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Montag, den 6. Zuni 1910.
VehULSpr.t.d. LlaÄN/ijLhrt.m.Träger!.Mk. i.ss. PostbezugSpr s-v. OrtS- u. ScachbarortSverk. ^/«7ährl. Mk. 1.20. tm Fernverteh r Mk. l.Sü. yeftellg. in Württ. SV Pfg., in Bayern u. Reich 42 Wg.
Amtliche Bekanntmachungen.
Ausheörrng 1910.
Bezüglich des Aushebungs-Geschäfts
wird folgendes bekannt gemacht.
1. Dasselbe findet am Freitag, 24. Juni, vorm. 8 Uhr, und am SamStag 25. Juni vorm. 8 Uhr, auf dem Rathause in Calw statt.
2. Am ersten Tage kommen die für dauernd untauglich erklärten, die zum Landsturm und zur Ersatzreserve vorgeschlagenen, sowie sämtliche Schneider, am zweiten Tag die tauglichen Militärpflichtigen und die Reklamierten zur Vorstellung. (Diejenigen, welche bei der Musterung zurückgesteltt worden sind, haben nicht zu erscheinen.)
Den Ortsvorstehern werden spezielle Vorladungsbogen zugehen.
Zu spate- Erscheine« ohne genügende Entschuldigung hat unnachstchtlich Bestrafung zur Folge.
3. Etwaige Gesuche um Zurückstellung oder Befreiung von der Aushebung, soweit der Grund hiezu erst »ach der Musteruag entstanden ist, wären in aller Bälde schriftlich einzureichen: nach der Aushebung würden keine mehr angenommen werden, es wäre denn, daß die Gründe für das Gesuch erst nach der Aushebung eingetreten wären.
4. Gesuche um Zuteilung zum Train mit kurzer Dienstzeit Familienverhältnisse Halver dürfen nicht vorgedracht «erden.
5. Die Ortsvorsteher haben darauf hinzuwirken, daß die Militärpflichtigen mit reiugewaschenem Körper «ud reiner Wäsche erscheinen. Diejenigen, welche an Schwerhörigkeit zu leiden behaupten, haben das Innere der Ohren gründlich zu reinige», um eine Untersuchung zu ermöglichen.
6. Die Militärpflichtigen find darauf aufmerksam zu machen, daß jeder Versuch zur Täuschung in Beziehung auf geistige und körperliche Gebrechen gerichtlich bestraft wird, daß die Entscheidungen endgiltig sind, und daß jeder in den Grundlisten des Bezirks enthaltene Militärpflichtige berechtigt ist, im AushebuugStermtn zu erscheinen und etwaige Anliegen vorzutragen.
7. Ortskundige Fehler der Pflichtige«, «ie geistige Beschränktheit, epileptische Anfälle, «. s. f. müssen unbedingt vor der Aushebung zur Kenntnis des Oberamts gebracht werden. Bei Schwerhörigen, Nervenleidenden, Stotterern, Geisteskranken oder Taubstummen verlangt die K. Oberersatzkommisfion Vorlage von ärztliche« Zengnisseu. Dieselben sind, soweit noch nicht geschehen, mit den Vorladungen hieher einznsendeu.
8. Militärpflichtige, welche sich auswärts aufhalten. dürfen nicht von anderen Bezirke» hieher znr Aushebung berufe«, müssen vielmehr belehrt werden, daß sie sich a« Orte ihre- Aufenthalts zur Stammrolle anzumelden und zur Aushebung z» stellen haben.
Die Ortsvorsteher werden dafür verantwortlich gemacht, daß keine Scheinverziehnngeu Vorkommen. Bei denjenigen, welche vor der Aushebung sich wieder nach Hause begeben, ist sich daher zu vergewissern, ob sie nicht in der Absicht gekommen find, um an der Aushebung teilzunehmen und hernach wieder an ihren früheren Ort zurückzukehren. In AnstaudSsällen ist sofort dem Oberamt Anzeige zu erstatten. Bei jeder einzelnen Anmeldung ist von jetzt ab z» berichten, ob nicht eine Scheinverziehnng vorliegt.
