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in Oeschelbronn einen Hund gekauft und band ihn beim Heimfahren mit der Kette an den Wagen. Dann fuhr er angetrunken im Trab fort, den Hund auf allen Vieren nachschleifend. Als Passanten den Weissert aufforderten, das Tier loszubinden, ging er mit der Peitsche auf die Leute los, nannte sie Vagabunden und sagte, er habe den Hund bezahlt". Dann schlug er das Tier mit der Peitsche und jagte davon. Als man ihn schließlich doch anhielt, war der Hund verendet. Das Schöffengericht diktierte dem Tier­quäler dafür 14 Tage Haft zu. Viel zu wenig!

Nürnberg 12. Okt. Das Luftschiff Parseval 3 ist heute nachmittag um 5 Uhr über Nürnberg eingetroffen, hat über der Stadt gekreuzt und ist um 5 Uhr 25 Min. auf dem Landungsplatz am Dutzendteich glücklich gelandet. Tausende von Menschen hatten sich eingefunden, die das Luftschiff stürmisch begrüßten. Das Luftschiff will wegen Motordefekts hier über Nacht bleiben und morgen die Fahrt nach Augsburg fortsetzen.

Würzburg 12. Okt. Wie derWürz­burger Gen.-Anz." meldet, ist der Parseval- Ballon heute Vormittag lo V- Uhr bei dem Orte Wenkheim an der bayrisch-badischen Grenze auf freiem Felde gelandet, anscheinend wegen eines Defektes an der Steuerung.

Straßburg i. E. 12. Okt. Heute vorm, gegen >11 Uhr ist in der Ludwigshafener Straße ein Neubau eingestürzt. Eine größere Anzahl Arbeiter wurde unter den Trümmern begraben. Durch die Feuer­wehr wurden 2 Tote, 8 Schwerverletzte und 4 Leichtverletzte geborgen. Ob sich noch mehr Verunglückte unter den Trümmern be­finden, konnte noch nicht festgestellt werden. Nach einer weiteren Meldung waren bis gegen 1 Uhr nachmittags von den in das Spital ein­gelieferten Schwerverletzten zwei ihren Verletzungen erlegen. Die Zahl der Toten beträgt also vier. Nach Angabe der Arbeiter soll sich im 2. Stockwerk das Mauer­werk herausgedrückt haben und bald darauf der Einsturz des Seitenflügels erfolgt sein. Wie die Spitalverwaltung mitteilt, wurden dort von den bei dem eingestürzten Neubau Ver­unglückten 4 Tote und 11 Verletzte eingeliefert. Unter den Verletzten befinden sich noch 23 in Lebensgefahr.

Frankfurt a. M., 12. Okt. Der Parseval-Ballon hat heute Morgen 5.05 Uhr die Fahrt nach Nürnberg angetreten.

Frankfurt a. M., 12. Okt. Der Par­seval-Ballon ist heute Abend 5.20 Uhr in Nürnberg eingetroffen und dort gelandet. Um 1 Uhr mittags war er von der Landestelle bei

Wenkheim wieder aufgestiegen und nach Würz­burg gefahren, wo er bereits um 1> Uhr ein­traf. Die Rückkehr nach Frankfurt dürfte morgen angetreten werden.

Frankfurt a. M. 12. Okt. Bei dem gestern Nachmittag ausgefochtenen 5 Klm.-Preis erzielte Bleriot den 1. Preis mit 2400 de Caters den 2. Preis mit 1600 de CaterS hat insgesamt 7 Preise mit zusammen 47,500 ^ und Bleriot ebenfalls 7 Preise mit 23,900 erworben.

