— 274
getreten. Der Grund ist nicht in Lohndifferenzen zu suchen.
Heilbronn 15. März. Zu den Diebstählen im Kaufhaus Barasch wird weiter gemeldet, daß im vorigen Jahre die dort bediensiete, 24 Jahre alte Verkäuferin Ottilie Ziller von Jngelfingen, die mit ihrem hier wohnhaften Vater, der Witwer ist, einen gemeinsamen Haushalt führte, nach und nach aus dem Geschäfte Waren aller Art im Werte von 1600 ^ entwendete. Am 1. ds. Mts. trat sie in eine neue Stelle und zeigte sich am Samstag dort verdächtig. Bei der sofort in ihrer Wohnung vorgenommenen Durchsuchung wurden Waren aus diesem Geschäfte im Werte von 140 ^ vorgefunden, die sie in den letzten Tagen entwendet hatte. Anläßlich dieser Durchsuchung wurden auch die Waren aus dem Hause Barasch zu Tage gefördert. Als Helfer kommen der Vater und eine hiesige Nähterin in Betracht, welch letztere sich eine größere Partie Waren hat schicken lassen. Die Ziller wurde festgenommen und an das K. Amtsgericht eingeliefert.
Metzingen 15. März. Bei der heute stattgehabten Stadtschultheißenwahl wurden von 1005 Wahlberechtigten 915 Stimmen abgegeben. Von diesen entfielen auf Ratsschreiber Carl-Stuttgart 651 Stimmen, auf Ratsschreiber Staufern Feuerbach 263 Stimmen. Carl ist somit gewählt.^
Honau O.A. Reutlingen 16. März. Am Sonntag nachmittag vergnügten sich mehrere junge Leute mit Fußballspiel, wobei einer der Spielenden zu Fall kam und den rechten Fuß brach.
Rottweil 15. März. Der Schlosser Schweibold aus Göllsdorf ist unter der Anschuldigung, den Vorstand der Irrenanstalt in Rottenmünster, Sanitätsrat Dr. Wiedenmann, angefahren, umgeworfen und dadurch den Tod des Arztes herbeigesührt zu haben, der Staatsanwaltschaft übergeben worden.
Leutkirch 15. März. Bei dem Schreinermeister Gaibler in Fischbach explodierte eine kleine Benzinkanne, die er zur Erwärmung auf den Herd gestellt hatte. Die Explosion demolierte den Kreuzstock und verbog Wände und Decken. Der Kamin ist dem Einsturz nahe. Menschen wurden nicht verletzt. Einen guten Engel hatte das kleine Kind, das in der Stube lag und friedlich lächelte, als man es schwarz vor Rauch und Ruß aus der Unglücksstätte wegtrug.
Tettnang 15. März. Am letzten Freitag morgen wurde dem Wagner Renz von Oberwolfertsweiler, wohnhaft in Degersee, Gemeinde Langnau, nebst anderen Gegenständen ein auf 4300 lautendes Sparkassenbuch der Oberamtssparkaffe Tettnang gestohlen. Am gleichen Tage abends, ehe der Bestohlene
den Diebstahl bemerkte und Anzeige erstattete, hat der Dieb, ein gut gekleideter jüngerer Mann, auf das Sparbuch bei der Kaffe 1500 ^ abgeholt und ist damit verduftet. Dem Täter glaubt man auf der Spur zu sein.
Berlin 15. März. In der Urania führte gestern der Professor Cerebotani als neueste Erfindung auf dem Gebiete der Elektrotechnik den drahtlosen Taschentelegraphe» vor. Der Apparat hat kaum Handgröße. Sein Besitzer kann von einer beliebigen Zentralstelle aus angerufen werden.
Berlin 15. März. Aus London meldet ein Privattelegramm: Das neue lenkbare britische Luftschiff „Tarbic" unternahm gestern mittag von dem Gaswerk in Wandsworth aus, wo es mit 40000 Kubikfuß Gas gefüllt worden war, einen Flug über London unter Führung des Erbauers Henry Spencer, de« zwei Herren begleiteten. Der in Aussicht gestellte kurze Flug sollte über Olympia, Hyde Park usw. nach der St. Paulskathedrale gehen und von da wieder zurück. Große Menschenmengen erwarteten bei herrlichem Wetter das angekündigte Schauspiel, besonders zahlreich war die Menge an der St. Paulskathedrale. Beim Aufstieg stieß das Luftschiff beinahe mit einem Riesenkran zusammen. In einer Höhe von 400 Fuß machte das Fahrzeug eine Wendung und segelte in gerader Richtung auf die Olympiahalle zu. Ein Versuch, diese zu umsegeln, mißlang, da ein widriger Wind das Schiff mit der Breitseite in die gewünschte Richtung drehte. Der Versuch wurde aufgegeben und der Tarbic ging nach Osten. Gegen 2 Uhr erschien er über Sharing Croß und Leicester Square. Tausende von Menschen standen auf den Dächern und Straßen und sahen das Schiff nur mühsam gegen den Wind an kämpfen. Offenbar war in der Maschinerie nicht alles in Ordnung, denn das Fahrzeug gab bald darauf den Kampf auf und trieb schnell nach Nordosten vor dem Winde dahin, bis es dem Auge entschwunden war.
