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die Landschaften des offenen Schwarzwaldvorlandes und auf dem rechten Nagoldufer treten uns fast unvermittelt die schlehenbekränzten Steinriegel des sogenannten Hcckengäus entgegen, welche in der Südostecke von den hopfenbestandenen Lehm- und Lettenkohlenflächen des eigentlichen Gäus abgelöst werden.
Schon die Höhenangaben lassen erkennen, daß das Gebiet, welches das Blatt umfaßt, im allgemeinen sich nur flach nach Osten einsenkt. Diese flach nach Osten geneigte Landschaft erfährt eine bedeutende Unterbrechung durch die Nagold, welche das Blatt in zwei nahezu flächengleiche Teile trennt. Die Nagold mit ihrem an Niederschlägen reichen Einzugsgebiet bildet auch die landschaftliche Grenze zwischen Schwarzwaldvorland und dem offenen, waldärmeren Gäu. Die Nord- westecke des Blattes zwischen der Nagold und der Teinach zeigt uns ein typisches Schwarzwaldbild. Dies tritt nicht nur dort in die Erscheinung, wo die munteren, von Forellen belebten Wässer durch grüne Rieselwiesen dahineilen, sondern es zeigt sich uns auch auf den Höhen, wo in echten Schwarzwalddörfern der wetterfeste Waldbouer die kärglichen Erträge seiner Felder einheimst.
Steigen wir von Teinach aus auf die Höhe, so treffen wir oben im „Georgsstollen" die Zeugen eines einstigen blühenden Bergbaues, die auf der Hochebene um Neubulach zu einem ganz eigenartigen Landschaftsbilde sich vereinigen. Es ist dies ein trümmerbedecktes, kaum von einer Grasnarbe überwuchertes Oedland. Nach Berichten der Chronisten konnte einst aus den Erträgnissen des Bulacher Bergwerksbetriebs Rupprecht von der Pfalz die Kosten für das Fest seiner Kaiserkrönung in Aachen bestreiten.
Außer den schon genannten Wasserläufen kommen für das Bodenrelief im Norden des Blattes noch der Rötel-, Heiligen- und der Lützelbach in Betracht, welche sich bis in den mittleren Buntsandstein eingenagt haben. Im Süden, nahe am Blattrande, mündet der Schwarzenbach in die Nagold. Auch die Osthälfte des Blattes entsendet den wichtigen Agen- mit dem Schlittenbach. Einige kleinere Wässer der rechten Seite bringen kohlensauren Kalk, gelöst von den Höhen, und scheiden ihn unten im Nagoldtale ab, so daß der Botaniker verwundert in diesem typischen Buntsandsteintale plötzlich kaliliebende Pflanzen findet. Etwa ein Fünftel des Blattes gehört bereits zum Würmgebiet. Die Wasserscheide zwischen Nagold und Würm tritt etwa beim Einsiedelkreuz, westlich von Gechingen, auf daS Blatt.
Der geologische Aufbau des Blattes Stammheim ist verhältnismäßig einfach.
Westlich der Nagold, deren Bett ganz im „mittleren" Buntsandstein liegt, zwischen oberem und unterem Geröllhorizont, beherrscht der „obere" Buntsandstein fast ausschließlich die Höhen, auf denen sich einige Lößlehmflächen und Partien der unteren Hälfte des Wellengebirges vereinzelt auflagern. Erst auf der rechten Nagoldseite beteiligen sich die höheren Schichten am Aufbau. Der „mittlere" Hauptmuschelkalk hebt sich als Geländestufe heraus, wenn auch gerade die auffallendsten Stellen durch Waldbedeckung verhüllt sind. Die Höhen werden dann von der obersten dolomitischen Region des „Hauptmuschelkalkes" eingenommen, häufig überdeckt von „Lößlehm", außerdem noch von der „Lettenkohle". Alluvialer „Kalktuff" findet sich an den Talhängen, teils auch in der Sohle selbst. —
Diesem geologischen Ausbau entsprechen auch die Siedelungsverhältnisse. Im Nordwesten haben wir einen vollständigen „Schwarzwaldcharakter" der Siedelungen, die sich dort in rauher Lage auf den Höhen vorfinden. Emberg, Zavelstein, Sommenhardt, Lützenhardt, Liebelsberg und Neubulach liegen auf dem stacken Buntsandsteinplateau, ohne Schutz gegen die Unbilden der Witterung. Als Ausnahme liegt Teinach im Tale, dessen Ansiedelung sich aus den daselbst hervortretenden Mineralquellen erklärt. Die anderen Dörfer der linken Nagoldseite haben in den für das obere Buntsandsteingebiet charakteristischen flachen Talanfängen etwas Schutz gesucht, so Altbulach, Oberhaugstett, Effringen, Schönbronn und Rotfelden. Auf der östlichen
Nagoldseite belehrt uns die Lage der Dörfer in den Talsohlen, daß wir in das „Gäu" kommen, wo infolge der verschiedenen Widerstandsfähigkeit der Hauptmuschelkalkschichten gegenüber den Atmosphären die eintönige Hochfläche verschwindet und ein welliges Gelände Platz greift.