Köln 12. Okt. Die Ausführungen des New-Aork Herald" über Deutschlands Haltung in der spanisch-französischen Frage hat derKölnischen Zeitung" zufolge in Spanien unverdiente Beachtung gefunden. General d'Am ad es Erklärungen über Spaniens Vor­gehen seien mit besonderer Genugtuung in der deutschen Presse erörtert worden. Schon aus diesem Grunde hätte d'Amade Stillschweigen be­wahren müssen. Er möge sicher sein, daß, wenn er es nicht tat, Deutschland alle politischen und wirtschaftlichen Vorteile wahrnähme, die es aus einem Bruch der spanisch-französischen Freund­schaft ziehen könnte. Demgegenüber ist zu be­merken, daß die Haltung der maßgebenden deutschen Presse zu dem Vorgang d'Amade durch­aus richtig und zurückhaltend war. Man täte in Spanien besser, sich über die deutsche Presse aus dieser selbst zu unterrichten, anstatt sich auf oberflächliche und unbegründete amerikanische Darstellungen zu verlassen. Daß die Rede des Generals d'Amade der französischen Presse und den von ihr beeinflußten ausländischen Blättern ungelegen kommt, ist ja durchaus begreiflich. Aber das sollte doch nicht zu dem Versuch An­laß geben, die infolge der spanisch-französischen Meinungsverschiedenheiten entstandenen Schwie­rigkeiten auf Deutschland abzuwälzen. Ganz ab­gesehen von General d'Amade hat eine ganze Reihe französischer Blätter in überaus deutlichen Darstellungen Mißtrauen und Beklemmung aus­gedrückt, als schon die spanische Expedition eine größere Ausdehnung anzunehmen schien.

Duisburg 11. Okt. Ein frecher Raub wurde gestern Abend im Eisenbahnzuge auf der Strecke DuisburgMünster verübt. Einer älteren Lehrerin, die nach Ost-Bayern fahren wollte, um ihrem verstorbenen Bruder ein Grabdenkmal setzen zu lasten, wurde im Coupe unwohl. Ein Mitreisender Herr bot ihr darauf ein Riechpulver an, worauf die Lehrerin ohn­mächtig wurde. Bei ihrem Erwachen war der Mann verschwunden und mit ihm ein in ein Taschentuch eingewickelter Betrag von 1000 Die Dame konnte nähere Beschreibung des Täters geben.

Berlin 12. Okt. Das neue 25-Pfennig-

Nattern, die allerdings jenen sehr ähnlich sehen, aber durchaus ungefährlich sind. Ein sehr be­kannter, vor etwa 10 Jahren verstorbener Professor am Sigmaringer Gymnasium, der auf dem Gebiete der Naturkunde wohl als Autorität gelten konnte, behauptete, er habe bei seinem vielen Umherstreifen in unseren Wäldern nicht eine einzige wirkliche Kreuzotter gefunden. Wir kennen eine Gemeinde, in der vor zwei Jahren annähernd 25 Stück angebliche Kreuzottern gefangen und abgeliefert wurden. Als man nun ein Kreuzotter-Präparat anschaffte, stellte es sich heraus, daß es durchweg und ohne Ausnahme glatte Nattern waren, die abgeliefert wurden. Und so mag es in andern Gemeinden auch gewesen sein. Die Statistik lehrt, daß in ganz Deutschland etwa 2 Menschen jährlich am Bisse der Kreuzotter sterben und etwa 40 durch Schlangenbisse ernstere oder geringere Krankheiten davontragen, während doch das Ver­hältnis ein bedeutend ungünstigeres sein müßte, wenn die Kreuzottern wirklich so häufig vorkämen, wie man annimmt.

Friedrichshafen 12. Okt. In einem Wagen II. Klaffe des um 5.58 Uhr von Ulm hier eintreffenden Eilzugs hat sich ein besser ge­kleideter Herr im Alter von etwa 25 Jahren, vermutlich zwischen Aulendorf und Ravensburg, erschossen. Die Leiche des Unbekannten wurde hier in das Leichenhaus gebracht. ^

Friedrichshafen 12. Okt. Das Luft­schiff 2 111 ist nach nahezu siebenstündiger Uebungsfahrt um >4 Uhr wieder in seine Halle zurückgekehrt.

Pforzheim. Frederic Lamond, gegen­wärtig wohl unbestritten der größte lebende Beethoven-Spieler, hat sich entschlossen, am Samstag, den 23. Oktober, im Museum-Saal einen Klavierabend zu veranstalten, dessen Pro­gramm ausschließlich obigem Meister gewidmet sein wird. Den Kartenverkauf besorgt die Buch- und Musikalienhandlung von Otto Ri eck er in Pforzheim.

Pforzheim 12. Okt. Aus der Gold­warenindustrie wird gemeldet: Die Hanauer Goldarbeiter streiken nicht. Die gestern unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters in Hanau stattgesundenen Verhandlungen zwischen Vertretern des Arbeitgeberverbands und der Arbeitnehmer endigten mit der Annahme einer Arbeitsordnung mit dreijähriger Dauer und viertel­jähriger Kündigung. Damit ist der Streik bei­gelegt, was im Interesse des Friedens in der Hanauer, jPforzheimer und Gmünder Goldwaren­industrie zu begrüßen ist.

