Die Neberführurig

des Reichspräsidenten.

Die Rede de» Reichskanzler».

(Schluß des gestrigen Bericht» )

Für eine geschichtliche Betrachtung vom Standpunkt des heu­tigen Tages aus muß Ausgangspunkt meines Dafürhaltens die Tatsache sein, daß in der Weltgeschichte selten oder in wirklich vergleichbarer Weise, wohl nie ein Volk so furchtbar, gleichzeitig äußere und innere Nöte hat sehen müssen, wie das deutsche Volk zu der Zeit, als Friedrich Ebert oberster Lenker seiner Ge­schicke war.

Wer gerecht ist, muh den Erfolg an der Schwere der Aus. gaben messe«.

Wer will sich vermessen, mit Bestimmtheit zu erklären, bah. wäre der Reichspräsident, oder wäre dies oder jenes grundsätzlich an­ders gewesen, bah dann der Ablauf der Weltgeschichte für Deutsch­land nicht nur anders, sondern im gesamten Ergebnis sich auch besser gestaltet hätte? Ein Rückblick auf die tatsächliche Ent­wicklung während der Arbeitszeit des toten Reichspräsidenten zeigt folgendes: So unklar und bedroht unsere außenpolitische Lage ist. so sehr aus diesen und anderen Gründen unsere wirt­schaftliche Erholung im Argen liegt, aus soviel ungeheilten Wun­den unser politischer Volkskörp-r noch blutet, so macht das Schiff unseres Staatslebens doch heute wieder Fahrt und hat einen festen Kurs, während es vor sechs Jahren leck und steuerlos und mit meuternder Mannschaft auf dem Boden des Weltgeschehens umhertrieb. Der Geschichtsforschung mag ruhig überlassen blei­ben, des verstorbenen Reichspräsidenten persönlichen Anteil an dem, was geworden ist, im einzelnen zu erörtern. Sie wird

in den Richtung gebenden Dingen der Außen- und Innen­politik überall nachhaltige Spuren seines zielsicheren, ein­sichtsvollen Wirkens f-Mellen.

Mit besonderer Wärme und Hingebung hat Friedrich Ebert die Not der großen Volksmassen zu lindern getrachtet und hat immer wieder in kluger ausgleichendcr Tätigkeit seine ganze Kraft für einen sozialen Frieden eingesetzt ohne den ein Wieder- aufbau-unseres Vaterlandes und eine Ucberwindung aller wirt­schaftlichen und sozialen Nöte unmöglich ist Er hat in seiner Arbeit als Reichspräsident fortgesetzt, was er im Dezember 1918 als entscheidende Tat seines Lebens bewirkt hat, die schleunige Abkehr von der Gewalt durch Ausschreibung der Wahlen zur Nationalversammlung, die Schaffung der neuen Rechtsgrundlage für das Zusammenleben des Deutschen Volkes,

So trauern wir an diesem Sarge, in dem ein viel zu früh Dahinaegangener ruht, um einen wirtliche« Führer unseres Volkes und Staates tn schwerster Zeit.

Solch schlichte Feststellung als letzter Gruß und Dank für Friedrich Ebert, unseren Reichspräsidenten, entspricht dem Meten des Mannes, der stets nur auf die Sache sah. Sein ganzes Tun und Wollen hat er ohne Ermüdung in den Dienst des Vaterlandes gestellt. Wir wollen n"hmen von dem

Toten mit einem Wort, das ein Gelübde des Deutschen Volkes an der Bahre des Reichspräsidenten sei, alles Gute einzusetzcn für Deutschlands Zukunft, Es sei das Wort, das Jakob sprach, als er rang mit dem Engel des Herrn:Ich lasse Dich nicht, du tegnest mich denn!"

Der Rede des Kanzlers die die Anwesenden stark in ihren Bann gezogen hat, folgt dar .Grablied" von Karl Maria von Weber, das die sphärengleicken Stimmen des Tomchors zu lich­teren Höhen empoitragen. Die 'chöneMaurische Trauermusik" von Mo,zart, dirigiert von Erich Kleiber, beschließt die Feier. Unter derselben lautlosen Stille, die während der ganzen Feier im Hause herrschte wird der Sarg abgetragen.

Die Trauerparade.