Berlin 15. März. (Reichstag.) Präsident Graf Schwerin-Löwitz eröffnet die Sitzung um 1'/« Uhr. Am Bundesratstisch find die Staatssekretäre Frhr. v. Schön, Delbrück, Lisco und Krätke, sowie später der Reichskanzler erschienen. Zunächst wird die bei Beratung des Postetats ausgesetzte Abstimmung über die Ostmarkenzulage vorgenommen. Da» Ergebnis bleibt zweifelhaft. Es erfolgt Hammelsprung. Dafür stimmen 154, dagegen 140 Abgeordnete. Die Ostmarkenzulage ist somit bewilligt. Es folgt die Fortsetzung der 2. Beratung des Etats des Reichskanzlers beim Titel „Ministergehalt." Prinz Schönaich-Carolath (natl.) begründet eine Resolution, daß zur Unter-
Nach einem Bericht des Vorsitzenden über die Landesversammlung der Liberalen Vereine und nach einem kurzen Rückblick auf die 3jährige Tätigkeit des Vereins und deren Bedeutung für das politische Leben unserer Stadt wurde einstimmig der Anschluß an die Fortschrittliche Volkspartei d. h. den Volksverein Calw beschlossen. — Für das dem Liberalen Verein bei allen seinen öffentlichen Veranstaltungen von Seiten der politischen und sonstigen Vereine gezeigte Interesse und Entgegenkommen sei auch an dieser Stelle Dank gesagt.
(?) Li eb enz ell 15. März. Heute wurde hier der so jäh aus dem Leben geschiedene Besitzer der unteren Mühle David Haisch zu Grabe getragen. Das überaus zahlreiche Trauergefolge bewies, wie großer Sympathien der Verstorbene sich weit über die Grenzen seiner Vaterstadt hinaus erfreute; er war ein populärer Mann in des Wortes bester Bedeutung! Die freiwillige Feuerwehr verlor in Dav. Haisch einen energischen pflichteifrigen Kommandanten, für den nicht ganz leicht ein gleichwertiger Ersatz zu finden sein dürfte. Der Landesfischereiverein besaß in dem Verstorbenen eines der ältesten und verdienstvollsten Mitglieder, was an seinem Grabe auch beredten Ausdruck fand. Ganz besonders schmerzlich ist der Hingang Haisch's aber den WafferwerkSbesitzern unserer Gemarkung, derer Interessen sich der Verstorbene stets mit großer Hingebung und unverdrossenem Eifer widmete. Mit Dav. Haisch ist ein ganzer Mann dahingegangen, ein Mann von gerader ehrlicher Gesinnung; sein Andenken bleibe in Ehren!
Stuttgart 15. März. Als gestern abend 6 Uhr ein Geschäfsautomobil und ein städtischer Reinigungswagen sich in der Jägerstraße kreuzten, wollte der 23 Jahre alte, aus Metzingen gebürtige Friseur Otto Braun mit seinem Fahrrad zwischen beiden Wagen hindurchfahren. Er kam dabei zu Fall und geriet unter den Reinigungswagen dessen Räder über ihn weggingen. Schwerverletzt wurde er alsbald aufgehoben und von dem Geschästsautomobil ins Katharinenhospital geschafft. Nach Aussagen von Augenzeugen soll er selbst die Schuld an dem Unglück tragen.
Feuerbach 15. März. Der Gemeinderat hat die Ermäßigung der Koks preise um je 5 pro Zentner genehmigt, da infolge des gelinden Winters das Lager angefüllt ist. Die Preise betragen hienach vom 16. März d. I. ab für groben Koks bei Abnahme von 1—25 Zentner 1,45 ^ bei Abnahme von 26 Ztr. und mehr 1.40 ^ für gebrochenen Koks je 10 ^ mehr für den Zentner.
