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Handwerker vertrauensselig dem Schwindler sein Sparkasienbuch, das seine Ersparnisse im Betrage von 1000 enthielt. Von dieser Summe hat der Gauner 960 ^ erhoben und ist damit verschwunden.
Metz 3. Dez. Von der Reichs-Ballon- halle wurde gestern durch den heftigen Sturm eine etwa 10 Quadratmeter große Fläche abgerissen. Alle drei Luftschiffe 3 II, ? I und Groß II sind dadurch nur unwesentlich beschädigt worden, weil sie zur Zeit entleert und auseinandergenommen sind.
Berlin, 3. Dez. (Deutscher Reichstag.) Präsident Graf Stolberg eröffnet die Sitzung um 1.25 Uhr, Am Bundesratstisch sind die Staatssekretäre Dr. Delbrück und Wermuth erschienen. Erster Gegenstand der Tagesordnung ist die Wahl des 2. Vizepräsidenten. Diese erfolgt durch Namensaufruf. Bei der Wahl werden 322 Stimmzettel abgegeben, darunter 98 weiße. Auf den Erbprinzen von Hohenlohe-Langenburg lauten 178 Stimmzettel, auf den Abg. Singer (Soz.) 42. 4 Stimmen
sind zersplittert. Der Erprinz zu Hohenlohe-Langenburg ist somit gewählt. Er nimmt die Wahl dankend an. Es folgt die Wahl der Schriftführer. Das Resultat soll während der Verhandlungen ermittelt und im Laufe der Sitzung verkündet werden. Damit ist das Präsidium konstituiert, wovon dem Kaiser Lurch den Präsidenten Mitteilung gemacht werden wird. Es folgt die 1. Beratung des Gesetzententwurfs betr. dasHandelsprovisorium mit England. Staatssekretär Delbrück glaubt, da sich in unseren Handelsbeziehungen zum britischen Reich nichts geändert habe, auf eine nähere Begründung der Vorlage verzichten zu können und bittet Las Haus, dem Entwurf seine Zustimmung zu erteilen. Damit ist die 1. Lesung des Gesetzentwurfs erledigt, der hierauf auch in 2. Lesung ohne Debatte angenommen wird. Es folgt die 1. Beratung des Gesetzentwurfs, betr. die Abänderung des 5 15 des Zolltarifgcsetzrs vom 25. Dez. 1907. Nach einer Bestimmung des Zolltarifgesetzes (lex Irimborn) sollte die Witwen- und Waisenversicherung der Arbeiter am 1. Jan. 1910 in Kraft treten. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf soll dieses Inkrafttreten bis zum- I. April 1911 hinausgeschobcn werden. Staatssekretär Delbrück bemerkt, die Bestimmungen des Z 15 verdankten ihr Entstehen einer Anregung des Reichstages. Auch die verbündeten Regierungen seien grundsätzlich bereit gewesen, die Reliktenversorgung auf eine reichsgesetzliche Grundlage zu stellen. Es wäre aber nur möglich gewesen, das Gesetz am 1. Jan. n. Js. in Kraft treten zu lasten, wenn die zur Verfügung gestellten Einnahmequellen mit einer gewissen Stetigkeit auch die nötigen Mittel ergeben hätten.
