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in der Weise führte, daß die Literflasche einem Aufschlag von 2 A die 0,7 und die 0,5 Literflasche einem solchen von je I ^ unterworfen wurde.
Dresden 3. März. Auf dem Flugplatz Dresden-München verunglückte gestern der Aviatiker Lange. Sein Apparat schlug infolge starken Windes um und stürzte aus einer Höhe von 18 Metern zu Boden. Er begrub den Aviatiker unter sich, der Quetschwunden davontrug. Der Apparat wurde zertrümmert.
Berlin 2. März. (Reichstag.) Präsident Graf Schwerin-Löwitz eröffnet die Sitzung um 1',4 Uhr. Am BundesratStisch ist Staatssekretär Delbrück erschienen. Die Beratung des Etats des Ministeriums des Innern wird fortgesetzt. Zunächst wird über die vorliegenden 55 Resolutionen abgestimmt. Angenommen werden die Resolutionen betr. die Wahlurnen, die Regelung des Aufenthalts von Ausländern, die Berücksichtigung deutscher Schiffer bei Vergebung von Schifffrachten bei Reichs- bauten, die Erhaltung des kaufmännischen Mittelstandes durch die Einstellung von Handelsinspektoren, die Lehrlingsausbildung im Handwerk, die Berücksichtigung des Handwerks bei Lieferungen für die Reichsverwaltung, die Beschränkung des Hausierhandels, die Verlegung eines Kartellgesetzes, Fürsorge für Feuerwehrleute und betr. Bekämpfung der Schmutzliteratur. Angenommen wurden ferner die Resolutionen auf gesetzliche Regelung des Verkehrs mit Dünger und Futtermitteln, betr. Privatbeamtenfürsorge, für technische Beamte und Rechtsanwaltsgehilfen, Aende- rung der Arbeitszeit in Molkereien, Anstellung von Baukontrolleuren, Aenderung der Gewerbeordnung im Interesse der Glas- und Walzwerks- Arbeiter, betr. Verbot der Beschäftigung Jugendlicher bei Bergarbeiten unter Tage, Erlaß eines Reichsberggesetzes, geheime Wahl zu den Kaapp- fchaftskafsen, Freizügigkeit der Bergarbeiter, Ausbau des Koalitionsrechts und Ausdehnung desselben auf die Landarbeiter. Sodann wird in die Etatsberatung eingetreten. Bei dem Titel: Beitrag zu den Kosten der ständigen Kommissionen der internationalen Schiffahrtskongreffe wünschen die Abg. Dahlem (Ztr.) und Gothein (frs. Vg.), daß die Berichte der Kongreffe den Mitgliedern des Hauses zur Verfügung gestellt würden. Zum Titel: Jahresbeitrag zu den Kosten der internationalen Organisation für Luftschisfahrt liegt eine Resolution des Zentrums vor, die Gründung und Erhaltung einer mit allen Hilfsmitteln der i modemen Technik ausgestalteten Versuchsanstalt für Luftschiffahrt in Friedrichshafen unter Leitung des Grafen Zeppelin zu veranlassen. Abg.
Leser (Ztr.): Die Erfolge des Grafen Zeppelin haben allgemeine Bewunderung und Erstaunen erregt. Seine Anlagen in Friedrichshafen find schon jetzt nennenswert umfangreich. Seine Erfindung hat zweifellos eine große nationale Bedeutung. Wir wollen keine große Luftschiff- Flotte, sondern ein flottes, brauchbares Luftschiff. Die Versuchsanstalt soll wissenschaftliche Zwecke verfolgen, das Material erproben und die gemachten Erfahmngen ausgestalten. Die wissenschaftliche Ausarbeitung des Flugproblems muß ergänzt werden durch praktische Versuche einer Versuchsanstalt. Es handelt sich nicht um die Person, so sehr wir Süddeutsche auch den Grafen Zeppelin als Bahnbrecher auf diesem Gebiet verehren, sondern um die Sache, nämlich die Entwickelung der Luftschiffahrt. Eine solche Anstalt erscheint als eine dringende Notwendigkeit: damit würde ein großes nationales Werk getan. Abg. Hieber (ntl.): Seitens meiner Partei liegt ein Antrag vor ans Gründung und Erhaltung einer Reichsaustalt für Luftschiffahrt-Flugtechnik in Friedrichshafen. Wir bezwecken damit eine gleichmäßige Berücksichtigung aller Flugsysteme, nicht nur des Zeppelinschen. Auch der württem- bergische Staat würde volles Entgegenkommen zeigen. Den Grafen Zeppelin wollen auch wir nicht misten. Er hat dem deutschen Volke erhebende Stunden bereitet, statten wir ihm unfern Dank ab, indem wir die Anträge einstimmig annehmen! Abg. Graf Carm er (kons.): Die Bedeutung der Luftschiffahrt kann heute niemand mehr in Zweifel ziehen. Graf Zeppelin hat es abgelehnt, wegen seines vorgerückten Alters die Leitung einer solchen Reichsanstalt zu übernehmen. Die Luflschiffahrt kann nur durch kostspielige Versuche sich weiter entwickeln und es wäre vielleicht zu erwägen, ob nicht die beteiligten Industrien zu den Kosten der Versuche herangezogen werden können. Dann ist auch die Frage des Platzes nach der Ablehnung des Grafen Zeppelin wohl zu erwägen. Der Platz in Tegel empfiehlt sich schon deshalb, weil auch dort die anderen Systeme probiert werden. Wir werden die Resolutionen annehmen, aber die Frage der Zweckmäßigkeit und namentlich der Finanzen ist genau zu prüfen. Abg. Delbrück: (Frs. Vgg.): Gegen die Berechtigung der Resolutionen besteht kein Zweifel. Es ist jedoch nötig,' daß noch weitere Erfahrungen gesammelt werden und für diesen Zweck erscheint uns eine Reichsversuchsanstalt für zweckmäßig. Staatssekretär Delbrück: Die mit soviel Wärme behandelte Frage hat die verbündeten Regierungen i noch nicht beschäftigt. Ich kann nur sagen, daß das Reichsschatzamt auf einem grundsätzlich ablehnenden Standpunkt steht, der in Anbetracht der Höhe der Kosten und der Finanzlage auf
den ersten Blick gewiß nicht unberechtigt erscheint. Ich habe auch gegen den Vorschlag eine Reihe grundsätzlicher Bedenken, die sich allerdings mehr gegen die vorgeschlagene Form richten. Es scheint mir zweifelhaft, ob es zweckmäßig ist, mit der Gründung von Reichsanstalten als lokalen Reichsverwaltungen in der bisherigen Weise fortzufahren. Diese Frage muß ernsthaft geprüft werden und ich habe mich mit einer Reihe von Personen, darunter mich Zeppelin, in Verbindung gesetzt. Die Antworten liegen im allgemeinen vor, bieten aber ein sehr buntes Bild. Der Ausbau erfinderischer Ideen bleibt schließlich doch in den Händen der Ingenieure und der Industrie. Vielleicht ist die Errichtung einer solchen Versuchsanstalt mit den dazu gehörigen großen Apparaten nicht nötig, aber immerhin müssen gewisse Fragen von einer Zentralstelle aus geleitet werden. Die Versuchsanstalt kann später immer noch am Platze sein. Eine Umfrage in diesem Sinne ist ergangen, ob eine solche Anlage nötig erscheint, auf welcher Grundlage sie zu errichten ist und welche Mittel sie erfordern. Für Friedrichshafen sprechen praktische und ideale Gründe, dennoch gibt die weite Entfernung von den Zentralen des Reiches und der Industrie zu Bedenken Anlaß. Sie können versichert sein, daß die Sache mit Aufmerksamkeit und Sorgsamkeit, die der wirtschaftlichen Bedeutung derselben entspricht, geprüft werden wird. (Lebh. Beifall.) Württ. Ministerialdirektor Dr. v. Köhler: Die würt- tembergische Regierung steht den Anträgen durchaus freundlich gegenüber. Die Bedenken gegen Friedrichshafen könnten in einer kommissarischen Beratung genauer geprüft werden. Graf Zeppelin hat es bei seiner großen Geschäftslast abgelehnt, die Leitung der Reichsanstalt zu übernehmen. Württemberg hat bei der Vorprüfung nicht daran gedacht, die zu gründende Anstalt in organische Verbindung mit dem Luftschiffbau der Zeppelingesellschaft zu bringen. Sämtliche Systeme sollen geprüft werden. Stelle sich dann heraus, daß Friedrichshafen ein hervorragend geeigneter Platz ist, dann würde dies auch dem idealen Moment entsprechen, das Friedrichshafen, Zeppelin und seinem Werke zukommt. Dabei würde auch ein Akt der Pietät erfüllt, die weite Kreise des deutschen Volkes wünschen. Württemberg begrüße die zugesagte kommissarische Prüfung, weil eine Erörterung aller in Betracht kommenden Punkte die Sache nur fördern könne. Wir wünschen, daß diese Beratung zu einem guten und erfreulichen Ergebnis führt, und werden unsererseits alles tun, um den Absichten der Resolutionen zum Ziel zu verhelfen. — Darauf werden die Resolutionen einstimmig angenommen. Nach Erledigung einiger weiterer Kapitel wird die Weiterberatung auf morgen nachmittag 1 Uhr vertagt.
