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die AuSführungSbestimmungen seien in einem Sinne gehalten, der der Tender; de» Gesetzes und der da­zu beschlossenen Resolutionen entspreche. Er be­antrage, den Entwurf an den Finanzausschuß zu verweisen. Der Abg. Gröber (Ztr.) erklärte, der Entwurf enthalte bedeutende Mehrforderungen, die in Zukunst noch erheblich wachsen werden. Das Gesetz sei in wichtigen Teilen gegen die Stimmen seiner Partei beschlossen, nun aoer rechtsverbindlich geworden. Daraus letten auch seine Freunde die Verpflichtung ab, von dem Boden des neuen Gesetzes aus zu prüfen und mit zu entscheiden, welche Mehr­ausgaben als notwendig anzuerkennen find. Dieser Verpflichtung entziehe sich seine Partei nicht, wenn sie auch ihren grundsätzlichen Standpunkt nicht auf­gebe. Die Abgg. Hieb er (D.P.), Schrempf «B.K.) und Heymann (Soz) erklärten sich mit der Beratung im Finanzausschuß einverstanden. Auf Einzelheiten einzugehen, wäre jetzt nicht rötlich und nicht zweckmäßig. Minister v Fleischhauer er­kannte dankbar an, daß die Vollzugsbestimmungen in der Oeffentlichkeit eine günstige Aufnahme ge­funden haben. Daß man im einzelnen verschiedener Meinung sein könne, liege in der Natur der Sache. Hervorzuheben sei, daß von der Nachtragsforderung '/- dazu bestimmt seien, die Lasten der Gemeinden zu erleichtern. Bei der Forderung handle es sich um eine Kapitalanlage, die ihre Früchte in der Ver­besserung der Volksschnlbildung tragen werde. (Zu­stimmung.) Der Antrag Löchner wurde angenommen. Frhr. Pergler v. Perglas (B.K.) berichtete über einen Nachtrag zum Etat, worin zum Bau einer zweiten Donaubrücke zwischen Ulm uud Neuulm an einem Staatsbeitrag in Gesamthöhe von 250000 als erste Rate 125000bewilligt werden sollen. Die Regierung hatte 281000 gefordert. Die Abg. Wieland (D P.) und Ströbel(BK-) befürworteten den KommisfionSantrag. Ströbel wünschte noch die Abschaffung des Pflastergelds in Ulm, das e!ne veraltete einer modernen Stadt un­würdige Einrichtung sei. Der Kommisstonsantrag wurde angenommen. Ueber den Nachtrag zum Etat betreffend die Erbauung zweier neuer Lehrer­bildungsanstalten berichtete an Stelle des Abg. v. Gauß der Abg. Dr. Hieb er. Die Kom­mission beantragte, von jeder der beiden Forder­ungen 25000 abzusetzen und für das neue evang. Seminar in Heilbronn 955 000 uikd für das kalh Seminar in Rottweil 965000 M zu bewilligen. In der Debatte wurde begrüßt, daß das Internat im allgemeinen beibehalten und nur bei dem ältesten Jahrgang der Seminaristen das Externst zugelassen werden soll. Im übrigen wurde eine Reihe lokal-r Wünsche vorgebracht die Abg. Graf (B.K.) und Storz (V.) sprachen ihre Ent­täuschung darüber aus, daß das evang. Seminar trotz früherer Versprechungen nicht nach Heidenheim verlegt werde, und baten um Berücksichtigung dieser Stadt bei einem später etwa notwendig werdenden wetteren Seminar. Die Einlösung eines Wechsels auf die Zukunft wünschten auch die Abg. Dr. Nübling (B.K.) für Münfingen und Re mb old (Ztr.) für Aalen, während Betz (V.) für Heilbronn eiittrat. Minister v. Fleischhauer wandte sich gegen den Abstrich von 25000 Der Kom­misfionSantrag betr. Hetlbronn wurde dann an­genommen.Preisend mit viel schönen Reden" empfahl der Abg. Maier (Z.) die Vorzüge Rott- weilS, während die Abg. Schach, Graf-Stuttgart nnd Echaible die Erbauung des kath. Seminars

in Rotteuburg beantragten. Haußmann (V.) betonte, die Annahme des Antrags Schach hätte eine Bauverzögerung um ein Jahr zur Folge, da die Pläne für Rottweil schon fertiggestellt feien. Liesching (B ) vertrat die Anficht, daß die be­willigte Summe genüge. Die Regierung müsse da­mit auSkommen. Er sei für Rottenburg. Dr. v. Kiene (Z) wies darauf hin, daß der Abstrich nicht ins blaue hinein erfolgt sei. Der Einheits­preis von 17 statt 17'/- für den Kubikmeter sollte möglich sein. Finanzmintster v. Getzler trat dieser Auffassung entgegen. Minister v. Fleischhauer hob hervor, daß der kath. Kirchen­rat als Oberschulbehörde fich stets für Rottweil ausgesprochen habe. Die Klause in Rottenburg sei zur Aufnahme von Seminaristen nicht geeignet, auch stehe sie der Eisenbahnverwaltung zur Ver­fügung. Ausschlaggebend sei der von Haußmann angeführte Gesichtspunkt. Der Notstand des Lehrer­mangels sei so groß, daß er für eine Verzögerung der Erbauung die Verantwortung nicht tragen möchte. Nachdem dann noch die Abgg. Keßler (Ztr.), Löchner (V.) und Graf (Z.) für Rotten­burg eingetreten waren, wurde der Antrag Schach mit 42 gegen 37 Stimmen abgelehnt und der Kommissionsantrag angenommen. Morgen kleinere Vorlagen.

