Oberndorf 7. Juni. Ein Gewitter, das sich heute nachmittag gegen 2 Uhr auf der Grenze der Oberämter Rottweil und Oberndorf entlud, brachte der Station Thalhausen und deren Umgebung recht beträchtliche Verheerungen und Schade». Die Staatsstraße Villingen—Dorf-Thalhausen war mit Steinen und Geröll angefüllt und in kurzer Zeit unbegehbar gemacht. Entwurzelte Bäume, zum Verkauf bestimmtes Holz sowie Steine und Schlamm hatten sich auf der Straße weithin aufgestappelt. Von der Staatsstraße stürzte das Wasser zimmerhoch auf die an der Station Thalhausen vorbei- sührende Straße und überschwemmte sie auf etwa 2—300 m. Das Stationsgebäude war ganz vom Verkehr abgeschnitten und der Güterschuppen in seinem unteren Teil sofort unter Wasser gesetzt. Die Bahnstrecke war auf 300 w überflutet, sodaß die Züge auf Nebengleisen verkehren mußten und die Paffagiere auf dem Bahnkörper die Station verließen. Der Güterverkehr wird auf einige Tage bis zum Wegräumen der Geröll- m affen eingestellt werden müssen.
Gaildorf 7. Juni. Eine anläßlich des Schützenfistes hier aufgehängte Fahne geriet in Berührung mit der elektrischen Leitung. Dadurch entstand Kurzschluß und einen Augenblick br a nnte die Fahne lichterloh. Zum Glück konnte durch Abschneiden der Fahne ein Brandunglück verhütet werden.
Fichtenberg OA. Gaildorf 7. Juni. Hier wurden in der letzten Woche eine Frau und ihre Kinder von einem Blitzstrahl zu Boden geworfen und betäubt- Größeren Schaden hat niemand genommen, die Getroffenen erholten sich bald wieder.
Gmünd 7. Juni. Bei der Durchfahrt der Prinz Heinrich-Fahrtteilnehmer fuhr ein außer Konkurrenz fahrendes Automobil so wuchtig auf einen Trottoirrandstein auf, daß eS auf die entgegengesetzte Seite geschleudert wurde. Es soll sich um einen Stuttgarter Rennfahrer handeln. Der Wagen erhielt leichte Beschädigungen, konnte aber nach kurzer Stockung die Fahrt fortsetzen.
Ulm 7. Juni. Ein Ojähriger und ein 13jähriger Schulbube haben hier in einer Bon- bonssabrik einen Einbruch verübt und aus der Ladenkaffe 80 gestohlen. Die Polizei hat ihnen das Geld abgenommen.
Friedrichshafen 7.Juni. Das Luftschiff „1-2 VI" ist heute früh ^5 Uhr unter der Führung der Grafen Zeppelin aufgestiegen und nach Lindau und Bregenz geflogen. Um 7 Uhr manövrierte es wieder über Kiedrichshafen.
Friedrichshafen 7. Juni. Das Luftschiff „I-2 VI" war um '/i9 Uhr wieder in die Halle eingebracht. Um 11.25 Uhr ist es zum
zweiten Male aufgestiegen. Graf Zeppelin hat die Führung de» Luftschiffe» selbst übernommen. Die Fahrten dienen zur AuSbildungHes Personals für die Luftschiffahrts-Aktien-Gesellschaft.
Friedrichshafe» 7. Juni. Obgleich die Fahrten mit dem 1-2 VI einen guten Verlauf nahmen, haben die Versuche mit verschiedenen Neuerungen doch notwendige Aenderungen ergeben. Es erscheint deshalb dem Grafen Zeppelin vorsichtiger, eine Fernfahrt nicht zu unternehmen, bis noch eine gründliche Erprobung erfolgt ist. Die Fernfahrt nach Wien und Dresden muß deshalb zur Zeit abgesagt werden.
Tuttlingen 7. Juni. Die Aussperrung in der hiesigen Schuhindustrie dauert weiter. Für gestern waren auf dem Rathau» erneute Verhandlungen anberaumt, um eine Einigung in dem Streit zwischen den hiesigen Schuhfabrikanten und den Streikenden zu erzielen. Die Fabrikanten erklärten sich bereit, die eineinhalbstündige Mittagspause zu gewähren, doch sollte abends bis ^7 Uhr, statt wie bisher bis 6 Uhr, gearbeitet werden. Damit hätte jeder Teil die Hälfte der verlangten halben Stunde zu tragen gehabt. Der Vertreter der Arbeiter, Arbeitersekretär Stadtrat Schwalb, lehnte dieses Ansinnen ab und beharrte auf der bisherigen Forderung, auf die jedoch die Fabrikanten nicht eingingen.