Im ganzen ständen aber jetzt nur 2'/- Mill. zur Verfügung. Diese genügten nicht, die Hinterbliebenenversicherung nach festen Grundsätzen durchzuführen. Man müsse eine festere Grundlage schaffen, als sie 8 15 biete. Eine anderweitige Behördenorganisation sei auch wünschenswert gewesen. Die verbündeten Regierungen seien bestrebt gewesen, auch die bezüglich der Abänderung der bestehenden Versicherungsgesetze hervorgetretenen Wünsche zu berücksichtigen. Die Menge der Anträge zu dem vorliegenden Entwurf habe dessen Fertigstellung zum 1. Jan. n. I. unmöglich gemacht. Die Regierungen bitten deshalb, den Termin für das Inkrafttreten bis zum 1. April 1911 zurückzustellen. Abgeordneter Junck (natl.): Wir sind überzeugt, daß die Aufschiebung des Termins notwendig und daß es nicht richtig ist, derartige finanzielle und wirtschaftliche Maßnahmen mit anderweitigen Materien in zwingenden Zusammenhang zu bringen. Der Segen der Versicherung muß über die Verhältnisse der Arbeiter hinaus auch dem gewerblichen und landwirtschaften Mittelstand zu teil werden. Wir hoffen, daß das große Werk bis 1. April 1911 wird verabschiedet werden. Richthofen (kons.): Wir werden an dem Entwurf sachgemäß Mitarbeiten, damit ein brauchbares Gesetz zustandekommt. Es ist technisch einfach unmöglich, an dem im Jahre 1910 in Aussicht genommenen Zeitpunkt festzuhalten. Mugdan (frs. Vp.): Dem Staatssekretär ist der Vorwurf nicht zu ersparen, daß er die Rcichsversicherungsordnung noch nicht vorgelegt hat. Die Folgen des vorliegenden Gesetzentwurfes sind nicht zu übersehen, wenn wir nicht wissen, wie die Reichsversicherungsordnung tatsächlich ausgehen wird. Wir wünschen Ueber- weisung der Vorlage an eine Kommission von 21 Mitgliedern. Durch die Vorlage würden den unteren Kreisen des Volkes abermals Lasten auferlegt und Vorteile genommen, die man ihnen versprochen hat. Sie — nach rechts und links — triefen jetzt von Mittelstandssrcundlichkeit nachdem sie Lem Mittelstand bei der Finanzreform so tiefe Wunden geschlagen haben. (Sehr gut. Beifall links.) Staatssekretär Delbrück führt aus: Der Entwurf liegt doch erst dem Bundesrat vor und könne dort ncch vielfachen Abänderungen unterliegen. Er könne also einen solchen Entwurf hier unmöglich verteidigen, wenn er hier angegriffen werde. Den Zweifel des Abgeordneten Mugdan daran, daß es gelingen werde, die neue Reichsversicherungsordnung bis 1. April 1911 zustande zu bringen, könne er nickt teilen. Abg. Molkenbuhr (Soz.) Meine Freunde lehnen die Vorlage rundweg ob, denn wenn die Vorlage fällt, haben die Witwen und Waisen wenigstens ein klagbares Recht auf die ihnen im Zolltarifgesctz von 1902 zugesagte Hilfe. Redner geht alsdann auf das Entstehen
in der gleichen Nacht verhaftet, er hatte vor der Brandstiftung in einer Wirtschaft verdächtige Aeußerungen getan. Er wurde als ordentlicher und fleißiger Arbeiter geschildert. Die Geschworenen sprachen ihn im Sinn der Anklage schuldig und billigten ihm mildernde Umstände zu. Das Urteil lautete hiernach auf 7 Monate 15 Tage Gefängnis, unter Anrechnung von 1 Monat 15 Tagen Untersuchungshaft. Bei der Strafbemessung berücksichtigte das Gericht, daß bei dem Angeklagten infolge Trunkenheit die freie Willensbestimmung beeinträchtigt war.
Pinache bei Mühlacker 2. Dez. Mit dem gemeldeten Tod des Bauern und Holzarbeiters Karl Feinauer ging es folgendermaßen zu: Feinauer wollte früh V-7 Uhr in den Wald zur Arbeit und wollte vorher einen Schluck Schnaps nehmen. Aus Versehen erwischte er die Karbolineumflasche und mußte nach zwei Stunden sterben. Es liegt also kein Selbstmord vor. Feinauer hinterläßt eine zahlreiche Familie, er war ein fleißiger, braver Mann.
Kochendorf 3. Dez. Gestern abend passierte hier ein schwerer Unglücksfall. Dem 37jährigen verheirateten Heinrich Bach- maier, Bauern, der seinem Onkel beim Maschinendreschen behilflich war, fiel hierbei das Seilrädchen auf den Kopf, indem sich das Seil in der Dreschtrommel verwickelt hatte und dieses abgerissen wurde. Er wurde ins Krankenhaus Heilbronn übergesührt, wo er vor der Operation seinen Verletzungen erlegen ist, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben.