In langsamem Paradeschritt marschierten die Truppen an ihrem verstorbenen Oberbefehlshaber vorüber. Eine Schwaoron Kavallerie, dann 409 Mann Infanterie, 100 Mann Marinetrup­pen, eine Maschinengewehrabteilung mit 9 Gewehren, eine Bat­terie Feldartillerie 29 Minuten dauerte der Vorbeinu 'ch. Dann folgt gleich der Sarg, hinter ihm der Zug der Trau rüden, an ihrer Spitze Reichskanzler Luther und Neichstagsoräsid-nt Lobe. Daran schließen sich die drei Trauerwazen mit den Dame» der nächsten Angehörigen.

Der Weg zum Reichstag.

Das Trauergesolg- ist beinahe endlos. Fast das ganze offi­zielle Deutschland, die Spitzen des politischen, wie überhaupt des öffentlichen Lebens, von Kunst und Wissenschaft und dazu zahl­

reich« Vertreter des Auslandes. Reben dem Leichenwagen gehen die Beamten des Büros de, Reichspräsidenten. Der Weg von der Wilhelmsstraße über die Linden, de« Pariser Platz ,st dicht von einem Menschen- und Poltzeikorbon umsäumr. In dem für das Publikum freigegebenen östlichen Teil der Linden haben sich zahlreiche Vereine aufgestellt, die sich dem Trauerzllge on- schließen. Auch auf dem Pariser Platz, der von großen ,chwarz eingekleideten Obelisken umsäumt ist, viele Vereine mit ihren Fahnen. Eine ungeheure Menschenmenge vor dem Branden­burger Tor auf der Charlottenburger Chaussee. Der Platz vor dem Brandenburger Tor ist mit schwarzen Fahnen eingerähmt. Eine unabsehbare Menschenmenge auch auf dem Königsplatz. Der gesamte Raum von der Siegessäule, von der Krotl-Oper bis zum Reichstag ist mit Ausnahme des abgesperrten Teiles am Bismarckdenkmal schwarz von Menschen. Um 4.35 erreicht der Trauerkondukt das Brandenburger Tor. Die Truppen neh­men Front zum Reichstagsgeböude und stellen sich zur Parade auf. Die Si'dflanke an der Simsonstraße hat die Kavallerie eingenommen, die Mitte die Infanterie und Marine. Auf der linken Flanke nimmt die Artill-rie Aufstellung.

Der letzte Gruß de» Reichstags.

In diesem Augenblick tritt Reichstagspräsident Löbe mit den Mitgliedern des Reichstagspräsidiums und dem Direktorium Les Reichstags aus dem Mittelportal auf die große Freitreppe, hinter ihm eine große Anzahl von Reichstagsabgeordncten und Vertreter der Presse. Unter den Abgeordneten sieht man Ange­hörige aller FiaM-men, mit Ausnahme der Kommunisten und der Nationalsozialisten. Während der Leichenwagen die Rampe hinaufgefahren ist, spielt die Musikkapelle. Dann betritt Reichstagspräsident Löbe

das Rednerpult, das schwarz beflort mit einem Streifen in den Farben der Republik auf der Rampe aufgestellt ist und nimmt das Wort zu folgendem Nachruf:

Deutsche Volksvertreter' Auf seiner letzten Fahrt grüßen wir das Oberhaupt des Reiches, den ersten Präsidenten der deut­schen Republik, der aus den einfachen Sckftchten des Volkes empor­stieg. Wie der einzelne auch stehen mag zu den gewaltigen Er­schütterungen der letzten 10 Jahre, es ist kaum einer, der nicht weiß, welch große Aufgeben Las Geschick in die Hände dieses Mannes legte, kaum einer, der nicht die Würde und die Kraft bewunderte, mit der er sein Amt erfüllte. In ärmlicher Gasse stand seine Wiege. Heute nennt mit Hochachtung und Respekt feinen Namen eine ganze Welt. Von diesem Hause des deut- jcken Volkes nahm er einen Weg der mit dem Schicksal unseres Volkes tief verbunden war. Wer an seiner nationalen Gesin­nung noch zweifelte >n jenem ersten August 1914, wo er vom ersten Tage an seine ganze Kraft für die Verteidigung des Landes einsetzte. der kann nicht daran zweifeln bei den Schritten die später zu gehen sein Pflicktciefiihl ihm gebot. Das unerschüt­terliche Vertrauen der eigenen Anhängerschaft, der Arbeiter und Soldaten rief ibn auf den eisten Platz eines werdenden Staates. Er hat dieses Vertrauen nie enttäuicbt. und doch begann mit diesen Tagen die unendliche Tragik seines Schicksals.''

