64

schließenden Frühschoppen in einer benach­barten Gemeinde bei einem10 <>Wirt."

Straßburg LO.Jan. JnderSchweiz verursachte der fürchterliche Orkan mit 116 Kilometer Windstärke und der 24 Stunden dauernde Regenfall zahlreiche Katastrophen. In vielen Orten mußten Häuser und Ställe ver­lassen werden. Teilstrecken von Bahnen gerieten unter Wasser. In Lausanne wurde die elek­trische Leitung zerstört. In den Bergen herrscht hochgradige Lawinengefahr.

Koblenz 20. Jan. (Hochwasser.) Der Rhein ist seit gestern um 1 m gestiegen. In Koblenz stand vormittags der Pegel 2 m über Null. Das Wasser steigt stündlich um 5 em. Die Mosel führt brausendes Hochwasser. Der Pegel in Trier stand vormittags I I Uhr auf 5m. Die Moseltalbahn mußte den Betrieb einstellen. Diel Mosel-Werft in Koblenz ist überschwemmt. Von allen Orten an der Mosel werden Hoch­wasserschäden gemeldet.

München 20. Jan. (Sturm und Hochwasser.) Auch in vielen Teilen Bayerns hat die Ungunst der Witterung in den letzten Tagen schweren Schaden angerichtet. Besonders im Allgäu wüteten schwere Stürme und Wolken­brüche, die Hochwasser herbeiführten und in mehreren Städten die elektrische Licht- und Kraft­leitung zerstörte. Heute sind in Bayern in vielen Richtungen umfangreiche Telephonstörungen ein­getreten. Im Gebirge traten die Schneefälle so heftig auf, daß heute Morgen bis in den Tal­lagen Schneehöhen von über einem halben Meter gemessen wurden.

Berlin 20. Jan. (Reichstag.) Vize­präsident Spahn ei öffnet die Sitzung um l'/i Uhr. Am BundesratSt sch sind die StaaiSsikcctäie Fih'. v. Schön und Lisco erschienen. Der H wdelsv'rtrag mit Bolivien wird in 3. Lesung angenommen, nach­dem der Abg. Manz (Frs. Vp) auf d e große Er­regung hingewiesen hat, die die in Mitleidenschaft gezogene Spielwarenfabrikation ergriffen hat. Das HauS tritt sodann in die 2. Etatsberatung, beginnend mit dem Justizetat Titel 1, Gehalt des Staats­sekretärs ein. Abg Dr. Beizer (Ztr.): Im Auf­träge meiner Fraktion spreche ich unsere dankbare Gesinnung gegenüber dem bisherigen Staatssekretär v Nieberding aus. Wir wünschen ibm noch viele Jahre der wohlverdienten Ruhe. Wr wünschen dem neuen Staat? sskre'är, daß es chm gelingen möge, das große Werk der Strafrechtsreform zu einem baldigen günstigen Abschluß zu bringen. Ab­änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs hinsichtlich der Tarifgem-inschaft, Best mmungen über den Ver­kauf von Immobilien sind erwünscht. Die Gebühren­ordnung für Sachverständige ist abzuändern. Den Rechtsanwälten müssen die baren Auslagen aus der Staatskasse ersetzt werden. Auch ein einheitliches

