wegen Ermordung und Beraubung der Witwe Obermeier das Urteil. Die Angeklagten wurden zum Tode und zur Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt Beide Verurteilte erklärten sofort Revision einzulegen.
München 1. Okt. Wie die „Münch. Neuest. Nachr." melden, hat der Verkehrsminister v. Frauendorfer den Verkauf der Wochenschrift „Simplizissimus" auf sämtlichen bayrischen Bahnhöfen verboten.
Frankfurt a. M. 1. Okt. DerRuthen- berg-Ballon hat mit seiner gestrigen Fahrt den Zeppelin-Preis in Höhe von 10000 gewonnen. Der Preis war ausgesetzt für den kleinsten Lenkballon, der 5 Fahrten von mindestens einer halben Stunde unternimmt und an den Aufstiegsplatz zurückkehrt. — Der Par - seval-Ballon ist heute vormittag V-1 Uhr zu seiner Fahrt nach Ems aufgestiegen.
Frankfurt a. M. 1. Okt. In den letzten Tagen war wiederholt die Rede davon, daß 2 I, der in Metz stationiert ist, nach Frankfurtkommenwerde. An maßgebender Stelle ist davon aber nichts bekannt. Dagegen soll es richtig sein, daß 2 I demnächst eine größere Fahrt unternehmen will, auf der er Frankfurt zu berühren gedenkt. Das Groß'sche Luftschiff soll, wie es heißt, voraussichtlich heute Nacht in Bitterfeld aufsteigen und eine Fahrt nach Metz antreten. Es ist nicht ausgeschlossen, daß Groß auf dieser Reise in Frankfurt landet. Die Landung soll aber nur in dem Falle vor sich gehen, daß das Luftschiff einer Nachfüllung bedarf, die hier bewerkstelligt werden soll.
Frankfurt a. M. I. Okt. Zwischen 2 und halb 3 Uhr brach im Maschinenhaus der Marineschauspiele auf der „Jla" ein Brand aus, der sich auch auf eine daneben liegende Kammer erstreckte, in der Pulver und Feuerwerkskörper aufbewahrt wurden. Diese explodierten unter donnerndem Getöse und die Flammen verbreiteten sich über das ganze Maschinenhaus. Die Feuerwehr wurde bald des Brandes Herr. Ein Elektrotechniker wurde getötet.
Wiesbaden 1. Okt. Der hiesige Bierboykott hat mit einem Erfolg der Konsumenten geendet. Nachdem die Brauereien ihren Abnehmern anheimgestellt haben, die ehemaligen Preise wieder einzuführen, verabfolgt die Mehrzahl der Wirte Bier zu den alten Preisen.
Köln 1. Okt. Paulhan machte Heute nachmittag auf der Merheimer Rennbahn vier Flugversuche, bei dem ihm aber ein Flug über eine halbe Stunde mißglückte. Bei der Landung wurde ein Flügel des Apparates beschädigt.
Blöriot legte 40 Runden in 64 Min. zurück. Er erreichte zeitweilig eine Höhe von 25 Metern.
Berlin 1. Okt. Die Nachricht von der Geburt des 3. Sohnes des Kronprinzenpaares hat in der ganzen Stadt freudige Teilnahme hervorgerufen. Im Kronprinzenpalais traf heute vormittag 8 Uhr der Befehl ein, die Flagge zu hissen. Um 9 V» Uhr folgte die Kommandantur und gab sofort an die militärischen Gebäude den Befehl, die Flaggen hochzuziehen. Auch viele Geschäfts- und Privatgebäude haben Flaggenschmuck angelegt.
Potsdam 1. Okt. Das kronprinzliche Hofmarschallamt erläßt nachstehende Bekanntmachung. Anläßlich der Geburt eines Prinzen liegen heute und morgen Listen zur Einzeichnung von Glückwünschen auf. — Heute vormittag gegen 9 Uhr feuerte hier eine Batterie des zweiten Feloartillerie-Regiments 72 Salutschüsse ab. Potsdam trägt Flaggenschmuck.
Johannestal 1. Okt. (Berliner Flugwoche.) Rougier machte einen Flug von 2 Stunden 41 Minuten 50 Sekunden für den Entfernungspreis und für den Michelin- Preis. Er flog in Höhen zwischen 30 und 40 Metern und legte eine Strecke von über 130 Kilometer zurück. Rougier landete nur wegen der späten Stunde. Farm an machte 33 Runden in 1 Stunde und 31 Minuten und landete wegen Oelerdefekts. Latham machte 2 Flüge, der erste Flug dauerte 34 Minuten, in welcher Zeit er 12 Runden in Höhen zwischen 5 und 10 Metern zurücklegte. Der zweite Flug dauerte 10 Minuten und ging in Höhen bis zu 20 Meter vor sich. Dorn er machte mehrere Versuche, und es gelang ihm zweimal, über eine Strecke von 15—20 Meter zu fliegen. Die Windstärke betrug zwischen 3 und 5 Meter. Das Wetter war schön, der Besuch gut.