Präsident Löbe schloß:Noch liegt Nacht über unserem Volk und nur von ferne sahst du den Morgen r>ämi -rn Es war dir nicht vergönnt, in den vollen Tag zu treten, wo die schwersten Sorgen für unser Volk sich milderten. Wenn über Deutschland und Europa einst die Fahne des wahren Friedens weht, und gereckt verteilter Wohlstand herrscht, wird sich an deinem Hügel die deutsche Nation neigen. An der Stelle an der du im Ange­sicht von 19 099en den Kranz für die Gefallenen niederleglest, der auch die eigenen Söhne ehrte, bringe ich dir den letzten Gruß des deutschen Volkes."

Nach seiner Rede gibt Präsident Löbe dem Leichenwagen einen großen Lorbeerkranz mit schwarz-rot-goldener Schleife mit auf den Weg. Voraus, wie vorher, der militärische Traner- kondukt. Ihm folgen der Leichenwagen, die nächsten Angehörigen die Reichs- und Länderregierungen. Dann schließen sich die vor­her an der Rampe versammelten Reichs- und Landtag-abgeord- »eten an und dann folgt wieder das weitere unabsehbare Trauer­geleite. Der Zug geht nach der Siegessäule zu und schwenkt dann in die Friedensallee ein, um erneut über den Platz vor dem Brandenburger Tor nach der Budapester Straße und dem Pots­damer Bahnhof einzubiegen. Ein kurzer Aufenthalt an der Rück­seite des Palais des Reichspräsidenten, dann geht die Fahrt wei­ter. Die Fahnen aller Abordnungen senken sich, wenn der Leichen­wagen an ihnen vorüber fährt.

Am Potsdamer Bahnhof.

Um 546 Uhr trifft der Trauerzug auf dem Potsdamer Platz ein, der schon seit den Mittagsstunden in seinen Zugangsstraßcn

von rauzenven um,»um wird. Eine dichte Postenkette hält die Zugänge versperrt Der Platz selbst bleibt frei vom Publikum Ueber dem Bahnhofgebäude weht die Reichsdienstflaqge au Halbmast. Die Vorderseite des Bahnhofgebäudes ist zwischen de?' Pfeilern mit Tannengrün und schwarzen Tüchern verkleidet da vor ein blühender Strauß roter Geranien. Zwischen den mitr leren Säulen ist ein schwarzer Altan errichtet. An den Seiten brennen Opferschalen. Vor dem Altan ist ein riesiger Lorbeer kranz mit schwarz-rot-goldener Schleife befestigt Der Potsdamer Platz selbst ist abgegrenzt. Die Musik der Infanteriekapelle vor dem Zuge bricht ab. Die Kapelle der Schupo setzt mit den TrauermarlchSiegfrieds Tod" aus der Götterdämmerung ein Unter lautloser Stille wird der Sarg auf den Leichenwagen ge­hoben und auf den Altan gesetzt. Frau Ebert und die nächsten Verwandten des Verstorbenen nehmen auf der Treppe rechts vor dem Sarge Aufstellung. Ihnen folgen der Kanzler, die Minister und die übrigen offiziellen Traueraäste. Hinter dem sarge postieren sich Reichsbannerleute mit ihren Fahnen. Die Standarte des Reichspräsidenten auf dem Sarge wird aufae- uchtet. Unter dem Klange des Trauermarsches zieht der unabseh­bare Trauerzug vor dem Sarge vorüber, und die Fahnen neigen sich vor dem toten Reichspräsidenten.

Die Abfahrt.

Kurz nach 6 Uhr flackern aus dem Dunkel der Bahnhofs­vorhalle Magnesium,ockeln auf. Der Sarg wird hochgehoben und wahrend die Menge auf dem Potsdamer Platz in andäch'iaem Schwelgen verharrt auf den Bahnsteig gefahren. Die Ange­hörigen. Reichskanzler Luther und das vorgesehene Minister­aeleite folgen. Punkt 6.30 Uhr verläßt deMSonderzug den Bahnhof.

V!e srir»nW *e VrovaMnya ln A" r 'st.

In letzter Zeit hat sich dasBerliner Tageblatt" in anerkennsrverter Weise verdient gemacht durch Berichte über die neuerdings verstärkte und keineswegs erfolglose Propa­ganda Frankreichs in Amerika, die sich in ihrer Tonart nur sehr wenig von der im Krieg« geübten unterscheidet.

