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springende Frau noch auf der Straße einholte, bin gerade vorübergehender Schutzmann nahm sie in Empfang.
Rottweil 23. März. Der Schlofser Franz Waibold von Göllsdorf, der am Sonntag den 13. d. M. den Sanitätsrat Dr. Wiedemann von Rottenmünster überfahren hat und deshalb in Haft genommen wurde, ist gegen eine Kaution von 2000 ^ auf freien Fuß gesetzt worden.
Friedrichshafen 24. März. Gestern abend wurde bei Sankt Georgen, Gemeinde Schnetzenhausen, der 10 Jahre alte Knabe des Fabrikarbeiters Scherer von einem Automobil aus Friedrichshafen überfahren. Der Lenker des Automobils brachte den Knaben in das Krankenhaus, wo dieser seinen schweren Verletzungen erlegen ist. Wie man hört, soll den Führer des Automobils keine Schuld treffen, da der Knabe in dem Augenblick hinter einem Fuhrwerk hervorrannte, als das Automobil die Straße passierte.
Pforzheim 24. März. Die seit 150 Jahren im Besitze der Familie Benckiser gewesene große Eisengießerei und Maschinenfabrik geht ab 1. April käuflich in den Besitz der seitherigen Geschäftsführer Theodor Pitz mann und Aug. Pfeiffer über. Einen Teil des Großgrundbesitzes hat vor einiger Zeit die Stadtgemeinde Pforzheim gekauft. — Wie der Oberbürgermeister in der gestrigen Bürgerausschußsitzung mitteilte, wird mit dem Bau der langersehnten elektrischen Straßenbahn nun im nächsten Frühjahr hier begonnen werden.
Frankfurt a. M. 23. März. Ein überraschendes Submissionsresultat erzielte die Stadt Frankfurt mit der Kohlenausschreibung. Während sie bisher einfach die vom Syndikat vorgeschriebenen Preise bezahlt hatte, erließ sie diesmal eine Submission und da ergab sich, daß nicht nur die syndikatfreien Firmen, sondern auch das Kohlensyndikat selbst bis zu 20 ^ per Doppelwaggon die Syndikatspreise unterboten. Die Ersparnis der Stadt beträgt 50—60000 so daß die
Stadt also für die letzten Jahre etwa eine Viertelmillion mehr bezahlt hat, als dies beim freien Wettbewerb der Fall gewesen wäre.
Frankfurt a. M. 24. März. Anläßlich des seit einigen Tagen in Frankfurt a. M. herrschenden Bäckerstreiks kam es in der vergangenen Nacht zu schweren Ausschreitungen. Bäckergehilfen drangen mit Gewalt in mehrere Bäckerstuben ein und demolierten die Bäckereigerätschaften. In einer Bäckerei am Römerberg wurde der Besitzer von den eindringenden Gehilfen blutig geschlagen und er konnte sich nicht anders helfen, als daß er zum Revolver griff und zwei Angreifer durch Schüsse niederstreckte. Auch sonst kam es zu Ausschreitungen auf der Straße,
so daß die Polizei sich veranlaßt sah, öffentlich bekannt zu geben, daß sie umfangreiche Vorkehrungen getroffen habe, um die Arbeitswilligen zu schützen.
Berlin 24. März. Für die Nordpol- Expedition Zeppelin-Hergesell ist nach einer Meldung aus Hamburg die Errichtung einer Luftschiff-Zwischenlandungsstelle auf der Insel Sylt vorgesehen.
Berlin 24. März. Der Entwurf eines Kurpfuschergesetzes wird, wie die „Deutsche Medizinische Wochenschrift" mitteilt, im Laufe des Sommers an den Bundesrat und zu Beginn der nächsten Wintersession an den Reichstag gelangen. Wesentliche Aenderungen sind an dem seiner Zeit veröffentlichten Entwurf nicht vorgenommen worden.
Berlin 24. März. Zwecks Stellungnahme der Vereinigten Berufskreise aus Gewerbe, Handel und Industrie zu dem neuen Entwurf der Reichsversicherungsordnung ist vom Hansa-Bund für den 15. April eine Konferenz von Vertretern der Industrie, des Handels und des Mittelstandes und der Angestellten ein- berufen worden.
