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Stück wird voraussichtlich Mitte Dezember zur Ausgabe gelangen. In den nächsten Wochen wird mit der Prägung begonnen werden.
Berlin 12. Okt. Die auf gestern abend angesetzte Fernfahrt des Militärluftschiffes Groß 11 nach Metz ist verschoben worden, da der Wind eine Stärke von 7 Sekundenmetern zeigte Und diese Windstärke eine gute Fahrt nicht verbürgen konnte. Voraussichtlich wird nun die Ueberführung des Luftschiffes nach Metz heute abend erfolgen, falls kein starker Wind herrscht.
Hamburg 12. Okt. Auf der Werft von Blohm und Voß ist heute nachmittag das neue Schulschiff „Prinzeß Eitel Friedrich" des Deutschen Schulschiffvereins glücklich vom Stapel gelaufen. Anwesend waren der Großherzog und der Erbgroßherzog von Oldenburg, Prinz und Prinzessin Eitel Friedrich, die Bürgermeister Dr. Burchard und O'Swald, die Mitglieder des Senats mit ihren Damen, sowie die Spitzen der Militär- und Zivilbehörden. Prinz Eitel Friedrich hielt die Taufrede, worauf Prinzessin Eitel Friedrich das Schiff auf den Namen „Prinzeß Eitel Friedrich" taufte. Nach dem Stapellauf überreichte der Großherzog verschiedenen alten Arbeitern der Werft Auszeichnungen.
Kiel 12. Okt. Nach den „Kieler Neuest. Nachr." hat sich Expräsident Roosevelt bei einem Festmahl, das ihm bei seinem Abschiede aus Ostafrika von den englischen Behörden gegeben wurde, begeistert über Britisch- und Deutsch-Ostafrika ausgesprochen. Er sagte, seiner Ueberzeugung nach werde Ostafrika dieselben Reichtümer und Entwickelungs-Möglichkeiten für die weiße Rasse haben, wie der Westen von Nordamerika. Er sei überzeugt, daß in kaum einem Vierteljahrhundert Ostafrika dieselbe blühende industrielle und landwirtschaftliche Entwickelung zeigen werde, wie das heutige Nordamerika.
Krakau 12. Okt. Gestern abend wurde in der Schustergasse aus einem Haus auf einen vorüberfahrenden Straßenbahnwagen eine Bombe geschleudert, welche explodierte. Der Wagen wurde vollständig zertrümmert. Glücklicherweise wurden die drei Passagiere, welche sich im Wagen befanden, nur leicht verletzt.
London 12. Okt. Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd, „Kronprinz Wilhelm", der gestern abend aus Newyork in Plymouth eintraf, wurde auf der Reise von einem Orkan schwer mitgenommen. Ein Paffagier kam dabei an Bord ums Leben. Der Pole Grenowsky wurde durch eine losgeschraubte Schiffsplanke erschlagen.
Rom 12. Okt. Das Militärluftschiff stieg heute Nachmittag um 2.30 Uhr auf
dem See Bracciano auf und traf um 2.52 Uhr in Rom ein. Nach einigen wohlgelungenen Manövern in einer Höhe von 150 Mtr. und 2 Zwischenlandungen kehrte das Luftschiff um 4.25 Uhr nach seinem Aufstiegsort zurück.
New - Aork 12. Okt. Die Zahl der bei dem Orkan an der Küste Floridas ums Leben Gekommenen wird von hiesigen Blättern auf 700 angegeben- In Key West ist fast jedes Haus beschädigt.
Vermischtes.
