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Breitag, -en 1. April 191V.
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Tagesueuigkettev.
* Calw 1. April. Seit den herrlichen Ostertagen ist ein empfindlicher Temperaturwechsel eingetreten. Vorgestern und gestern herrschte ein Schneetreiben wie mitten im Winter, die Landschaft zeigt ein weißes Schneefeld. Das Thermometer ist unter den Gefrierpunkt heruntergegangen, heute früh hatten wir — 5 Grad Celsius. Von sehr vielen Gegenden, besonders aus Bayern und aus allen Teilen Oesterreichs und Ungarns wird starker Schneefall gemeldet, wodurch an den dortigen Obstkulturen großer Schaden angerichtet wurde. Auch bei uns haben die Frühobstbäume, namentlich die Aprikosen und frühe Birnen gelitten und ein weiterer Schaden ist bei den Obstbäumen durch eingetretene Stockung in der Entwicklung der Knospen zu erwarten.
* Calw 1. April. Das früher Bäcker Hammer'sche Haus in der Nonnengaste wurde von einem auswärtigen Bäcker um 8000 ^ erworben. — Gärtner Mast hat einen an der breiten Heerstraße gelegenen 34 a großen Acker um 900 ^ aus einer Pflegschaft Kober in Stammheim gekauft.
Calw 31. März. Eine unangenehme Erscheinung tritt gegenwärtig bei den Jubiläumsfeiern mancherGesangvereine auf. Die festgebenden Vereine wollen ihrer Feier einen besonderen Glanz verleihen, indem sie mit der Jubiläumsfeier oder Fahnenweihe einen internationalen Wettgesang mit Geldprämien verbinden. Diese Neuerung ist nicht in Württemberg entstanden, sie ist in letzter Zeit hauptsächlich durch badische Vereine hereingetragen worden. Gegen diese Unsitte, die den Gesang der Männergesangvereine von ihrem idealen Standpunkt herunterzerrt und der Geldmacherei Vorschub leistet, hat der Schwäbische Sängerbund ganz energisch Front gemacht. Im vorigen Jahr wollte der Gesangverein „Edelweiß" in Stuttgart einen derartigen
Wettgesang veranstalten und stellte dabei lohnende Geldpreise in verlockende Aussicht. Der Schwäbische Sängerbund hat hierauf in einem Rundschreiben an seine Mitglieder von der Beteiligung dringend -abgeraten und so kam es, daß der Verein „Edelweiß" keinen Wettgesang veranstalten konnte. In diesem Jahr probiert es dieser Verein noch einmal und hoffentlich wieder mit negativem Erfolg. In unserer Nähe, in Calmbach, plant ebenfalls ein Gesangverein für dieses Jahr einen Gesangswettstreit mit Ehrenpreisen, goldenen und silbernen Medaillen und Geldprämien. Wie bei einer Lotterie wird auch hier mit der Aussicht auf einen größeren Geldbetrag auf die Geldsucht der Sänger spekuliert. Es soll nicht mehr das Wort gelten: „Wir singen nicht um Gut und Geld und nicht um eitle Pracht, nein, das, was uns zusammenhält, das ist der Töne Macht." Der Gesang wird erniedrigt in den Dienst des Gelderwerbs und in den alltäglichen Strudel des Lebens hineingerissen. Die hohen Ziele und Ideale der Gesangvereine verschwinden, die Hiebe zum Gesang weicht dä^GeiLe und «Ewird das Sängerleben an Poefi«. -Es ist Zei§ daß sich gegen Wettgesänge mit Geldpreisen in allen Gesangvereinen, wo die Lust und Liebe zum Gesang noch in freiem Herzen blüht, sämtliche Mitglieder auslehnen und Einladungen von spekulativen Vereinen grundsätzlich außer Acht lassen. Wenn die Männergesangvereine ihre Stellung im Volksleben bewahren sollen, so muß gegen diese Auswüchse energisch vorgegangen werden. Der Männergesang darf sich nicht in den Dienst des Geldes stellen, er mutz sich erheben über das alltägliche Leben und nur auf Veredlung des deutschen Liedes und auf Pflege der geselligen Unterhaltung unter allen Berufsarten- bedacht sein: Es muß bei ihm wie früher so auch heute heißen: „Ich finge wie der Vogel singt, der in den Zweigen wohnet, das Lied, das durch die Kehle dringt, ist Lohn, der reichlich lohnet."
Calw 1. April. Unter Bezugnahme auf die im Wochenblatt vom letzten Dienstag erschienene Notiz aus Althengstett über einen versuchten Angriff auf einen „Wanderer" durch einen Unbekannten, teilt uns Hr. Schultheiß Braun aus Althengstett, mit, „daß nach den gemachten Erhebungen die Sache völlig aus der Luft gegriffen zu sein scheine oder auf eine krankhafte Erscheinung (VersolgungSwahn) zurückzu- fiihren sei." Sollte dies nicht der Fall sein, so ersucht Hr. Schultheiß Braun, den Einsender jener Notiz „den versuchten Ueberfall bei der Polizeibehörde zur Anzeige zu bringen, damit man den nach der Ansicht des Artikelschreibers in hiesiger Gemeinde spärlich vertretenen zweifelhaften Elementen auf den Leib rücke."