Heilbronn 3. Dez. Die Zufuhren zum Ledermarkt betrugen 25000 Klg. Der Verkauf ging anfangs schleppend, wurde aber im Laufe des Marktes lebhafter, bei etwas anziehenden Preisen. Begehrt waren hauptsächlich schöne Sohlleder und deutsche Wildoberleder. Die Beisuhren von Kalbleder und Zugleder waren gering und daher bald vergriffen. Es wurden verkauft und amtlich vermögen, Sohlleder 4082,5 Klg., Schmahlwildoberleder 13 532 Klg., Zeugledcr 492,5 Klg., Kalbleder 474,5 Klg., zusammen 20581,5 Klg. mit einem Gesamtumsatz von ca. 85 000
Mannheim 2. Dez. Ein dreister Kautionsschwindler hat einen Stellen- suchcnden gestern hier um die Summe von rund 1000 ^ geprellt. Er erlies in einem hiesigen Blatte ein Inserat, in dem er kautionsfähige Kassierer suchte. In dem erstklassigen Hotel, in dem er abgcstiegen war, trug er sich unter dem Namen A. Hellmann aus Antwerpen ins Fremdenbuch ein. Offenbar ist der Name gefälscht. Dem Stellesuchenden, einem armen Handwerker gegenüber gab er sich als Bankier aus. Auf die Zusage der Stelle hin gab der
Heute abend sind wir bei der Horst: nur Herren — ein kleinerer Kreis „Intimer" — es sollen auch Damen zugegen sein, aber Tante Lie ist influenzakrank, und Inge will sie nicht verlassen, und bei Anna und Mathilde Berner liegt die Sache ganz ähnlich. Ich habe Evelin stark im Verdacht, daß sie über all das schon orientiert war, als sie die Einladung erließ. Wenn Herren allein sind, wird höher gespielt. Armand ist natürlich da, er hintergeht Inge in einem fort um — diese Evelin, und sein Herz spielt zwischen diesen beiden so verschiedenen Magneten hin und her. Wie ist es möglich, daß es Männer gibt, die so haltlos sind! Erbärmlich!
-Es ist ein eigentümliches Wetter. Gar kein Winter; die Luft
merkwürdig milde, dabei Sturm und Regen, der See braust, und die Wogen türmen sich schäumend übereinander. Wer heute mit einem Boot hinausführe, dürfte schwerlich heimkehren. Der Rittersmann von damals — Gott, wie komme ich auf die fromme Sage! — ist bei solchem Wetter gefahren und ist heimgekehrt. Ob's einem, der's heute täte, auch so gehen würde? Ob einer von heute den Wagemut hätte, das zu tun für ein geliebtes Weib? Ich hätte ihn, ich könnte für das Weib und um des Weibes willen, das ich liebe, so liebe wie Inge v. Herrnstein, alles tun, auch einen Mord begehen, wenn es sein müßte. Mein Kopf brennt und in meinen Schläfen pocht'S. Einen Mord? Wie reiht sich dieser Gedanke an die fromme Legende? Es ist merkwürdig, wie so Gedankenverbindungen entstehen, eine aus der anderen; um Vergangenes und Zukünftiges rankt sich das in buntem Geflecht. — Die heilige Quelle, der Rittersmann, der die Fahrt über den brausenden See wagt, die Frage, ob heute einer das gleiche tun würde, die Antwort, daß ich es täte für Inge, daß ich um Inge alles tun könnte, auch einen Mord begehen —
Warum einen Mord? — Das ist ein häßliches brutales Wort-
Mein Kammerdiener öffnet die Tür und erinnert mich, daß es Zeit zum Umkleiden sei. Es wird ein lustiger Abend weiden in Solitüde. —
Evelin hat Geist und Eleganz, sie bleibt unter allen Umständen die vornehme Frau, selbst wenn bei einem Diner sie und die dicke Tante die einzigen Damen sind — und sehr viel Sekt getrunken wird. Da ist schon wieder das bescheidene und doch so aufdringliche Kammerdiener- Räuspern. — Ja, es ist Zeit, höchste Zeit — ich komme. Es ist in der Tat höchste Zeit. --
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Das Diner war wirklich sehr gut, besser noch der Champagner, am besten aber die Stimmung aller, die um den runden, mit Blumen fast überreich geschmückten Tisch sitzen. Die Baronin zwischen Callein und Armand, dann der Rittmeister v. Neumann, die dicke Tante Carolin und zwei Husaren-Offiziere aus der benachbarten Garnison.
„Die böse Sieben," bemerkte einer der Herren.
Evelin lacht und ruft: „Von« vous.trompor:, mvnsisur" die lustige Sieben!"
Es werden Scherze gemacht, Witze erzählt und Anekdoten, wie sie sich für eine „gute" Gesellschaft eignen, in der alles, was direkt Anstoß erregen könnte, sehr fein und doch durchsichtig genug verhüllt ist.
(Fortsetzung folgt.)
Humoristisches.
Am Andreas feiertag wurde ein Knabe von 12 Jahrcn gefragt Wer war Andreas, zu dessen Gedächtnis der heutige Tag in der Kirche gefeiert wird? Prompt erfolgte die Antwort: Andreas Hofer.
Verbessert. Kellnerin: „ . . . Sie haben mich eine Ruine genannt, Herr Spund — das verbitt' ich mir!" — „Na, Sie werden doch noch einen Spaß vertragen können — altes Haus!"