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Mann das Messer und stach es seinem Kameraden in die Brust. Der Stich traf die Lunge und war sofort tödlich. Der Erstochene war der ledige, 24 Jahre alte Schriftsetzer Haug.
Stuttgart 26. März. Nach Beendigung der Reparatur an ihrer Flugmaschine kamen die Brüder Vollmöller gestern zum erstenmal wieder auf den Cannstatter Wasen und unternahmen etwa ein Dutzend Flugversuche, die naturgemäß noch sehr das Anfangsstadium, in dem sich die beiden Aviatiker noch befinden, verrieten, aber im allgemeinen befriedigend ausfielen. Der Apparat legte in einer Höhe bis zu sechs Meter über dem Erdboden entfernt bis zu 300 Meter zurück. Die Zuschauermenge, die die Versuche angelockt hatten, war ungeheuer, nicht eben zur Freude der Aviatiker, die sich durch das Verhalten des Publikums zeitweilig sehr beengt sahen. Den Versuchen wohnten übrigens auch der Kriegsminister und der Kommandant von Stuttgart bei, die ein lebhaftes Interesse bekundeten. Nach den Erfahrungen, die man gestern auf dem Wasen machte, ist es kaum anzunehmen, daß die Brüder Vollmöller allzuhäufig ihre Flugversuche dort anstellen werden. Sie dürften sich vielmehr beizeiten ein anderes Flugfeld aussuchen, wo sie weder unter dem gutgemeinten, aber übereifrigen Interesse, noch unter der Rücksichtslosigkeit der Menschenmassen so zu leiden haben, wie auf den Neckarwiesen.
Backnang 28. März. Ern 17 Jahre alter Präparand aus Gönningen hat sich wegen einer dummen Liebesgeschichte in einem Gehölz nahe bei der Stadt mit einem Revolver zu erschießen versucht. Er wurde noch lebend aufgefunden und zu einer Operation nach Stuttgart ins Katharinenhospital geschafft, ist aber dort seiner Verletzung erlegen.
Tübingen 26. März. Vorgestern fuhr der erste Probezug mit Güterzugsmaschine und 20 beladenen Wagen von Pfäffingen über Unterjesingen-Ammern nach Tübingen- Westbahnhof. Wie die Tübinger Chronik feststem, ist die Einführung der Herrenberger Bahn in den Hauptbahnhof Tübingen auch fertig und mit der Schienenlage über den Damm im Neckartal begonnen. Es fehlt also nur noch das Gleis auf der kurzen Strecke von der Neckarbrücke und durch den fertigen Tunnel bis zum Westbahnhof. Mit der Eröffnung der Bahn auf 1. Mai d. I. kann also bestimmt gerechnet werden.
Freudenstadt 28. März. Dem Metzger Keck in Dornhan wurde die Ladenkaffe geplündert. Der Einbrecher ist ein Schreinerlehrling aus Hopfau. — In Marschalkenzimmern OA. Sulz hatten sich 3 Bürger ein Floß gebaut und wollten
damit im Weiher Karpfen einsetzen. Plötzlich ging ihr Fahrzeug aus dem Leim und alle drei fielen ins lltzaffer, das an der Stelle ziemlich tief ist. Einer blieb im Schlamm stecken und wäre ertrunken, wenn ihm nicht Hilfe geworden wäre. Die beiden anderen kamen aus eigener Kraft ans Land. Alle drei haben das Bad recht kalt gefunden, aber weiter keinen Schaden genommen.!
Schramberg 28. März. Ein Radfahrer fuhr dieser Tage abends eilig das Bernecktal herunter und tat einen bös aussehenden Sturz, der aber glimpflich ablief. Im Schrecken und Aerger über den Fall wurde der Radfahrer seines Stahlrosses plötzlich überdrüssig und bot es den teilnahmsvoll um in herumstehenden Personen zum Kauf mit der Erklärung, er werfe den Teufelskarren in die Berneck, wenn er ihn nicht gleich los werde. Im Spaß bot jemand 50 -Z und machte Miene, das Rad an sich zu nehmen, da bot ein anderer 2 ^ und nahm das billige Vehikel in Empfang. Der Radfahrer trollte sich mit dem Gelde und wird wohl am anderen Tage sich mit dem „Hans im Glück" verglichen haben, aber vergeblich.
