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Amts- und Anzeigedlatt für den Gberamtsbezirk Calw.
84. Jahr-«-.
SrschoinungStage: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag. Jnsertionsprcis 0 Bfg. pro Zeile für Stadt u. Bezirksorte; außer BszirkI!! Pfg.
Amtliche Bekarrntmachiruge».
Die Ortsbehördm
werden beauftcagt, die Lolalfeuerschaurr zur baldigen Vornahme der Visiiatton aufzufordern, damit die Defekte noch vor Eintritt des Winter- erledigt werden können.
Calw, 9. Oktober 1909.
K. Oberamt. Voelter.
Bekanntmachung,
detr. die Schonzeit für Flaß- und Bachforellen rc.
Es wird hiemit in Erinnerung gebracht, daß die Schonzeit für Fluß- und Bachforellen, sowie für Bach- und KceuzungSsaiblinge am 10. Oktober ds. IS. beginnt und für die Nagold und ihre sämtliche Seitenbäche lt bezirkSpoltzeilicher Vorschrift vom 27. März 1897 (Calwer Wochenblatt Nc. 83) bis 1. Februar 191V dauert.
Die Schonzeit hat die Wirkung, daß während derselben — ausschließlich der erste« 3 Tage — die geschützten Fische weder gefangen noch feilgeboten noch verkauft oder in Wirtschaften verabreicht werden dürfen.
Sollten solche Fische zufällig gefangen werden, so find sie sofort wieder in dasselbe Wasser frei einzusetzen.
Während der Schonzeit und während weiterer 6 Wochen nach beendigter Laichzeit, somit bis zum 15. März 1910 dürfen ferner keine Ente« in solche Ftschwasser zugelassen werden, in welchen die betreffenden Fische sich vorherrschend aufhalten, sofern diese Fischwasser nicht Gemeinden zur Benützung stehen und von der Gemeindebehörde hiezu Erlaubnis erteilt worden ist.
Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen werden nach Art. 39 Z. 2 Pol-Str.-G. mit Geldstrafe bis zu 45 bestraft.
Calw, 9. Oktober 1909.
K. Oberamt.
Voelter.
Dienstag, den 12. Oktober 1909.
Fischzucht betreffend.
Diejenigen, welche die Berechtigung zum Fangen von Fische» während der LUchzeit zu Zwecken der künstlichen Fischzucht zu erlangen wünschen, werden hiemit veranlaßt, die diesbezüglichen Gesuche bis 15. ds. Mts. einzureichen.
Calw, 9. Oktober 1909.
K. Oberamt.
Voelter.
v. Calw 11. Okt. Der Bezirks- Handels- und Gewerbeverein Calw hielt gestern in Stammheim eine Bezirksversammlung ab. Der Vereinsvorstand Herr Uhrmachermeister Zahn, referierte in längeren Ausführungen über „Handwerkerfragen." Er ging dabei besonders ein auf die neueren Bestimmungen über Gesellen- und Meisterprüfungen, Meistertitel und Recht zur Lehrlingsanleitung. Zum Schluffe berichtete er über den Gewerbe- verbandstag in Rottweil. Die sehr interessanten und sachkundigen Ausführungen wurden mit viel Beifall ausgenommen und riefen die Erörterung verschiedener Wünsche der Handwerker hervor, an welcher sich hiesige und Stammheimer Vereinsmitglieder lebhaft beteiligten. Ueber „Versicherungswesen" sprach der Schriftführer des Vereins und behandelte in Kürze diejenigen Bestimmungen aus dem Kranken-, Unfall- und Jnvaliden- verficherungsgesetz, deren Kenntnis für den Gewerbetreibenden von besonderer Wichtigkeit sind. Er empfahl eindringlich, besonders auch im Hinblick auf die in der neuen Versicherungsordnung geplante Hinterbliebenenversorgung, von dem Recht der Selbstversicherung bei der Invalidenversicherung viel mehr als dies bis jetzt geschehe, Gebrauch zu machen und die
Bezugspr.t.d. Gtadt*/ijLhrl.m.Trägerl.Mk. 1.25. PostbezugSpr. s.d. Orts- u. Nachbarortsverk. ^jährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. i.SO. Bestellg. in Würtl. 30 Pfg., in Bayern u. Reich 42 Pfg-
von den Handwerkern, während der Gesellenzeit bestandene Pflichtversicherung auch nach Gründung eines eigenen Geschäfts freiwillig fortzusetzen und sich damit durch verhältnismäßig geringe Wochenbeiträge für die Zeit von längerer Krankheit, Invalidität oder hohen Alters einen Anspruch auf Rente zu sichern. Das Recht zur Selbstversicherung in beliebiger Lohnklasse habe derjenige Gewerbetreibende und sonstige Betriebsunternehmer, welcher nicht regelmäßig mehr als zwei versicherungspflichtige Lohnarbeiter beschäftigt und das 40. Lebensjahr noch nicht zurückgelegt hat. Versicherte Frauenspersonen sollten bei Eingehung einer Ehe von dem Recht aus Zurückerstattung der Hälfte der für sie eingezahlten Versicherungsbeiträge keinen Gebrauch machen, sondern die Versicherung ebenfalls freiwillig fortsetzen. Mehrfache Anfragen und deren Besprechung zeigten, daß auch diese Ausführungen auf guten Boden gefallen sind. Die Herren Schultheiß Ra user und Lehrer Letsch von Stammheim dankten in trefflichen Worten für die Abhaltung der Bezirksversammlung in Stammheim. Elfterer führte in treffender Weise aus, daß Staat und Gemeinden das größte Interesse an einem tüchtigen und leistungsfähigen Handwerkerstand haben. Diese können aber nur fördernd und unterstützend eingreifen, die Hauptsache müsse von den Handwerkern selbst geschehen. Dazu rechne er auch den Zusammenschluß in Gewerbe- und Fachvereinen, als Organisationen in welchen die Wünsche und Beschwerden des Gewerbestandes, aber auch dessen eigene Fehler, am besten erörtert und behandelt werden können und in welchen gelernt werde, nicht nur Sonderinteressen zu verfolgen, sondern auch den Blick und das Tun und Lassen auf die Gesamtheit zu richten. Herr Lehrer Letsch hob besonders hervor, daß zur Hebung des Standes in erster Linie an
Im Klosterhof.
