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inhalt von 50—60 Morgen (12*/-—15 da). Um sie zu erwerben, muß man ein Vermögen von 5000—8000 ^ mitbringen. Halbbauernstellen find zwischen 30—40 Morgen groß, zu ihrem Erwerb sind 3500—4500 ^ nötig; mit weniger als 3500 ^ kann man eine Rentenstelle nicht erwerben. Zu den Pachtstellen, die 35—50 Morgen groß sind, bedarf man 2500—3500 Bei den Handwerkerstellen — Schmied, Wagner, Zimmermann, Schreiner — genügen einige Morgen Land; ebenso für die Arbeiterstellen. Zum Feld gibt der Staat noch ein Wohnhaus und Wirtschaftsgebäude, auf die 500 Anzahlung zu leisten sind. Der Rest des Gebäudewertes (etwa 3500 -,/i) ist mäßig zu verzinsen und in 35 Jahren zu tilgen. Wer eine solche Stelle erwerben will, muß 800 ^ mitbringen, da er außer der Anzahlung noch Geld für das Inventar braucht. Alle Bedingungen, die dem Ansiedler auferlegt werden, sind äußerst liberal und es gibt in ganz Deutschland keine günstigeren Erwerbsbedingungen als bei der Ansiedlung. Ein wenig Geld gehört stets zum Anfängen und wer keins hat, kann nur als Arbeiter beginnen. Eine fleißige Arbeiterfamilie mit 2—3 Arbeitern verdient aber soviel, daß sie nach einigen Jahren Geld genug gespart haben kann, um sich eine kleine Stelle zu kaufen oder zu pachten. Zur Ansiedlung eignen sich besonders: s) Abgefundene Söhne von Bauern, die sich daheim nicht ankaufen können, b) kleine Besitzer, die sich vergrößern wollen, e) bisher nicht selbständige Landwirte, Arbeiter, Handwerker, die ein kleines Kapital erspart haben und sich ansässig machen wollen, ä) Landwirte, die auf schlechtem Boden schwer um ihre Existenz kämpfen müssen. Landwirte, die mehr sein wollen als Bauern und höhere Lebensansprüche stellen, finden keine passende Unterkunft. Die landwirtschaftlichen Erzeugnisse sind bei den guten Verkehrsverhältnissen und der Nähe von Städten gut zu verwerten. Nähere Auskunft erteilt die Ansiedlungskoinmission in Posen.
* Calw 17. Jan. Die Preise für Brennholz gehen in diesem Jahr trotz des bisherigen milden Winters in die Höhe. Bei den stattgesundenen Verkäufen wurden höhere Preise als im Vorjahr erzielt und vielfach wurden über 120°/o des Taxwertes bezahlt. Verkäufe von Langholz haben noch wenig stattgefunden, der Preis ging aber auch hier überall über den Taxwert hinaus.
Stuttgart 17. Jan. Wie wichtig das Ausbewahren der Quittungskarten und der Bescheinigung über solche für die Erlangung einer Altersrente ist, geht daraus hervor, daß Altersrentenanwärter, die im Jahre 1839 geboren
sind und im Laufe 1909 ihr 70. Lebensjahr vollendeten, an Beitragswochen nachzuweisen haben als Arbeiter, Gehilfen, Gesellen, Dienstboten, Handlungsgehilfen, Betriebsbeamte 720—760 Beitragswochen; als Hausarbeiter in der Tabakfabrikation 680—720 Beitragswochen; in der Textilindustrie 520—614 Beitragswochen; als Lehrer, Lehrerinnen, Erzieher, Gesellschafterinnen, sonstige Angestellte 340—400 Beitragswochen. Der Nachweis wird aber durch Vorlage der Quittungskarten oder der Bescheinigungen über solche erbracht. Sind die Karten oder Bescheinigungen verloren gegangen, so tritt ein umständliches und zeitraubendes Verfahren ein und der Altersrentenanwärter kann mit Tod abgehen, bis seine Ansprüche geregelt sind.