Pforzheim, 26. März. Ein Unternehmer namen Wittmann führt seit einiger Zeit den Goldschmieden von den benachbarten Dörfern, die hier arbeiten, das Mittagessen von ihren Heimatorten hierher. Der dazu benützte, mit Heizung versehene Speisewagen ist am Donnerstag zwischen Stein und Bilfingen in Brand geraten und vom Feuer vollständig vernichtet worden. Der Schaden beträgt 800—1000
Hechingen 24. März. Die Propaganda für Einführung elektrischer Kraft und elektrischen Lichtes im Hechinger Bezirk ist auf wenig empfänglichen Boden gefallen. Die Anmeldungen zum Anschluß an die elektrische Ueberlandzentrale Herrenberg sind in Hechingen so spärlich erfolgt, daß die Verwirklichung eines elektrischen Netzes fast aussichtslos geworden ist. Nur 29 Teilnehmer haben sich gemeldet. Die meisten Gewerbetreibenden in Hechingen nahmen eine abwartende Haltung ein. Wenn auch auf dem Lande die Anmeldungen etwas günstiger ausfielen, so wurde doch die Mindestabnahme bei weitem nicht erreicht.
Berlin 26. März. Der Ausbruch des Aetna nimmt immer gefährlichere Ausdehnung an. Heute traf folgendes Telegramm von Ricco, dem Direktor des Aetnaobservatoriums, aus Borello ein: Wider Erwarten ist der Ausbruch des Aetna plötzlich mit erneuter Gewalt wieder erwacht. Es haben sich noch 9 neue Oeffnungen gebildet. Aus allen fließt Lava
in mächtigen Strömen hervor. Der westliche Hang des Aetna ist in lodernde Flamme» gehüllt. Ueber dem Monte San Leo teilte sich der Lavastrom. Ein Arm rückt auf Borello vor, der andere auf Nicolosi. Die Orte selbst sind bisher noch nicht bedroht, doch stehen Militärtransportwagen zur Aufnahme der Habseligkeiten der Bevölkerung bereit.
Berlin 26. März. Ein schweres Eisenbahnunglück ereignete sich heute früh gegen 7 Uhr in der Nähe des neuen Rangierbahnhofes Wustermark bei Spandau. Dort stießen zwei Güterzüge mit großer Gewalt aufeinander, so daß sie völlig ineinander geschoben wurden. 2 Bahnbeamte wurden gerötet und 4 leicht verletzt. Der Materialschaden ist bedeutend.
B erlin 27. März. Die Internationale Konferenz zur Bekämpfung des Mädchenhandels, die anfangs Mai in Madrid stattfinden sollte, ist, der Voss. Ztg. zufolge, bis Ende Mai verschoben worden. König Alfons hat den Wunsch geäußert, die Teilnehmer der Konferenz persönlich zu empfangen, will jedoch Anfang Mai zioei anderen Kongreffen in Valencia beiwohnen. Es erscheint aber nicht ausgeschloffen, daß die Konferenz noch später abgehalten wird, weil der Vorsitzende des spanischen Komitees, Infantin Eulalia, sich im Mai zu den argentinischen Jubiläumsfestlich- keiten nach Buenos Aires begeben will. Da auch die Prinzessin Ludwig Ferdinand von Bayern, die der Konferenz beiwohnen will, erklärt hat, daß sie vorläufig nur im Mai abkömmlich sei, wird die Konferenz möglicherweise erst im Herbst abgehalten werden.
München 26. März. In einer hiesigen Pension wohnte seit kurzer Zeit eine aus Zürich zugereiste hochangesehene 23jährige Gräfin mit ihrer Mutter in stillster Zurückgezogenheit. Gestern abend erschienen Kriminalbeamte und nahmen die junge Gräfin fest. Die Verhaftung erfolgte auf Anweisung der Züricher Staatsanwaltschaft. Die junge Dame soll angeblich Betrügereien in Höhe von 23 000 Frs. begangen haben.
Bremen 28. März. Der Schnelldampfer „Kronprinzessin Cecilie" des „Nordd. Lloyd", der von seiner Reise von New-Dort am 28. März um 4.46 Uhr vormittags in Plymouth eintraf,' erzielte für diese Reise eine Gesamt- durchschnittsgeschwindigkeit von 23,58 Seemeilen, womit er seinen bisherigen Rekord von 23,50 Seemeilen schlug.
Wien 28. März. Die Untersuchung gegen den Oberleutnant Hofrichter wurde laut „Frkf. Ztg." bereits abgeschlossen. Das Kriegsgericht wird Ende April oder Anfang Mai zusammentreten. Die Anklage gegen Hofrichter
Ines zupfte den Bruder neckend am Ohr. „Die Rose ist für dich", sagte sie.