Nimmerwiedersehen." Toni suchte das Weite zu gewinnen, doch Vroni vertrat ihm resolut den Weg.
„Mir kommst nit so leicht aus, du elender Mensch du!" rief sie ihn an, ihn mit zornsprühenden Blicken messend. „Deine Straf mußt haben! Das Veferl hast du gekränkt bis ins Herz hinein, geraubt hast auch noch dazu. Dein ganzes Gewand klingt nach Geld. Schneidmüller, es ist eine Sünd, wann du den da a so davonlaufen läßt."
„Laß das Lumpengesindel laufen und rührs nit an, Vroni, es brächt dir Unglück. Der trägt selber schwer genug an seinem Elend," gab Lindhammer kurz zurück.
„Ich tus aber nit," widerstritt Vroni hartnäckig und rückte dem Alten abermals zu Leibe; doch das sollte ihr zum Verhängnis werden.
In der Absicht sich freien Weg zu schaffen und das Dirndel abzuwehren, zog Toni den Revolver und hielt dessen Lauf auf Vroni gerichtet. Sei es nun, daß er ungeschickt damit umging, oder auch, daß Vroni ihn zu stark bedrängte, auf welche Weise es auch immer geschah, der Schuß entlud sich und Vroni brach mit einem stöhnenden Aufschrei zusammen.
„Jesus, Maria und Joseph, o du gebenedeite Mutter Gottes!"
Lindhammer stürzte händeringend auf das Haus zu. Theres, Weib, Veferl, hörts denn gar nit, ist denn heut alles verhext! Die Ehehalten finden auch ihren Weg nit mehr heim. O du liebes Herrgott! am Kreuz, jetzt hat der Loder auch noch sein — eigenes Kind umgebracht!"
In seiner Verstörung kniete er neben dem Dirndel am Boden nieder. „Vroni, so red doch, red ein einziges Wort, o mein das Unglück übereinander. Red doch, du armes Ding, was hast denn grad verschuldet, daß du das Opfer sein mußt."
Ein leises Zittern flog um Vronis Mund. Die Lider hoben und senkten sich. Der brechende Blick einer Sterbenden traf den Sägmüller.
»Ich geh heim in die ewige Heimat, zu meinem Mutter!"-
flüsternd kam es von den zuckenden, im Schmerz erstarrenden Lippen. „Es
ist bester so, für alle zusammen. Sei bedankt für deine Gutheit, Liud- hammer und grüß mir halt-den Sixt-den Sixt!"
Die letzten Worte erstarken in einem Blutstrom. Der Körper sank leblos in Frau Thereses Schoß zurück, die wie versteinert in Gram und Leid die Sterbende mit ihren Armen umfaßt hielt.
„Es ist aus Therese, dem Dirndel hilft kein Doktor und keine Medizin mehr." Wendel sagte es mit dumpfer grollender Stimme. „Und du stehst alleweil noch da, du Schandbub, und fürchtest nit, daß ein Blitz niederfährt, und dich erschlägt, du Räuber? Da schau es an, das Dirndel, das du in den Tod geschickt hast, dein eignes Kind ists, dem du das Leben gegeben hast. Gelt, die Emmerenz, die hast du gut gekannt, du Giftnatter!" rief er seiner Sinne kaum mehr mächtig. „Ein jedes Tier hat ein Gefühl für sein Junges und ziehts in die Höh, bis es sich selber hilft. Doch du bist schlecht vom Grund aus, ein Unkraut, das man auS- rotten und ins Feuer werfen sollte. Du hast kein Herz und kein Gewisse«! Und jetzt geh, sonst vergiß ich, daß wir von einem Blut sind und es gibt noch ein zweites Unglück!"
Toni stand eine Weile wie festgewurzelt am Boden.
„Es ist dein Kind!" Die Worte wirkten augenblicklich wie ein Gewitterwort auf ihn ein, doch sein Empfinden war zu abgestumpft, sein Herz zu verhärtet, um andauernd für eine weiche Regung empfänglich zu bleiben.
«Jetzt ists schon, wie es ist. Ich trag keine Schuld dran. Das Dirndel hats nit bester haben wollen!" erwiderte er frech. Sorg du für deine eigene Familie. Ich Hab heut einen Vogel pfeifen hören, der grad in keiner guten Weise von deinem noblen Buben gepfiffen hat. Der schlägt vielleicht in meine Art, das tät mich freuen! Jetzt Hab ich die Musik satt. Behüt Gott beisammen!"
' Mit einem höhnischen Auflachen verschwand er im Dunkel der Nacht. Lindhammer machte keine Miene, ihn festzuhalten.
(Fortsetzung folgt.)