DieMilchpreise weisen in Deutschland außerordentliche Differenzen auf. Für dasselbe Geld, für das man in Tilsit einen ganzen Liter Vollmilch bekommt, erhält man in Potsdam wenig mehr als einen halben Liter. Der Preis stellt sich nämlich in Tilsit auf 13, in Potsdam auf 23 pro Liter. Der Preis in Potsdam ist nun zwar der höchste, die in 50 preußischen Städten notiert werden, doch bleiben die Preisnotizen in einer Menge anderer Städte nur wenig hinter dem Potsdamer Preis zurück. Einen Durchschnittspreis von 22 ^ pro Liter verzeichnen nämlich Altona, Harburg a. Elbe, Hanau, Frankfurt a. M., Wiesbaden, Köln. Auch in Berlin, Brandenburg a. H., Gleiwitz, Magdeburg, Halle a. S., Dortmund, Kassel, Koblenz, Düsseldorf, Essen, Neuß, Trier und Aachen stehen die Milchpreise sehr hoch; sie betragen in diesen Städten 20—21 ^ pro Liter, während der gesamte Durchschnittspreis in allen 50 Städten 19 ^ beträgt. Sehr groß ist die Anzahl der Orte, in denen der Milchpreis 18 -Z pro Liter beträgt. Zu ihnen gehören Frankfurt a. O., Kottbus, Stettin, Posen, Görlitz, Königshütte i. Oberschl., Erfurt, Kiel, Hannover, Hildesheim, Bielefeld, Paderborn, Krefeld und Sigmaringen. Unter das Niveau von 18 ^ gehen verhältnismäßig wenig Städte mit ihren Milchpreisen herab. Der Preis von 17 ^ pro Liter wird nur dreimal, und zwar in Bromberg, Breslau und Münster notiert. Der Preis von 16 ^ findet sich schon ziemlich selten, ihn treffen wir in Danzig, Graudenz, in Stralsund, Liegnitz, Flensburg und Emden an. 15 ^ werden nur in drei größeren Orten, nämlich in Königsberg in Pr., Köslin und Stade bezahlt. Die niedrigsten Preise, 14 und 13 ^ pro Liter, finden sich in Memel, Tilsit und Allenstein. Bemerkenswert ist vor allem die Erscheinung, daß im Norden und Osten Deutschlands die Preise viel niedriger sind, als im Süden und Westen.
Herbstnachrichten.
Vom Heuchelberg und Stromberg 12. Okt. Die Weinlese beginnt am Mittwoch,
den 13. Okt., in 13 Gemeinden: Brackenheim, Cleebronn, Dürrenzimmern, Eibensbach, Güglingen, Haberschlacht, Hausen a.Z., Klingenberg, Meimsheim, Neipperg, Nordhausen, Stockheim und Ochsenbach. Das Quantum wird geschätzt in Brackenheim auf 2500 lü, Cleebronn auf 3000 dl, Dürrenzimmern auf 1500 dl, Eibensbach auf 800 dl, Güglingen auf 1500 dl, Haberschlacht auf 1400dl, Hausen a.Z. auf 1700 dl, Klingenberg auf 1000 dl, Meimsheim auf 1500 dl, Neipperg auf 2000 dl, Nordhausen auf 500 dl, Stockheim auf 2000 dl und Ochsenbach auf 500 dl. Die Weinberge sind noch schön belaubt. Der erfreuliche Reifegrad der Trauben, reicher Behang in den Berglagen und einzelne Gewächsproben versprechen gute Qualität. Die Ortsvorsteher der 13 Gemeinden befehlen ihren Weingärtnern sorgfältige Auslese durch Bekanntmachungen in den Tageszeitungen und durch die Ortsschelle strengstens an.
Besigheim. Bönnigheim 11. Okt. Bis jetzt verschiedene Käufe zu 65—73 ^ pro 3 Hektoliter. — Kirchheim a. N. 12. Okt. Heute wurde Wein zu 85 ^ pro Eimer verkauft.
Heilbronn. Talheim 12. Okt. Die Lese der Weinberge ist hier in vollem Gang. Die Weingärtner sind bezüglich Menge als auch Güte im allgemeinen wohl zufrieden. Der Ertrag kann aber auch ein guter noch genannt werden, wie uns ein Gang durch die Weinberge zeigt. Einige Käufe zu Mittelpreis sind abgeschlossen. Käufer erwünscht.
Hohenhaslach O.A. Vaihingen 12. Okt. Gestern wurde ein Wein kauf zu 95 ^ pro Eimer abgeschlossen. Qualität befriedigt. Viel Vorrat.
Botenheim O.A. Brackenheim 12. Okt. Die Weinlese ist in vollem Gange. Erzeugt wurden ca. 800 Hkltr., die sämtliche zu 70, 75 und 80 ^ verkauft wurden. Der Wein kam meistens nach Stuttgart und Umgebung. Die Quantität schlägt etwas zurück, während die Qualität besser ist, als man erst erwartete.
Marktberichte.
Stuttgart 12. Okt. Kartoffelgroßmarkt auf dem Leonhardsplatz. Zufuhr 600 Zentner; Preis 3—4.80 pr. Ztr. —
Auf dem Krautmarkt kosteten 100 Stück 10 bis 12 — Mostobstmarkt auf dem Wil
helmsplatz: Zufuhr 900 Ztr. Preis 5—6 per Ztr.
Gottesdienste.
Z>»««erstas, 14. Okt. 8 Uhr abends, Bibelstunde im Vereinshaus, Dekan RooS.
„Nun, die Kleine dort, in Trauer — jetzt wendet sie den Kopf, ein seines Profil, etwas stolz, Du weißt jetzt, wen ich meine?"
