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aeihliche Entwicklung derselben zu fördern. Unterstaatssekr. Lindequist: Wir haben das Entstehen der kleinen Anfiedlungen stets gefördert. Für diese ist besonders bisher Tabakbau in Betracht gekommen. Natürlich sind die kleinen Liedlungen nur in bestimmten, besonders guten Landstrecken möglich. Schwarze-Lippstadt <Ztr.) wünscht weitere Förderung des Wege­baues in Südwestafrika. Storz (südd. Vp.): Trotz aller Verdienste des Gouverneurs von

Zchuckmann scheint es doch, daß die Differenzen n Südwest einen gewissen Rückhalt an dem

Gouverneur haben. Die Einmütigkeit, mit

welcher der Reichstag sich hinter den Staats­sekretär stellt, mag ihren Eindruck auf die unzufriedenen Elemente nicht verfehlen. Abg. NoSke (Soz.): Es ist und bleibt ungehörig, wenn Parlamentarier Aufsichtsräte der Kolonial­gesellschaft werden. Die Kulturentwicklung läßt sich auch ohne Greuel fördern. Abg. Goller Frs. Vp.): Ich selbst habe mich nicht an Gründungen beteiligt, den Abgeordneten darf

aber nicht untersagt sein, sich daran zu beteiligen, onst wären auch die Arbeitersekretäre zu ver­rannen, denn auch für sie heißt es:Deß Brot ch esse, deß Lied ich singe". Abg. Erzberger Ztr.): Jedem Abgeordneten muß es frei stehen, wenn es auch nicht erwünscht ist, sich an Unter­nehmungen zu beteiligen. Der Mission und den Missionsschulen muß man freie Wirksamkeit lassen. Zeder Geistliche muß die Konfessionsschule der Regierungsschule vorziehen dürfen. Der Bischof von Samoa hat nur sein gutes Recht verfolgt. Staatssekretär Deryburg: Ein Telegramm aus Südwest bestätigt, daß wir dort 150 Kamel- Lämmer haben, die sich ausgezeichnet wohl befinden. Die Sozialdemokratie hat noch im Jahre 1006 alles abgelehnt; heute erkennt sie manches an, sie hat sich also geändert. Sie sollte auch einige ihrer Resolutionen Nlbrecht zum ! Kolonialetat einbringen zur Bereitstellung von Summen zur Förderung der Baumwollkultur. Auf Samoa ist die Sache so: Niemand wird den Bischof hindern, katholische Schulen für weiße und schwarze Katholiken zu halten. Niemand kann es aber auch der Regierung verbieten, Simultanschulen einzurichten. Das tat der Gou­verneur, nachdem er die Mission davon vorher m Kenntnis gesetzt hatte. Nachdem die Schule errichtet war, hat der Bischof von der Kanzel herab den katholischen Kindern den Besuch der Regierungsschule verboten und Zuwider­handlungen mit Exkommunikation bedroht. Das entspricht nicht der Lehrfreiheit und der Parität. Es ist natürlich sehr wünschenswert, daß überall in den Kolonien sich deutsche Missionare befinden, die Beziehungen mit der Heimat auf­recht erhallen. Ledebour (Soz ): Aus unserer