Ein bittender Blick Luisens ließ sie verstummen; sonst hätte sie noch hinzugefügt: „Luise hat sie für dich gepflückt."
Trefflich mundete der Kaffee und die Waffeln.
„Selbstgebacken", sagte sie zu Bernhard, „mein erstes Probestück."
„Ihre Schwester entwickelt einen wahren Feuereifer, bemerkte Tante Emma lachend, „ich denke, sie ist in einem Jahr eine perfekte Wirtin, Herr Baron."-
Während Bernhard und Ines in der Forstei waren, erlebte Herta etwas für ihr Leben Entscheidendes.
Randen hatte es nicht mehr länger ausgehalten. Dem Wunsch des geliebten Mädchens entgegen war er nach Liebenau gereist. Nun stand er vor ihr. Er war so erregt, daß seine Lippen unter dem starken Schnurrbarte zitterten. „Zürnen Sie mir nicht, daß ich schon heute gekommen bin, ich konnte nicht anders, ich habe sie ja so grenzenlos lieb."
Herta duldete es, daß er ihre Hand ergriff und sie mit Küssen bedeckte. Sie blieb äußerlich ruhig, aber ihr Herz pochte doch schneller. Langsam entzog sie ihm ihre schmale Rechte.! 'A
„Herr von Randen", sagte sie und jedes Wort war seltsam deutlich und berechnet, „wie ich ihnen schrieb, nehme ich ihre Werbung an. Ich bin zu der Ueberzeugung gekommen, daß es so am besten ist."
Er wollte sie unterbrechen, da winkte sie ihm Schweigen gebietend, und fuhr fort:
„Daß erst nach einigen Wochen von einer Hochzeit die Rede sein kann, werden Sie begreifen, unsere Trauer verbietet es. Ich werde meine'Stellung kündigen und zu einer Schwester meiner Mutter gehen."
Sie schwieg, als erwartete sie eine Antwort auf diesen Plan. Als er nur zustimmend nickte, svrach sie weiter: „Ich werde keine leicht zu nehmende Frau sein, dazu bin ich nicht fügsam genug, Herr v. Randen. Der Gretchen-TypuS liegt nicht in meiner Art, ebenso wenig kann ich
Kätchen von Heilbronn Geschmack abgewinnen. Ich finde beide altmodisch und langweilig. Die modernen Frauen verstehe ich dagegen. Wollen Sie es trotzdem mit mir wagen?"
Es war das letzten Aufzucken ihrer Mädchenfreiheit. Sie wußte, daß, wenn er nein sagte, daß sie kaum etwas empfinden würde, das einem Bedauern gliche.
Randen hatte still zugehört. In seinem Gesicht zeigte sich keine Spur von Verwunderung. Wie aus Erz gegossen, schienen die männlichen Züge, die dunklen Augen allein hatten Leben; es glomm in ihnen. Ein Vulkan mußte in dem Mann schlummern, aber er hatte sich meisterhaft in der Gewalt, die Schule des Lebens hatte es ihn gelehrt. „Ja", sagte er auf ihre Frage hin, „ich will es mit Ihnen wagen, Herta."
Wie eine weiche Liebkosung fiel ihr Name von seinen Lippen.
„Ich will es mit Ihnen wagen, denn ich vertraue auf die Stärke, auf die Macht meiner großen Liebe zu Ihnen; sie kann nicht ohne Eindruck auf das Gemüt der Frau bleiben. Meine Aufgabe soll es sein, Ihre geheimsten Wünsche zu erraten, ich will sie erfüllen. Was an Rücksicht und Zartgefühl von einer Frau gefordert werden kann, ich will es Ihnen entgegenbringen. Sie glücklich zu machen, ist mein höchster Ehrgeiz. Daß Sie mir keine Liebe entgegenbringen, weiß ich. Ich habe ja kein schönes Aueßere, die Jugend liegt hinter mir, und Sie sind berechtigt, höhere Ansprüche zu machen." „ . . ^
Die letzten Worte klangen so traurig, daß sie das kalte Herz des Mädchens rührten. Sie konnte bezaubernd sein, wenn sie wollte. Mt einem Lächeln, das ihr strenges, klassisches Gesicht verschönte, streckte sie ihm die Hand hin.
Ich achte Sie, Baron Randen, und — ich fühle etwa» wie Freundschaft für Sie." . „ «. . ,
„Das ist genug!" rief er hingerissen und wollte sie an sich ziehen. Die ganze Leidenschaft seiner Neigung schlug in Hellen Flammen über über ihm zusammen. (Forts, folgt.)