„Ja."
In diesem Moment sah das Mädchen zu den beiden Herren hinüber, ihre und Calleins Blicke kreuzten sich, es war nur ein ganz flüchtiges Anschauen, aber es hatte genügt, um beiderseitig einen Eindruck zu gewinnen. Ihre Blicke waren sich begegnet, und mit Bewußtsein begegnet. —
Inzwischen war der Verkehr wieder frei gegeben, das Mädchen ging weiter; die Augen der beiden zurückbleibenden Männer folgten ihr, sie hatte einen elastischen und energischen Gang, und als sie jetzt das Kleid etwas hob, konnte Callein noch ein sehr schmales Füßchen entdecken.
„Sie ist reizend, wirklich reizend", sagte Armand Ferni. Callein schwieg. Er zog seine Uhr.
„Wenn wir Deine Schwester nicht verfehlen wollen, müssen wir aufbrechen", sagte er, winkte dem Zählkellner und beglich die kleine Rechnung. Beide Herren bestiegen einen Taxameter' fuhren nach dem Lehrter Bahnhof hinunter und kamen gerade rechtzeitig, den Zug einfahren zu sehen. Aus einem Wagenabteil erster Klasse winkte ihnen eine schmale, in perlgrauem Handschuh steckende Frauenhand entgegen. Callein und Armand lüfteten die Hüte und als der Zug hielt, eilten sie, die Ankommende zu begrüßen.
Anna v. Ferni glich ihrem Bruder sehr wenig; so verschwenderisch die Naiur diesen ousgcstattet, so stiefmütterlich hatte sie die Schwester bedacht. Die Figur bleich, die Augen waren schön, groß und blau, wie die ihres Bruders, aber das sonnige, herzbezwingende war flach und reizlos, die Gesichtszüge nicht unbedeutend, aber für eine Frau zu scharf und ohne Weichheit, der Teint klar, aber gänzlich farblos, krankhaft Leuchten fehlte, es lag mehr Lebhaftigkeit und Intelligenz darin, als jenes Weiche, Träumerische, dos manche Frauenaugcn so reizvoll macht. Man brauchte kein hervorragender Menschenkenner zu sein, um zu sehen, daß Anna Ferni eine kluge und bedeutende Frau sei, ein reizvolles Weib war sie nicht. Sie mochte ungefähr dreißig Jahre zählen. Ihre Toilette war die der
vornehmen Dame auf Reisen; einfach, tadellos im Schnitt, zweckentsprechend. Sie trug eine kleine Juchtentasche, die ihr Geld und ihre Juwelen enthielt und die sie jetzt ihrem Bruder reichte. Die Begrüßung der Geschwister war sehr herzlich, und Markus Callein küßte seiner Kousine die Hand; als sie seiner ansichtig wurde, war ein flüchtiges Erröten über ihre Wangen gehuscht.
Die Besorgung des Gepäcks blieb der Kammerzofe überlassen, während Anna mit den Herren dem Hotel zufuhr.
„Seit wann bist Du in Berlin, Markus?" fragte das junge Mädchen.
„Seit drei Tagen und ich reise in den nächsten Tagen wieder ab, um in Newyork persönlich die Realisierung eines größeren industriellen Unternehmens zn leiten."
„So werden wir uns nicht im Klosterhof sehen?"
„Nein, vorläufig nicht. Du mußt immer noch mit meiner Ruhelosigkeit rechnen, Anna."
„Feuergeist", sagte sie und setzte mit einem kleinen, schwermütigen Lächeln hinzu, „wer wird Dir einmal die Schwingen binden?"
„Niemand", antwortete er bestimmt. „Ich habe meine Gefühle an so viele verzettelt, daß für die, die die „Einzige" sein möchte, nichts mehr übrig geblieben ist."
„Das glaube ich nicht", antwortete Anna Ferni ruhig. „Ein Mann wie Du verausgabt sich nicht derartig, daß gar nichts mehr übrig geblieben sein sollte von guten, edlen, echten Empfindungen."
„Möglich, aber allzuviel ist es nicht."
Im Hotel angelangt, warteten die Herren im Salon bis Anna die Toilette gewechselt, dann fuhren sie zusammen zu Hiller. Während Armand die Weinkarte durchsah, stellte Markus das Menu zusammen, und als die Suppe in den Tellern dampfte und der Lafitte in den feingeschliffenen Gläsern funkelte, kamen die Drei in ein heiteres Gespräch über dieses und jenes, über gemeinsame Bekannte und gemeinsame Interessen.
(Fortsetzung folgt.)