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Windes wegen die beabsichtigte Probefahrt vom Tegeler Schießplatz aus nicht unternehmen. Ebenso konnte auch Parseval III seine Fahrt von Bitterfeld nach Berlin des Windes wegen nicht ausführen. Die Pariser Akademie der Wissenschaften verlieh dem Grafen Zeppelin und anderen hervorragenden Aviatikern die goldene Medaille.

Berlin 21. Dez. In einem Coupe erster Klasse des Berlin-Hamburger Schnellzugs fuhr letzthin ein elegant gekleideter Herr. In Hamburg wurden nur Hut, Mantel und Reise­tasche vorgefunden, der Reisende selbst war ver­schwunden. Er wurde in der Nähe von Pritzier neben dem Geleise in bewußtlosem Zustande aufgefunden. Mit schwacher Stimme konnte er angeben, daß er beim Oeffnen des Fensters aus dem Coupe gestürzt sei. Anscheinend hatte er die Türe nicht richtig geschloffen. Bald nach seiner Einlieferung ins Krankenhaus verstarb der Schwerverletzte, der als der frühere Kauf­mann Krummbein aus Mannheim festgestellt wurde.

Breslau 21. Dez. In demselben Abendschnellzug Breslau-Gleiwitz, in dem in der vorigen Woche eine Newyorker Dame räuberisch überfallen wurde, fand man im Ge­päcknetz eines Abteils eine geladene Bombe.

Kiel 21. Dez. (Ein Opfer der Werftunterschleife.) Der Marine-Ober­ingenieur Roggensack, der in der Werft-Unter­schlagungssache betreffs des KreuzersDanzig" zur Dienstentlassung und 3 Monaten Gefängnis verurteilt wurde, erschoß sich in seiner Wohnung, nachdem sein Gnadengesuch abschlägig beschieden worden war.

Hamburg 21. Dez. lOpfer des Sturmes.) Die Fischerei-Direktion giebt jetzt bekannt, daß seit dem am 3. und 4. Dezember in der Nordsee herrschenden Orkan 8 Fischer­kutter mit einer Gesamtbesatzung von 27 Mann vermißt werden.

Paris 21. Dez. Baronin Vaughan ist nachmittags 5 Uhr auf dem Nordbahnhof ein­getroffen; sie erklärte den anwesenden Jour­nalisten, daß sie sich nach dem Schloß Ballincourt begeben wird.

Graz 21. Dez. Seit den frühen Morgenstunden ist hier und dem größten Teile von Steiermark kolossaler Sch ne es all ein­getreten.

Budapest 21. Dez. Nachdem zur Ver­handlung in Angelegenheit der Konkurs- Verhängung über das Vermögender Prin­zessin Luise von Belgien ein Vertreter derselben erschienen ist, wurde die Verhandlung bis 10. Januar vertagt. Dem Konkursverfahren hat sich auch der Münchener Kaufmann Philipp Uffelmann mit einer Forderung von 1500 ^ angeschloffen. Die Konkursgläubiger werden das

Vermögen der Prinzessin bestehend in einem Automobil beschlagnahmen.

Mailand 21. Dez. Der König von Italien soll eine größere Reise auf seiner Pacht beabsichtigen, zunächst nach Cowes, wo er mit König Eduard zusammentrifft, dann in die Ostsee zu einer Zusammenkunft mit dem deutschen Kaiser und weiter nach Peters­burg zum Besuch des Zaren. Auf der Rück­reise ist eine Begegnung mit Fallier es geplant.

Petersburg 21. Dez. Gegenüber der Meldung eines Pariser Blattes, wonach die Zarin demnächst in San Remo eintreffen und die dortige Villa Nobel bewohnen werde, wird glaubhaft versichert, daß das Zarenpaar eine Auslandsreise derzeit nicht in Aussicht ge­nommen habe.

Kopenhagen 21. Dez. (Cook war nicht am Nordpol.) Die Kommission zur Untersuchung von Cooks Dokumenten hat jetzt offiziell ihren Beschluß veröffentlicht, nachdem seine Papiere nicht beweisen, daß Cook den Nordpol erreicht hat.