Feuerbach 31. März. Ein aus Groß­sachsenheim gebürtiger Tunnelarbeiter namens Grau ist heute Nacht vor der Wirtschaft zur Post" von einem anderen Arbeiter erstochen worden. Letzterer wurde yerhaftet.

Heilbronn 31. März. Pfarrer Gonser aus Heilbronn, seit 7 Jahren in Berlin als Generalsekretär des Deutschen Vereins gegen den Mißbrauch geistiger Getränke, hat vom Kgl. preußischen Kultusministerium das Patent erhalten, das ihmmit Rücksicht auf anerkennenswerte wissenschaftliche Leistungen das Prädikat Professor verleiht". Die Bedeutung dieser in Preußen seltenen Verleihung liegt vor allem darin, daß damit eine offizielle Anerkennung der Tätigkeit ausgesprochen wird, die der Deutsche Verein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke leistet. Die Zahl der Mitglieder ist seit Gonsers General­sekretariat von 15 656 auf 34 618 angemachsen, die Zahl der Bezirksvereine von 85 auf 208, die Auflage der Mäßigkeitsblätter von 16 000 auf 32500, und dementsprechend auch die Zahl der Beamten der Geschäftsstelle von 4 auf 16, sowie das Ausgabenbudget von 35 500 -^7 auf 112500 Außerdem ist während dieser Zeit dieInternationale Vereinigung gegen den Miß­brauch geistiger Getränke" gegründet worden, deren Organisation von Gonser geschaffen und deren Geschäftsführung ihm übertragen worden ist.

Eßlingen 31. März. Gestern mittag begegneten sich zwei getrennt lebende Eheleute zwischen 12 und 1 Uhr auf der Pliensaubrücke. Zuerst entstand eine solenne Keilerei zwischen beiden, dann zog die schwächere Hälfte einen scharf geladenen Revolver aus der Tasche und legte auf den erschrockenen Ehemann an. Glück­licherweise waren zwei Schutzleute in der Nähe, die ihr die Mordwaffe entwanden, ehe sie größeres

Unheil anrichtete. Gewissermaßen zur Vorübung hatte die liebenswürdige Dame schon morgen« die Mutter ihres Mannes auf der Straße ordent­lich durchgehauen.

Reutlingen 31. März. Die Heils­armee, die in unserer Stadt schon seit einer Reihe von Jahren festen Fuß gefaßt hat, trat in letzter Zeit wiederholt mit Bittgesuchen für ihre Sache an die Stadtverwaltung heran. In dem einen Falle handelte es sich um die Erlaubnis zu einer Hauskollekte während der Verleugnungs­woche, die nicht versagt wurde, aber es hat der Gemeinderat ausgesprochen, daß dem Unfug des nächtlichen Singens und MusizierenS in den Wirtschaften mit allen gesetzlichen Mitteln zu begegnen sei, da durch die ausübenden weiblichen Personen sittliche Gefahren zu besorgen find, die nicht ungeachtet bleiben dürfen. Ein anderer Fall war begründet in einem Gesuch, den in größerer Anzahl von auswärts kommenden Offi­zieren und Soldaten der Heilsarmee den Zug mit Musik vom Bahnhof zum Stadtgarten und die Abhaltung einer öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel zu gestatten. Diese Er­laubnis wurde mit Rücksicht auf den zu befürchten­den Menschenauflauf, wie er durch den eigen­artigen Aufzug eintreten könnte, nicht erteilt.

Gaildorf 31. März. Der frühere Leiter des Vanderbiltschen Waldbesitzes in den Ver­einigten Staaten, Oberförster Dr. Schenk, ist zur Zeit Direktor einer Forstakademie, die unter dem Namen Biltmore Forest School bekannt ist. Er befindet sich seit einiger Zeit mit 25 Studie­renden dieser Anstalt in Europa und ist gestern hier eingetroffen, um die Forstanlagen der Gräf­lich Pückler-Limpurgschen Herrschaft zu studieren. Unter sachkundiger Führung durchstreiften die Amerikaner das Revier. Auch einige Forstleute aus Hessen und Baden nahmen an der Exkursion teil. Wie derKocherbote" berichtet, haben die Teilnehmer der Biltmore Forest School demnächst ihr Studium in Deutschland beendet und werden in kurzem nach den Vereinigten Staaten zurück­kehren.

