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Amte- md Anzeigeblatt für den Vberamtrbezirl Lalw.
85. Iahrgaug.
Orschitnunzttazr: Montas. DienStaz, Mittwoch, »»nnorttaz, Arettay und Sllmrtaz. Anl»tton1pr«t« !«WL,Pro Aktl» für Gtabt ir. B»zi«k«ortl; außer Bezirk!S Bfz.
Amtliche Bekanntmachungen
Dienstag, den 15. Marz 1910
.i.d.Stadt'/PLHrl.m.TrLgerl.Mk. I.rs. Postbszugipr f. d. Orts- u. Nachbarortsverk. >/,jährI. Mk. l.üo, im Fernverkeh, Mk. t.»o. «estellz. in Württ. so Psg-, in Bayern u. Reich 42 Ps,,
Betanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betr. die Abhaltung von Unter- richtslnrsen im Hufbeschlag.
Um Schmieden die Vorbereitung zu der durch das Gesetz vom 28. April 1885, betreffend das Hufbeschlaggewerbe, vorgeschrtebenen Prüfung behufs des Nachweises ihrer Befähigung zum Betrieb dieses Gewerbes zu ermöglichen, finden an den Lehrwerkstätten für Hufschmiede ins) Hall, b) Heilbronn, c) Ravensburg, ch Reutlingen und e) Ulm dreimonatliche Unierrichtskarse im Hufbeschlag statt, welche am Montag, den 2. Mai 1910 jihren Anfang nehmen.
Die Anmeldungen zur Aufnahme in einen dieser Kurse sind bis 2 April ds. IS. bei dem Oberamt, in dessen Bezirk sich die betreffende Lehrwerkstätte befindet, vorschriftsmäßig etnzureichen.
Dem Zulassungsgesuch sind in Form urkundlicher Belege anzuschließen:
1. ein Geburtszeugnis;
2. der Nachweis der mit Erfolg bestandenen Lehrzeit im Schmiedhandwerk und einer zweijährigen Tätigkeit als Sch mied geselle, wobei der Bewerber schon im Hufbeschlag beschäftigt gewesen sein muß; die Zeugnisse hierüber müssen von den betreffenden Dienstherren selbst ausgestellt von der Octs- behörde brglaubigt fein;
3. wenn der Bewerber minderjähtg ist, eine Ein- willigungSerklärung des Vaters oder Vormunds ;
4. ein von der Gemeindebehörde des Wohnsitzes des Bewerbers ausgestelltes Präiikatszeugnts, sowie eine Beschein'gung derselben darüber, daß dem Bewerber die erforderlichen Geldmittel zur Bestreitung seines Unterhalis während des Unterrichtsknrses zu Gebot stehen werden;
5. eine von dem Bewerber, und wenn derselbe minderjährig ist, auch vom Vater oder Vor« mund Unterzeichnete Erklärung, durch welche die Verbindlichkeit übernommen wird, die der
Staatskasse erwachsenen Kosten zu ersetzen, wenn von dem Schüler der UnterrichtskurS vor seiner Beendigung ohne Genehmigung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft verlassen oder durch eigenes Verschulden die Entfernung aus demselben veranlaßt oder die Prüfung binnen einer gesetzten Frist nicht erstanden wird (§ 4 Abs. 2 der Verfügung des Kgl. Ministeriums des Innern vom 11. Juni 1885.)
Stuttgart, 1. März 1910.
S t i n g.
TkMsrrenigtetterr.
— Calw 15. März. Am letzten Samstag Abend veranstaltete der Jungliberale V erein Calw einen Vortragsabend im Hotel Waldhorn, der von Damen und Herrn gut besucht war. Hr. Landschaftsmaler E. Mayer z. Zt. in Stuttgart, der sich längere Zeit im Kapland und Südwestafrika aufgehalten hat, sr. Zt. den Burenkrieg mitmachte und auf der Insel St. Helena als Kriegsgefangener der Engländer mehrere Monate zubringen mußte, verbreitete sich eingehend über die heutige Lage Südafrikas unter Berücksichtigung der deutschen Interessen und der deutschen Kolonialpolitik. Besonders interessant waren die Ausführungen über seine Erlebnisse im Burenkrieg und die Stellung der deutschen Kolonisten und Beamten in Südwest zu der Politik Dernburgs.
Stuttgart 14. März. Gestern tagte hier im Stadtgarten die Generalversammlung der Vereinigung Wttbg. Verkehrsbeamtendes niederen Dienstes, zu der sich die Mitglieder aus allen Teilen des Landes zahlreich eingefunden hatten. Aus dem Bericht, den der Vorsitzende sodann erstattete, ging hervor, daß die Vereinigung sich bereits im Januar mit einer Eingabe an das Kgl. Ministerium gewandt hat, in der die Wünsche zur Gehaltsreform niedergelegt sind.
Die niederen Beamten erwarten, daß ihnen die Reform einen Anfangsgehalt von 1800 ^ bringt, bezw. daß sie für ein Gehaltsrahmen geschossen wird, wie ihn ihre Kollegen im Reich zur Zeit besitzen. In diesem Sinne hat die Versammlung auch eine Resolution mit folgendem Wortlaut gefaßt: „Die am 18. März in Stuttgart versammelten Verkehrsbeamten des niederen Dienstes erhoffen von der kommenden Gehaltsreform, daß ihnen unter Milderung des seither zu großen Gehaltsunterschieds zwischen mittlerem und niederem Dienst, wenigstens die Gehaltsätze der ihnen gleich zu wertenden Reichseisenbahn- und Reichspostbeamten gewährt werden. Sie halten eine Personalreform, die die Bezeichnung „niederer Dienst" beseitigt und eine Zusammenlegung des seitherigen mittleren und niederen Dienstes unter Schaffung einer Sekretärs- und Assistentenlaufbahn bringt, für wünschenswert und zeitgemäß und gleichzeitig mit der Reform des Gehaltstarifs für am leichtesten durchführbar. Sie billigen einmütig die seitherige auf die Erreichung dieser Ziele gerichtete Taktik der Vereinigung und beauftragen ihre Vorstandschaft, an dieser Taktik auch weiterhin festzuhalten.
