mancher anderer Ziele der Gesetzgebung und Verwaltung bisher ermöglicht hat. Das vertrauensvolle Verhältnis zu Kaiser und Reich, das zu pflegen Sr. Majestät von Anbeginn an ein besonderes Anliegen gewesen ist, hat im letzten Jahre aufs neue das sichere Gefühl gegeben, ein ebenbürtiges voll geschätztes Glied in der mächtigen Wehrverfassung des Reiches zu sein. Es liegt darin, wie wir alle misten, zugleich die Bürgschaft für den Frieden, unter desten Segnung Reich und Bundesstaaten sich ungehindert der Entwicklung ihrer inneren Güter und Kräfte hingeben können.
Stuttgart 24. Febr. Zu Ehren des Geburtsfestes des Königs fand heute Abend großer Zapfenstreich statt. Die Musikkorps sammelten sich im Akademiehof und marschierten unter den Klängen des russischen Zapfenstreichs, flankiert von Fackelträgern, in den Hof des Wilhelmspalastes. Dort trugen die Kapellen unter der Leitung von Musikmeister Stoy drei Musikstücke vor. Eine vieltausendköpfige Menschenmenge umsäumte den Wilhelmspalast.
Stuttgart 24. Febr. Der Württem- bergische Photographenbund hat beschlossen, im Juni ds. Js., einen Allgemeinen Süddeutschen Photographentag abzuhalten, auf dem in freier Aussprache die wirtschaftliche Lage besprochen werden soll. Dieser Tag ist verbunden mit der 3. Bundesversammlung des württembergischen Bundes, einer Delegiertenversammlung des Zentralverbands Deutscher Photographenvereine, einer Messe in photographischen Artikeln, wozu sämtliche Händler Süddeutschlands, sowie die Fabriken des Reichs ihr Scherflein beitragen, ferner einer Ausstellung von Tagesphotographien, zu der nur süddeutsche Photographen zugelaffen sind, verbunden mit einer Prämiierung seitens des Zentralverbands. Anfragen sind nach Stuttgart, Eßlingerstraße 11 zu richten.
Calmbach OA. Neuenbürg 24. Febr. Architekt R. Speidel von Pforzheim errichtet hier eine großartige mustergiltige Fischzuchtanlage, die auf gegen 100000 zu stehen kommen dürste. In den Zeitungen sind gegenwärtig die Arbeiten zur Vergebung ausgeschrieben, unter anderem für die Hauptanlage ca. 42 000 für die Kühlanlage 6000 für das Bruthaus 12 000 für den Schuppen 2500 usw.
Tübingen 24. Febr. Ein Kranker der Nervenklinik, der sich in letzter Zeit als Theaterdichter bekannt gemacht hat, erregte gestern früh in der katholischen Kirche und im Konvikt eine peinliche Aufregung. Der Kranke ist in der Nacht entwichen, kam um 5 Uhr in
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die katholische Kirche, belästigte den zelebrierenden Geistlichen am Altar und drang schließlich in drohender Haltung in das Konvikt ein, bis er von dem Diener festgehalten und unschädlich gemacht war.
Herrenberg 24. Febr. Die am 18. d. M. unter dem Verdachte, gepfändete Sachen ihres Mannes versilbert und dadurch dem Gerichtsvollzieher vorgearbeitet zu haben, verhaftete Wirtin von Lustnau ist wieder in Freiheit gesetzt worden, da sich die gegen sie erhobenen Beschuldigungen als unrichtig erwiesen haben.
Urach 24. Febr. In Riederich hat ein Metzgermeister in einem im September v. I. erworbenen Hause eine größere Geldsumme in Gold und Silber gefunden, das nun die Erben des früheren Besitzers zurückverlangen. Das Geld soll in der Mauer hinter dem Ofen versteckt und im Keller vergraben gewesen sein und 5—6000 ^ betragen. ES dürfte zum Prozeß zwischen den Beteiligten kommen.
Gmünd 24. Febr. Gestern morgen kurz nach 6 Uhr ist der Damm des Sees bei der Hinteren Becherlehenstraße geborsten. Die Wassermassen überschwemmten die umliegenden Gärten und Häuser und richteten teilweise großen Schaden an.
