefahr aus den Fluten getragen werden. Beim Güterbeförderer Müller schlug der Blitz in die Giebelwand der Scheune, zündete aber nicht. Der Wafferstand in Nordheim ist so hoch, wie seit 1879 nicht mehr. Auch in Nordhausen stand das Vieh bis an den Bauch im Wasser.

Gabriele« keinen Wein mehr auftragen ließ, sondern nur Bier bestellte. Dadurch fühlte sich die Harfenistin enttäuscht.

Ich glaub' halt alleweil, bei dem jungen Henn schäppert nimmer viel" sagte sie zum Geiger Dworczak in einem Moment, während dessen Fritz sich bei der Aufwärterin nach den vorhandenen Speisen erkundigte. Er fängt schon zu knipsen und zu knausern an."

Das hat man sich eh' denken können, daß ein Mensch mit einer solchen Montour am Leib kein Rotschild ist. Gieb ihm einen Tritt und laß ihn laufen! Da schau! Dort kommt g'rade' der alte Herr wieder, der uns heut auch von einem Wirtshaus ins andere nach'gangen ist. Der sieht mir schon nach was Besser«! aus mit seiner dicken goldenen Uhr­ketten und den vielen Ringen an den Fingern."

Hat mir auch bei jedwedem Mal einsammel« ein Funfzgerl spen­diert," setzte das Mädchen hinzu, das den eben eingetretenen Herrn nicht mehr aus den Augen ließ. Kaum hatte der letztere die Musikanten er­blickt, da kam er auch schon mit einem breiten Lächeln auf dem rot­angehauchten, behäbigen Gesicht schnurstracks auf deren Tisch zu und nahm, ohne das geringste zeremonielle Wesen zu machen, neben Gabriele Platz.

Hab' ich Ihnen doch noch ausg'funden schöne Geigerin?" sagte er, indem er gerade als müßte dies so sein und verstünde sich von selbst seinen Arm um die Hüften des Mädchens legte und ihm frech in die Augen sah.Ja, wenn der Bräu von Hierstein sich 'was in seinen dicken Schädel g'setzt hat, alsdann führt ers auch 'naus bis zum End. Ich wär' bis Mitternacht in der Stadt 'rumgelaufen und hält' spekuliert, wo die schöne Mamsell über Nacht bleiben tut; allein zum Glück Hab' ich Ihnen schon gleich da herin erwischt. Es ist Ihnen doch recht, wenn ich ein bisserl bleib' in Ihrer angenehmen Gesellschaft.

Die Frage war im Grunde überflüssig; denn Gabriele« strahlendes Antlitz verriet nur zu deutlich, wie willkommen ihr ein neuer zahlungs­kräftiger Verehrer war.

Mehrere Schweine sind ertrunken. I» Groß­gartach ist der Schaden besonders auch an de» Weinbergen groß. Das Wasser gefährdete de« Bahndamm zwischen Großgartach und Schlüchtern und es kostete die Bahnarbeiter große Mühe, die Strecke freizuhalten. In Großgartach selbst schlug der Blitz in zwei Häuser ein, ohne zu zünden. In Jlsfeld wurden 24 Bäume entwurzelt.

Welzheim 9. Juni. Gestern vormittag traf Landjäger Weber auf einer Streife an der Gschwender Straße zwei Handwerks­burschen. Auf seine Aufforderung zu halten, griffen sie nach Steinen. Der Landjäger machte nun von seinem Gewehr Gebrauch und schoß dabei den 20 Jahre alten Taglöhner Leo Haan von Sickert im Elsaß, durch den Hals, sodaß der Tod alsbald eintrat. Das Gericht hat sich sofort an Ort und Stelle begeben, um den Tatbestand fesizustellen. Das Ergebnis der Untersuchung ist noch nicht bekannt.

