Pflege des Mischwaldes, in der Neugestaltung der Landschaftsgärtnerei und in der Bepflanzung der Ruinen. Der Kunstgenuß stehe nur wenigen offen, dagegen sei der Naturgenuß ein Gemein­gut, das allen zu gut komme. Der Mensch solle in möglichster Fühlung mit der Natur sein und ihren Zauber auf sich einwirken lassen, denn der Mensch lebe nicht von Brot allein, die Natur erhebe ihn und bringe ihm das Gleichgewicht seines Daseins. Der Vortrag war durch Licht­bilder prächtig illustriert und wurde mit großem Beifall ausgenommen.

Calw 28. Febr. (Eisenbahnsache.) Der Personenzug 1181 Pforzheim-Wildbad, Pforzheim ab 8 03 abends, Wildbad an 9.09 wird auch nach dem 1. März, von welchem Tag an er auf dem Fahrplan eingestellt werden sollte, bis auf weiteres Werktags verkehren.

Stuttgart 28. Febr. Die Erfin­dungsausstellung wurde am gestrigen Sonntag von 1700 Personen besichtigt, die höchste Zahl, die seit Eröffnung der Ausstellung zu verzeichnen war. Unter den Besuchern waren zahlreiche Fachvereinigungen und Gewerbevereine von auswärts, von Ravensburg, Heilbronn usw. Beim Bureau der Ausstellung liefen bis jetzt ca. 5000 Anfragen von Interessenten ein. Wie viel und zu welchen Bedingungen Abschlüsse über die Verwertung der Erfindungen erfolgt sind, ist noch nicht bekannt. Die Jubiläums- Geflügel-AuSstellung in der Gewerbe­halle, die gestern abend geschlossen wurde, ist von 5000 Personen besucht worden.

Stuttgart 1. März. Die deutsche Reichspost stellt einen neuen Preßprozeß in Aussicht. ImBeobachter" war behauptet worden, der Abgeordnete Körner habe einem Oberförster gegenüber seine Agitation mit der Bezahlung als Geschäftsführer des Bundes ent­schuldigt und gesagt, wenn er von der Deutschen Partei 7000 erhalte, so werde er für sie arbeiten. Der Abgeordnete Körner dementiert aufs entschiedenste diese freierfundene Behauptung und will demBeobachter" an gerichtlicher Stelle Gelegenheit geben, sich wegen der beleidigenden, verleumderischen üblen Nachreden zu verantworten.

Stuttgart 1. März. (Strafkammer.) Wegen versuchter Erpressung, Beleidigung und Verleumdung hatte sich heute der 68 Jahre alte Mechaniker Oskar Lange von Mühlberg a. E. vor der Strafkammer zu verantworten. Der Angeklagte richtete an den Grafen Zeppelin eine Reihe Briefe, in denen er behauptete, er sei der Erfinder des lenkbaren Luftschiffes und das Zeppelin'sche Luftschiff sei eine Nachahmung seiner Erfindung. Einen Brief schrieb er auch an die Tochter des Grafen Zeppelin, die Gräfin Branden­

stein. In den Briefen an den Grafen drohte er, er werde in die Oeffentlichkeit treten. In einem Brief nannte er Graf Zeppelin den größten Spitzbuben des 20. Jahrhunderts, in einem anderen schrieb er, Graf Zeppelin habe den Kaiser und das deutsche Volk belogen. An die Gräfin Brandenstein schrieb er, wenn er nicht bald von ihrem Vater einen Bescheid erhalte, so werde er andere Schritte unternehmen, ihr Vater habe ihm seine Erfindung abgestohlen. Den ersten Brief schrieb er im Juli 1908. Graf Zeppelin stellte erst Strafantrag, als Lange schrieb, wenn Graf Zeppelin im Recht wäre, dann hätte er ihn, den Angeklagten, schon längst verklagt. Der Angeklagte beschäftigt sich schon lange mit Erfindungen. Im Jahre 1898 meldete er ein von ihm erfundenes lenkbares Luft­fahrzeug zum Patent an. Die Erfindung wurde in Oesterreich, Frankreich und England patentiert. Wegen Nichtbezahlung der Taxe sind die Patente aber erloschen. Lange behauptet, er sei der Erfinder des starren Systems. Er machte bei der Verhandlung geltend, er habe durch die Briefe nur bezwecken wollen, daß ihn Graf Zeppelin als Erfinder des lenkbaren Luftschiffes anerkenne. Die Anklage ist der Ansicht, daß er nicht nur diesen Zweck, sondern auch die Absicht verfolgt habe, von Graf Zeppelin Geld zu er­langen. In einem Brief schrieb er, Graf Zeppelin müsse sich mit ihm einigen. Graf Zeppelin bekundete, er habe, als er im Jahre 1895 seine Erfindung zum Patent angemeldet habe, keine Kenntnis von der Erfindung des Angeklagten gehabt. Lange hat seine Erfindung erst im Jahre 1898 angemeldet. Der Sachverständige, Geheim­rat Hergesell sprach sich dahin aus, daß zwischen dem System des Angeklagten und dem des Grafen Zeppelin auch nicht die geringste Ähnlichkeit bestehe. Der ärztliche Sachverständige bezeichnte den Angeklagten als geistig normalen Menschen. Lange erklärte zum Schluffe, er sei der Erfinder des starren Systems und kein anderer. Es tue ihm leid, daß er Graf Zeppelin beleidigt habe. Die Strafkammer vermochte ihm nicht zu wider­legen, daß er nur die Anerkennung seiner Priorität habe bezwecken wollen und verurteilte ihn wegen versuchter Nötigung, Beleidigung und übler Nach­rede zu fünf Monaten Gefängnis. Die versuchte Nötigung erblickte das Gericht in dem Brief an die Tochter des Grafen Zeppelin. Der Staats­anwalt hatte 2'/- Jahre Gefängnis beantragt.