Haltung dem Swakopmunder Telegramm gegen­über ist keine Abkehr von unserer bisherigen Politik zu folgern. Auch dem allerschärfsten Gegner gegenüber werden wir, wenn ihm Un­recht geschieht, wie in diesem Falle dem Staats­sekretär, beispringen. Es soll keinem Abgeordneten verboten sein, an Unternehmungen sich zu be­teiligen, wohl aber soll er nicht im Aufsichtsrat sitzen und womöglich noch in der Budgetkommission. Die Kolonialpolitik Dernburgs wird kein Sozial­demokrat billigen. Abg. Arning (natl.): Das an einem kolonialen Unternehmen beteiligte Mitglied der. Budget-Kommission hat in loyaler Weise seine Bedenken über die Zugehörigkeit zur Kommission und als Referent geäußert. Der Einwand wurde aber abgewiesen. Abg. Schwarze- Lippstadt (Ztr.) weist die Angriffe Gollers zurück. Abg. Storz (südd. Vp.): Wegwerfend haben wir uns nie über die Missionen geäußert. Abg. Erzberger (Ztr.) : Der Bischof von Samoa ist schon länger dort, als dieses zu Deutschland gehört. Die Missionare find Deutsche. Eine Androhung wegen des Besuchs der Regierungs­schule ist z. B. in den Kirchen nicht ergangen. Nur in einem Schreiben an die Behörden findet sich etwas ähnliches. Ein Weg der Verständigung würde auch gefunden werden. Staatssekretär Dernburg: Auch nachdem die Anstellung eines katholischen Lehrers an der Regierungsschule beschlossen wurde, hielt der Bischof sein Verbot aufrecht. Das Ansehen der Regierung mußte leiden, wenn der deutsche Gouverneur sich dem französischen Bischof unterworfen hätte. Abg. Müller-Meiningen (frs. Vp.): Der Staats­sekretär hatte recht, auch in Samoa das Staats­recht gegen kirchliche Anmaßungen zu verteidigen. Abg. Erzberger (Ztr.): Der Bischof hat in­zwischen die deutsche Staatsangehörigkeit er­worben. Wir würden uns freuen, wenn die Sache in befriedigender Weise beigelegt würde. Auch der Bischof ist dieser Meinung. Aber seine religiöse Ueberzeugung muß respektiert werden. Abg. Dove (frs. Vp.) stimmt Müller-Meiningen bei. Der Etat für Südwestafrika wird ohne weitere Debate genehmigt; desgleichen wird eine Resolution der Kommission angenommen betr. Landüberlassung an die Gemeinden von Südwest­afrika und Erlaß einer Gemeindesteuerordnung. Es folgt die Beratung des Etats für Deut sch- Ostafrika. Abg. Arendt (Rp.): Bei der Beamtenbesoldungsreform müssen auch die Lehrer in den Kolonien bedacht werden. Die Organi­sation der Ostafrikanischen Bank ist völlig verfehlt. Abg. Werner (Rsp.): Man sollte endlich auch in Ostafrika die deutsche Reichswährung einführen. Staatssekretär Dernburg: Zu einem Ein­greifen in die Geschäfte des Gouverneurs liegt kein Anlaß vor. Die Währungsfrage läßt sich

so schnell nicht lösen. Es wird aber stäntssg daran gearbeitet. Die Tätigkeit der Bank ent­spricht den örtlichen Verhältnissen Ostafrikas. Der Etat wird bewilligt, desgleichen ohne De­batte die Etats für Kamerun, Togo und Neu- Guinea. Bei dem Etat für Samoa erklärt Abg. Arning (natl.): Wir pflichten dem Staats­sekretär durchaus bei, wenn er die Regierungs­autorität rücksichtslos gewahrt wissen will. Die Abgg. Kopsch, Müller-Meiningen, Erz­berger u. a. besprechen neuerdings den Kon­flikt der Regierung mit dem Bischof von Samoa. Staatssekretär Dernburg teilt mit: Rach neueren Meldungen sind katholische Priester und Lehrer für den Religionsunterricht in der Re­gierungsschule zugelassen. Es soll eine prote­stantische und eine katholische Abteilung gegründet werden. Abg. Erzberger (Ztr.) betont, da­mit sei der Standpunkt der religionslosen Schulen verlassen und der Konflikt erledigt. Nach weiterer unerheblicher Debatte wird der Etat der Schutzgebiete erledigt. Es folgt der Etat des Reichskolonialamtes. Staatssekretär Dernburg sagt gegenüber einer Anregung des Abg. Arendt die Bereitstellung von Mitteln zur Erforschung Ostafrikas zu. Einstimmig wird dann eine vom Abg. Treuenfels (kons.) empfohlene Resolution der Kommission angenommen, nach welcher in Berlin für die auf außereuropäischem Boden gefallenen Krieger ein Denkmal errichtet werden soll. Der Etat wird bewilligt. Der Etat des ReichsmilitärgerichtS wird ohne Debatte erledigt. Darauf vertagt sich das Haus. Nächste Sitzung morgen nachmittag 1 Uhr: Dritte Lesung des portugiesischen Handelsvertrags. Etat des Reichstags und kleinere Vorlagen.

Hamburg 3. Febr. Zu dem Schisfs- un glück auf der Elbe wird gemeldet: Durch den außenbords hängenden Backbordanker des VollschiffesSusanne" wurde dem Dampfer Annie" der Backbordbug soweit aufgerissen, daß der Dampfer in wenigen Minuten sank. Der Kapitän, der Lotse, zwei Heizer und ein Steward sind gerettet, während sechs Mann ertrunken sind. Die Bergung des Schisses ist schwierig.

