568

arbeitet hat und daß seiner Arbeit auch die Früchte redlichen Strebeus geworden find die Anerken­nung aller. Wünschen und hoffen wir, daß der Verein Eoncordia ihren rührigen Vorstand und ihre« unermüdlichen, tätigen und künstlerischen Dirigenten recht lange behalten möge, dann wird es leicht sein, vm die Palme des Sieges zn ringen.

-j- Calw 6. Juni. Bei der gestern vorgenommenen Ergänzungswahl zum Kirchengemeinderat haben von 983 Wahlberechtigten 110 abgestimmt. Am meisten Stimmen erhielten und find somit gewählt: Baurat Br etschneid er mit 102 Stimmen. Privatier L. Schüz mit 101 St. Stadtpfleger Dreher mit 96 St. Kaufmann Jenisch mit 94 St. Oberamtsrichter Hölder mit 77 St.

* Calw 6. Juni. Am Samstag mittag entlud sich um V-2 Uhr ein schweres Gewitter über der Stadt. Dasselbe war mit Hagel ver­bunden, so daß der Boden zeitweise ganz mit Schloffen bedeckt war. In der Stadt selbst war die Wirkung weniger heftig, dagegen um so mehr auf den Feldern in der Richtung nach Neu- und Althengstett. Der verursachte Schaden ist glück­licherweise nicht so groß, wie anfangs vermutet wurde. ES wurden zwar viele Blätter abge­schlagen und die Gartenpflanzen zerfetzt, aber die Obstbäume und das Getreide sind noch gut weggekommen.

Calmbach 4. Juni. Hier erschoß sich gestern abend der Schreinermeister Funk, 60 Jahre alt, hinter dem Haus. Er lud die Pistole mit Wasser und schoß sich in den Mund.

Tübingen 5. Juni. In Sachen der Untersuchung wegen des Walddorfer Totschlages verlautet zuverlässig, daß der verhaftete Fabrik­arbeiter Welsch, nachdem er sich von seinen Kameraden bloßgestellt sah, ein Geständnis ab­gelegt hat. Seine Rauflust habe ihn dazu ge­bracht, die beiden Wetze! niederzustechen. Da­bei der Tat gebrauchte Stiletmeffer will Welsch einige Stunden vorher beim Ringspielstechen gewonnen haben. Er dürste anfangs nächsten Monats vor das Schwurgericht gestellt werden.

Stuttgart 5. Juni. Bei der gestern erfolgten Eröffnung der 9. Fachausstellung deutscher Flaschner- und Jnstallateur- innungen ließ sich der König durch den Herzog Robert vertreten. Ferner wohnten dem Eröffnungsakt an die Minister v. Pischek und v. Marchtaler, Staatsrat v. Mosthaf, Kammerpräsident v. Paper, die Vorstände der Handwerks- und der Handelskammer und Ver­treter der Stadtverwaltung. Minister v. Pischek hielt eine Ansprache, in welcher er betonte, daß die Ausstellung Zeugnis ablegen soll von dem

ernsten Vorwärtsstreben des deutschen und vor­nehmlich auch des württembergischen Flaschner- und JnstallateurgewerbeS, von den vielseitigen Fortschritten in unserem Beleuchtungs- und Heizungswesen, der Elektrotechnik, der Bade- und sonstigen häuslichen Einrichtungen und endlich auch von dem Verständnis und der Kunstfertigkeit so manches wackeren und ehren­werten deutschen Handwerksmannes. Nachdem Herzog Robert die Ausstellung für eröffnet erklärt hatte, dankte der Vorsitzende des allgemeinen Deutsches Verbandes Tuch-Nürnberg dem König für die Uebernahme des Protektorates und allen denjenigen Kreisen, die zum Gelingen der Aus­stellung beigetragen. In dar von dem Redner auSgebrachte Hoch auf den König stimmten die Anwesenden freudig ein. Unter Führung des Obermeisters Lorenz -Stuttgart, der au« Anlaß der Eröffnungsfeier den Friedrichsorden II. Klaffe erhalten, trat Herzog Robert in Begleitung der Minister usw. einen Rundgang durch die Aus­stellung an.