Zuffenhausen 1. März. Als in der Stuttgarterstraße hier nach vorangegangenen Streitigkeiten dem ledigen Schlafgänger Oswald Jmmendörfer seine Logisfrau das Wiederbetreten des Zimmers an der Türe verwehren wollte, stach der rohe Mensch mit einem Messer auf die Frau ein und verletzte sie schwer. Die

Frau, die 8 Kinder hat und deren Mann schon seit längerer Zeit krank im Spital liegt, schwebt zwischen Leben und Tod. Der Täter ist verhaftet.

Freudenstadt 1. März. Die national­liberale Partei des Bezirks Freudenstadt hat auf Ansuchen der Volkspartei beschlossen, im bevorstehenden zweiten Wahlgang für den Kandidaten Gaiser einzutreten. Dieser Be­schluß ist, wie derSchwäbische Merkur" meldet, der Partei nicht leicht gefallen, da die Erfolge des ersten Wahlganges einen Sieg im zweiten Wahlgang keineswegs ausgeschlossen hätten. Er­schwert wurde der Beschluß auch durch das un­verantwortliche Vorgehen einzelner Anhänger der Volkspartei, die sich nicht nur zu Boykottandroh­ungen verstiegen, sondern auch in hochtragendem Ton erklärten, auf eine Wahlhilfe der Deutschen Partei zu verzichten. Auf Ansuchen der Volks­partei, deren Lage sehr gefährlich geworden wäre, habe dann die nationalliberale Partei im Ein­verständnis mit ihrem Kandidaten Walther sich entschlossen, mit Rücksicht auf die sozial­demokratische Gefahr und die allgemeine politische Lage die Kandidatur Walther zurückzuziehen und zur Unterstützung der volksparteilichen Kandidatur Gaiser aufzufordern.

Urach 1. März. In Dettingen hat ein aufgeregter Vater sein einziges 12jähr. Mädchen wegen einer kleinen Unart in das Wasser des Fabrikkanals geworfen. Zum Glück waren Leute in der Nähe, die auf die Hilferufe des Kindes herbeieilten und ihm heraushalfen. Als der Mann von dem Landjäger zur Ver­antwortung gezogen wurde, gebärdete er sich höchst unbändig und mußte geschlossen nach Urach abgeführt werden.

Geislingen 1. März. An die hiesige Gemeinderatswahl wird sich ein gericht­liches Nachspiel wegen Beleidigung knüpfen, an dem zwei Gemeinderatsmitglieder beteiligt sind, darunter ein hiesiger Rechtsanwalt als Beklagter.

Rot a. d. R. OA. Leutkirch 1. März. Im Filial Ergach ist das 2jähr. Söhn chen des dortigen Anwalts Jos. Reisch in einer nahe­gelegenen Dunglache ertrunken. Zwei jüngere Dienstmädchen, die kaum 40 Schritte von der Unglücksstätte weg beschäftigt waren, hatten noch gesehen, wie der Kleine mit einer Rute in der Hand Hennen nachsprang. Als sie ihn nach kaum 10 Minuten nicht mehr sahen, ging man auf die Suche und der Vater selbst fand seinen Liebling in der genannten etwa einen Meter tiefen Lache ertrunken auf. Eine Stunde lang angestellte Wiederbelebungsversuche blieben er­folglos und der herbeigerufene Arzt konnte nur

lästern. Geh, sonst könnt das Dach zusammenbrechen über dir Räubers­gesellen!"

