liehen" mit einem Wanderschein bereits versehenen Wanderer zur Verpflegung derWanderarbeits­stätte" im evang. Kaffeehaus übergeben; dieUnordentlichen" werden von der Armenpolizei imObdachlosenheim", im Erdgeschoß des Salzkastens in der einfachsten Weise untergebracht und verpflegt. Andern Tags leisten dieOrdent­lichen" in der Scheuer des Hauses Nr. 3 eine 4stündige Arbeit durch Holzsägen rc., worauf sie, falls ihnen durch den Arbeitsnachweis keine Stelle verschafft werden konnte, nach dem Mittagbrot unter Aushändigung ihrer Papiere zur nächsten Wanderarbeitsstätte (Leonberg oder Nagold; später auch Pforzheim) entlassen werden. Die Unordentlichen" haben 2 Tage zu arbeiten, und erwerben sich dadurch einen Wanderschein und damit bei Einhaltung der ihnen vorgeschriebenen Wanderroute die Berechtigung, alsordentliche Wanderer" in den Wanderarbeitsstätten Leonberg oder Nagold ausgenommen zu werden.

Die Unterkunft und Verpflegung der Ordentlichen" im evang. Kaffeehaus erfolgt durch den Evang. Verein auf Rechnung der Amts­körperschaft, welche ihrerseits wieder aus all­gemeinen Staatsmitteln und vom Wanderarbeits­stättenverein in Stuttgart Ersatz erhält. Die armenpolizeiliche Obdachlosenverpflegung im Salz­kasten erfolgt auf Rechnung des Landarmen­verbands des Schwarzwaldkreises. Die Kosten der Einrichtung der Unterkunft und der Arbeits­stätte werden, soweit sie im Rahmen der eigenen gesetzlichen Pflicht zur Obdachlosenfürsorge liegen, von der Stadt, im übrigen von den erwähnten Korporationen getragen. Der Erlös aus der Arbeit der Verpflegten, aus dem zum Verkauf bestimmten Holz, sowie die Einnahmen aus ent­geltlich abgegebenen Wanderscheinen werden zur Deckung der Unkosten verwendet.

* Calw 1. Okt. Mit dem heutigen Tage ist der neue Winterfahrplan in Kraft ge­treten. Gegenüber dem Fahrplan im vorigen Winter sind keine Aenderungen von Bedeutung vorgenommen worden. Der Frühzug von Calw nach Stuttgart morgens 5.30 hier ab und der Abendzug von Stuttgart nach Calw abends 9.35 fährt nur in den Monaten Oktober und April, in den übrigen Monaten fallen diese Züge aus. Bestehen bleibt an Sonn- und Feiertagen der beschleunigte Zug StuttgartCalw, Stuttgart ab morgens 8.22 und Calw an 9.43 und ebenso an Sonn- und Feiertagen der Zug Calw Stuttgart, Calw abends 7.13 ab und Stuttgart 9.10 an. An den Werktagen verkehrt von Calw nach Stuttgart von mittags 4.10 bis abends 9.32 kein Zug. Auf der Linie CalwPforzheim und CalwHorb sind die Verbindungen im allgemeinen günstiger als auf der Stuttgarter Strecke. Der Saisonschnellzug Frankfurt Freudenstadt fällt im Winter aus. Wenn auch

die Eisenbahnverhältnisse im Nagoldtal seit einigen Jahre besser geworden sind, so bleiben doch noch manche Wünsche übrig. Geklagt wird namentlich über die lange Fahrzeit von hier nach Stuttgart, da die Züge auf allen Stationen und auch stets an den Haltestellen anhalten. Letztere scheine sich noch zu vermehren, so daß die Fahrzeit immer länger wird. Auch das Wagenmaterial läßt sehr viel zu wünschen übrig. Man trifft auf unserer Strecke die allerprimitivsten Wagen und die allgemeinen Klagen in dieser Beziehung sind nur zu berechtigt.

Calw 30. Sept. Daß dem neugegründeten Zitherklub Calw von vielen Seiten ein lebhaftes Interesse entgegengebracht wird, zeigte erfreulicher­weise der gestrige II. Zithermusikabend, bei welchem die Lokalitäten der Brauerei Dreiß außerordentlich stark frequentiert waren. Ein gutgewähltes Programm bot mit seinen Ab­wechslungen eine recht angenehme Unterhaltung. Jede einzelne Nummer wurde seitens der Zu­hörer dankbar entgegengenommen. Der Gesamt­vortrag zeugte von Fleiß und Können und Liebe zur Sache. Auf die einzelnen Darbietungen kann raummangelshalber nicht eingrgangen werden, doch erfreuten besonders die Fertigkeiten der Anfänger und besonders das Lied:Auf der Alm." Der Dank sämtlicher Anwesenden gebührt der Leiterin des Zitherklubs, Fräul. MeisLu­tz eld er, welche beim Schluß des Konzerts in einigen sympathischen Worten in gebundener Form versicherte, daß die lange Jahre in hiesiger Stadt verkümmerte Zithermusik aufs neue erstehen soll. Diesem Vorhaben wünschen auch wir ein gutes Blühen und Gedeihen. -x.