Stuttgart 4. Juni. (Kriegsgericht.) In der Frühe des 21. April marschierte die 3. Kompagnie des Jnf.-RegtS. Nr. 125 die Königstraße hinunter. Bei der Fürstenstraße durchkreuzte der I8jähr. Telegrammträger Bauer im Laufschritt die Kompagnie, wobei er von dem im ersten Glied marschierenden Sergeanten Bay mit dem Gewehr einen Schlag auf den Kopf erhielt. Der Hauptmann wollte Bauer an der Durchkreuzung verhindern, er machte mit dem Degen eine abwehrende Bewegung und rief Bauer zu, hier sei kein Durchgang. Der Tele­grammträger stutzte einen Augenblick und sprang dann hindurch. Er erlitt durch den Schlag eine zwei bis drei ein lange Verletzung an der Stirne und war elf Tage dienstunfähig; es war eine Eiterung hinzugetreten. Der Vorfall wurde in der Presse besprochen und war auch Gegenstand einer Interpellation in der Abgeordnetenkam­mer. Der Abgeordnete Dr. Bauer hatte eine Anfrage an den Minister der Auswärtigen An­gelegenheiten eingebracht, in der es heißt:Was gedenkt der Minister zu tun, um eine Bestrafung des Schuldigen herbeizuführen und dem Ver­letzten Schmerzensgeld und Schadenersatz zu ver­schaffen?« Gegen Sergeant Bay wurde Anklage wegen vorsätzlicher Körperverletzung erhoben. In der heutigen Verhandlung vor dem Kriegsgericht machte der Angeklagte geltend, er habe den Tele- grammtrager mit seinem Gewehr nur aufhalten wollen, absichtlich geschlagen habe er nicht. Die militärischen Zeugen konnten über die Art und Weise, wie die Verletzung entstanden ist, keine entscheidende Angabe machen. Zwei Postunter­bedienstete, die den Vorfall mitangesehen haben,

hatten den Eindruck, daß der Angeklagte den Tele­grammträger absichtlich geschlagen hat. Sie be­zeugten, daß dieser den Schlag erhalten habe, als er sich umgeschaut und schon außerhalb des Gliedes befunden habe. Bei der Verhandlung kam zur Sprache, daß hier vielfach der Bestimmung, daß auf dem Marsch befindliche Truppenabteilungen nicht durchkreuzt werden dürfen, entgegengehandelt werde. Der Vertreter der Anklage beantragte, den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körper­verletzung zu 3 Wochen Gefängnis zu verurteilen. Das Kriegsgericht hielt vorsätzliche Körperver­letzung nicht als erwiesen und verurteilte Bay nur wegen fahrlässiger Körperverletzung durch unvorsichtigen Waffengebrauch zu 5 Tagen ge­linden Arrest.

Backnang 4. Juni. Das am Donners­tag Nachmittag hier niedergegangene schwere Hagelwetter hat auf Markung Backnang er­heblichen Schaden angerichtet. Zehn Minuten lang fielen die Schloffen in der Größe von Tauben­eiern und Haselnüssen, sodaß man haufenweise die Schloffen auf den Straßen zusammenkehren konnte. In den Gärten, an den Ostbäumen und auf den Feldern wurde großer Schaden angerichret. Zum Teil ist die halbe Ernte vernichtet. Auch auf Gemarkung Allmersbach und Lippoldsweiler sowie Unterweiffach hat das Unwetter schwer gehaust. Die gleichen Meldungen kommen aus Affolterbach, Kirchberg a. d. Murr, Rielingshausen, Erbstetten, Burgstall, Ober-, Mittel- und Unter­schöntal und ganz besonders aus Weiler z. Stein und Siegelhausen, wo sogar Fensterscheiben zer­trümmert wurden. Der Gesamtschaden ist noch nicht abgeschätzt, doch dürfte er aller Voraussicht nach sehr hoch sein.

Geislingen a. St. 4. Juni. Das bis­herige Ergebnis der Sammlungen für die Abgebrannten in Böhmenkirch ist weit hinter den gehegten Erwartungen zurück­geblieben. Es wird deshalb seitens de» Hilfs­komitees für die Abgebrannten in Böhmenkirch dringend ersucht, die Sammlung der Liebesgaben fortzusetzen; auch werden Hauskollekten warm empfohlen, da solche erfahrungsgemäß in vielen Fällen ein gutes Ergebnis hatten. Die Größe des Bedarfs an Mitteln erhellt am deutlichste« aus folgenden Zahlen: Die Entschädigungssumme für die 87 abgebrannten Haupt- und Neben­gebäude beträgt 264000 die Kosten zum Wiederaufbau der Häuser, der in einfachster Bauweise erfolgt, belaufen sich auf mindesten» 570000 sodaß sich hierbei ein Defizit von 306000 ^ ergibt. Die Entschädigungssumme für den Mobiliarschaden beträgt 174000 dem­gegenüber stellt sich der nicht entschädigte Schaden auf 52 000 sodaß damit die Unzulänglichkeit

Der Bilwitzschneider.