Pforzheim 12. Okt. Eine barbarische Rohheit ließ sich der hiesige Kartoffelhändler Karl Weissert zuschulden kommen. Er hatte

Im Klosterhof.

Roman von B. v. Lancken.

(Fortsetzung.)

Da magst Du recht haben, Armand, aber das Kreuz muß von Brillanten sein, sonst nimmt sie es nicht auf sich," sagte er mit einem selt­samen Blick und einem seltsamen Lächeln.

Du spottest und zweifelst immer und an allem, Mark," entgegnete Armand Ferm unmutig.

Ich habe den zweifelhaften Vorzug, zwölf Jahre älter zu sein, als Du, Armand, das ist eine ganze Ecke, und ich habe ein Leben hinter mir, das mich nicht immer auf bequeme Landstraßen und schattige Waldwege führte. Ich habe auch Gelegenheit gehabt, in diesem Leben und auf diesen Wegen Menschen kennen zu lernen und zu studieren, Männer und Frauen, und ich habe sie nicht immer gut befunden."

Frau v. Horst ist aber doch über jeden Verdacht erhaben, sie ver­kehrt in den besten Kreisen," beharrte Armand.

Markus Callein lachte wieder, daß unter dem dunklen Bart und zwischen den roten etwas sinnlich-vollen Lippen seine festen, weißen Zähne sichtbar wurden.

Ist es Dir wirklich noch maßgebend, in welchen Kreisen die Leute verkehren?" fragte er. Armand errötete in leichtem Verdruß.

Gottlob, ich habe noch nicht all und jeden Glauben an die Mensch­heit verloren," sagte er.

Callein lachte noch lebhafter.

Wie Du mir vorkommst, Armand. Du scheinst mir wirklich ein L für ein U machen zu wollen. Du, ein junger Lebemann und diesen idealen Ausspruch! Du bist wohl allen Ernstes in die Horst verliebt?"

Verliebt, das Wort ist nicht glücklich gewählt, ich verehre die Frau,

ich bewundere sie, ich glaube, der Tag wird kommen, wo ich sie wahn­sinnig lieben, wo ich sie heiraten werde."

Oho das ist entschieden zu viel, mein kleiner Armand. Ein vernünftiger Mann, der die Welt, das Leben, die Frauen kennt, liebt überhaupt nicht wahnsinnig, am wenigsten aber eine Frau wie Eveline und was die Heirat anbelangt, so ist man damit doch etwas vorsichtig."

Kennst Du sie denn so genau?"

O ja, ziemlich schon von früher her. Wir trafen uns mal in Paris, mal in Baden-Baden. Ah" er unterbrach sich. Seine Auf­merksamkeit wurde nach der Straße hin abgelenkt. Elektrische Bahnen, Omnibusse, Droschken, Privatfuhrwerke stauten sich, und die Menschenwoge, die unaufhörlich über den Potsdamer Platz hin und her brandet, wich von allen Seiten auseinander, jeder einzelne erspähte ein sicheres Plätzchen oder eine günstige Gelegenheit zum Uebergang. Dicht an das Gitter ge­schmiegt, das den Garten der Konditorei gegen den Platz hin abschließt, stand ein junges Mädchen, in Trauer; sie trug ein einfaches Strohhütchen von englischer Form mit einem schwarzen Kreppstreifen darum, ein schwarzes schlicht gearbeitetes Kleid ; die Figur war etwas über Mittelgröße, mehr schlank als voll.

Das Haar am Hinterkopf hinaufgekämmt, ließ den schmalen, weißen Nacken frei und bauschte sich unter dem Hütchen hervor um Stirn und Schläfen zu kleinen Löckchen; es war kein schönes Gesicht, aber auch kein alltägliches; ohne etwas Auffälliges an sich zu haben, fiel die ganze Er­scheinung doch auf, weil sie sich durch Vornehmheit und Anmut von der Menge abhob.

Ah", sagte Markus Callein noch einmal und verwandte keinen Blick von ihr. Armand folgte der Richtung und hatte den Gegenstand von seines Vetters Aufmerksamkeit bald entdeckt.

Eine reizende Erscheinung", sagte er.

Wo?" fragte Callein, obgleich er recht gut wußte, wen Armand meinte.