9. Die Ortsvorsteher haben bei der Aushebung nicht zu erscheinen.
, 10. Die Stammrollen pro 1888/1908,
1889/1909, 1890/1910. sind längstens bis zum 19. Juni d. I. de« Oberamt einznsendeu. Da dieselben von dem Herrn Ztvilvorsttzenden der K.
Oberersatzkommisfion einer Durchsicht unterworfen werden, so erwartet das Oberamr, daß diese Liste vollständig geführt, insbesondere sämtliche Beurkundungen richtig gegeben und sämtliche Strafen verzeichnet sind.
Sollten seit der letztmaligen Einsendung der Stammrollen Strafen gegen Militärpflichtige erkannt worden sein, so wäre dies in einem besondere« Bericht amuieiaeu.
11. Bet der Vorladung sind die Militärpflichtigen auch zu ermahnen, sich bei der Aushebung auf der Straße und tn den Häusern ruhig zu verhalten.
^ Calw, 1. Juni 1910.
K. Oberamt.
Amtmann Ripp mann, A-V.
Die KsrroutSns-EWklika des Papstes
veranlaßt den Zentralvsrstand des Evangelische« Bundes zu folgender Kundgebung:
„Der Papst PiusX hat die300jährige Feier der Heiligsprechung des Kardinals Karl Borromäus benutzt, um in einer Enzyklika (Rundschreiben an alle Bischöfe) gegen den Modernismus (vom 26. Mai 1910, veröffentlicht in italienischer Sprache am 29. Mai tu Nr. 146 des „Osservatore Romano") die Reformation, ihre Helden und Völker aufS ärgste zu schmähen. Die Reformatoren werden „hochmütige und rebellische Männer" genannt; die Erneuerer evangelischen Christentums sollen „Feinde des Kreuzes Christi" gewesen sein, „Männer irdischen Sinnes, deren Gott der Bauch" war, „Vermehrer der Unordnung, Männer sittlicher Zügellosigkeit, die den Leidenschaften der am meisten korrumpierten Fürsten und Völker folgten. Die Reformation wird ein „Tumult der Rebellion und eine Umkehrung von Glaube und Sitten" genannt, die Reformatoren „Verderber", die „Europas Kräfte durch Krieg entnervt" und „die Revolutionen der modernen Zeit vorbereitet" hätten, „in denen sich ein dreifacher Kampf gegen die Kirche vereinigt habe: ein blutiger wie in den ersten Jahrhunderten des Christentums, die häusliche Pest der Ketzereien, und unter dem Namen evangelischer Freiheit eine lasterhafte Verdorbenheit und Zuchtlosigkeit."
Diese Beschimpfung der religiösen Heldenzeit und der größten Befreiungstat unseres Volkes ist eine empörende Herausforderung des deutschen Protestantismus. Zugleich ist das Wort von den „am meisten korrumpierten Fürsten und Völkern" eine Schmähung der deutschen Nation durch einen auswärtigen Priester, der die Rechte eines Souveräns für sich beansprucht und von deutschen Regierungen zugebilligt erhält. Es wirft dieses ungeheuerliche Urteil über die deutsche Reformation und den Ursprung unserer evangelischen Kirche ein grelles Schlaglicht auf die geschichtliche Bildung des „unfehlbaren" Oberhauptes der römischen Kirche und seiner Ratgeber, auf die Unduldsamkeit und Unversöhnlichkeit des Ültramontanismus, auf den wahren Wert der Frledensreden katholischer Bischöfe und auf die nationale und kulturelle Gefahr der politischen Organisationen der päpstlichen Bannerträger im deutschen Reiche.
Wir erheben deshalb im Namen unserer Mitglieder und wohl auch im Sinne aller bewußten deutschen Protestanten entrüsteten Einspruch gegen die rücksichtslose päpstliche Friedensstörung, die um so verletzender wirkt, weil sie ohne festen Anlaß und ohne jede Beobachtung der Proteste wider die Canifius-Enzykltka vom Jahre 1897 die damaligen Beschimpfungen noch zu überbieten wagt. Jedem evangelischen Christen und deutschen Protestanten mutz nun erneut zum Bewußtsein kommen, wie notwendig für den inneren Frieden des Reiches tatkräftige Abwehr der ultromantanen
Machtbestrebungen ist. Und so bitten wir denn unsere Hauptvereine und Zweigvereine im weiten deutschen Vaterlande, sich unserem Einsprüche anzuschließen und in Wahrung der unveräußerlichen evangelischen Lebenswerte, im Zusammenschluß aller deutschen Protestanten dahin zu wirken, daß die Segensgüter der Reformation als die Grundlagen echter deutscher Gesittung unserem Volk erhalten bleiben."