Berlin 24. März. Zu den Grenz- verhandlungen zwischen Deutschland und Belgien über die Festsetzung der Grenze in Ostafrika am Kiwusee erfährt die Tägl. Rundschau: Die Verhandlungen sind abgebrochen worden, weil Belgien sich hartnäckig weigert, den jetzigen Besitzstand anzuerkennen und die Grenze im Kiwusee verlaufen zu kaffen. Das Bestreben Belgiens geht dahin, das gesamte Gebiet um den Kiwusee dem Kongostaat einzuverleiben. Deutschland steht diesen Wünschen ablehnend gegenüber und beharrt nach wie vor auf dem Standpunkt, daß das gesamte Ruandagebiet zu Deutsch-Ostafrika gehöre und die Grenze unbedingt mitten durch den Kiwusee zu gehen habe. Einige Inseln dieses Sees sollen an den Kongostaat fallen. Ob es in nächster Zeit zu einer Einigung kommen wird, läßt sich nicht absehen.
Bern 23. März. Vier Geschwister der Arbeiterfamilie Buchmüller zu Herlikon bei Zürich fanden durch Kohlengasvergiftung gemeinsam ihren Tod. Die vier schliefen in einem Zimmer. Am anderen Morgen fand man sie tot oder sterbend vor. Das Kohlengas war einem schadhaften Ofen entströmt.
Rom 25. März. „Giornale d'Jtalia" schreibt: Die Note über den Besuch des Reichskanzlers, deren Hauptbedeutung in dem Hinweis auf die Unerschütterlichkeit des Dreibundes liege, werde sicher in Italien wie in Deutschland günstige Aufnahme finden. Corriere d'Jtalia gibt im Anschluß an die Note seiner Befriedigung Ausdruck, daß der Besuch des Reichskanzlers
aufs neue die Festigkeit und die Vitalität des Dreibundes bestätige.
Rom 24. März. Der Besuch des Reichskanzlers beim Papst bringt den Wunsch des Herrn v. Bethmann-Hollweg zum Ausdruck, dem Oberhaupt der katholischen Kirche, die in Deutschland so viele Millionen Anhänger zählt, seine persönliche Verehrung zu bezeugen. Bei dem Zusammentreffen des Reichskanzlers mit dem Papste und mit den leitenden Persönlichkeiten der Kurie haben die kirchlichen Verhältnisse in Deutschland naturgemäß einen besonderen Gegenstand der Unterhaltung gebildet.
Rom 25. März. Der Reichskanzler wohnte heute vormittag dem Gottesdienst in der protestantischen Kapelle bei und nahm dann verschiedene Sehenswürdigkeiten in Augenschein.
Catania 24. März. Wie der Direktor Ricco vom Aetnaobservatorium aus telegraphiert, haben die Eruptionen der letzten Tage einen Lava ström ausgeworsen, der in einer Breite von 500 m mit einer Stundengeschwindigkeit von mehr als 20 w vom Monte San Leo ausströmt. — Ein Telegramm aus Milo meldet, daß die dortige Bevölkerung heute durch eine starke Erderschütterung in großen Schrecken versetzt worden ist.
Catania 25. März. Die Lava hat die Gegend von Malvagna, 3 km von Monte San Leo, erreicht, und nähert sich dem Orte Palazzello, der 4 km von Borello entfernt ist. Ein Arm schiebt sich über die Lava des Ausbruchs vom Jahre 1892 in der Richtung auf Nicolosi vor. Die beiden Ströme zerstören auf diesem Wege alle Kastanien- und Apfelbaumkulturen. Der Hauptarm, der aus dem Krater Albanelle hervorbricht, gleitet in einer Breite von 200 m auf die Straße von Nicolosi nach Belpaffo zu. Ununterbrochen vernimmt man starkes Rollen. Der Präfekt, der Erzbischof und der Polizeichef sind nach den vom Ausbruch bedrohten Orten abgereist.
Verrutschtes.
Aus Baden 24. März. Eine kaum glaubliche Geschichte passierte dieser Tage in Mosbach. Kommt da eine Bauersfrau vom Lande in einen Bäckerladen und kauft für 20 Pfennig Backwaren. „Ich Hab aber gar kein Kleingeld, Sie müssen mir einen Hundertmarkschein wechseln", sagte sie zu dem Bäckermeister und übergab diesem den noch halb zusammengefalteten Schein, worauf sie dann 99 ^ 80 ^ zurückbekam. Als der Bäckermeister später den Schein in die Kassette tun wollte und ihn richtig betrachtete, war es gar kein Hundertmarkschein, sondern ein — Tausendmarkschein. Es wurde nach der Frau geschickt und diese war, laut „Baul. B ", ganz verwundert, als der Bäckermeister ihr seine Entdeckung mitteilte.
nommen werden, die Abende krönten durch harmlose Geselligkeit die arbeitsreichen Tage. —
Ines und Luise warenschon seit Jahren eng befreundet. Seit der Major in Liebenau lebte, hatten sich die beiden Mädchen häufig gesehen, denn ehe sein Gichtleiden es ihm verbot, war Eiche oft zur Jagd in die Forstei gekommen. Er hatte sein Töchterchen mitgebracht, oder Luise war dazwischen zum Besuch nach Liebenau gekommen; gerade durch den Wald kürzte sich der Weg fast um die Hälfte ab.