Reichsberggesetz tut not. Dem internationalen Recht ist nach den verschiedensten Seiten hin größte Auf­merksamkeit zuzuwcnden. Abg. Dr. Gtese (kons): Wir erblicken ein erfreuliches Zeichen dafür, daß in der Revision der Strafprozeßordnung und des Straf­rechts alle Wünsche erfüllt sind, und daß auch zu dem jetzigen Justizetat keine Resolutionen gestellt sind. Wir bitten den Staatssekretär, sich über die Pläne für die Entlastung des Reichsgerichts auszulcssen. Das Automobilgesetz sollte dahin erweitert werden, daß die Haftpfl cht des Unternehmers sich auch auf Sachbeschädigung erstreckt. Das bürgerliche Gesetz­buch hat sich in den 10 Jahren seines BesyherS durchaus bewährt. Abg. Junck (natl ): Mit dem Etat und den Anregungen dazu kan« man im allgemeinen einverstanden sein. Auch eine Reform der Zivilprozeßordnung sollte nicht zu lange ver­zögert werden. Einzelne Forderungen, wie die Rechtsfähigkeit der Berufsvereine sind hiebet leicht zu erfüllen In dem jetzt schwebenden Kompetenz- streit bat Rußland zuerst ein deutsches Gericht angervfen und damit sich selbst dem deutschen Recht unterstellt Das auswärtige Amt tätte dieses U teil nicht als nichtig und wirkungslos bezeichnen sollen. Das ist sehr bedauerlich. Darüber hatte nur ein deutsches ordentliches Gericht zu entscheiden. Das auswä tige Amt hätte sich bewußt sein sollen, daß d-ese völkerrechtliche Auffassung von der Mehrheit der Judikatur nicht geb'llgt wird, zunächst n!ch> vom Reichsgericht. Eine kräftigere Begründung der Maß­nahmen wäre riotwerdig gewesen. Es ist dringend nötig, über solche Fragen völkerrechtliche Verträge abzuschlietzen Stamssikeetär v Lisco führt aus: Wegen der Entlastung des Reichsgerichts ist ein Entwurf ausgearbeitet, über d-sstn Einzelheiten allerdings noch nicht gesprochen werden kann. Das Ausführungsgesetz über d'e Bern-r Konvention vom 13 Nov. 1908 geht in nächster Woche dem Buudes- rat zu und wird dann sofort veröffentlicht werden. Die Ausdehnung der Haftpflicht der Eisenbahnen für Sachschaden kommt im Laufe dieses Frühjahrs zur Verhandlung. Grundbücher sind j'tzt in allen Staaten mit Ausnahme von W-imar, Rudolstadt und Elsaß Lotbringen angelegt worden. Aber nur in letzterem wird die Anlegung noch längere Zeit brauchen. Ueber das internationale Wechselrccht beginnen demnächst die anpekündigten Korferenzen. Die Berichterstattung seitens der Presse über Sitt- lichkeiiSprozesie wird sich nicht in d m Maße, wie der Zentrumsantrag es wünscht, verbinden lassen. Es ist anzuerkennen, daß die Gebüh enordnung für Sachverständige vnd Zeugen in keiner Weise der Neuzeit enlspricht. ES wa>- bereits ein Entwurf auSgearbeitet worden. Dieser Emwurf ist jedoch wegen der zu hohen Köllen für seine Durch­führung einstweilen zurückgestellt worden. Das Verfahren im Falle Hellfeld, in dem der preuß sche Minister die Entscheidurn des Kompetenz­gerichts angervfen hat, beruht auf reichsaesstzlicher Grundlage und ist nach dem Gerichlsve fossungS- gesetz und dem preuß schen Einführunosgesetz voll­kommen zulässig. Nachdem ich 3l Jahre im preu­ßischen Justizdienst gestanden habe, können sie ver­sichert sein, daß ich immer für alles, was recht ist,

nach Kräften eintreten werde. Abg. Dove (Frs. Vgg) In der Hellfeldangelegenheit erkläre ich, daß wir Feinde der Erhebung des Kompctenzkor flikteS sind. In der Bekämpfung der Schmutzliteratur sind wir einig. Abg. Heine (So,.): Meine Partei hat stets die Verdienste des früheren Staatssekretärs Dr. Nieberding anerkannt. Eine Ueberlastung des Reichsgerichts erkennen auch wir an. Auch in kleinen Sachen sollte dem Volke der Zutritt zum Reichsgericht zugelaffen werden. Die Oeffentlichkett der Prozesse darf unter keinen Umständen einge­schränkt werden. Die Pornogrvphie bekämpft mau am besten durch Erziehung und Hygiene. DaS Strafgesetzbuch muß gründlich reformiert werden. Der Vorenlwurf genügt gar nicht. Die Freiheits­strafen gehen large nicht weit genug vnd berück- sichtigen die Erfahrungen der neuesten Zeit nicht. Aack die Vorschriften des Vereinsgesetzes werden durch den Entwurf verschlechtert. Sachs. Geh-Rat Dr. Mayer: Des Königreich Sachsen hat sich niemals einen Eingriff in dos Re chsrecht zu Schulden kommen lassen. Abg. v. Dziembowskt-Pomian <Pole): Der Verirrter des Reiche justtzamtes, der daS Recht schützen soll, darf nicht dulden, daß die Justiz einer bestimmten politischen Richtung dienstbar ge­macht wird. Ich verlange, daß er sich unserer be­rechtigten Fm derungen annimmt. Abg. Vah reu­horst (Rp ) begrüßt den Antrag auf Erhöhung der Zeugengelühren usw. und verlangt einheitliche R gelung der Haftpflicht der Eisenbahnen und Klein­bahnen ieder Art. Abg. Werner (Rfp): Die Art, wie der Staatssekretär des Auswärtigen sich in die Rechtssprechung eingemischt hat, kann nur das Ansehen der deutschen Justiz schädigen. Redner tadelt ferner den Zeugniszwang gegen Redak eure. Abg. Becker-Köln (Ztr.) beklagt, daß für Zu- sa» menlegung kleiner Giundstücks-Parzellen die Ge­bühren zu hoch seien. Einveistanden sei er mit dem Verlangen nach einem einheitlichen Strafvollzug, wenn dieser möglich sei. Abg. Ablaß (fts. Vp.) stellt d'e Frage, warum die Rechtssprechung mcht so populär sei wie früher und beantwortet sie dahin, daß der Richter sich zu sehr als Staatsbeamter fühle. Die Generaldebatte schließt nunmehr. Das Gehalt des Staatssekretärs wird bewilligt, ebenso der Rest des Etats des Reichsjnstizamtcs. Morgen 12 Uhr Etat dls Reichseisenbahnamtes und Kolo- nial-Etat.

