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der beim Arrangement größerer Festlichkeiten immer in erster Linie stand und auch sonst im öffentlichen Leben hervortat, hat offenbar schon seit Jahren weit über seine finanziellen Mittel gelebt und es ist bekannt, daß er schon wider­holt auswärts Anlehen aufzunehmen suchte. Dieses Vorgehen, das natürlich auch auf die bisherige Unantastbarkeit der Firma seinen Einfluß äußern mußte, hatte den anderen Teilnehmer veranlaßt, die Intervention des Handelsgerichts in Anspruch zu nehmen und dieses hat schon vor etwa 4 Wochen dem älteren Bruder die Vertretung der Firma entzogen. - Heute nun erscheint Eduard Föhr in der Konkursliste. Es dürfte hiernach sicher sein, daß die Firma Eduard Föhr selbst durch die Angelegenheit nicht weiter berührt wird.

Poppenweiler O.A. Ludwigsburg 22. Jan. Das so plötzlich eingetretene Hoch­wasser hat auch hier Schaden angerichtet. Das neue Stuttgarter Elektrizitätswerk konnte zwei Tage nicht mehr arbeiten, da das Hinter­wasser zu hoch war. Es mußten beide Walzen am Wehr hochgezogen werden. Vorgestern nacht brachen am elektrischen Aufzug einer Walze zwei Kammruder entzwei, wodurch sich die 300 Ztr. schwere Walze senkte. Der Schaden wird in einigen Tagen wieder ausgebessert sein. Drei Turbinen sind nun wieder im Gang die vierte wird ausgebefsert. Es gibt auch hier immer wieder Reparaturen.

Heilbronn 21. Jan. In dem Prozeß wegen der Streikkravalle in Neckarsulm find bisher drei Urteile verkündigt worden. Der Angeklagte Dunzendorfer wurde freigesprochen. Er hatte drei Monate in der Untersuchungshaft gesessen. Der Angeklagte Mancinelli wurde wegen eines Vergehens der versuchten Nötigung zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt, die durch die Untersuchungshaft verbüßt sind. Das Ver­fahren gegen den Angeklagten Oster wurde ab- § getrennt und soll in einem späteren Termin ! verhandelt werden. Die Verhandlung wird heute fortgesetzt.

Heilbronn 22. Jan. Ein schwerer Unfall ereignete sich gestern mittag in der Eisen­gießerei und Maschinenfabrik von Julius Wolfs u. Co. Dort ging der 15 Jahre alte Schlosser - lehrling Karl Steinbach mit einem Eisenstück gerade unter einem Kranen vorbei, als dieser Herabgelaffen wurde und den Jüngling so un­glücklich auf den Kopf traf, daß das Schädeldach schwer verletzt wurde. Der arme Junge wurde ins Krankenhaus verbracht, wo alsbald eine Operation an ihm vorgenommen werden mußte.

Obernau O.A. Rottenburg 22 Jan. Die am Mittwoch hier angeschwemmte Leiche wurde am Donnerstag untersucht. Man kon­

statierte, daß es ein männlicher Leichnam ist. Vor 8 Jahren ist bekanntlich der 22jährige Bernhard Straub von Schwalldorf spurlos verschwunden. Er war damals mit seinen Kame­raden in der Restauration zu Bieringen. Als seine Kameraden sich auf den Heimweg machten, ging er angeblich hinter ihnen drein, ohne je­mals nach Hause zu kommen. Die Untersuchung brachte nicht das geringste an den Tag, und seitdem fehlte jede Spur. Die Angehörigen des selt­sam Verschwundenen waren bei der Untersuchung zugegen. Sie vermuteten in dem Angeschwemmten ihren Sohn und Bruder. Doch konnten sie ihn nicht mit Sicherheit erkennen, obwohl die Körperlänge (1,55 Mir.) annähernd stimmte. Daß der menschliche Körper schon lange, vielleicht jahre­lang im Wasser gelegen hat, kann als sicher an­genommen werden. Am ganzen Leib zeigte sich die nach sachverständiger Aeußerung seltene Fett- wachsbildung. Merkwürdig ist auch, daß der eine Fuß (auch die Haut) noch gut erhalten ist. Eine Körperverletzung konnte nicht mehr nach­gewiesen werden, es sei denn, daß man von den vorhandenen Spuren geronnenen Bluts, die sich am Hals befinden, auf Strangulierung schließen wollte. Vorerst darf die Leiche nicht beerdigt werden. Vielleicht nimmt sich die K. Staatsan­waltschaft der Sache an. Der Fall erregte seinerzeit weit im Umkreis großes Aufsehen, Aufregung und Anteilnahme. Es wäre sehr zu wünschen, daß durch weitere Untersuchung über das so mysteriöse Verschwinden eines Bezirks­angehöringen endlich Klarheit geschaffen würde.