Schussenried OA. Waldsee 24. Febr. Seit der letzten Woche herrscht unter den Viehbesitzern in der Umgebung eine Aufregung infolge Ausbruchs einer sonderbaren Krankheit unter dem Viehstand der Teilgemeinde Aichbühl. Das erkrankte Vieh vermag nach kurzer Zeit Futter und Trank nicht mehr zu schlucken und dieses bleibt wie es scheint, infolge Schlundlähmung im Schlund stecken. Mehrere beigezogene Oberamtstierärzte waren ratlos. Jetzt war in dieser Angelegenheit Professor Reinhardt von der tierärztlichen Hochschule Stuttgart hier, um die eigenartige Krankheit zu untersuchen. Er stellte fest, daß es sich allen Anzeichen nach um eine Schlundkopflähmung handelt, deren Erreger aber bis jetzt noch nicht bekannt ist. Die Ursache sei mit Wahrscheinlichkeit auf Futtervergiftung zurückzuführen. Es ist nun Futter nach Stuttgart gesandt worden, wo Fütterungsversuche und Beobachtungen angestellt werden. Ein Mittel, diese sonderbare Krankheit zu bekämpfen, giebt es bis jetzt nicht; es können nur Vorsichtsmaßregeln getroffen werden, um die Verschleppung zu verhindern.
Pforzheim 24. Febr. Wie jüngst gemeldet wurde, hat sich der hiesige Bijouteriefabrikant Schwemmte mit seiner Familie vergiftet, weil er durch seinen Schwiegervater Kohlhaas in Kaiserslautern viel Geld verlor. Inzwischen ist
K. in Konkurs gekommen. ES wird jetzt berichtet, daß die Ueberschuldung des KohlhaaS 400000 ^ betrage.
Vom badischen Schwarzwald 24. Febr. In St. Georgen bei Villingen ist gestern mittag ein ca. 4 Jahre alter Knabe erhängt aufgefunden worden. Ein Einwohner von St. Georgen ist der Tat verdächtig, doch ist Näheres bis jetzt noch nicht bekannt.
Berlin 24. Febr. Der österreich-ungarische Minister des Aeußern Graf Aehrentahl hatte nach 5 Uhr wiederum eine Konferenz mit dem Reichskanzler. Die Abreise erfolgt abends.
Berlin 24. Febr. (DeutscherReichstag.) Vizepräsident Dr. Spahn eröffnet die Sitzung um l'/t Uhr. Auf der Tagesordnung steht die Weiterberatung des Etats desReichs- amt des Innern. Abg. Wörner (Rfpt.): Das Programm, das der Reichskanzler im Land- wirtschaftSrat entwickelt hat, findet untere Zustimmung. Die Landwirtschaft muß geschützt werden, aber auch der Handwerkerstand erfordert große Fürsorge, was allein durch den großen Befähigungsnachweis möglich ist. Das Warenhaussystem schädigt das Handwerk außerordentlich, deshalb verlangen wir die Einführung einer Reichswarenhaussteuer. Abg. Göring (Ztr.): Wir verlangen von der Regierung eine energische Förderung des Handwerks durch Kreditgewährung und Durchführung des sozialpolitischen Programms des Zentrums mit allem Nachdruck, wie es sich in den von uns eingebrachten Resolutionen widerspiegelt. Bei der Vergebung von staatlichen Arbeiten verlangen wir die Hinzuziehung von Sachverständigen. Die Strafanstalten sollte man möglichst unberücksichtigt lasten. Maßnahmen sind notwendig zur besseren Ueberwachung der Hausierer, ferner gegen die Auswüchse des Wanderlagerwesens und die Abzahlungsgeschäfte. Der Hansabund wird niemals die Interessen des Handwerks wahren. Abg. Findel (natl.): Der Staat hat seine Pflicht dem Mittelstand gegenüber nicht erfüllt. Will man dem Handwerker helfen, so muß man zunächst das Volksschulwesen reorganisieren. Der Mittelstand wird überall zurückgesetzt. Das sieht man wieder an der preußischen Wahlrechtsvorlage. Abg. Carstens (Frs. Vp.): Das große Interests, das man den sozialen Fragen entgegenbringt, beweisen die 51 zum Etat vorliegenden Anträge. Der Staatssekretär hat Anregungen gegeben, aber wir vermissen eine scharfe, präzise Stellungnahme in den wichtigsten Fragen und eine klare Antwort darauf. Unsere handelspolitischen Beziehungen haben sich wesentlich verschlechtert. Wir verlangen klare Antwort auf folgende Fragen: Will man der deutschen Industrie
wirst, sonst ists aus mit uns zwei und wir sind geschiedene Leute für immer! Du kennst mich Bursch und weißt, ich treib mit solchen Sachen keine Späße. Was du sonst noch geschwätzt hast, von einem andern Dirndel, das war Gered ohne Sinn und Verstand, das will ich jetzt nit gehört haben!"