Pforzheim 31. März. In Weißen­stein sind gestern abend das zweistöckige Gast­haus zumLamm" und eine Scheune vollständig niedergebrannt. Das Feuer ist aus bisher unbekannter Ursache im Dachstock des Gasthause» ausgebrochen. Viel Mobilar ist mitverbranut. Die Leute sind nur zum Teil versichert.

Von der bayrischen Grenze 31. März. Pferdehändel führen leicht zu Prozessen, die aber nicht immer so glatt und so billig erledigt werden, wie es bei dem Gast­wirt Karl Grailin Schönebach und dem Bauern Sebastian Scheibenbogen von Aretsried der Fall war. Der Gegenstand des Rechtsstreites war zudem noch derart, daß er jeden Pferde­besitzer interessieren wird. Scheibenboge» hatte dem Grail im Dezember ein Pferd um 400 ^

aus dem Wagen und begrüßte sich herzlich mit seinen Leuten und Beamten, hier die Hand schüttelnd, dort einen Scherz machend.

Wie familiär", dachte Herta ungeduldig; sie selbst hatte nur ein steifes Kopfnicken für alle. Sie war müde und abgespannt von der Reise durch die Nacht, von den Tagen in Berlin, die sich aus Einkäufen, Theater-Vorstellungen und langen Beratungen, mit dem Wiener Schneider zusammengesetzt hatten.

Liebe Herta", sagte ihr Mann,ich glaube kaum, daß du Gelegenheit haben wirst, alle diese Toiletten auf dem Lande zu tragen. Die Damen unserer Gutsnachbarn gehen gut, aber einfach gekleidet."

Mein Gott, ich kann aber doch nicht wie eine Magd angezogen sein!" rief sie ungeduldig.Ueberlasse es mir, in solchen Dingen brauche ich keinen Rat, mein Geschmack ist maßgebend."

Ein zweiter Wagen brachte die Rohrplattenkoffer und Schließkörbe der jungen Frau. Auf der Hochzeitsreise nach Italien hatte sie für ihr Atelier kostbare Traperien und Stoffe, antike Waffen und Statuetten gekauft, und ohne zu murren, bezahlte Randen die hohen Rechnungen. Er war zu sehr grand Seigneur, um ein Wort darüber zu verlieren. Es machte ihn glücklich, das Füllhorn seines Reichtums über das Haupt der geliebten Frau auszuschütten. War er ihr in den Wochen ihrer Ehe näher gekommen? Hatte sein heiße» Werben um ihre Liebe eine Antwort gefunden? Wenn es ihm zuweilen so erschien, so kamen doch gleich darauf Zweifel, und er fragte sich, ob e» ihm gelingen würde, die schlummernde Psyche zu wecken. Er wollte nicht verzagen, nicht mutlos werden, sein Bestes daran setzen, die ihn so oft verletzende Kälte in warm pulsierendes Leben zu verwandeln. Schon die lange Entfernung von der geliebten

Heimat war für Friedrich Randen schwer zu ertragen. War er doch mit Leib und Seele Landwirt. Hing er doch mit jeder Faser seines Herzen» an der Stätte, an die sich seine frühesten Erinnerungen knüpften. Herta schien es nicht eilig zu haben, die Bekanntschaft ihres Heims zu machen. Sie wünschte noch länger umherzureisen und schmollte, als ihr Gatte ihr ernst, aber freundlich erklärte, daß er nicht länger von Schloß Randen­hagen fern zu bleiben gedenke.

Du hast doch deinen Verwalter, der dich vertritt," meinte sie. Bitte, laß uns doch die Reise nach dem Schwarzwald machen und die Rennen in Baden-Baden mitnehmen."

Sie legte den Arm um ihn. Wenn es galt, ihren Willen durch­zusetzen, konnte sie es. Er schwankte einen Moment, dann sagte er aber fest:Nein, es bleibt dabei, wie ich sagte, meine Arbeit wartet auf mich. Ich sehne mich nach der gewohnten Tätigkeit; wir kehren Mitte Mai nach Randenhagen zurück."

ES war das erste Mal, daß sein Wille den ihren kreuzte und ihn beugte. Sie sah ihn erstaunt an. Eine Ahnung, daß es ihr doch nicht in allen Dingen gelingen werde, ihn nachgeben zu sehen, drängte sich ihr auf. Da versuchte sie es mit Schmollen. Aber entweder bemerkte er e» nicht, oder er hatte fich meisterhaft in der Gewalt, seine gleichmäßige Freundlichkeit und Rücksichtnahme blieb dieselbe.

Jetzt reichte Randen seiner Fra« den Arm und führte sie durch sein elterliches Haus. Selbst Herta» Ansprüche waren befriedigt durch die schöne, gediegene Einrichtung der hohen Zimmer. Ihr Mann hatte keine Kosten gescheut, um sein stattliche« Heim für sein geliebtes Weib würdig zu schmücken. (Forts, folgt.)