Es ist gewiß erfreulich zu vernehmen gewesen, daß die amerikanische Negierung jetzt eine amtliche Untersuchung der Kriegsursachen eingeleitet hat oder daß eine Zeitschrift, wie derProgressive" den Franzosen die Meinung gesagt, wie es kein Deutscher herzhafter zustande brückte, aber bis die amtliche Untersuchung zu einem Urteil gelangt, kann der Mond noch sehr oft wechseln und derProgressive" mit seinem Leserkreise von Gebildeten kommt dem Einflüsse der Hetzpresse auf die Massen gegenüber als wirksamer Verteidi­ger unserer Sach« gar nicht in Betracht. Wichtiger ist narür- lich, daß Senatoren, wie Owen und Borah zu einem gerechten Urteil über die europäischen Fragen gelangt sind, dank vor allem der Arbeit Frederick Bausmans, aber da die große Menge in Amerika immer nur die gleichen paar Namen nennen hört, wenn von Deutschland etwas Ämcs gesprochen wird, läßt es sich denken, daß die Herren Owen und Borah eher für befangene Ouerköpfe, als für die einzigen Sachverständig«» gehalten werden.

Dem deutschen Leser wird durch alle Berichte über eine Hetze Frankreichs nicht der Begriff dafür aufgehen können, wie diese Hetze betrieben wird: denn unser Volk vermag sich einfach nicht vorzustellen, in welchem Maß- die Banner­träger der Zivilisation und der Demokratie im Westen zu­gleich die gewissenlosesten Aufwiegler der Masseninstinkte, die niederträchtigsten Lügner und Verleumder sind. Oder wärcN sie das nicht, so wäre ihre Blindheit den Tatsachen gegenüber so grenzenlos, daß von einerIntelligenz des Westens" wirk­lich nicht mehr die Rede sein könnte. Diese Macher der Politik sind aber intelligent, wir wissen also wie sie moralisch zu beurteilen sind.

DerNew Port Herald" brachte einen ArtikelDer Leopard bleibt scheckig", was heißen soll, daß der Deutsche eben d«r Deutsche bleibt. Hunderttausend« von Amerikanern schöpfen ihr Urteil über die Kölner Räumungsfrage aus den folgenden Ausführungen:

Vor dem Hintergründe der sechsjährigen Täuschungs- und Mogelpolitik Deutschlands nimmt sich die Weisheit und Ge­rechtigkeit des Beschlusses der Alliierten, den Kölner Brücken­kopf nicht zu räumen, völlig unanfechtbar aus. Es ist das logische Ergebnis einer Lage, die die Marke trägtMade in Germanv".

Die drei schönen Bernhausens.

Roman von Fr. Lehne.

3. Fcrtsetzung. (Nachdruck verboten.)

Ratet, Kinder, was ich für euch habe!" ries der Gras vergnügt.Morgen zur O perLoyengrin" wird gegeben hat mir der Kommerzienrat Hose- mann seine Loge zur Verfügung gestellt. Ha^t Ihr Lust?"

Lust zuLohengrin" haben wir immer! Aber vom Kommerzienrat Hosemann nehme ich nichts geschenkt!" entgegnet« Thora.

Wer redet ^enn vom Schenken? Glaubst du. tch lasse mir für euch von dem Proben wirklich etwas Schenken? Ich habe ihm selbstverständlich die Plätze bezahlt, weil ich euch eine Freude machen wollte Er ist heute geschäftlich nach Prag gefahren. Die Loge würde dann sowieso leer stehen."

Thora blickte den Pater fest an. Sprach er die Wahrheit? Im innersten Grunde ihres Herzens muffte sie eigentlich daran zweifeln.. Aber schließlich es wäre ihm, dem Grandseigneur, doch wenig ähnlich ge- wesen, m dieser Weise von einem ihm nicht besonders nahestehenden Bekannten etwas geschenkt zu nehmen. Und damit beruhigt« sie sich.

Ich habe mir einen Platz im Parkett bestellt!" fuhr er fort.Ich gehe mit euch! Ihr habt doch et- was anzuziehen?"

Natürlich Papa! Wir haben immer etwas anzu- ziehen. und immer etwas Neues bei solch großem Toilettenbndget ist dal doch selbstverständlich!" warf Thora nachlässig hin, aber in ihrer Stimme klang osse- ner Hohn.