Roman von B. v. Lancken.
' (Fortsetzung.)
„Nein, so gar lange ist's wohl doch nicht — sagen wir zehn — elf Jahre, das dürfte ungefähr stimmen. Sie waren ja kaum den Kinderschuhen entwachsen", setzte er, sich leicht verneigend, galant hinzu, während sie, heftig an der Unterlippe nagend, ungeduldig den kleinen Fuß hin und her bewegte. „Sehen Sie", fuhr er fort, „in diesen zehn Jahren habe ich viel am Glauben eingebüßt, eigentlich alles, aber meine Erfahrung ist so reich geworden, daß sie mich fast erdrückt und kaum jemals täuscht."
„Und auf die Erfahrung hin prophezeien Sie Ihrem Vetter Armand Unglück, wenn er mich kennen lernt?"
„Ja."
„Nun, eine Galanterie ist das just nicht", lachte sie gezwungen.
Markus Callein sah sie ernst, fast streng an.
„Ich denke, Baronin, über dergleichen sind wir zwei hinaus, ausgenommen in der Gesellschaft", entgegnete er kalt. Eveline Horst lehnte sich wieder in die Polster zurück.
„Ueber dergleichen sind wir freilich hinaus, aber, daß der junge Ferni heute hierher kommt, daran läßt sich nichts ändern, und vielleicht ist er widerstandsfähiger, als Sie selbst es in seinem Alter waren, lieber Freund", setzte Evelin mit leiser Ironie hinzu.
Markus Callein liebte seinen Vetter Armand wirklich, sonst würde er nicht getan haben, was er jetzt tat. Er trat der jungen Frau einen Schritt näher und sie mit einem fast bittenden Blick ansehend, sagte er:
„Evelin, schonen Sie seiner; er ist ein schwacher, unselbständiger Charakter. Eine Ehe mit ihm würde weder zu Ihrem noch zu seinem Glück führen.
Sie schweigt, bewegt die Spitze ihres zierlichen Fußes auf und ab und spielt mit der Rose in ihrer Hand. Markus Callein runzelt die Stirn, ein Zornesblick seiner Augen streift die schöne Frau, seine Lippen kräuseln sich verächtlich. „Sie vergessen, daß Ihre erste Ehe gescheitert ist durch Ihre Schuld, Sie passen nicht dazu, in dem immerhin begrenzten Kreis eines Hauses Ihr Glück zu finden — selbst wenn es ein glänzendes Haus und — Armand Ferni Ihr Gatte wäre."
„Das käme auf einen Versuch an", sagte sie.
In diesem Augenblick meldete der Diener Armand Ferni, und der Ankömmling folgte ihm auf dem Fuße. Evelin geht ihm mit unbefangener Freundlichkeit entgegen, während Graf Markus hinter einem Sessel stehend, auf dessen Lehne er eine Hand stützt, die Augen fest auf den Eintretenden richtet. Armand fühlt diesen Blick, und er veranlaßt ihn, den seinen schneller, als es sonst wohl der Fall gewesen, von der Baronin dem Grafen abzuwenden. Seinen Vetter erkennend, eilt er ihm freudig überrascht entgegen, und sie schütteln sich warm die Hände, während die Baronin mit dem freundlichsten und harmlosesten Lächeln dieser Begrüßung zusieht.
Das Frühstück war im Gartensalon serviert, durch dessen geöffnete Türen man auf einen reich mit Blumen dekorierten Balkon und darüber hinaus in einen der eleganten Gärten sieht, wie man sie im vornehmen Berlin-W. findet.
Die Unterhaltung war lebhaft und amüsant, wie das bei Menschen natürlich, die viel von der Welt sehen, viel in der Welt verkehrt haben. Armand war von den Dreien vielleicht der Schweigsamste; er stand ganz unter dem Einfluß von Evelins Schönheit und feiner Koketterie, und Markus scharfer Beobachtung entging es nicht, daß die Widerstandsfähigkeit seines Vetters der verführerischen Frau gegenüber nicht stärker war, als seine eigene es einst vor langen Jahren gewesen. Nach dem Frühstück hatte er genugsam Gelegenheit, dies noch ungestörter zu beobachten; während