Heute schritten Bmder und Schwester nebeneinander — auß dem schmalen, mit braunen Tannennadeln bestreuten Weg. Es war ein köstlicher Tag, noch sommerlich warm, ohne drückende Schwüle. Der würzige Duft des Nadelholzes mischte sich mit dem der feuchten Erde, es hatte in der Nacht geregnet. Wie Edelsteine glitzerten Millionen von Tropfen an den Aesten, und auf dem grünen Moosteppich. Eine wilde Taube gurrte im Walde und flinke Eichhörnchen eilten an den riesigen Baumstämmen empor. Bernhard hatte den Strohhut abgenommen. Er fuhr sich mit der Hand durch das lockige Blondhaar und atmete tief und wohlig die balsamische Luft ein. Auch Ines schwieg. Ihre schlanke Gestalt schmiegte sich an den Bruder; sie dachte an den Abschied und an den ernsten Lebensabschnitt. Ach wie schön dachte sie es sich, wenn sie im Haushalt bewandert war, dem geliebten Bruder ein gemütliches Heim zu schaffen, nur für ihn lebend, ihm Behaglichkeit bereitend, und selbst dadurch befriedigt, glücklich werdend.
Sie seufzte schwer. O, wie lang war ein Jahr. Wie würde sie die Trennung ertragen? Gewiß liebte sie auch die Schwester, aber das ließ sich nicht mit dem tiefen, warmen Gefühl vergleichen, das sie für ihren Hardy hegte.
„Nun, Kleine», du bist so still und geseufzt hast du auch", sagte er.
Sie brach in Tränen aus und umarmte ihn. Dann sagte sie ihm ihren Kummer; er suchte sie zu trösten.
„Kopf hoch, Kleines", ermahnte Bernhard. Ein Jahr vergeht bald; wir werden uns oft schreiben; siehst du, wenn ich erster Assistent werde, dann mieten wir ein nettes Häuschen, das möblieren wir mit den lieben, alten Sachen der Eltern. Ein Gärtchen müssen wir auch haben. Wir pflegen es zusammen, und wenn ich Abends müde, von der Arbeit heimkehre, erwartest du mich. Wir wollen zusammen lesen, alle» teilen und zwei treue Kameraden sein."
„Ja, ja, da» wollen wir Hardy!" rief Ines. Aber plötzlich verdunkelte sich ihr Gesicht; stockend fügte sie hinzu: „Bis du heiratest, dann tritt deine Frau an meine Stelle."
, „Unsinn", sagte er, „ich denke gar nicht daran. Mr gefällt nicht so leicht ein Mädchen. Du weißt, ich bin keine verliebte Natur."
„Wenn du schon durchaus heiraten willst, dann weiß ich eine Frau für dich, Hardy", neckte Ine«.
„So, nun da bin ich wirklich neugierig, Kleines; wer ist es denn?"
Sie hob sich auf die Fußspitzen zu seinem Ohr.
„Oberförsters Luise", flüsterte sie eindringlich.
Bernhard lachte. „Du bist klassisch, Kleine». Weil sie dir gefällt, was?"
„Weil sie das liebste, beste Mädchen ist", rief Ine». „Wenn du sie nur genauer kennen lerntest, sie müßte dir gefallen."
„Dazu ist wenig Aussicht. Ich bin in H. und der Harz ist wett. Ich bekomme lange keinen Urlaub, meine Arbeit erfordert die Anspannung aller meiner Kräfte. Ein Hochofenwerk ist wie ein künstliche» Uhrwerk. Stockt eine» der vielen Räder, so steht die ganze Geschichte still. Wenn du bei mir bist, will ich dir mein Arbeitsfeld zeigen. Du wirst dann erst eine Vorstellung von der Verantwortlichkeit haben, die den leitenden Ingenieuren obliegt"