Stuttgart 17. Jan. Die hiesigen Milchhändler gehen jetzt, wie die „Schwäb. Tagwacht" berichtet, aufs Land hinaus, um der organisierten Arbeiterschaft den Milchbezug abzuschneiden. So wurde gestern nachmittag in Dettingen auf Veranlassung der Stuttgarter Milchhändlervereinigung eine Versammlung der Milchproduzenten abgehalten, in der dazu aufgefordert wurde, dahin zu wirken, daß aus dem Lenninger Tal keine Milch mehr an die Partei und an die Gewerkschaften nach Stuttgart geliefert werde. Der Vorstand einer Milchgenossenschaft versprach, die Milchlieferung alsbald einzustellen. Die Tagwacht fügt hinzu, daß gegen jede Verletzung des mit der Partei und den Gewerkschaften abgeschlossenen Vertrages gerichtlich vorgegangen werde und fordert außerdem die Genossen auf, ihren Milchbedarf nach Möglichkeit keit einzuschränken, soweit die Milch nicht von den Gewerkschaften bezogen wird, dann werde der Milchkrieg in kürzester Zeit gewonnen sein.
Stuttgart 17. Jan. Ein roher Ueb erfüll wurde vergangenen Donnerstag nachts in der Eßlingerstraße auf einen ruhig des Weges gehenden Passanten ausgeübt. Ein mit drei Herren besetztes Automobil machte plötzlich vor dem Ahnungslosen Halt und einer der Insassen stürzte sich auf den Daherkommenden um ihn ohne allen Anlaß mit den Fäusten zu bearbeiten. Glücklicherweise hatte die rohe Tat bis jetzt keine ernsthafteren Folgen, obwohl der Mißhandelte erst kurz zuvor eine gefährliche Unterleiboperation durchgemacht hatte. Bis die Polizei erschien, hatte sich der Täter längst aus dem Staube gemacht.
Reutlingen 17. Jan. Es ist von besonderem Interesse, daß die Zahl der Sterbefälle im letzten Jahr trotz der Typhusepidemie in unserer Stadt um 25 gegenüber dem Vorjahr zurückbleibt (437 gegen 462) und im Vergleich der letzten 5 Jahre überhaupt die niederste ist.
Die allgemeinen Gesundheitsverhältnisse in Reutlingen sind deshalb als relativ gut zu bezeichnen. Der Stand des Typhus ist übrigens jetzt derart, daß die militärischerseits angeordneten Sperrmaßnahmen jetzt aufgehoben worden sind, mit andern Worten: die Typhusepidemie ist vollständig erloschen. — Mit einem festen Bestand von 260 Mitgliedern wurde hier eine Ortsgruppe des Hansabundes für Gewerbe, Handel und Industrie gegründet, nachdem der Geschäftsführer des württ. Landesverbands, G. Bayer- Stuttgart, vorgestern abend in einer zu diesem Zweck einberufenen Versammlung über den Hansabund gesprochen hatte.
Weißen st ein OA. Geislingen 17. Jan. Dieser Tage hätte hier ein großes Unglück geschehen können. Morgens um ^10 Uhr hörte man einen donnerähnlichen rollenden Schlag, daß die Gebäude zitterten und die Fenster klirrten. Man glaubte, es habe sich bei der feuchten Witterung ein Felsenstück losgelöst und sei ins Tal gestürzt. Allein dem war nicht so. Bald erfuhr man, daß dieses schreckliche Krachen von einem großen Bierfaß herkam, das zu viel Gas beim Pichen erhielt, zum zweitenmal angezündet werden mußte und dann zerbarst. Zum Glück der Küfer flog der herausgerissene Boden des Fasses auf die entgegengesetzte Seite, wo diese fliegenden Bruchstücke einem in der Nähe stehenden noch größeren Faß ebenfalls den Boden hineinschlugen und auch die Dächer der benachbarten Häuser beschädigten.
VomBodensee16. Jan. Der Sturm, welcher am letzten Mittwoch zwischen 11 und 12 Uhr mittags mit elementarer Gewalt über den Bodensee raste, hat bei Bregenz einigen Motorsegelschiffen arg mitgespielt. Ein solches Boot wurde gegen den Molo des Leuchtturms getrieben. Die beiden Insassen konnten gerade noch das feste Land gewinnen, ehe das vom Wind wieder abgetriebene Boot von einem Dampfer ias Schlepptau genommen wurde, dann aber, nachdem das Tau gerissen war, als ein Spielball der Wellen in diesen unterging. Zwei Baggerboote wurden mit großer Gewalt gegen den Gütermolo geschleudert und nur mit großer Mühe konnten sich die drei Insassen retten. Ein mit Kies beladenes Segelmotorboot mußte auf offener See her Hälfte seiner Ladung entledigt werden, um sich vor dem Untergang zu retten.
Regensburg 17. Jan. (Neues Luftschiff.) Ein Herr Johannes Schäffer in Regenstauf hat zusammen mit einem Thon- werk-Besitzer ein Luftschiff konstruiert, das eine Länge von 176 m und einen Durchmesser von
der Not zu verlassen und seine Rettung Leuten zu überlassen, die nicht einmal im Dorf wohnen.