Die Mädchen ziehen ihre Spitzenlleider an!" be­merkte die Gräfin hastig, um den Eindruck von Thoras kühnen Worten abznschwichen. Mit einem scheuen Blick streifte sie den Gatten. Aerger nach Tisch war ihm so wenig zuträglichl

Du, Mama, ziehst dein stlvergraues Voitekleid an, in dem ich dich so gen, sehe!" ries Annettes.

Der Gras hüstelte ein wenig.

Gi-ela sagte nichts. In tiefem Mitleid blickte sie uf die Mutter. Für sie war natürlich kei. Bittet da. n sie hat.e man nickt gedacht, obwohl sie eine be- ftsterte Mustkliebbaberin war!

Fühlte sie denn gar nickt das Kränkende dieser ernachlässipung? War es ihre wirtliche Ueberzcugung. Is sie letzt erwiderte:Ach, ick. Kleinchen! Ich bleibe eber zu Hause. Wagner ist meinen Nerven nicht zu- äglich du weißt doch, wie leicht ich Kopsweh be- >mme!" ° . . , .

Thora sah Giselas mitleidigen Blick und hob be- auernd die Schultern. Wenn Mama es nicht anders

So gingen die drei Schwestern allein.

Erwartungsvcll saßen die Komtessen Bernhausen im Theater. Die drei schönen Mädchen waren sehr bekannt und hatten viele Grübe auszutauschen.

Der Gras unten im Parkett sonnte sich in der Be­wunderung, die man seinen Töchtern darbrachte. Thora saß zwischen den beiden Schwestern. Ihr ernstes Ge­sicht zeigte kaum ein Lächeln. Gleichgültig ließ sie den Blick durch den dicht gefüllten Zuschauerraum schwel- sen, bis er durch ein dunkles Augenpaar festgehalten wurde, das einem schlanken, brünetten jungen Manne gehörte, der im Parkett stand und unverwandt zu ihr hinaussah. Sie fühlte sich durch dieses Anstarren be- lästig,. Mit einer unsagbar hochmütigen Gebärde lehnte sie sich zurück und doch, während der Vorstellung mußte sie, wie einem unwiderstehlichen Zwange gehör- chend, immer wieder hin nach dem jungen Mann blicken, der kein Auge für die Vorgänge aus der Bühne hatte, sondern nur für st«.

Und in der Pau'e, in der sie und die Schwestern mit dem Pater :m Foyer standen, hielt er sich in ihrer Nähe auf und betrachtete sie entzückt, wie man ein schö­nes Kunstwerk betrachtet.

Unwilftg wandte sie ihm den Rücken und bereftlgt« sich lebhafter, als es sonst ihre Art war, an der Un­terhaltung der anderen.

Gisela sprach angeregt mit einem jungen Offizier. Ihre goldbraunen Augen strahlten, ihn glücklich an. und aus ihrem süßen Gesicht lag ein anmutiges Lächeln.

Wenn auch noch kein Wort von Liebe zwischen den beiden gefallen war, so wußten sie doch: wir gehören zusammen und was der Mund noch verschwieg:» hatte, das sagten sich ihre Augen, das getobte der Druck ihrer Hände

Werden Sie auch an dem Maskenball bei der Baronin Guttenberg teilmehmen?" fragte er.

,JH weiß es noch nicht, Herr v. Bibra!" nigeg- nete sie,heute mittag bekamen wir die Einladung doch wir können nichts bestimmen. Mama ist etwas lei­dend "

Er bat und drängle:Sc lange haben wir uns nicht gesehen, Komtesse! Sie haben sich in den setzten Wochen förmlich abgeschlossen versprechen Si- es mir, bitte, zu kommen! Sonst gehe ich auch nicht! Flehend sahen seine blauen Augen aus dem bildhübschen N'.chen Reitergesicht sie an und sie gab seinem Drängen noch in dem Gedanken, daß dieser Maskenball ihnen keine großen Ausgaben machen würde, da die -chiänle und Truhen in Bernhausen sicher etwas Passendes !ür sie alle bargen!

Das Herz schlug ihr hoch. Sie wußte: dieser Abend würde ihr etwas Köstliches bringen.

DaS Glockenzeichen zum Beginn des zweiten Altes ertönte und alle eilten an ihre Plätze. Unbemerkt tauschten die beiden in dem Gedränge noch »inen letz­ten Händedruck.

Zweites Kapitel.

In weichen Flocken siel der Schnee. Unablässig wirbel'en die weißen Sternchen durch die Lust und hat^ ten bald die Dächer der Häuser und die Straßen mit einer dichten Schicht bedeckt.

(Fortsetzung folgt.»,