Noch ein Wort, auch einziges, und es ist dein letztes." Seine Augen fuukelten wie die einer Katze, die auf Raub schleicht.Ich Hab geglaubt, es könnt in der Stille abgehen; wenn es aber nit sein soll, mir ists ganz gleich."

Er langte in die Tasche und hielt der verstörten Frau einen Revolver dicht vor die Stirn.

Auf alle Fälle ist vorgesorgt, daß hier das hilft für eine schlimme Weiberzunge! Was wißt Ihr von meinem gehetzten Leben", fuhr er in­grimmig fort.Ihr haust allweil zu, ein Tag geht und kommt wie der andere. Ich Hab auch einmal eine gute Stund gehabt und ans Arbeiten gedacht, doch es war wie ein Fluch auf mir gelegen; ein paar Tage ists gegangen, nachher wars aus und vorbei und die Arbeitsfreudigkeit fort, wie die Grille aus dem Grillenhaus und so verbleibts auch bis zu meinem letzten End. Behüt dich Gott, ThereSl, bist alleweil noch ein sauberes Weib und gut beisammen. Der Wendel, der Tapp, der kann vom Glück reden, dem hat meine Lumperei keinen Schaden gebracht. Der hat doch das beste Teil erwischt, meine Braut und das Dach wo meine Estern drunter gewohnt haben. Ich mein, du hast einen schweren Batzen Geld mit in die Ehe eingebracht."

Voll Abscheu und Widerwillen wandte Frau Therese das Haupt zur Seite.

Hast dich doch sonst nit gar so gescheut vor mir," sagte er unter rohem Gelächter.

Geh, ich will dich nit gekannt und nit gesehen haben. Geh, bevor mein Wendel ins Haus kommt und dich Schandfleck zu Gesicht kriegt."

Wenn wir zwei zusammenkämen, täts auch nit gut werden," lachte er höhnisch auf und ging aus der Tür.

In völliger Erschöpfung lauschte sie seinen Schritten, bis sie über der Treppe verhallten.

Drunten im Hofraum wurde es jetzt lebendiger. Aus geringer Entfernung vernahm man Menschenstirmmn, die immer näher herankamen; zwischenhinein heulte Tyras in allen Tonarten. Der Schneidmüller kehrte heim, und in dessen Gesellschaft befand sich Franz, der kränkliche Handwerksbursche, den Lindhammer auf dem Heimweg vom Dorfwirtshaus in einer förmlichen Erstarrung am Walde aufgefunden und wachgerüttelt hatte und dem er ein Nachtlager bei seinen Dienstboten angeboten hatte. Mit Dank war der junge Mann auf das freundliche Anerbieten ein­gegangen und dem Lindhammer zu seiner Behausung gefolgt; unterwegs hatte er den Lindhammer sogleich auf die Gefahr aufmerksam gemacht, die ihm und seinem Anwesen von einem alten Vagabunden drohe, mit dem Franz einige Tage gewandert; dabei hatte Franz auch nicht ver­schwiegen, daß der Strolch ihn selbst zur Beteiligung an einem Einbruch aufgefordert hätte.

Je mehr Lindhammer sich seiner Besitzung näherte, desto schwerer wurde es ihm ums Herz und das wütende Hundegebell erschien ihm gleichsam wie eine Bestätigung seiner schlimmen Befürchtungen. Der Tag hatte ohnehin des Unerfreulichen gerade genug für ihn gebracht. Schier unheimlich aber wurde es ihm erst, als er die Türe, die von rückwärts ins Haus führte, und deren veraltete Schließvorrichtung eine nur mir der Oertlichkeit genau vertraute Person kannte, weit offen fand.

Tyras!" der befehlende Zuruf brachte den Hund an seine Seite. Faß, da herinnen ist einer, der nit herein gehört in die Schneidmühl und der auch kein guts Gewissen hat. Ein Räuber, der friedsame Christenmenschen im Schlaf überfällt. Faß Tyras!"

Der Hund ließ sich das nicht zweimal gesagt sein. In tollen Sprüngen umkreiste er den Lagerraum und vor einem mächtigen Holzstoß, hinter dem der verwilderte und verkommene Erbsohn des Hauses, der Lindhammertoni, am Boden kauerte, machte er Halt.

(Fortsetzung folgt.)