Erzählung von Jos. Baierl ein.

(Forts-tz««g.)

ES geschieht ja nur wegen dir und deinem Glück," hatte er ihr zu­geflüstert. Denn wenn Fritz die Hilfslehrerstelle in Vohenstrauß au»- schlagen müßte, verzögerte sich seine Kuriere noch länger und damit natur- notwendig die Erfüllung von Babette» Sehnsucht, recht bald als glückliche Frau an de« Geliebten Seite schalten und walten zu dürfen. Der Tochter Glück wollte also der Förster durch sein großmütiges, entsagungsvolles Opfer gründen und beschleunigen, aber ach! ohne es zu ahnen, be­reitete er damit sich und dem Mädchen nur eine schreckliche Enttäuschung, herbe Seelenkämpfe und die Schmerzen eine» gebrochenen verzweifelnden Herzens. Wie verabredet, brach Fritz am Morgen des nächsten Tages nach Weiden und Amberg auf. Der Förster händigte ihm das abquittierte Sparkassenbuch ein, so daß der Aushändigung des Geldes kein Hindernis im Wege stand, und begleitete ihn mit Babette bi» vor die Haustür. Dort nahmen die Liebenden Abschied von einander, keinen traurigen, sondern einen freudig hoffnungsvollen Abschied. Sollte doch die Trennung nur drei höchstens vier Tage dauern; dann kehrte Fritz mit seinen Ein­käufen wieder zurück ins Dorf. Dort vor der Haustür im Beisein des Vater» drückte der Lehrerssohn auch seinen Mund zum ersten Mal auf die keuschen Lippen de« Mädchens. Es war der erste und der letzte

Kuß, den Babette von ihm empfing.-

Fritz wandert« mit den besten Vorsätzen der Nabniederung und der Stadt Weiden zu. Er hatte im Sinne, auf dem Wege recht zu sparen, nur das notwendigste zu genießen und keinen unbekannten Menschen merken zu lassen, daß er Geld bei sich trage. Auf der Sparkasse machte man ihm nicht die geringsten Schwierigkeiten. Er bekam hundertzwanzig Mark in Gold ausbezahlt und dazu noch eine Kleinigkeit in Silber- und

Nickelmünzen als Betrag der bis zum Abhebungsatge aufgelaufenen Zin­sen. So viel Geld hatte er in seinem Leben kaum noch auf einem Hau­fen beisammen gesehen, geschweige denn in seinem Besitz g'habt. Als er das blinkende Geld vom Zahllisch herab in die Hand strich, um es in die Börse zu versorgen, lief ihm ein Schauer über den Leib, daß ihm die Finger zitterten. Das alle» war sein!" Er, der bis zur Stunde nur dann und wann über wenige Groschen verfügt hatte, war Herr diese» Geldes! Wie über sich selbst hinausgehoben, wie ausgewechselt kam er sich vor, und als er die Börse in die Tasche steckte, hob seine Brust ein tiefer Atemzug, und in seinen Augen glühte ein Helle» Feuer. Obwohl er diesen Morgen schon einige Stunden marschiert war, fühlte er im Zustand einer solchen selischen Erregung doch weder Müdigkeit noch da» Bedürfnis nach Speise und Trank. Deshalb hielt er sich in Weide« nicht länger auf, sondern reiste ohne Verzug weiter. Seine Absicht war, noch am nämlichen Tage Amberg zu erreichen, und da diese Stadt nur zwölf Stunden von seinem Heimatsdorf entfernt liegt, stellte das Vor­haben an einen gesunden und ausdauernden Fußgänger keine allzu großen Anforderungen.

Allein Fritz Steiner hatte seine Kräfte überschätzt. Abgesehen davon, daß die Gemütserregung, in die er durch den Geldewpfang versetzt worden, bald nachließ, und einer mit körperlicher und geistiger Ermattung ver­bundenen Reaktion Platz machte, befand man sich doch im Hochsommer; die Sonne sandte vom wolkenlosen Himmel herab feurige Pfeile, und von des Wanderers Stirne troff der Schweiß. Zudem hatte er auch kein Mittagsmahl eingenommen, sondern sich auf dem ganzen Wege mit einigen Bissen Brot begnügt. Das rächte sich jetzt, denn als die Schatten de» Abends herabsanken und der unter der glühenden Hitze schmachtende« Erde Kühlung brachten, war Fritz so müde, daß er kaum mehr die Füße heben konnte. Er sehnte sich nach Ruhe und Labung und war herzlich froh, Hirschau zu erreichen, wo er nächtigen konnte.

(Fortsetzung folgt.)