Strenger Ernst lag in seinen Worten, strenger Ernst in seinem Blick.
„Ich mein halt, der Vater hat sich seinerzeit auch ein Dirndl gesucht, das ihn gefreut hat und nit eins, das ihm die Leute ausgeredet haben!" sagte er voll finsteren Trotzes. „Das Heiraten ist die wichtigste Sach im Leben, bei der man halt leicht ins Unglück hineingeraten könnt und zu der ich mich nit zwingen laß. Sollt mich der Vater doch gleich lieber unter Kuratel stellen, nachher wüßt ich doch, daß ich nirgends etwas zu reden hält' und alleweil wie eine Katze auf den Pfoten umeinander- schleichen muß!"
Vor Lindhammers Augen flimmerte es und die starken Zornadern auf seiner Stirn traten in bläulich-roten Umristen hervor; er vergaß, wo er sich befand, vergaß auch Ort und Leute und seine Stimme klang wie das Rauschen eines Wildbaches, als er gebietend sprach:
„Oho, ein wenig mehr Respekt, du frecher Bursch, du redest mit deinem Vater. Das ganze Jahr nichts richtiges Schaffen, alleweil fortlodern und lumpen, und nachher doch das große Wort führen, damit kommst du bei mir nit durch. Kein Steindl auf dem Dach, kein Halm auf dem Ackerland draußen käm dir zu, wenn ichs nit gehalten hält', die Sach. Verschuldet und auf der Gant sind meine braven, rechtlichen Erben in die Erd hineingekommen, wegen einem, der so war, wie du, der nie gespart und geschafft, nur alleweil fortgelumpt hat und hinterher verdorben und gestorben ist, wie ein Lump, als der er gelebt hat. Nein Büabl, so Hausen wir zwei nit länger mit einander! Du freist um die Gundi, oder für alle Zeit ists aus mit uns und in der Schneidmühl, da findest von heut an verschlossene Türen für dich!"
„Ich tus nit, ich nehm sie nit, die heimlich stille Dingin, die zu
widere, die kein lautes Wort und kein Vergnügen vertragen kann, die man nit anrühren darf, weil sie gar so fein ist und gleich in der Mite abbrechen tät. Ich Hab meinen Spaß mit ihr gehabt, weils der Raintaler so gewollt hat, und jetzt muß ers schon haben wie es ist. Ich will ei« gesundes, lebfrisches Dirndel, eines, an dem ich eine Freud Hab. Die Vroni, unsere Oberdirn, die ist eine gute Hauserin, und ein richtiges, schneidiges Dirndl, die ist mein Schatz und wird später auch mein Weib."
Der Lindhammer war totenbleich geworden, der Atem ging ihm keuchend aus der Brust hervor, dennoch versuchte er zu lachen. Allein dies Lache« kam heiser und schrill aus der Kehle.
„Ich glaub gar, dir fehlts im Oberstübl drin, Sixt", sagte er spöttisch. „Die Vroni ist soweit ein ganz richtiges Dirndel, doch um etliche Jahre älter wie du selber und wie es nachher mit dem Vermögen steht, da ist es gleich ausgeredet. Weißt Bua, du hast halt lauter dumme Sachen im Kopf und bist allweil im Vollen gesessen, wie der Kanarienvogel im Hanf. Du kennst das Schaffen und Zusammenhalten nit und so mein ich schier, du schaust ein bissel in der Welt umeinand, verdienst dir etwas und kommst in etlichen Jahren wieder zurück und heiratest dein Dirndel, dahin wo du willst, doch nie in die Schneidmühl hinein! Das darf nit sein, das geht nit an, und bevor ich zu all deiner Lumperei ein „Ja und Amen" sag, bevor soll das „Wildwasser" die Schneidmühl mit fort tragen!"
Er ließ den Verdutzten stehen und wandte sich schwerfälligen Schrittes dem Platze zu, wy er seine Frau noch immer in eifrigster Unterhaltung vorfand.
„Mir ists gar nit gut, Theresl, und schwül ists wie vor einem Gewitter. Ich mein, wir haben genug gehabt von dem Vergnügen und fahren heim. Die Braunen könnten leicht scheu werden nächtens!" Er sagte es in ruhiger, bestimmter Weise, daß sie sich sofort erhob, verabschiedete und seinem Wunsche nachkam.
(Fortsetzung folgt.)