Friedrichshafen 9. Juni. DaS höchst bedauerliche Vorkommnis, das dem Grafen Zep­pelin fast in letzter Stunde, wo vielerorts alle Vorbereitungen schon getroffen waren, zwang, die Fernfahrt Wien Dresden aufzu­geben, liegt, wie Dr. Eckener in der Frankfurter Zeitung schreibt, nicht in einer konstruktiven Schwäche des Luftschiffes selbst, sondern im über­raschenden Versagen eines Motororgans: es brach eine Kurbelwelle. Eine solche Havarie läßt sich nie voraussehen und war hier umso­weniger vorauszusehen, als schon viele und lange Proben mit der ganzen Maschinerie vorausge­gangen waren. Ob die betreffende Welle an sich etwas zu schwach ist, oder ob eine Störung in der Kuppelung sich auf die Welle übertrug, ist kaum mit völliger Bestimmtheit zu sagen, und es wäre nicht richtig, unter solchen Umstände» eine gewaltige Fernfahrt anzutretcn, selbst wenn eine Ersatzwelle schnell zur Stelle und eingebaut wäre. So wird denn wohl, wenn es überhaupt noch dazu kommen sollte, eine Fernfahrt nach Wien auf den Herbst zu verschieben sein, da Graf Zeppelin bekanntlich in der letzten Juni­woche eine Expedition nach den arktischen Ge­genden antritt. Es wäre müßig, darüber zu streiten, ob die Schwäche der Kurbelwelle oder Kuppelung vielleicht früher schon offenbar ge­worden wäre, wenn die Arbeiten bei der Zep- pelingesellschast in der letzten Woche ungestört hätten verlaufen können und wenn nicht durch mehrfache, wochenlange Verzögerungen in der Ablieferung der Motoren das ArbeitSprogramm öfters hätte umgestoßen werden müssen. Im übrigen befriedigte der Verlauf der Probefahrten sehr. Die Seitensteuerung mit dem neuen Steuer­apparat ist außerordentlich wirksam, der Dreh-

Deshalb behandelte sie, um letzteren nicht vor den Kopf zu stoßen, Fritz von diesem Augenblick an gleich Luft. Sie schenkte dem junge» Burschen keine Aufmerksamkeit mehr, ließ jede seiner Fragen unbeant­wortet, und als er er im Beisein des dicken Brauers wagte, sich zu ihrem Ohr niederzubeugen, um sie leise zu fragen, ob er sie denn durch irgend etwas beleidigt habe, warf sie ihm einen so kalten, abweisenden Blick zu und zuckte so bezeichnend mit den Achseln, daß der junge Mann hätte vernagelt sein müssen, wenn er nicht endlich gemerkt hätte, daß seine Rolle bei der schönen Harfnerin ausgespielt sei. Die herzlose Kokette hatte ihn aufgegeben wie ein wertloses Spielzeug, dessen sie überdrüssig geworden, und verschwendete jetzt alle ihre sinvberückenden Künste an dm alten Herrn mit der schweren goldenen Uhrkette und den protzenhaft zur Schau getragenen Fingerringen. Diesen Anblick konnte Fritz nicht ver­winden. In tiefster Seele gedemütigt, mit Groll im Herzen und flammen­der Eifersucht in der Brust, schlich er sich weg aus der Gesellschaft und aus der Herberge; er suchte sich ein anderes Wirtshaus zum Uebernachte« aus. Seine Entfernung war von der Harfenistin entweder nicht bemerkt worden, oder sie war, wenn sie sie wirklich beachtet hatte, ihnen nur erwünscht gekommen. Für sie war der junge Mensch abgetan, und es konnte ihnen nur lieb sein, daß er seinen Platz freiwillig, ohne Skandal zu machen, an den alten Herrn abgetreten hatte, in dessen Taschen für die Musikanten noch etwasschäpperte."

Zwölftes Kapitel.

Nur zwei Tage lang hatte Fritz Steiner seinem Hang zu Leichtsinn und Genußsucht die Zügel schießen lassen, und doch war der kurze SrnneS- taumel imstande gewesen, seine und der lieblichen FörsterLtochter Zukunfts- Hoffnungen für immer zu vernichten. Nach unruhigem, von schreckhaften Träumen unterbrochenem Schlafe wachte er am Morgen nach seiner Tren­nung mit den Schnurranten mit wüstem Kopf und fiebernden Pulsen auf, um sofort die peinliche Lage zu überschauen, in die ihn seine unver­antwortliche Aufführung gestürzt hatte. (Forts, folgt.)