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nämlich zu 10,26 Proz. gegen 7,79 Proz. im Vorjahr; auch in Württemberg stieg die Rente von 1,25 Proz- auf 3,47 Proz., während Baden ein Defizit von 53 037 -. (Vorjahr 9 815 ^) hatte. Der gewaltige Vorsprung Bayerns rührt von seinem verhältnismäßig sehr starken Güter­verkehr her, insbesondere auch dem Durchgangs- güterverkehr nach der Schweiz, an dem Würt­temberg und Baden viel zu wenig beteiligt sind. Der Ueberschuß betrug in Württemberg 75 559 gegen 27 320 im Vorjahr; das Mehr rührt lediglich von dem durch Zeppelin ziemlich ge­steigerten Personenverkehr, sowie von verminderten Ausgaben her, während der Güterverkehr einen kleinen Ausfall aufweist. Württemberg und Baden hatten je 8 Dampfschiffe (darunter in Württemberg 1 Dampfbarkasse) 3 Schleppkähne und 2 Trajektkähne im Betrieb; Bayern 6 Dampfschiffe, 1 Dampffähre, 5 Schleppkähne und 3 Trajektkähne.

München 23. Jan. Heute vormittag wurde auf dem Hauptbahnhof einer Schloßbesitzerin aus der Umgegend eine Handtasche mit Juwelen im Werte von 30000 ^ gestohlen. Von dem Täter fehlt jede Spur.

Darmstadt 23. Jan. Wie die seismische Station Jugenheim mitteilt, ist nach ihren Fest­stellungen der Herd des gestrigen starken Erd­bebens im südlichen Teil von Island zu suchen, das schon mehrfach von Erdbeben heimgesucht worden ist. Die Entfernung beträgt etwa 2500 km. Das gestrige Erdbeben war so stark, daß die Zeiger am Seismograph wiederholt an die An- ! schläger anstießen. Im wesentlichen war das ! Erdbeben um 12 Uhr beendet. Nachklänge ; dauerten bis V-2 Uhr nachmittags. Schwache ! Nachbeben fanden abends zwischen 10 und 11 Uhr und nachts kurz vor 3 Uhr statt.

Gelsenkirchen 22. Jan. Um 1.40Uhr ist es gelungen, die 6 Verschütteten zu bergen. Die Leute sind sämtlich gesund und konnten zu Fuß zur Waschkaue gehen. Einer von ihnen hat einen Armbruch erlitten. Sie wurden zum Knappschaftskrankenhaus gebracht. Die Rettungsarbeiten waren zum Schluß immer langsamer vor sich gegangen, da fortwährend neue Einbrüche erfolgten.

Essen 22. Jan. Wie schwierig sich das Rettungswerk gestaltete, geht aus folgender Darstellung eines an den Rettungsarbeiten be­teiligten Bergmanns hervor: Der Schacktring war so eng, daß die Rettungsmannschaften das Geröll mit den Händen fortschaffen mußten. Auf diese Weise mußte man einen etwa 13 Meter langen Stollen durch das Geröll Herstellen um schließlich zu den Verschütteten zu stoßen. Als­dann ließ man zu den Verschütteten ein Seil hinab, an dem die sechs bis zu dem Förderkorb heraufgezogen wurden. Die Geretteten haben ihre unfreiwillige Gefangenschaft verhältnismäßig gut überstanden. Sie erklärten, daß sie nicht einen Augenblick geschlafen haben. Der Raum, in dem sie sich befanden, war kaum 2 Kubikmeter groß; hier mußten sie mit gekrümmten Rücken, eng aneinander gekauert, die 87 Stunden ver­bringen, ohne sich rühren zu können. Die Leute konnten das Tageslicht gut vertragen, nur waren ihre Augen stark gerötet.

Aachen 23. Jan. (Erdbeben-Ver­zeichnung.) Auf der Erdbebenstation der Tech­nischen Hochschule wurde gestern vormittag 9 Uhr 50 Min. ein Erdbeben registriert wie es in gleicher Stärke seit Bestehen der Station noch nicht beobachtet wurde. Die Aufzeichnungen der Seismographen dauerten bis gegen 11 Uhr. (Das Observatorium in Brüssel hat das Erdbeben ebenfalls verzeichnet, welches in einer Entfernung von ca. 2000 km stattgefunden hat.)

Hamburg 23. Jan. Die Gebäude auf dem Grundstück Danielstraße 103, in denen große Kork- und Oelvorräte liegen, stehen inFlammen. Sieben Züge der Feuer­wehr beteiligen sich an den Löscharbeiten.