Tagesuemgkeiteu.
X. Calw 4. Juni. Die am Samstag, den 4. Juni, von dem Gesangverein Concordta im Dreiß'schen Saale veranstaltete Gesangs- unterhaltung muß sowohl in ihrem gesanglichen als auch in ihrem musikalischen Teile als äußerst gelungen bezeichnet werden, was auch aus dem Beifall genugsam erwiesen wurde. Die tapfere Sängerschar und die Solisten haben ihr bestes Können in die Wagschale geworfen, und unter der Leitung eines verständnisvollen, unermüdlichen und künstlerischen Dirigentea war nur Gutes zu erwarten. Das Programm bot eine reiche Fülle von Genüssen, was schon die Namen Meyerbeer, Mendelssohn, Mozart, Gounod, C. M. v. Weber, sowie Silcher, Reinecke, Hildach, Meyer-Helmund, Wengert, Tauben, Gum- bert, dartun. Das Mendelssohn'sche stimmungsvolle Lied „So sei gegrüßt" und Silchers ewig schöner Chor „Stumm schläft der Sänger" eröffnten den Reigen. Konnte der Verein im ersten Liede zeigen, daß er es versteht, die innigen Seiten eines Liedes zu berühren, so zeigte er im zweiten Liede seiner Bässe Allgewalt. Beide Lieder verfehlten ihre Wirkung nicht. Die Wengert'sche Komposition: „Der Fremdenlegionär" wurde mit großem Verständnis und getreuer Wiedergabe der reichen Tonmalerei zum Bortrag gebracht. Der Komponist hat es verstanden, hier in diesem Liede die Saiten unseres Herzens zum Ertönen zu bringen und inniges Mitleid mit dem die Sehnsucht nach der Heimat mit dem Tode bezahlenden Legionär zu erwecken. Es würde zu weit führen, alle Chöre Revü passieren zu lassen, sie wurden gleich gut gesungen und ernteten gleich großen Beifall. Umrahmt wurden diese Darbietungen durch Solts und Duette. In der Frau Kapellmeister Fromm hatte der rührige Vorstand eine gute Kraft für den Abend gewonnen, die es verstand, durch ihre Leistungen, durch ihre angenehme, einschmeichelnde Stimme, ihre anmutige Freundlichkeit die Zuhörer für sich gefangen zu nehmen. Konnte sie in dem Pagengruß aus der Oper „die Hugenotten" und aus der Ariette aus „Freischütz" dartun, daß eine tüchtige Schulung ihr eigen ist, so war ihr in den Liedern: „Wenn der Vogel naschen will, pflegt er nicht zu singen" und „Der Bauer hat ein Taubenhaus" Gelegenheit geboten, zu zeigen, daß ihr auch das Schelmische. Neckische gut austeht. Die Duette: „Ave Maria", „der Spielmann" und „Frühlingsblumen" berührten äußerst angenehm, um so mehr, da Violine und Klavier in guten Händen lag. In ihrem Herrn Gemahl hatte die Sängerin einen Begleiter gefunden, der es versteht, wie man begleiten soll, der die Sängerin heben, tragen und führen und wo es gilt veredelt hilft, er Ist Meister seines Instruments. Ueber die künstlerischen Leistungen des Herrn Beißer noch wettere Worte zu verlieren, halten wir für nicht angebracht, da der Herr ja wiederholt bei den verschiedensten Veranstaltungen gezeigt hat, daß er Herr seiner Violine ist und es versteht, sie weinen und lachen zu machen. — Alles in allem hat der Gesangverein Concordia gezeigt, daß er sich angelegen sein läßt, in der Pflege des deutschen Liedes Sprosse um Sprosse auf der Leiter der Kunst empor zu klimmen. Wer den Werdegang des Vereins seit Jahren beobachtet, der wird neidlos anerkennen müssen, daß er fleißig ge-