Topographisch besonders auffallende Erscheinungen des Blattes sind die fast in sich selbst zurückkehrenden „Talschlingen" der Nagold und die „Erdfälle". Die Tal schlingen sind die Wirkungen einer reinen Erosionstätigkeit, die man in die „Diluvialzett" zu verlegen hat. Die Erdfälle sind im Osten des Blattes sehr häufig. Ihre Entstehung hat man sich folgendermaßen zu denken. Dos in Vertiefungen sich ansammelnde Oberflächenwasser hat eine tiefer greifende Auslösung beschleunigt und dazu beigetragen, daß auf den zahllosen Klüften des Muschelkalkes Wasser bis zu den kleinen Salz- und Anhydrit- stöcken des Anhydritmuschelkalkgebirges hat gelangen können. Durch Auslaugung dieser leicht löslichen Salze sind dann größere Hohlränme entstanden, in welche die in sich völlig zerklüfteten Hauptmuschelkalkschichten eingebrochen sind. Das allmähliche, gelegentlich sogar plötzliche Nachsinken der oberflächlichen Schichten hat dann die Erscheinung der „Erdfälle" hervorgerufen. —
Das Grundgebirge ist am Ausbau von Blatt Stammheim durch „Granit" (bei Teinach) vertreten. Das Deckgebirge enthält „Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper". Der Buntsandstein gliedert sich wiederum in den „mittleren oder Hauptbuntsandstein" und in den „oberen Buntsandstein" (Röth). Die durchschnittliche Mächtigkeit des Hauptbuntsandsteins wird auf 80 m veranschlagt. Der obere Buntsandstein zerfällt auf Blatt Stammheim, wie auf den angrenzenden Blättern, in den „Plattensandstcin" und in den „Röthton". Das zweite Glied der Trias, der „Muschelkalk" ist im Blatt in einer Gcsamtmächtigkeit von über 160 m vorhanden. Er zerfällt in den „unteren, mittleren und oberen" Muschelkalk. Auch dos dritte Glied der schwäbischen Trios, der „Keuper" beteiligt sich, wenn auch nur mit seinen tiefsten Schichten, der Lettenkohle, an dem geologischen Ausbau unseres Blattes. — Die jüngeren Bildungen (Quartärformalion) stellen sich auf der West- und Osthälfte unseres Blattes als Löß, Lößlehm, Schutt- und Venvitterungsprodulte, Terrassen, Süßwosserkalk- tuffe und Alluvionen der heutigen Wasserläufe dar. Ihrem Alter nach verteilen sie sich auf die Diluvial- und Alluvialzeit. In der Nähe von Wildberg sind nicht weniger als 4 Terrassen einer eiszeitlichen Nagold nachgewiesen worden, die sich mit den bei Nagold beobachteter» älteren Flußablagerungen vollkommen decken. —
Noch diesen allgemeinen Schilderungen des geologischen Aufbaues von Blatt Stammheim wollen wir zur Beschreibung der Bodenverhältnisse in land- und forstwirtschaftlicher Hinsicht, das heißt zum boden- kundlichen Teil unseres Blattes übergehen.
Unter Boden versteht man den obersten, lockeren Teil der Erdrinde, der eine Vegetationsdecke von höher organisierten Pflanzen zu tragen befähigt ist.
Die Eigenschaften der Böden sind bedingt durch die Beschaffenheit chemischer und physikalischer Natur, welche die Gesteine besitzen, aus deren Verwitterung sie entstanden sind. Die Schilderung der bodenkundlichen Verhältnisse muß sich deshalb eng an die geologische Gliederung anschließen.
Für unser Blatt Stammheim kommen hienach vor allem die Böden des „mittleren Buntsandsteins" in Betracht. Sämtliche 3 Abteilungen desselben setzen die tief eingerissenen Hänge des Nogoldtales und der Täler ihrer Nebenbäche zusammen. Da sie mit wenigen Ausnahmen der Waldkultur überlasten sind, so ist hier nur die forstwirtschaftliche Seite zu berücksichtigen. Der Hauptbuntsandstein liefert einen lockeren Quarzsandboden von ziemlicher Durchlässigkeit der einen guten Waldbestand zu tragen vermag.