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Anderthalb Stunden haben sie sich emporgekämpft die Männer und Lori durch das breite Hinterbergerhochtal, in dem nicht Haus noch Hütte steht, und auf dessen grünen Matten im Frühjahr das Vieh weidet, ehe es auf die Alm getrieben wird.
Lärchenbäume stehen vereinzelt auf seiner Sohle, und der Weg nach Hinterberg, eine einspurige Fahrstraße, zieht sich auf halber Höhe am rechten Abhang hin, sanft ansteigend und erst gegen das Ende steiler werdend vor der „Schneid", an welcher die Straße sich im Bogen um den Berg dreht, während rechts der Gratsteig in scharfem Eck abbiegt, der Höhe zu. Je näher sie der „Schneid" kommen, desto lauter wird der Sturm, desto toller wirbeln die Flocken um ihre Köpfe.
Dann auf einmal taumeln sie alle, wie von einer unsichtbaren Hand zurückgeworfen: die „Schneid" ist erreicht, das schützende Tal zu Ende.
Ein weißgraues, wirbelndes Meer breitet sich vor ihren Blicken aus, in dem die Grenzen von Himmel und Erde verwischt sind. Keine fallenden Flocken mehr und keine ruhenden Flächen, bloß ein tolles Durcheinander, ein Stäuben, Flirren, ein Auf und Nieder in rastlosem Wechsel. Der Sturm ächzt und heult, wirft sich donnernd an die Felswände, daß sie dröhnend erbeben, faucht in die Spalten hinein und rüttelt an den Zinken. Etwas atemraubend Gewaltiges fährt auf seinen Fittichen daher über die tote, schneebegrabene Gebirgswelt: das Verderben.
Die Männer und das Weib, welches ihnen gleich ist an Mut und Kraft, haben keinen Blick für die gewaltige Naturerscheinung ringsum. Eng aneinandergedrängt und stumm stehen sie da gegen den Sturm und suchen mit halbblindem Blick, wo die Wegspur weiter geht. Manchmal lugt einer scheu empor in der Richtung, wo der Steig über den Grat steil emporklettert zwischen Steintrümmern und Felsplatten.
Sie denken alle dasselbe in diesen bangen Minuten, wo sie ratlos an der Wegscheide stehen und zögern: So, wie der Pfarrer ist, hat er trotz allem den Gratsteig gewählt, um noch in Frieda» das Hochamt abhalten zu können.
Der Hobein Franz wendet sich plötzlich um: „Da hinauf müssen wir über den Grat!" Und der Kleekamp nickt: „Es nützt nichts, wir müssen hinauf. Wenn er überhaupt fort ist vom Kamplhof, dann liegt er mit dem Meßner da oben wo im Schnee begraben, denn über die Schneid ist er nimmer gekommen. Oder er ist ..."
„Abgestürzt," hat er noch hinzusetzen wollen, bringt es aber nicht über die Lippen. Die drei aus Frieda» blicken einander an.
„Es wäre doch auch möglich, daß er über Hinterberg ..."
„Nein, nein, umsonst wärs, ihn da zu suchen. Entweder ist er nicht fort, oder — da herunter."
„Es ist fast so gewiß wie sterben," beginnt der Franz zögernd, „wollt man da hinauf —"
„Schier nicht verantworten könnt eins das vor Weib und Kind," ergänzt der Schmied, und Hamar, der Fleischer, sagt es gerade heraus:
„Da hinaus geh ich nicht mit!"
Der Kleekamp sagt nichts dazu, sondern wendet sich gegen den Steig. Als aber Lori auch Miene machte, den Steig zu betreten und zwar im voraus als erste, packt er sie von rückwärts in jähem Schreck und reißt sie zurück.
„Hö st ja, daß es nicht geht, da hinauf!" stößt er rauh heraus.
Sie schaut ihn seltsam tief an, daß er den Blick förmlich eindringen spürt bis ins Innerste.
„Und Du?" fragt sie halblaut. „Willst Du nicht auch hinauf?"
„Ich .... ja! Wenn mich der Wind niederreißt oder . . . sonst was passiert . . . dann wirds so weit nicht gefehlt sein . . ."
„Um mich noch weniger! Du hast eine Heimat und den Sohn. Ich laß keins zurück auf der Welt, wenn ich geh. Vorwärts!" (Forts, folgt.)