London 21. Dez. (Brand eines Londoner Konfektionshauses.) In dem großen Konfektionshause Adding u. Hobe in Clapham, einem südlichen Vororte Londons, brach gestern Nachmittag ein großes Feuer aus, das in wenigen Augenblicken das mächtige Ge­schäftsgebäude in Helle Flammen hüllte. Krachend sprangen die Schaufenster der für das Weih­nachtsgeschäft dekorierten Auslagen. Die Letzteren wurden sofort ein Raub der Flammen. Unter den angestellten jungen Männern und Mädchen entstand eine furchtbare Aufregung, da viele Ausgänge durch die Flammen versperrt waren. Mehrere Männer sprangen aus bedeutender Höhe herab und wurden schwer verletzt. Der Polizei gelang es nur mit Mühe, die große, aufgeregte Menge der Neugierigen in Ordnung zu halten. Sämtliche Feuerwehren Londons waren auf dem Platze erschienen. Der Arbeitsminister Burns, dessen in der Nähe der Brandstätte gelegenes Haus in Gefahr stand, ein Raub der Flammen zu werden, beteiligte sich an den Rettungs­arbeiten. Das Feuer breitete sich rasch auf die angrenzenden Gebäulichkeiten aus. Die in der Nähe befindliche Telephon-Zentrale war längere Zeit betriebsunsähig. Die Feuerwehr konnte das große Geschäftshaus nicht reiten. Es stürzte krachend, unter einem Funkenregen zusammen. Bis jetzt steht fest, daß zwei Angestellte am Platz ihren Tod fanden, ein Verwundeter starb bei der Ankunft im Hospital, vier Personen sind schwer verletzt. Man fürchtet jedoch, daß die Zahl der Toten größer ist, ebenso auch diejenige der Vermißten, da bei der großen Aufregung sich nicht feststellen ließ, wer vermißt wird und die Trümmer erst durchsucht werden müssen. Die

Angestellten wurden gezählt, doch befanden sich zur Zeit der Katastrophe auch viele Personen, die Weihnachtseinkäufe machten, in dem Gebäude. ES wird angenommen, daß die leicht brennbaren Auslagen und Dekorationen durch Kurzschluß Feuer fingen und den Brand verursachten.

London 21. Dez. Nach den neuesten Berichten sind jetzt 8 Leichen aus den Trümmern des abgebrannten Warenhauses herausgeholt worden. 10 Personen werden noch vermißt.

London 20. Dez. (Schweres Auto­mobil-Unglück.) DerMorning Leader" meldet aus Lissabon: Ein schwerer Automobil- Unfall hat sich bei dem spanischen Orte Barcarrota in der Nähe der portugiesischen Grenze ereignet. Ein reicher Bankier, Don Juan Luna, der in Begleituug von 3 Freunden und einem Chauffeur in seinem Automobil einen Hügel hinabfuhr, rannte an einer scharfen Wegbiegung mit seinem Auto­mobilin einen entgegenkommenden Auto-Omnibus, der mit 14 Personen besetzt war. Durch den Anprall stürzte der Omnibus einen 120 Fuß tiefen Abhang hinunter. 4 Tote und 10 Schwer­verletzte wurden unter den Trümmern hervor­gezogen. Luna fuhr mit seinem Automobil davon und entkam über die Grenze.

Vermischtes.

König Leopolds letzte Gemälde­sammlung. Im Testamente des verstorbenen Belgierkönigs wird wahrscheinlich auch eine Be­stimmung über den Rest seiner kostbaren Gemälde­sammlung getroffen sein, der augenblicklich mit dem Besitz des Königs an wertvollen Möbeln, Porzellan und Tafelsilber in den Nebenräumen des Brüsseler Alten Museums ver­einigt ist. Nachdem der König seine Sammlungen alter Kunst losgeschlagen hatte, gedachte er nun auch seinen Besitz an modernen Bildern zu ver­kaufen. Die Ausstellung dieser ungefähr 350 Oelgemälde und Aquarelle hat gewiß nicht nur den Zweck, die Alterspensionskaffe der belgischen Künstler, zu deren Gunsten die Einnahmen ver­wendet werden, zu füllen, sondern ein Käufer­publikum anzulocken. Wie Alfred Ruhmann in der Zeitschrift für bildende Künste ausführt, bietet die Sammlung eine vollständige und eindrucks­volle Uebersicht der belgischen Malerschule seit 1830, wie sie sonst nirgends geboten wird. Und das ist um so merkwürdiger, als ein gekrönter Herr ja bekanntlich nicht immer nur Perlen kauft. Schon das Erwachen des belgischen Kolorismus ist mit 2 Historienbildern von Gallait glänzend vertreten, mit derVerlesung des Urteils, das den Grafen Egmont und Horn ihr trauriges Schicksal ankündigt", und der technisch höchst ge­wandtenVersuchung des hl. Antonius". Von Wappers ist der große Abschied Karl I da, das einmal einen Sturm und die Befreiung vom

Der Bauer antwortete nicht. Er geht aus dem Zimmer und tritt hinaus vors Haus. Drüben im Habererhof leuchten die Lichter. Stern­funkelnd spannt sich der Himmel darüber. Da hebt der Kleekamp die geballte Faust und schüttelt sie gegen das Nachbarsgut.