Paris 3. Febr. Die Seine ist seit ihrem Höchststand bis heute mittag 2,02 m gesunken. Ein weiteres Abnehmen um 4050 cor wird im Laufe des Tages erwartet. Die meisten Straßen sind dem Verkehr wieder freigegeben, doch haben sich verschiedentlich neue Bodensenk­ungen gezeigt; so namentlich vor dem Marine­ministerium. In den Vororten hat sich die Lage gleichfalls bedeutend gebessert; indessen ist Becon noch überschwemmt und in Courbevoin sind mehrere Häuser eingestürzt. In Alfort und in Villeneuve St. Georges ist der Hochwasserschaden

Eine Lüg' ist's. Besoffen warst . . . und wenn Du Dich noch einmal so was zu sagen traust . . ."

Da steht Sanna plötzlich wieder Heraußen vor Stirn und sagt laut: Wahr ist's, Stini, was er sagt und damit ist's genug. Dir, Lenz, sag ich, damit Du's weißt: derselbige hat ein Recht, mich zu küssen, mit ihm bin ich versprochen. Ich hoff', jetzt wirst nimmer herauf kommen!"

Lenz lacht spöttisch auf.

Erst recht jetzt! Erst recht ..."

Sanna und Stini treten schweigend in die Hütte und letzterer schließt die Tür. Dann macht er sich am Herd zu schaffen, wo sein Abendbrot steht und holt sich seinen Strohsack aus dem Winkel. Keine Frage kommt über seine Lippen. Auch Sanna schweigt. Erst als der Alte seine Decke hervorsucht und das grobe Leintuch über den Strohsack breitet, sagt sie:Und fragt Ihr gar nicht, wer derselbe ist, den ich geküßt Hab?"

Er blickte sie milde lächelnd an.

Wenn Du einen küßt, Sanna, dann wird er wohl kein Schlechter sein und ich kann's nicht anders sagen, als daß ich mich freu darüber."

Sanna atmet tief auf.

Nein, Stini, kein Schlechter ist er nicht, und weil's schon so gekommen ist, muß ich'S Euch auch endlich sage«: Der Hobein Franz ist's, der unter die Holzer gegangen ist, mit dem ich mich versprochen Hab."

Stini ist nicht einmal besonders erstaunt. Er nickt zufrieden:Wenn Euch die Engeln im Himmel doch wieder zusammengesponnen haben, dann wird's schon das Richtige sein. In ihm hast einen Braven gefunden, Sanna!"

Sie setzt sich noch ein wenig auf die Herdbank und erzählt Stini, wie alles gekommen ist. Zuletzt redet sie ihm auch von ihren Sorgen, und je mehr sie davon spricht, desto leichter scheint ihr alles zu werden, bis sie schließlich nicht mehr fühlt als die große Liebe, die in ihr ist, für den Franz.

Als sie endlich schweigt, sagt Stini:Es ist schon so auf der Wett . . . so viel tut der Mensch und denkt und sorgt und zuletzt muß doch ein anderer kommen und den Strich darunter setzen, sonst stimmt die Rechnung nicht. Sorg Dich nicht, Sanna, um den Buben, ich hab's in mir, daß Eure Rechnung falsch ist und doch glatt aufgehen wird."

Mit diesen rätselhaften Worten trennen sie sich, um endlich zm Ruhe zu gehen.

15.

Es geht auf den Abend zu. Oben über die Höhen schleicht noch ein lichter, rosenroter Schein von des Tages Helle, aus Gräben und Schluchten aber wälzen sich schon schwarze Nachtnebel.

Tief drinnen im Dullinggraben, wo die steilen Gebirgsabhänge mit ihrem schwarzgrünen Hochwaldmantel trichterartig niedergehen und der steinige Weg jäh aufhört, steht ein Haus, aus mächtigen Balken roh zu­sammengefügt, am Ufer des Wildbaches.

Die Fenster sind klein, das Holzdach mit Moos bewachsen, MsoS füllt die Ritzen zwischen dem Balkenwerk, daß Wind und Kälte nicht eindringen können. Das Innere des Hauses bildet ein einziges Gemach, das Wohn- und Schlafstätte zugleich mit der Küche ist.

In einer Ecke der massive Eßtisch mit Bänken, neben der Eingangstür in der anderen Ecke der offene Kochherd, über den an rußiger Kette ein Kessel niederhängt.

Die übrigen Wandflächen find mit Bettstellen sausgefüllt. Neben jedem Bett ist ein Nagel mit dem Lodenmantel seines Besitzers, darunter ein Sack oder eine Kiste mit den übrigen Habseligkeiten.

Das ist das Holzknechthaus im Dullinggraben. Unter dem Dach ist ein Heu- und Strohvorrat, dahinter ein Verschlag, der gegenwärtig Loris Schafraum bildet.

In einem kleinen Holzschuppen neben dem Haus sind zwei Ziegen untergebracht.

(Fortsetzung folgt.)