Braunschweig 1. Okt. Auf der Zeche Prinz Wilhelm, dem Braunschweiger Kohlenbergwerk gehörig, fand heute Vormittag einSchwemm- sand-Einbruch auf der vierten Sohle statt. Hierbei wurden 5 Arbeiter verschüttet, von denen nur zwei gerettet werden konnten.
Zürich 1. Okt. Heute nachmittag bald nach 4 Uhr begann bei schwachem Wind der Start zur W eit fahrt. Unter den 18 Ballons, .die in kurzen Zwischenräumen nacheinander auf- stiegen, sind sechzehn Deutsche.
Wien 1. Okt. Beim hiesigen Landgericht wurde gestern über die Klage eines gewissen Alten wegen einer Wechselschuld des Prinzen Michael von Braganza über 60 000 Kronen verhandelt. Bei der Verhandlung stellte es sich heraus, daß der Prinz ohne diese
Summe seine Hotelrechnung in Paris nicht hätte begleichen können und eine Reise nach London zur Trauung mit der amerikanischen Milliardärs-Tochter Steward nicht hätte antreten können. Der Prinz hat zwar gegen die Höhe der Wechselsumme protestiert, sich aber doch wieder an Alten um weitere 200 000 Kronen gewandt. Der Richter nahm den Kläger in ein strenges Verhör, wie viel Bargeld der Prinz wirklich erhalten habe. Auch der Vater des Beklagten erklärte, die Verwandten des Prinzen würden das tatsächlich erhaltene Geld gern zurückzahlen. Da der Kläger schließlich befürchtete, wegen Wuchers belangt zu werden, zog er seine Klage zurück.
Paris. Die aus Anlaß derRepublique- Katastrophe veranstaltete Geldsammlung zu Gunsten der französischen Militär-Luftschiffahrt hat bis jetzt nach Abschluß der 4. Liste die Summe von 137 513 Francs ergeben. Der Ertrag dieser 4. Liste, die bis jetzt die ergiebigste ist, beläuft sich auf 60 654 Francs. An größeren Beiträgen enthält sie einen solchen von 20 000 Francs von den Gebrüder Rothschild und zwei Beiträge von je 10000 Francs, deren Spender das Comitee d'Aviation de la Champagne und die Banque de France sind.
New-Jork 1. Okt. Peary und seine Frau sind heute von Portland-Maine hier angekommen und von einer großen Zuschauermenge begeistert begrüßt worden. Peary befand sich an Bord des Dampfers „Roosevelt", der an der Schiffsparade aus Anlaß der Hudson - Fulton- Feier teilnahm. Er stand dabei auf der Kommandobrücke des Dampfers und alle übrigen auf dem Fluß befindlichen Dampfer ließen zu Ehren des Forschers ihre Dampfpfeifen ertönen und die Schiffsglocken läuten.
St. Petersburg 1. Okt. In dem Gefängnis in Kiew hat sich ein interessantes Drama abgespielt. Dort befand sich eine junge Studentin, die wegen revolutionärer Umtriebe zum Tode verurteilt worden war. Einer ihrer Zellennachbarn gab ihr durch Klopfen bekannt, daß sie sich Gift verschaffen könne. Es wurde ein Loch in die Mauer gebohrt, die Studentin trank das Giftmittel und starb. Sie schrieb zuvor noch einen Brief an ihren Bräutigam. Dieser Brief wurde aufgefangen und der Bräutigam vor das Gericht gestellt; er wurde jedoch freigesprochen.
Petersburg 1. Okt. Aus Livadia laufen jetzt beunruhigende Nachrichten ein über den Gesundheitszustand der Zarin. Danach hat die Kaiserin jüngst plötzlich einen schweren Nerven-Anfall gehabt, der die nächste Umgebung sehr erschreckte. Soweit die hierher gedrungenen
Ich war vor Entsetzen und Ueberraschung ein paar Augenblicke wie gelähmt. Endlich fand ich die Sprache wieder und flüsterte ihr zu:
„Mein armer Liebling, wie hat denn dieser unglückliche Zufall ein- treten können?"