Zurück hast Dich getraut wirklich?" murmelt er verbissen. Aber letzt schau zu, daß Du mir nicht in den Weg trittst . . sonst . ."

Er brach ab und zuckte erschrocken zusammen. Ein Stern war in großem Bogen leuchtend über den Himmel gefahren und vor ihm ver­schwunden. Und ihm war, als habe sich eine unsichtbare Hand auf seinen Mund gelegt, um ihn am Weiterreden zu verhindern.

Drinnen flüsterte Felix dem Fabian zu:

Heut muß ihm schon wirklich schlecht sein, daß er noch nicht ein­mal was sagt, weil der Fried! sich solang bei der Viktl verhalten hat."

2 .

Aber der Kleekamp Fried! sitzt derweil längst nicht mehr bei der Viktl.

Im Zwielicht war's gewesen, als sich der Stini mit der Sanna schüchtern in die Wirtsstube des lustigen Steirer schob.

Er hatte dem Trauiwein über dessen Ochsen Bericht zu erstatten, und nachher wollte er in der Küche bei der Wirtin seinen monatlichen Anteil an Mehl und Speck in Empfang nehmen. In der Ecke neben dem großen Kachelofen nahm er mit Sanna Platz.

Weißt'," flüsterte er ihr zu,heute wollen wir uns einmal ein gutes antun. Wegen einem Stücke! Schweinsbraten wird es nicht aus sein und Fleisch siehst bei mir sonst nicht oft. Nur an den ganz heiligen Tagen, Weihnachten, Ostern und Pfingsten gibt's das."

Sanna nickt. Dann blickt sie neugierig in der Stube herum. Als Kind, so lange die Mutter noch lebte, war sie oft bei Trautweins gewesen.

Mit der schwarzhaarigen Viktl, ihrer Schulkollegin, hatte sie im Hof und Garten gespielt. Während der letzten 6 Jahre war sie nicht mehr nach Friedau gekommen. Ob Viktl sie erkennen wird?

Noch ist die Stube ziemlich voll. Am Ehrentisch unter dem Haus­altar in der Ecke sitzen die älteren Bauern, unter ihnen der Schullehrer, der Kaufmann und Trautwein, der Wirt. Dort wird nur von ernsten Dingen gesprochen, als da sind : Politik, Steuern, Ernte, Vieh und Weiter. Ernsthaft und bedächtig wird gesprochen, und meistens gibt einer dem anderen recht.

Dann folgen zwei Tische mit Burschen. Da geht's schon lebhafter

zu. Lachen und Singen wechseln ab, manchmal wird auf den Tisch

geschlagen, daß die Gläser glirren. Wildschützen-Stücklein und Liebes- Geschichten geben einander die Hand.

In einer Ecke zwischen Tür und Fenster, gerade dem Stini und der Sanna gegenüber, sitzt die Viktl neben dem Kleekamp Friedl. Sie lacht leise vor sich hin, während er eifrig in sie hinein flüstert. Man

braucht kein Hexenmeister zu sein, um zu erraten, von was die beiden

wispern. Sanna erinnert sich plötzlich, daß die Lori im Höllgraben drin ihr einmal erzählt hat, die Viktl habe sich in den Kopf gesetzt, Kleekamp­bäuerin zu werden. Nach dem, was hier zu sehen war, schien sie nicht mehr weit davon entfernt zu sein.

Und einen schlechten Geschmack hatte sie just nicht. Trotz der Dunkelheit konnte Sanna den Friedl noch erkennen. Er war immer ein hübscher Bursche gewesen mit seinem braunen Kraushaar und den lustigen Augen, die aussahen wie reife Haselnüsse. Jetzt stand ihm auf der Ober­lippe noch ein stattlicher Schnurrbart, und um den Mund lag ein weicher, verliebter Zug, der ihn noch gewinnender machte.

(Fortsetzung folgt.)