(Wir überlasten es dem Schreiber jener Notiz — dem die Sache- selbst passiert sein soll — hierauf Antwort zu geben. Red. d. Wochenbl.)
! Stuttgart 31. März. Bei der heutigen Etatsberatung.der bürgerlichen Kollegien erklHe Oberbürgermeister v. Gauß, er werde mitMer Tatkraft die Wasserversorgung-, die SchwemmkanalisationS- und 'die Markthallenfrage behandeln. Er könne aber keinen Termin angeben, bis zu dem diese wichtigen Aufgaben gelöst werden könnten, weil eS darauf ankomme, wie groß die Widerstände seien und innerhalb welcher Zeit sie überwnnden werden könnten. Er könne deshalb auch nicht erklären, ob er die Wasserversorgung noch selbst durchführen werde. Immerhin sei es sein Wunsch, von diesen Arbeiten soviel wie möglich zum Abschluß zu bringen und man möge e« ihm glauben, daß er nicht fahnenflüchtig werden wolle.
Stuttgart 31. März. In der Zweiten Kammer erklärte sich heute der Minister de» Innern v. Pischek bereit, die Anfrage der Abgg. Kraut und Gen. in der ersten Sitzung der nächsten Woche zu beantworten. Bet Beratung des Nachtragsetats zur Ausführung des Volksschulgesetzes führte der Sbg. Löchner (Vp.) aus.
Bernhard von der Elche.
Roman von Baronin Gabriele v. Schlippenbach.
(Fortsetzung.)
Ine» war begeistert. Sie malten sich ihr zukünftiges Paradies au». Die Trennung sollte diese» Mal lang sein, aber nachher kam da» glückliche Beisammensein der Geschwister. Dieser Gedanke half ihnen über den Abschied hinweg.
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Schloß Randenhagen hatte sich zum Empfang seines von der Hochzeitsreise heimkehrenden Herm und seiner jungen Frau geschmückt. Von der Zinne des runden Turmes wehte die schwarz-rote Fahne mit dem freiherrlichen Wappen. Das schwere Fahnentuch bauschte sich im Winde und flatterte hin und her. Grüne Guirlanden schmückten das Portal. GS war mittlerweile Lenz geworden. Frisches Grün sproßte allenthalben und um die schmiegsamen Birkenäste wehte es wie lichtgrüne Schleier. Eine stattliche Buchenallee führte zum Herrenhause. ES war ein großes, i« Viereck erbautes Gebäude, ohne architektonische Schönheit aber solide und wohnlich. Die dicken Mauern boten Schutz gegen die kalten Winde, die im Herbst und Winter von der See herüberwehten. Man konnte dann ihr wildes Tosen und den Anprall der Wellen gegen die hohe Düne hören.
Voller Erwartung standen die Beamten und die Dienstboten vor dem Schloß. Heute kam die junge Fra«, die der Herr Baron erwählt. Lange hatte er als Junggeselle gelebt ; nun änderte sich alle» mit einem Schlage.
„Wie würde es werden?"
Das dachten sie alle, die bisher gewohnt gewesen waren, Randen als alleinigen Herrn anzusehen. Die meisten von den anwesenden Leuten hatten seit Jahren in seinem Dienst gestanden. Sie hatten schon dem verstorbenen Besitzer gedient ; treue Anhänglichkett band sie an den Sohn.
Am Ende der Allee wmde der Landauer sichtbar, der von zwei schon etwas alten Braunen gezogen wurde. Auf dem Bock lenkte Christian, ein Graukopf, das Gespann, das in gemächlichem Trabe über den Kies des Weges rollte. Neben dem alten Kutscher saß der ebenso betagte Diener. Beide steckten in einer ziemlich abgetragenen grauen Livree, mit silbernen Litzen und Knöpfen.
„Ein recht schäbige« Fuhrwerk", dachte Herta, als sie in den mit verblaßten blauen Seidenpolstern versehenen Wagen einstieg, „und wie häßlich ist diese graue Livree. Das muß ander» werden."
Auf der ganzen Hochzeitsreise war Randen der gehorsame Diener seiner Frau gewesen. Sie hoffte, daß sie ihn auch hier nach ihrem Willen lenken könne; sie fühlte sich ihm gegenüber al« Königin.
„Krischan", sagte der Diener Franz und stieß den alten Kutscher mit dem Ellbogen in die Seite, „wie gefällt dir die Gnädige? Sie ist ein bildsauberes Weib, he?"
„Kann sein", brummte der Graubart, „aber sie sieht stolz und hochmütig aus. Soll ja blutarm gewesen sein und kann sich freuen, sich hier in» warme Nest zu setzen. Na, wenn unser guter Herr nur glücklich wird, da» ist die Hauptsache; er verdient e» wahrhaftig."
Mt einer eleganten Biegung und einem lauten Klatschen seiner neuen Peitsche fuhr Christian vor das Schloß. Randen hob seine Frau