Die Böden des „oberen Buntsandsteins" sind, wie bereits erwähnt, zweierlei Art. Die erste Art, der Plattensandstein, bildet westlich der Nagold, und auf zusammenhängenden
Arealen auch im Osten, einen vorwiegend dem Ackerbau dienenden Untergrund. Seine gering tonige Beschaffenheit bedingt einerseits eine für den Pflanzenwuchs durchaus günstige, nur selten lästige Zurückhaltung der atmosphärischen Feuchtigkeit und andererseits eine beträchtliche Beteiligung von Feinbestandteilen an der gesamten Zusammensetzung des Bodens. Auch gewährleistet seine durch die Neigung zu plattig-schiefriger Absonderung hervorgerufene Krümelstruktur eine günstige Durchlüftung. Da der Plattensandstein außerdem ziemlich tief verwittert, so liefert er einen in physikalischer Beziehung guten Boden, der bei hinreichender Düngung auch ertragreich ist. In chemischer Beziehung ist er aber an Nährstoffen recht arm und bedarf einer ausgiebigen „künstlichen Düngung mit Kalk". Tonig lettige Einlagerungen machen ihn verhältnismäßig undurchlässig und daher für den Wiesenbau sehr geeignet. Leider sind diese Wiesen nicht ganz frei von sauren Gräsern, so daß sich eine Zugabe von Kalk, der mit leichter Mühe durch Zuführung von dem reichlich vorhandenen Muschclkalkmaterial möglich ist, sehr lohnt. — Der meist nur in Form eines schmalen Bandes ausstreichende „Röthton" ist dem sich hiezu vorzüglich eignenden Wiesenbau überlassen; denn der Röthton liefert einen schweren, gleichzeitig mineralkräftigen Boden. —
Vom Muschelkalkgebiete unseres Blattes sind die „Wellengkbirgsböden" überwiegend der Waldkuliur überlasten. Im übrigen eignen sich diese tonig-kalkigen Schichten sehr gut zu „Melioration!-mergeln", besonders für leicht austroänende, nährstoffarme Buntsandstein- areale. Jn^vielen Gebieten des Schwarzwalds haben die Landwirte diesen Wert erkannt und verwenden deshalb die unteren Wellenmergel entsprechend. Die „oberste Abteilung des Wellen- gebirges" ergibt einen leicht austrocknenden, sonst aber ganz günstigen und mineralkräftigen Boden. Der „mittlere Muschelkalk" liefert ebenfalls recht mineralkrästige Böden. Der „obere Muschelkalk" liefert Böden, die vorwiegend dem Feldbau dienen. —
Die Verwitterungsböden des auf der Süd- ostccke unseres Blattes beschränkten unteren Keupers heben sich durch ihre graue Farbe von den bräunlich gefärbten Muschelkalkböden so leicht ab, daß die Ausscheidung nicht schwer ist. Man hat im Keuper zwischen den mehrteiligen Schichten und den mehr sandig dolomitischen zu unterscheiden. Die ersteren sind infolge ihrer Wasterundurchlässigkeit zum Wiesenbau sehr geeignet und werden bei dem Mangel an für Wiesen geigneten Arealen in den Flußniederungen von den Gäudörfern auch fast immer für diesen benützt. Diese Areale neigen aber sehr zur Versun psung und die guten Futtergräser sind daher auch vielfach durch Sauergräser und Moose zersetzt. Mechanische Bearbeitung, Zufuhr von Kaimt und Actzkalk würden hier gute Dienste leisten. — An feinen und feinsten Bestandteilen außerordentlich reich, besitzen die „Lößlehm- böden" des Blattes meist eine genügende Mineralkraft. Aber der Kalkgehalt ist der Auslaugung völlig anheimgefallen, und dieser Verlust an dem pflanzlich so wichtigen Nährstoff hat die Folge, daß die Böden sich stark setzen. Sie werden ziemlich schwer durchlässig und büßen ihr Durchlüftungsvennögen ein. Durch Zuführung von Kalk lasten sie sich aber unschwer verbessern und liefern dann bei sonstiger ausreichender Düngung hohe Erträge. Die mächtigeren, am Fuß der Talhänge und in der Sohle tieferer Einsenkungen angesammelten Schuttmengen (Schuttbildungen) sind besonders im Buntsavd- steingebirge verbreitet und setzen sich aus den Verwitterungspiodukten aller im Hange anstehenden Schichten zusammen. Diesen Bildungen fehlt es nicht an feinen Bestandteilen, so daß wir hier einen reichlich tiefgründigen, lockere» Boden haben, der sich für den Waldbau gut eignet. Die stets durchfeuchteten Talböden de« Blattes sind, wie bereits erwähnt, in der Regel dem Wiesenbau überlassen. Mit Rücksicht auf die starke Auswaschung sind aber diese Wiesen für eine entsprechende Kalkzusuhr sehr dankbar. Das sonst im Schwarzwald übliche Rieseln (Bewässern der Wiesen) findet in unserem Blatte