Breslau 22. Jan. (Wieder ein Bergwerksunglück.) Im Georgenschacht der Mathildengrube wurden drei Häuer durch herabfallende Gesteinsmassen verschüttet. Einer wurde getötet, die beiden anderen sind

schwer verletzt. In der Ludwig-Glücksgruhe wurden drei Arbeiter durch Zerbrechen eines Pfeilers verschüttet. Einer wurde getötet, die beiden anderen erlitten leichtere Verletzungen.

Innsbruck 22. Jan. Aus allen Landes­teilen kommen Nachrichten übergroße Lawinen­stürze. Im Oetz-Tale sind ganze Waldstellen von Lawinen fortgerissen worden. In Vorarlberg haben Föhnstürme gewaltigen Schaden angerichtet.

Wien 22. Jan. Hofrichters Verhalten im Militär-Arrest hat die Besorgnis wachgerufen, er könnte in Wahnsinn verfallen. Die aufge­zwungene Untätigkeit und die vollkommene Ab­schließung hätten ihn trübsinnig gemacht. Er brütet in seiner Zelle vor sich hin und verweigert schließlich die Annahme von Nahrung. Die Verpflegung aus einer in der Nähe des Garnisons­gerichtes gelegenen Gastwirtschaft wurde eingestellt und an deren Stelle die Verpflegung aus der Traiterie des Garnisonsgerichtes gesetzt. Man wollte vermeiden, daß außerhalb des Gerichts­gebäudes etwas von diesem Hungerstreik bekannt werde.

Wien 22. Jan. Die Staatsanwaltschaft hat eine Broschüre, die der sozialistische Schrift­steller Max Winter über den Fall Hofrichter geschrieben hat und die bei Albert Langen in München erschienen ist, beschlagnahmt. In der Broschüre war die Notwendigkeit dargelegt worden, auch andere Spuren als die gegen Hofrichter sprechenden zu verfolgen.

Brüssel 22. Jan. Die Prinzessin Luise hat nach Befriedigung eines Teiles ihrer Gläubiger 10 000 Franks für die Armen von Brüssel, Laeken und Spa, sowie für verschiedene andere Wohltätigkeitszwecke zur Verfügung gestellt.

Brüssel 22. Jan. Die von dem Anwälte der Prinzessin Luise in den letzten Tagen vorgenommene Prüfung der von den Gläubigern erhobenen Forderungen hat durch die Natur der eingegangenen Schuldverpflichtungen die unabweis­bare Notwendigkeit erkennen lassen, die Prinzessin einer gerichtlichen Vormundschaft bezüg­lich des Abschlusses von Kaufgeschäften und der Uebernahme von Rechtsverbindlichkeitcn zu unter­stellen. Wie zuverlässig verlautet, wird der Schwiegersohn der Prinzessin Luise, Herzog Ernst Günther von Schleswig-Holstein namens der Familie diese Schutzmaßregel veranlassen.

Belfort 23. Jan. (Hochwasser in Frankreich.) Nach den Regengüssen der letzten Tage hat sich nunmehr starkes Schneegestöber eingestellt. Infolgedessen sind zahlreiche Telephon- und Telegraphendrähte zerstört. Auf der Bahn­linie unweit des Tunnels Genevreuille bei Lure fand ein Erdrutsch statt. Ein Bahngleise ist verschüttet worden, der Verkehr wird auf einem Gleise aufrecht erhalten. Die Ueberschwemmungen längs der Maas nehmen zu, ebenso zwischen Sedan und Mezieres, wo die Felder bis auf weite Strecken überschwemmt sind. Auch die Aisne ist stark gestiegen. Im Aisne-Tal haben alle Fabriken und Mühlen ihren Betrieb ein­stellen müssen. In den Straßen von Reihe! steht das Wasser meterhoch. Die Einwohner sind in ihren Häusern blokiert. Der Verkehr wird mit Booten aufrecht erhalten. Große Holzlager sind durch die Waffermengen beschädigt. In Troyes ist die Unterstadt vollständig überschwemmt. In Foucheres ertranken 2 Kinder. In Epernay herrscht große Befürchtung wegen des zunehmenden SteigenS der Marne. Seit gestern Nachmittag stehen auch hier die tiefer gelegenen Stadtteile unter Wasser und die Wohnungen mußten ge­räumt werden. In der Umgebung von Epernay sind mehrere Ortschaften überschwemmt und vom Verkehr vollständig abgeschnitten. Die Einwohner sind bedroht. Viele haben sich auf die Dächer geflüchtet. Auch in Chateau sur Marne ist die Lage noch sehr ernst. Die Truppen beteiligen sich an den Rettungsarbeiten. Der Schaden ist sehr groß.