- Offenbar hatte sie Ausdrücke des Entsetzens und Abscheus erwartet, und daß ich statt dessen nur Worte der Liebe für sie hatte, war ihr eine so unerwartete Erleichterung, daß das arme Kind seinen gepreßten Gefühlen in einem Tränenstrom Luft machte. Als sie sich ein wenig beruhigt hatte, sagte sie:
„Ich bin froh, daß es auf der Welt wenigstens einen Menschen gibt, der auf dieses Geständnis hin mich nicht sofort eines furchtbaren Verbrechens schuldig glaubt. O, ich versichere Ihnen, ich schwöre Ihnen, ich hatte niemals daran gedacht, den . . . den Menschen zu töten!"
Sie schauerte bei diesen Worten zusammen.
„Natürlich dachten Sie nicht daran! Erzählen Sie mir alles, und dann wollen wir sehen, ob ich Ihnen in irgendeiner Weise nützlich sein kann."
Ein schwacher Hoffnungsschimmer überzog ihr Gesicht.
„Es ist eine lange Geschichte", begann sie nach kuezem Besinnen. „Sie erinnern sich vielleicht, daß ich dem Coroner von einem gewissen Herrn sagte, der an jenem verhängnisvollen Dienstagabend bei mir zum Besuch gewesen war?"
„Ja."
„Nun, diese Aussage entsprach völlig der Wahrheit. Ich hatte mit Herrn Greywood — Sie wissen natürlich längst, daß er mein Besucher war — einen Streit; die Ursache desselben hat mit meiner Geschichte nichts zu tun, genug, wir schieden im Zorn voneinander. Auch dies wissen Sie ja schon. Kaum war Herr Greywood gegangen, so schreckte mich ein heftiges Klingeln an der Wohnungstür auf. Ich glaubte, mein Besucher sei noch einmal umgekehrt, um mich um Entschuldigung zu bitten, und eilte an die Tür, die ich unvorfichtigerweise öffnete. In dem schwachen Licht, das auf dem Vorplatz herrschte, sah der Mann, der vor der Tür
stand, Herrn Greywood so ähnlich, daß ich, ohne mir das geringste dabei zu denken, zu Seite trat um ihn einzulassen. Er trat ein und stieß mich dabei an. Jetzt sah ich ihn mir genauer an und entdeckte zu meinem Entsetzen, daß ich mich einem wildfremden Menschen gegenüber befand. Der Mann schlug die Tür hinter sich zu und stellte sich mit dem Rücken gegen dieselbe. Er murmelte Worte vor sich hin, die ich nicht verstehen konnte, und schnitt dazu Grimassen, daß ich ihn für geistesgestört halten mußte. Der Gedanke, mit einem Wahnsinnigen mich allein in einer verschlossenen Wohnung zu befinden, raubte mir völlig die Besinnung, und ich verlor den Kopf. Statt ins obere Stockwerk hinaufzulaufen, wo ich mich hätte verbarrikadieren können, rannte ich dummerweise in den Salon, der von dem Vorzimmer nur durch Türvorhänge getrennt ist und keinen anderen Ausgang hat. Natürlich folgte der Mensch mir. Ich war gefangen wie eine Maus in der Falle. Der Mensch sah mit wütenden Blicken zu mir herüber, wobei er fortwährend Flüche vor sich hinmurmelte. Was er eigentlich sagte, konnte ich nicht verstehen; er schien von mir etwas sofort haben zu wollen, was ich ihm für den nächsten Tag versprochen hätte.
Mitten in dem Zimmer steht vor dem Kamin ein breites Sofa. Auf dieses fiel sein Blick, und ich hörte ihn brummen: „Ich kann ja auch gleich hier schlafen." Damit zog er sich Rock und Weste aus. Ich hatte mich unterdessen in eine Ecke in der Nähe des Fensters niedergekauert und begann, da er allem Anschein nach meine Gegenwart ganz vergessen hatte, bereits zu hoffen, daß es mir vielleicht gelingen könnte, mich unbemerkt an ihm vorüberzuschleichen. Unglücklicherweise blieb ich bei dem Versuch mit dem Rock an irgend einem Haken hängen und fiel auf meine Knie nieder. Das Geräusch erregte seine Aufmerksamkeit, und er hielt mit seinem Entkleiden inne. Ich sprang auf. Ein paar Sekunden lang starrten wir einander an, und es kam mir vor, als blitzte in seinen verglasten Augen ein Schimmer von Vernunft auf.
(Fortsetzung folgt.)