Lorch 23. Jan. Seit mehreren Tagen wird einer der geachtetsten und angesehensten Bürger, der Kaufmann August Finckh, ver­mißt. Er erfreute sich eines glücklichen Familien­lebens und stand in den besten Verhältnissen. Verleumderische Ausstreuungen haben den leicht erregbaren Mann, der seine Ehrenhaftigkeit über ? alles hochhielt, so alteriert, daß er sich heimlich von hier entfernt hat und, wie man glaubt, mit Selbstmordgedanken uwherirrt. Seins Familie, die sich natürlich in größter Sorge um den Ver­mißten befindet, hat inzwischen die Unwahrheit der gegen ihn erhobenen Nachrede so überzeugend aufzuklären vermocht, daß Finckh, wenn er davon Kenntnis erhielte, sich zweifellos beruhigen und zu den Seinen heimkehren würde. Die weitesten Kreise Lorchs vereinigen sich mit ihnen in dem Wunsche, daß der unglückliche Mann sobald als möglich Kenntnis von der Grundlosigkeit seiner Aufregung erhalten möge.

Bopfingen 21. Jan. Gestern Abend '/r6 Uhr geriet in der Lacklederfabrik der Firma Mölen der Lack in dem Abfallraum durch Um­werfen einer Lampe in Brand. Durch die

Du, wieso Du Dich am Habererhof als Bäurin aufspielfl, wo nicht ein Stein davon Dein eigen ist?"

Die Hobeinin tut einen kurzen spöttischen Lacher.

Und ich möckt Dich fragen, Du, wieso Du dazu kommst, so was zu sagen! Habererbäurin bin ich nach dem Testament und wenn Du's nicht glaubst, dann frag bei Gericht an."

Dein Testament gilt nicht. Wo hast das andere hingeschafft?"

Ich? Welches andere?"

Das, wo der Hobein dem Franz den Hof verschrieben hat. Gibst es nicht gutwillig her, so klag ich Dich."

Du!!? Was geht'S Dich an?"

Das ist meine Sach. Klagen tu ich Dich wegen Testamentunter­schlagung. Der Stini und der Notar in Egydy sind mir Zeugen, daß es der Hobein anders im Sinne gehabt hat, als Du vorgebracht hast. Wort für Wort weiß ich das Testament auswendig."

Die Hobeinin erblaßt, kreuzt dann aber die Arme über der Brust und lacht höhnisch.

Ehvor aber klag ich Dich, Kleekamp, wegen Verleumdung! Ich soll ein Testament unterschlagen haben? Daß ich nicht lach! Mein Lebtag Hab ich kein anderes gesehen, als das, wo der Ambros mich zur Erbin einsetzt . . ."

Da war's! Und . . ."

Und wenn's da war! Und wenn Du hundert Zeugen dafür bringst! Kannst 'leicht beweisen, daß cs der Bauer nicht vor seinem Tod selber zerrissen hat? Aha, jetzt wirst bleich! Ja, gelt, auf das hast nicht gedacht? Geh nur zu Gericht! Klag mich! Tu, was Du willst, deswegen bleibt's nach dem Gesetz doch so, daß das erste Testament gilt, bald das zweite nicht da ist."

Der Kleekamp greift sich mit zwei Fingern unter die Halsbinde und zerrt daran, als sei sie ihm plötzlich zu eng geworden. Dann heftet er den Blick wieder auf die Hobeinin, welche triumphierend dasteht. Einmal

rasche Hilfe seitens der Brauerei Böß konnte das Feuer, ehe größerer Schaden entstand, mittels eines FeuerlöschapparatsMinimax" gelöscht werden. Der Lackiermeister Erhardt erlitt am Kopf und an den Händen erhebliche Brand­wunden, so daß er ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußte. Die telephonisch gerufene hiesige Feuerwehr konnte wieder abbestellt werden.