Uhingen 13. März. Die auf einem Baugrundstück an der Staatsstraße nach Faurndau-Göppingen bloßgelegten Gräber haben sich als alemannische Reihengräber erwiesen. Es sind über 10 Skelette, darunter solche von Männern und Frauen, einige Waffen, Bronze-, Zieratreste usw. aufgefunden worden. Der Sachverständige Prof. Dr. Gößler, der die Funde an Ort und Stelle besichtigte, führt ihr Alter auf das 6. Jahrh. nach Christi Geburt zurück. Die aufgefundenen Waffenstücke usw. sollen der Stuttgarter Altertumssammlung einverleibt und die Knochenreste an anderer Stelle wieder beigesetzt werden. Die Funde bestätigen
Wildwasser.
Gebirgsroman von Luise Cammerer.
(Fortsetzung.)
„Das wohl, Leni," Frau Therese erwiderte es tief aufseufzend, „wo es inwendig (in den inneren Organen) fehlt, da hilft kein Doktor und keine Medizin mehr, weh tuts einem halt doch, das Kind in die Erde geben zu müssen, und solang, als der Atem noch geht, hofft man alleweil fort auf Besserung, und jetzt ists aus, ganz aus."
Traurig blickte sie vor sich hin, dann fuhr sie, leiser erzählend, fort: „In den letzten Stunden da hat er immerfort nach dem Sixt verlangt, und alleweil gebittet, man soll nach Berlin schreiben, daß er doch wieder heimkäm in die Schneidmühl. Nachher Hab ich dem Tonerl das Bild von seinem Bruder in die Hand gelegt, das du für mich aus München mitgebracht hast. Das Bild hat er noch abgeküßt und bald darauf ist er verschieden."
Ihre Tränen rannen und ein erschütterndes Schluchzen hob ihren Körper. „Der eine spielt Komödie in der gleichen Stund, wo der andre verscheidet," flüsterte sie traurig vor sich hin.
„Darfst nit schlecht vom Sixt reden!" Die Bruckbräuerin entgegnete es fest. „Brav hat er sich gemacht und gut gehalten draußen in der Welt. Die höchsten Herrschaften reden und verkehren mit ihm und mein Mann war stolz darauf, wie er im Herbst in Leipzig mit deinem Buben zusammengetroffen ist. Viel geachtet und geehrt ist der Sixt von allen Leuten und auch Geld hat er gespart und eine schöne Sach beieinander, und immer gedenkt er auf heim. Es hält euch ein einziges Wort gekostet, dann wär er heimgekommen. Aber sein Kontrakt, den darf er nit breche», weißt, sonst muß er halt eine hohe Straf zahlen, das hat er auch meinem
Mann erzählt, wie's miteinander beim Wein gewesen sind. Und gar nit hoffärtig und nit eingebildet ist er und Komödie hat er gespielt, daß die Stadtleut in einem Zug gelacht und geweint haben und seine ganze Stube ist voll Blumen und Kränzen. So hat er erzählt. Aber um die Weiberleut da soll er sich nicht kümmern und nach der Komödie immer seinen eigenen Weg gehen, das hat der Direktor Schön, der bei uns im Bruckbräu gewohnt hat, auch noch meinem Mann vertraulich erzählt, und die saubersten und nobelsten Stadtdamen tät' er mit keinem Aug' anschauen, wenn sie auch noch so verliebt auf ihn wären. Im Urlaub, da käm er schon zu uns, das hat er meinem Brauer mit Handschlag zugesichert. Gar so bockbeinig und-herb sollte der Lindhammer halt auch nit sein."
Sie schwieg, um den Eindruck ihrer selbstgewählten Friedenskommisfion zu beobachten.
Mit verhaltenem Atem hatte Frau Therese den Worten gelauscht, die ihr trotz ihrer Einfachheit und Schlichtheit wie himmlische Musik in die Ohren klangen. Gundis zarte Wangen überhauchte lichtes Rot und auch Veferls bleiches Angesicht belebte ein warmer Glücksschimmer.
„Solltest halt doch deinem Mann gut zureden, daß er dem Burschen auch ein bissl entgegenkäm, Therese", meinte die Bruckbräuerin eindringlich. „Du bist doch das Weib und immer hat er doch große Stücke auf dich gehalten und an so einem Tag, wie der heutige, wo man ein Kind hergeben muß, weil» unser Herrgott so haben will, da wär die beste Gelegenheit, mit den Lebenden Frieden zu machen."
„Alle« Hab ich getan, was ein Weib tun kann, aber es ist grad, wie wenn man an ein Stück Holz oder an einen Stein hinredet," gab Therese mutlos zur Antwort. „Der Lindhammer ist derselbige Mann nimmer, der er war, der ist ganz verrannt in seinen Groll und Zorn und die Feindschaft mit dem Raintaler, seinem alten guten Freund, die ist ihm halt auch nachgegangen. (Forts, folgt.)