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Berlin 25. Febr. Eine erschütternde Schülertragödie hat sich in der Nachbarstadt Charlottenburg abgespielt. Dort hat sich in der Wohnung seiner Eltern der 17 Jahre alte Unterprimaner Walter P., Sohn des Fabrikbesitzers Dr. P., mit Sublimat und Leuchtgas vergiftet. Die Motive sind in einer Tanz- stunden-Liebelei zu suchen, die P. mit einem Mädchen gehabt hat. Heute früh, als die beiden Söhne Walter und Bruno zur Schule gehen sollten, entdeckte der jüngere, Bruno, daß das Bett seines Bruders leer war. Er verständigte sofort seine Eltern, die im anderen Flügel der Wohnung schliefen. Da man zu gleicher Zeit einen intensiven Gasgeruch wahrnahm, suchte man, Böses ahnend, die Wohnung ab und fand schließlich in einem kleinen Zimmer am Korridor den jungen Walter auf einer Chaiselongue liegend tot auf. Den Schlüssel zu dem Selbstmord fanden die erschütterten Eltern in einem Briefe, den Walter außer einem Abschiedsbriefe an die Eltern hinterlassen hat. Dieser kritische Brief war an ein junges Mädchen gerichtet, mit dem er gemeinsam die Tanzstunde besuchte. Walter P. sagt darin, daß für ihn das Leben keinen Zweck mehr habe und daß er in den Tod gehe, weil er die Enttäuschung nicht überwinden könne. Walter zählte zu den besten Schülern und war bei Lehrern und Mitschülern wohlgelitten.
Hamburg 1. März. In Cuxhaven traf gestern die Meldung ein, daß bei dem dritten Elbfeuerschiff ein brennender Dampfer gesehen wurde. Die Cuxhavener Schlepper fuhren dort hin. Zuerst lehnte er jede Hilfe ab, später aber wurde er von dem Terschelling ins Schlepptau genommen und nach Cuxhaven gebracht. Um Mitternacht bestand Hoffnung, ihn zu retten. Es handelt sich um den russischen Dampfer Graf Tolstoi.
Amsterdam 1. März. Seit gestern abend sind die Ortschaften am Ufer der Maas in Gefahr; die Lage ist sehr kritisch. Die Hochöfen in den Fabriken in der Nähe von Ma stricht sind überschwemmt. Viele Arbeiter müssen feiern. In Mastricht selbst ist der Schaden groß; Hunderte von Häuser sind unter Wasser.
Angers (Frankreich) 2. März. Infolge des Hochwassers ist der Deich Chevallerie, der das Tal des Flusses Authion schützt, geborsten. Ganze Dörfer sind überschwemmt.
Vermischtes.
(Die Lawinen-Katastrophe von Idaho.) Ueber das Lawinen-Unglück in Idaho wird aus New-Uork gemeldet: Von der Lawine, deren Getöse 18 Kilometer von dem Ort der Katastrophe hörbar war, wurde die ganze Stadl
Marce vollständig zerstört und alle ihre Bewohner, ungefähr 150 Personen verschüttet. Als die Nachricht von der Katastrophe in der Stadt Walace, 7 Kilometer von dem Schauplatz des Unglücks entfernt, bekannt wurde, wurden die Glocken geläutet, um die Bewohner aus dem Schlaf zu wecken und den Verunglückten zu Hilfe zu eilen. Als sie an dem Schauplatz der Katastrophe ankamen, fanden sie das Tal in seiner Länge von nahezu 2 Kilometer durch Schneemassen vollständig verschüttet, aus denen Felsblöcke und von der Lawine mitgerifsene Baumstämme hervorragten. Es war wenig vor Mitternacht am Samstag, als die Lawine über die Stadt niederging. Die Bewohner lagen in tiefem Schlaf. Seit mehreren Tagen schon hatte in den Bergen ein warmer Wind geweht, der in der dortigen Gegend Chinook genannt wird. Er hatte die Schneemafsen sehr mürbe gemacht. Am Samstag folgte dem Wind ein Regen. Man hätte annehmen sollen, daß die Bewohner vorsichtiger gewesen und in der Erinnerung an die Katastrophe, die vor wenigen Jahren die Nachbarstadt Borke heimsuchte, sich bei Zeiten in Sicherheit gebracht hätten. Sie begingen aber diese Unvorsichtigkeit, sich in den nahen Wald zurückzuziehen, um einer Lawinengefahr zu entgehen, und bezahlten die Unvorsichtigkeit mit ihrem Leben. Die Lawine kam im Tal nach einem Fall von 300 Metern an. Mit einer furchtbaren Gewalt fiel sie auf die Stadt nieder und zerschmetterte alles, was sich ihr entgegenstellte. Die Häuser und die Eisenbahnwagen, in denen 50 Arbeiter kampierten, wurden vollkommen vernichtet. Als die Retter ihre Arbeiten begannen, stellten sich ihnen unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen durch die von der Lawine mitgerissenen Felsmaffen. Trotzdem gelang es ihnen, 25 Personen lebend aus den Trümmern hervorzuziehen. Die Zahl der Toten kann noch nicht genau angegeben werden. Es steht jedoch fest, daß sie sich über hundert beläuft. Wenn man einem Gerücht glauben darf, dann ist das Standart-Hotel, in dem 300 Reisende logierten, ebenfalls zerstört. Gestern ist in den Bergen eine weitere Lawine niedergegangen und hat die Stadt Borke zerstört. Dadurch ist die Zahl der Toten und Verschütteten um ein Bedeutendes vermehrt worden. Die Stadt Borke zählt 900 Einwohner.