Heidenheim 22. Jan. Die Maschinen­fabrik I. M. Voith, die vor wenigen Jahren im Wettbewerb mit den bedeutendsten Turbinen­bauanstalten der ganzen Welt den Auftrag auf Lieferung der großen Turbinen für die Aus­nützung der Niagarafälle davontrug, hat dieser Tage 3 weitere Turbinen von je 12 300 Pferde­stärken für die gleiche Anlage zur Lieferung übertragen erhalten. Insgesamt hat Voith 14 Turbinen von zusammen 150000 Pferdestärken für die Niagarafälle geliefert und in Auftrag erhalten.

Biber ach 22. Jan. Wie nachstehnder origineller Einfall zeigt, kommt selbst bei dem gegenwärtigen Bierstreik der Humor noch zu seinem Rechte. In dem benachbarten O. ließ ein Spezereiwarenhändler in der ihm zunächst liegenden Wirtschaft in einem ganzen Literkrug '/-t Liter Bier nach Hause holen. Der Wirt wollte seinerseits auch den Nachbar wieder in Nahrung setzen und beauftragte sein Dienst­mädchen sogleich wieder ein Pfund Salz zu holen. Anstatt der sonst üblichen Salztonne mußte das Mädchen diesmal einen leeren Gersten­sack mitnehmen und als der Krämer das Salz abgewogen hatte, hielt das Mädchen den Sack bereit, um das Salz demselben einzuverleiben. Der Krämer machte jedoch ein -sehr verdutztes Gesicht und sagte zu dem Mädchen, ob sie denn nicht mehr ganz bei Sinnen sei. Doch, doch, Herr Nachbar erwiderte das Mädchen, aber Sie schickten vorhin zu einem Viertele Bier auch einen ganzen Liierkrug, deshalb habe ich zu dem Pfund Salz ebenfalls einen größeren Behälter mitgenommen, damit ja nichts verschüttet werde.

Tet 1 nang 22. Jan. Am Donnerstag nacht schlug der Blitz in das hiesige Schul­gebäude am nordwestlichen Giebel und zertrümmerte und warf in der ganzen Breite Platten her­unter. Welchen Weg der Strahl nahm, konnte noch nicht festgcstellt werden. Der Schaden ist nicht bedeutend.

Fri edrichs h afen 22. Jan. (Boden­see d a m p f s ch i s f a h r t.) Nunmehr liegen von allen drei deutschen (württ. bad. und bayr.) Bodenseedampfschiffahrtsverwaltungen die Jahres­berichte vom Rechnungsjahr 1908 vor, das in Württemberg am 31. März 1909 abschloß. Am besten rentierte die bayrische Dampfschiffahrt,

hat er sie nicht hören wollen, der da, am Kleekamphof. Jetzt ist er stumm geworden unter ihren Worten. Um ihn noch mehr zu demütigen, sagt sie jetzt boshaft:Wenn das alles ist, was Du mich fragen hast wollen, dann ist's nicht für den Weg gestanden. Oder bist nur selber gekommen, weil sich von Dein Knecht keiner mehr herüber traut?"

Der Kleekamp sieht sie von oben herab an.Du", mahnt er ernst, spiel Dich nicht mit mir! Hast Du damals die Hand erhoben gegen meinen Knecht ... für mich bist weniger als ein Knecht, das merk Dir! Und jetzt will ich wissen, wo der Bub ist, der Franz?"

Die Hobeinin, in deren Augen bei seinen Worten ein böses Funkeln gekommen ist, zuckt die Achseln.

Weiß ich's? Fort ist er."

Wohin?"

Hab ihn nicht gefragt. Am Habererhof hat er nichts mehr zu suchen."

Warum ist er fort?"

Das geht Dich nichts an . . ."

Der Kleekamp faßt mit eisernem Griff ihren Arm und schüttelt sie hin und her.

Wenn ich Dich was frag', so hast zu antworten, verstanden? Warum er fort ist, will ich wissen?"

Weil . . . weil er überhaupt nicht hergehört. Weil er gar nicht dem Ambros sein Sohn ist, und das Hab ich ihm gesagt."

Der Kleekamp taumelte plötzlich zurück, als habe ihm jemand einen Keulenschlag versetzt. Sein Gesicht ist weiß wie die Linnen.

Das hast ihm gesagt . . ." stammelte er mühsam und stützt sich mit den Händen auf die Tischplatte . . .Das . . ."

Die Hobeinin nickt. Der Kleekamp kommt ihr ganz sonderbar vor. Warum schaut er sie an, als ob er sie umbringen wollte? Warum ist er so außer sich? Auf einmal ist er wieder dicht vor ihr und schreit:Woher hast das, Du?"

Vom Ambros selber."

(Forts, folgt.)