KornwestheimOA. Ludwigsburg 15. März. Heute früh sind zirka 800 Arbeiter der hiesigen Schuhfabrik I. Siegle u. Cie. in den Aus st and
stehen. Du verstehst e«, wie man die Leute bei lebendigem Leibe beerbt und um die Sach bringt, und wenn ich mit dem Pauli «och einmal zu reden käm, dann tät ich ihm die Augen ein biffl aufmachen über dich!"
Der Sepp wurde abwechselnd rot und bleich, aber er hatte sich gut in der Gewalt und verstand es, seine Heftigkeit zu zügeln.
„Du redest dir wirklich leicht mit mir, Lindhammer", sagte er, den Beleidigten spielend, „bei dir, da muß man mich recht sauber verleumdet haben, wenn du mich schon so kränken und an der Ehre beschandeln kannst. Bist doch selber einer von denen, die die Leut allweil im Geschwätz haben und an dem sie kein gutes Haar lasten. Du hastS gewiß nit nötig, auf einen andern zu drücken und hättest wohl genug mit dir selbst zu tun."
Lindhammer würdigte ihn keines Blicke» und keiner Antwort mehr. Er pfiff seinen Pferdeknecht, den Mart! heran, der nahezu an 10 Jahre im Raintalerhof bedienstet gewesen, und den der Sepp bei Nacht und Nebel davongejagt, weil er sich von ihm beobachtet wußte, und der dann in der Schneidmühle um einen Dienst nachgesucht und ihn erhalten hatte, und gebot diesem:
„Marti, du bringst den Schecken in den Stall und trägst Sorg, daß dem Tier nichts abgeht, damit der da, der Lügenpeter und Gauner, nit nötig hat, ein Viertelstündchen unter meinem Dach zu verbleiben. Am Abend, wenn die Gundi fahren will, laß ich es sagen, du brauchst dich nit eher zu bemühen! Der Marti, der tät dir sonst heimleuchten, weißt, der steht noch in deiner Schuld, und ist dir gar ein gut gesinnter Kamerad!"
Kaltlächelnd wandte er dem Sepp, der kreideweiß, an allen Gliedern bebend vor Wut, den Hofraum verließ, den Rücken zu.
Lindhammer, der bei Gundi» Ankunft von der Geistlichkeit, den
Nachbarn und sonstigen Beileidsbesuchern vielfach in Anspruch genommen war, kam erst jetzt dazu, seinen jungen HauSgast zu begrüßen, doch geschah dies mit kühler Zurückhaltung.
Die Entfremdung war eine zu andauernde, die Kränkung eine zu unverdiente, tiefgefühlte gewesen, um sogleich den herzlichen Ton vertrauter Freundschaft wieder zu finden.
„Der Wendel hält wirklich nit geglaubt, daß dein Vater sich auch noch einmal darauf besinnen könnt, daß in der Schneidmühl auch noch Leut leben, die ihm einmal etwas wert gewesen sind und die er ohne allen Anlaß auf die Seite gesetzt hat", sagte er mit ernstem Blick. „Hätts nit mehr erhofft, die Ehr, die Gundi in der Schneidmühl zu sehen und dank dir halt für dein Kommen. Weißt, in der Schneidmühl, da ist seit ein paar Jahren keine Freud und kein Fried und kein Segen nimmermehr zu finden und nur die Trübsal und das Herzeleid daheim." Sie bei den Händen erfassend, fragte er in eindringlichem Ton:
„Red Gundi, ist was Wahres dran, an dem Gerücht, das die Leut umeinandertragen? Weißt, überall heißts, du hättest mit dem Sepp Verspruch gehabt, dein Vater tät ihm seinen Hof übergeben, und im Austrag leben. Schau, da müßt ich dich grad bedauern, wenn du, so et» feines zartes Dirndel, in solche Gaunerhänd fallen tätest. Könntest vielleicht deinen Jammer nit ertragen, so ausgerichtet wärst du mit dem Loder!"
„Nie in alle Ewigkeit nit werd ich dem sein Weib, Lindhammer", beteuerte sie erregt. „Da kennst die Gundi schlecht, vorm Altar tät ich noch „nein" sagen. Die Bruckbräuerin hat mir schon von dem Gerücht erzählt und ich glaub alleweil, der Bursch hats selbst umeinandergetrage«, damit er bei mir eher seinen Willen durchsetzen könnt! Ich kann ihn nit ausstehen, aber der Vater hält große Stücke auf ihn, den hat er am Bändel, wie ein Metzger das Kalb, das er auf die Schlachtbank führt. Ich mein, der Bursch hat gar nicht» gutS im Sinn!" (Forts, folgt.)