Paris 22.Jan. (Ueberschwemmungen in Frankreich.) Der Schaden der infolge der Ueberschwemmungen durch das Wasser der Seine verursacht worden ist, ist sehr bedeutend. Die Bahnstrecke zwischen den Bahnhöfen St. Michel und dem Quai d'Orsay ist überschwemmt. Sämt­

liches Eisenbahn-Material mußte während der letzten Nacht nach dem Austerlitz-Bahnhofe gebracht werden, wobei die Wagen mitunter 40 ein tief im Wasser fuhren. Der Schaden an der im Bau begriffenen Nord-Süd-Strecke der Unter­grundbahn ist sehr bedeutend. Die ganze Strecke zwischen den Bahnhöfen St. Lazare und dem Havre-Bahnhof bis zum Trinite-Platz steht unter Wasser. Das Wasser erreicht stellenweise eine Höhe von 2 m. Zahlreiche Arbeiter sind seit gestern mit den Rettungsarbeiten beschäftigt. Sie versuchen, daS fortwährend eindringende Wasser ab »sperren. Die Elektrizitätswerke, welche die öffentlichen Uhren speisen, stehen seit gestern Abend unter Wasser und alle elektrische Uhren stehen seit 10 Uhr 52 Min. still. Um 1 Uhr heute Nacht drang das Wasser in die Station Chatelet der Untergrundbahn ein. Auch der Rohrpostdienst ist durch die Ueberschwemmungen teilweise unterbrochen.

Paris 22. Jan. (Gefahr für den Eifelturm.) Heute vormittag wurde in der Nähe des Eifelturms der Zugang für das Publi­kum gesperrt. Es hatten sich nämlich starke Bodensenkungen in der Umgebung der Fundamente des Eifclturmes bemerkbar gemacht. Die Behörden wurden sofort davon in Kenntnis gesetzt. Eine Kommission ist damit beschäftigt, zu erforschen, ob möglicherweise eine Einsturz­gefahr besteht. Die Lage ist nicht unbedenklich.

Madrid 23. Jan. Heute erfolgte unter lebhafter Teilnahme der Bevölkerung, die auch in großen Scharen aus der Provinz gekommen war, der feierliche Einzug der aus Marokko heimkehrenden Truppen in die festlich geschmückte Hauptstadt. Die Truppen wurden am Eingang der Stadt von dem Bürgermeister, dem Gouverneur, dem Ministerpräsidenten und dem Kriegsminister begrüßt, wobei der Minister­präsident dem Führer der heimkehrenden Truppen, General Trovas, seine Glückwünsche zu der vor­züglichen Haltung der Truppen aussprach. Um 1'/- Uhr erreichte der Festzug, der sich unter dem Jubel der Menge nur langsam durch die dicht besetzten Straßen vorwärts bewegte, das kgl. Schloß, wo der König und die Königin mit dem Kronprinzen auf einem Balkon stehend die Truppen defilieren ließen.

Petersburg 22. Jan. Der Peters­burger Korrespondent desMatin" meldet, daß der wahre Grund der Krankheit und Gemüts­depression der Zarin der sei, daß sie sich in gesegneten Umständen befinde.

Vermischtes.

Ucber einen eigenartigen Simplizis- simusprozeß berichten dieLcipz. N. N." aus München. Danach hätte dieSimplizifsimus"- Moral jetzt durch die gerichtliche Verurteilung zweier Geschäftsführer des verstorbenen Simplizifsimus"-Verlegers Albert Langen einen harten Stoß erlitten. Das Landgericht München hat jene als Zoll- und Steuer­defraudanten zu der stattlichen Geldstrafe von 90040 ^ verurteilt. DenL. N. N." wird über den Prozeß und seine Vorgeschichte mit­geteilt : Die beiden Geschäftsführer haben in ihrer Selbstverteidigung, nur teilweise geständig, den verstorbenen Prinzipal als Anstifter bezeichnet, und diese Angaben werden erhärtet durch die noch nicht in die Oeffentlichkeit gelangte Tatsache, daß gegen den verstorbenen Albert Langen selbst ein Verfahren deshalb eingeleitet war, dessen Aufregungen das überraschende Ende des herz- leidenden Mannes nach einer Ohrenoperation beschleunigt haben mögen. Langen hatte die Vertretung einer Mailänder Automobilfabrik übernommen. Hierbei sollen die Zoll- und Steuer­unterschleife erfolgt sein. Die Mailänder Auto­mobile wurden unter raffinierter Täuschung der deutschen Zöllner als alte, längst versteuerte Fahrzeuge mit falschen Karosserien und Nummern maskiert und mit falschen Zoll- und SteucrauS- weisen über die badische und bayrische Grenze geschmuggelt. Ein ausgezeichnetes Thema für eineSondernummer" desSimplizifsimus" meint dazu die Tägl. Rundschau.

Ein Zukunftsbild von Edison. Aus New-Dork wird berichtet: Edison ist unter