Fuessen 6. Juni. Gestern abend ereignete sich auf der Straße nach Hohenschwangau ein schwerer Automobilunfall. In der Nähe von Peiting kam einem mit 4 Herren und einer Dame besetzten Daimlerwagen ein Radfahrer entgegen, der kurz vor dem heransausenden Automobil die Straße überqueren wollte, wobei er zu Fall kam. Der Chauffeur zog rasch die Bremse Das in voller Fahrt befindliche Auto überschlug sich mehreremal und wurde an eine Straßenbarriere geworfen. Die Insassen wurden herausgeschleudert. Der Chauffeur und die Dame erlitten schwere Verletzungen; bei Beiden, die bewußtlos vom Platz getragen wurden, besteht Lebensgefahr. Die übrigen Mitfahrcnden erlitten leichtere Verletzungen. Das Automobil wurde vollständig zertrümmert.
Schlebusch 7. Juni. Heute nachmittag 1'/- Uhr ist die hiesige Karbonidfabrik infolge einer Explosion teilweise zerstört worden und in Brand geraten. Die Explosion war so heftig, daß im Orte vielfach Beschädigungen an den Häusern angerichtet wurden. Besonder» schwer betroffen wurde die hiesige Kleinbahnzentrale, die vorläufig ihren Betrieb eingestellt hat. Inwieweit Menschenleben bei der Explosion zu Schaden gekommen sind, läßt sich noch nicht feststellen. Bis 3 Uhr waren zwei Verletzte ins Krankenhaus verbracht worden. Daß keine größere
Anzahl Personen verletzt wurde, ist dem Umstande zuzuschreiben, daß die Arbeit in der Fabrik wegen der Mittagspause noch nicht wieder ausgenommen worden war.
Schlebusch 7. Juni. Die in der hies. Karbonidfabrik erfolgte Explosion ist durch einen Blitzschlag verursacht worden. Von der Fabrik selbst ist nur die Defiltrier-, Laug- und Waschanstalt von der Explosion betroffen worden. Ueber die Zahl der Verletzten konnten bis jetzt genauere Feststellungen noch nicht gemacht werden. Der in der Umgebung verursachte Schaden ist sehr groß. Selbst in den Vororten Kölns erlitten einige alte, am Rhein gelegene Häuser Riffe. Schaufenster wurden zertrümmert und an anderen Stellen Häuser abgedeckt.
Essen 7. Juni. Von den am Ausscheidungsfliegen für den Gordon- Bennettwettbewerb beteiligten Ballon« ist der Ballon „Krefeld" gestern nachm. 5 30 Uhr bei Mezidon in der Normandie, der Ballon „Eldendorf" gestern nachmittag 5.40 Uhr bei Rouen gelandet. Ueber den Verbleib der Hülle des vor dem Aufstieg entflogenen Ballons „Prinz Adolf" ist nichts bekannt.
Dresden 7. Juni. Beim Marsch de» 177. Infanterie-Regiments bei KönigS- brück traf ein Blitzschlag die 2. und 3. Gruppe der 3. Kompagnie und warf, wie der „Dresd. Anzeiger" meldet, 18 Mann zu Boden. Drei Mann waren tot, 10 schwer und 5 leicht verletzt. Sieben der Schwerverletzten wurden in das Königsbrücker Garnisonslazarett übergeführt.
Potsdam 7. Juni. (Festtage im Kaiserhause.) Die Braut des Prinzen Friedrich Wilhelm, Prinzessin Agathe von Ratibor und Corvey, traf heute nachmittag mit Gefolge und ihren Anverwandten auf Station Wildpark ein und wurde dort von der Kronprinzessin empfangen und auf das herzlichste begrüßt. In feierlicher Auffahrt begaben sich dann die Herrschaften zum Neuen Palais. Eine halbe Eskadron des Leibgardehusaren-Regiment« eröffnete den Zug. Bei der Ankunft empfinge» die Prinzen des kgl. Hauses die hohe Braut. Im Treffenzimmer des Neuen Palais wurde die Braut von dem Kais er und der Kaiserin, den Prinzessinnen des kgl. Hauses und den höchsten Gästen empfangen und dann nach den für sie bestimmten Gemächern geleitet.