(Der Bär in der Damengarderobe.) Ein drolliges Intermezzo spielte sich dieser Tage in Berlin im Zirkus Busch ab. Einer der jungen Bären, die bei der Pantomime „Marja" Mitwirken, hatte sich aus seinem Zwinger befreit und war auf Entdeckungen und Abenteuer ausgegangen. Auf seiner Wanderung durch die Räume gelangte er auch in die Damengarderobe des Balleipersonals, das ihn natürlich sehr interessierte. Ganz besonders machte er sich über die verschiedenen Büchschen und Tuben her, die dazu
dienen, das schöne Geschlecht noch mehr zu verschönern. Auch andere fetthaltige Stoffe mußten den Weg in den Bärenmagen antreten. Doch interessierten den unkultivierten Sohn der Wälder die wohlschmeckenden Schminke» mehr als die dazu gehörige Dame; denn als diese erschien, hielt er unmutig in seiner Schleckerei inne und rollte die Augen. Die Folge war ein markerschütternder Schrei und ein gewaltiges Aufgebot von hilfsbereiten Balleteuse», die bei dem „furchtbaren" Anblick sofort mutig retirierten. Ebenso Meister Pez; er wußte mit soviel Schönheit nichts anzufangen und atmete erleichtert auf, als das Stallpersonal erschien und ihn, wenn auch etwas unsanft, bei den Ohren nahm.
(Kindesauffassung.) Der kleine Gustav hört aus einem Brief, den seine Mutter verliest, daß beim Großvater ein Schlaganfall im Anzug sei. Er erzählt dies einer Frau und als er am andern Tag gefragt wird, ob der Schlag beim Großvater jetzt gekommen sei, erwidert er treuherzig: Nein, er ist noch im Kittel.
Marktberichte.
Bad Teinach 2. März. Dem gestrigen hier abgehaltenen Vieh - und Schweinemarkt waren zugeführt: 34 Paar Ochsen, 27 Stück Kühe und Kalbeln, 23 Stück Kleinvieh sowie etwa 40 Stück Läufer- und Milchschweine. Namentlich bei Ochsen war der Handel lebhaft, es wurden per Paar Preise von 900—1000 erzielt.
Reklameteil.
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K. Forstamt Langenbrand (Württ.).
Laubholz-Stam-olz- und BeiMz-Berkauf
am Montag, den 14. März, vorm. 10 Uhr, in Unterreichenbach im Hirsch aus Staatswald Vord. Steinlesberg, Gairenteich und Mühlberg:
Stammholz: 3 Eichen mit Fm. 2,52 III. und 0,43 V. Kl., 18 Rotbuchen mit Fm. 2,19 III., 4,88 IV., 1,70 V., und 0,10 VI. Kl. Beigholz: Rm. 142 buchene Schtr., 6 buch. Prgl.,
2 Ahorn Schtr., 5 Nadelholz-Schtr.,
3 eich., 114 buchene und 54 Nadelholz- Anbruch. Losverzeichnisse unentgeltlich vom Forstamt.
Neubulach.
Im BMrcckimgswege
verlause ich am Samstag, den 8. ds., nachmittags I Uhr, gegen bare Bezahlung :
1 bereits «enes Buffet und 1 Kommode.
Zusammenkunft beim Rathaus. Gerichtsvollzieher Ohngemach.
2000 Mark
sind gegen doppelte Sicherheit sofort auszuleihen an pünktlichen Zinszähler. Calw, den 2. März 1910.
Armenverwaltung.
Frey.
Im Bovstttüungsweke
verkaufe ich am Donnerstag, de« 10. März, mittags 1 Uhr, gegen Barzahlung:
1 Küchenschrank mit Aufsatz,
1 doppeltürigeu Kleiderkasten,
1 Waschkommode.
Die ersten beiden Stücke sind sehr gut erhalten.
Zusammenkunft hinter dem Rathaus.
Biedermann,
Gerichtsvollzieher.
Liebenzell.
Ungefähr 26 Zentner guteingebrachteS
Heu uud Oehiud
hat zu verkaufen
Kr. Knchs, Schuhmacher.
Neiltliche WaMmeii.
In nachgenannten weiteren Gemeinden werde ich
Bericht über die Landtagsverhandlungen
erstatten und Wünsche der Wähler in Bezirks- und Landesangelegenheite« entgegennehmen:
am Sonntag, de« 6. März:
nachmittags 1'/- Uhr in Agenbach (Lamm),
„ 4 „ in Oberkollwangen (Hirsch),
abends 7 „ in Breitenberg (Hirsch),
am Dienstag, de« 8. März:
abends 5 Uhr in Liebelsberg (Krone),
„ 8 „ „ Altbulach (Krone),
am Mittwoch, den S. März:
abends 8 Uhr in Holzbroua (Rößle).
Die Wähler dieser und der umliegenden Gemeinden beehre ich mich zu diesen Versammlungen freundlich einzuladen.
Landtagra-geor-neter Staudenmeyer.
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in schöner Auswahl empfiehlt billigst
O. «»H», Buchbinder.