Berlin 20. Jan. (Südwestafri­kanischer Marmor.) In der Wandelhalle des Reichstages waren heute auf einem Tisch eine größere Zahl verschieden gefärbter Mar- morplatten zur Besichtigung durch die Reichs­tagsabgeordneten aufgelegt. Sie entstammen durchweg der südwestafrikanischen Kolonie und zwar aus einem Lager, das in unmittel­barer Nähe der Otavibahn sich befindet und etwa 160190 Kilometer von der Küste ent­fernt ist. Wie versichert wird, ist dieses Lager von ganz kolossalem Umfang und daher im stände, schier unerschöpfliche Mengen von Marmor zu liefern. Die Güte des Marmors

So sag' ich auch, denn ich war dabei, wie der Hobein alles dem Franz vermacht hat. Aber die Herren vom Gericht haben's jetzt der Bäurin zugesprochen.

Ich Hab' das Testament selber in Händen gehalten. Es war dem Hobein sein letzter Wille, daß die Bäurin mit dem Bargeld, das er von Amerika mitgebracht hat, in ihre Heimat gehen soll."

Akkurat so ist es. Aber wie kann denn das jetzt zugehen?"

Der Kleekamp steht auf und geht einigemale hin und her in der Stube.

ES nutzt nichts ... ich muß einmal hinüber und reden mit ihr. Anders kann ich mir's nicht denken, als daß ..."

Er sieht den Stirn mit einem sonderbaren Blick an und dieser nickt.

Zuzutrauen wär's ihr, der Hobeinin! Wenn das letzte Testament nicht zu finden wär', dann hätte freilich das alte Gültigkeit ..."

Morgen geh' ich hinüber," sagte der Kleekamp;gibt fie's nicht gutwillig heraus, dann zwing' ich sie vor's Gericht. Einen Eid kann ich oblegen, was dem Ambros sein wirklicher letzter Wille war."

Auch ich kann's beschwören! Meinen Namen Hab ich als Zeuge darunter gesetzt damals am Makariustag."

* *

Im Habererhof ist'S an diesem Tage still. Die Bäurin hat die Knechte in den Wald geschickt, wo der Sturm am Lichtmeßtag einen Windbruch gerissen hat. Sie sollen das Holz dort aufarbeiten, ehe die Arbeit auf den Feldern wieder beginnt.

Eva ist nach Friedau zum Krämer gegangen. Nur die Bäurin ist daheim und Franz. Als er mit den Knechten in den Wald wollte, hat sie ihn gebeten, ihr den Backtrogboden, welcher seit langem schadhaft ist, auszubessern.

Die alte Cenz liegt oben in der Mägdekammer im Bett. Seit Wochen plagt sie die Gicht, heute hat sie nicht mehr aufstehen können.

Franz steht im offenen Schuppen hinter dem Haus und hobelt sich

Bretter zurecht für einen neuen Backtrogboden. Da tritt die Hobeinin mit einem Glas Wein zu ihm.

Mußt nicht gar so fleißig schaffen", sagt sie voll süßer Freundlichkeit, schau ein bissel rasten könnt' Dir nicht schaden! Hab' Dir auch einen guten Trunk gebracht."

Franz hobelt weiter, ohne aufzublicken.

Hab' keine Zeit zum Rasten, wenn ich vor Abend fertig sein will", sagt er kalt,und den Wein trink nur selber. Hält keinen Schick für einen Knecht, wenn er trinken wollt', anstatt zu arbeiten."

Er macht ein finsteres Gesicht. Nie ist ihm die Bäuerin zuwiderer, als wenn sie so katzenfreundlich ist mit ihm und just mit dieser Freundlichkeit drängte sie sich seit dem Tode des Bauers überall in seinen Weg, so daß ihm manchmal schier unheimlich zumute wird.

Jetzt tut sie, als hätte sie seine Worte für eine Aufforderung zum Dableiben genommen, setzt sich auf einen Hackstock und sagt unter einem kleinen Lachen:

Immer spielst Dich halt auf den Knecht hinaus! Als ob Du nicht sehen könntest, daß ich Dich nicht wie einen solchen behandele!"

Will nicht mehr sein, als ich bin."

Aber ich will's. Schau, Bub, Du mußt nicht immer dawider reden, wenn ich Dir was sag'! Ick mein's gut mit Dir . . . heut' Hab' ich die Dienstleut' extra fortgeschickt, damit wir einmal in Ruhe reden können miteinander."

Wenn ihr was wollt, so sagt's grad heraus, das lange Herumreden kann ich nicht leiden!" sagt Franz, ohne mit der Arbeit aufzuhören.

Also grad heraus, Bub: Das einschichtige Leben taugt mir nicht. Die Wirtschaft ist groß, die Dienstboten brauchen einen Herrn und ich . ." sie blinzelt ein wenig verlegen . . .kaum dreißig bin ich ... zu einer ewigen Wittib bin ich zu jung."

(Fortsetzung folgt.)