All enstein 6. Juni. In dem Prozeß gegen Frau v. Schönebeck-Weber wurde, wie die „Menst. Ztg." meldet, unter Ausschluß der Oeffentlichkeit die Angeklagte vernommen. Sie erklärte, daß sie nicht schuldig sei. Als gegen 2'/i Uhr nachmittag« ein heftiges Gewitter ausbrach, weinte die Angeklagte und erklärte,
da» brauchten sie aber fremden Leuten doch nicht auf die Nase zu binden? Die angenommenen Namen klangen viel prunkhafter und paßten auch bester für den Gimpelfang. Drum ließ sich auch Fritz leicht von ihnen bestechen.
„Welch schöne Namen!" sagte er, „am allermeisten gefällt mir aber der Ihrige, Gabriele! Denn er eignet sich wunderbar für Sie. Wie Gabriel der herrlichste Engel vor Gottes Thron, so find Sie da» engelhafteste Wesen, da» diese Erde schmückt!"
„O, Sie Schmeichler, Sie! Wenn's mich mit solchen Flattusen zum Narren haben wollen, werd' ich Ihnen bald bös werden!" rief Gabriele, indem sie den jungen Mann mit ihrer weichen, weißen Hand auf die Finger schlug. Aber der zärtliche Blick, den sie ihm dabei schenkte, strafte ihre Worte Lügen.
„Warum effen's denn nicht?" fuhr sie hierauf ganz unvermittelt fort. „Laffen'S doch den Braten nicht kalt werden! Ach, was für ein schönes Nachtmahl, und der prächtige Gurkensalat dazu!" Sie seufzte hörbar.
„Möchten Sie vielleicht auch ein solche» Nachtessen haben?" fragte Fritz, der dieses Seufzen des Mädchens wohl verstand.
„Mögen tät ich schon; aber wir sind arme Leute', und un» tragt's nichts so feins. Wir müssen froh sein, wenn wir uns an Bauernbrot satt essen können."
Gabriele! Himmlische» Mädchen! Sind wir denn nicht Freunde? ES macht mir ein Vergnügen, eine Portion Braten und Salat für sie bestellen zu dürfen."
„Annehmen tät ich'« schon recht gern von Ihnen," flüsterte die
Harfenistin, indem sie sich sehr nahe an ihn drängte; „aber-ich
darf nicht. Wissen'» nämlich, wenn ich allein was eff', dann werden die andern Madeln neidig. Eifersüchtig find'S eh' schon auf mich," fügte sie
noch leiser hinzu und legte dabei ihre Hand um de» Manne» Arm. „Da muß ich jedem Verdruß ausweichen und halt hungrig in» Bett gehen."
„Nein, das sollen Sie nicht," erwiderte Fritz, dessen Pulse flogen und besten Herz so mächtig klopfte, daß er glaubte, auch seine Nachbarin müsse das heftige Klopfen vernehmen. „Kellnerin!" rief er laut, „noch vier Portionen Braten und Salat für diese Damen und Herrn Dworczak! Aber schnell! Bezahlen tu' ich. Trinken Sie aus, Herr Dworczak! Lassen Sie die Gläser wieder füllen meine Fräulein! Ihre ganze heutige Zeche geht auf meine Rechnung."
„Bravo! Da» heißt ein Wort!" entgegnete der Musikant. „Sie haben ein edle», ein nobliges Herz, Herr und lasten auch armen Leuten was zukommen. Nun, zum Dank dafür werden wir Ihnen aber nach dem Esten auch 'was Feine» aufspielen. Die allerschönsten Tänz' und die allerneusten Lieder, die wir au» Böhmen mit'bracht haben."
Es war neun Uhr abends, als die Schnurrantengesellschaft das Essen verzehrte. Nach demselben begann sie zu fingen und zu musizieren. Fräulein Gabriele — noch immer an Fritz Steiners Seite — fiedelte, Herr Dworczak spielte die zweite Geige, Fräulein Laura und Fräulein Eveline bearbeiteten die Harfen. Munter und fidel ging's zu, das ließ sich nicht leugnen. Um elf Uhr befahl Fritz, der alle Anzeichen eines hochgradigen Rausches zur Schau trug, die Kellnerin solle Wein bringen! ihr Bier sei nur Plempel und ein fades nichtsnutziges Gesäuf. Um Mitternacht legte er, sinnlos betrunken, die verschränkten Arme auf die Tischplatte, bettete seinen Kopf darauf und schlief ein. Wirt und Hausknecht mußten ihn in seine Kammer tragen, wo sie den leichtsinnigen Menschen angekleidet auf da» Lager warfen und, roh lachend, seinem Schicksal überließen.
(Fortsetzung folgt.)