Stuttgart 29. Sept. Zwischen dem württembergischen Krankenkassenverband und den Apothekern hat es einen schweren Konflikt gegeben. Ein Vertreter des Verbands soll eine Anzahl Apotheker der Urkundenfälschung bezichtigt haben. Diese haben nun wie die Südd. Apothekerztg." meldet, nachdem ihnen die verlangte Genugtuung verweigert wurde, bei der Staatsanwaltschaft in Stuttgart Strafantrag wegen Beleidigung gestellt. Von der Staats­anwaltschaft ist gegen den Beschuldigten die Voruntersuchung eröffnet worden.

Stuttgart 30. Sept. Kartoffel­großmarkt auf dem Leonhardsplatz. Zufuhr 350 Zentner; Preis 34.20 pr. Ztr.

Auf dem Krautmarkt kosteten 100 Stück 14 bis 18 Mostobstmarkt auf dem Wil­

helmsplatz. Zufuhr 700 Ztr. Preis 4.505 per Ztr.

Tübingen 30. Sept. Vier junge Burschen benützten das Ende der Ferien zu Diebereien in verschiedenen Ladengeschäften. Es traten immer zwei oder drei von ihnen in den Laden ein und

ließen sich verschiedene Waren vorlegen oder suchten den Inhaber vor das Auslagefenster zu locken. In der Zwischenzeit stahlen sie, was ihnen in die Finger kam.

Rottenburg 30. Sept. Auf 500 Zentner hatte man bei der heurigen Hopfenmißernte den Ertrag auf hiesiger Markung geschätzt. Aber auch dieses bescheidene Quantum wurde nicht an­nähernd erreicht, kaum die Hälfte konnte man ernten. Der Versuchshopfengarten trug knapp einen Zentner.

Göppingen 30. Sept. Mit Salzsäure vergiftet hat sich gestern das 20 Jahre alte Dienstmädchen Elise Gottardi von hier, bedienstet im Hause der Walfischwirtschaft. Das Motiv dürfte in Liebeskummer zu suchen sein. Das junge Mädchen ist heute nacht im Krankenhaus gestorben.

Göppingen 30. Sept. Es ist nun festgestellt, daß der Fabrikant Karl Freuden­berger den Tod im Rhein bei Speier gefunden hat, doch weiß man noch nicht, ob er das Opfer eines Unglücks oder in einem Anfall von Schwer­mut den Tod selbst gesucht hat. Zu letzterem lag jedoch kein Grund vor, da Freudenberger in den allerbesten Verhältnissen und seit 25 Jahren in glücklicher Ehe lebte.

Ulm 30. Sept. Die Gastwirtsehefrau Wegele von Herrenstetten bei Jllertifsen suchte bei einem der letzten Gewitter Schutz unter einer Fichte. Der Blitz schlug in den Baum ein und ein Strahl streifte die Frau, die sofort bewußtlos zusammenbrach. Durch herbeieilende Personen wurde der Frau die erste Hilfe ge­boten. Ihr Befinden ist jetzt wieder zufrieden­stellend.

Friedrichshafen 29. Sept. (2 III im Kaisermanöver.) In Nr. 221 des Schwarzw. Boten" wird ein Artikel veröffentlicht, der auch über die Verwendung der Luftfahrzeuge im Felde einige Ausführungen macht. Was in diesem Artikel bezüglich des 2 III gesagt wird, ist unrichtig und erweckt falsche Vorstellungen von der Kriegsbrauchbarkeit des starren Systems. Zu diesem Artikel wird demSchwab. Merk." folgendes geschrieben: Es ist zunächst durchaus nicht zu­treffend, wenn die Sachlage so dargestellt wird, als ob 2 III überhaupt in die Lage gekommen wäre, seine militärische Verwendbarkeit zu zeigen. Bekanntlich hatte er einen Weg von mehr als 100 lrw von Frankfurt aus zu machen, bevor er ins Manövergelände gelangte. Es war deshalb geplant, das Luftschiff bereits um 1 Uhr früh seine Reise dorthin antreten zu lassen. Graf Zeppelin, der die Fahrt selbst leitete, wollte zu diesem Zweck kurz nach Mitternacht im Automobil von Wiesbaden aus in Frankfurt eintreffen; leider erlitt aber, wie man weiß, unterwegs sein

Das Haus gegenüber.

' Kriminal-Roman von E. Kent.

(Fortsetzung.)

Welchen Preis fordern Sie für Ihr Schweigen?" fragte ich ihn.

Tausend Dollar."

Eine solche Summe besaß ich natürlich nicht, wußte auch nicht, wie ich sie hätte beschaffen sollen. Ich sagte ihm dies.

Ach, Quatsch!" rief er.Die Ringe, die du an deinen Fingern trägst, sind mehr wert als tausend Dollar."

Diese Ringe sind mir von meinem Mann geschenkt worden, und wenn ich sie fortgebe, wird er natürlich wissen wollen, was ich damit ge­macht habe."

Das ist mir Wurst!" sagte er, indem er sich bequem in seinem Stuhl zurechtsetzte.Entweder gibst du mir das Geld, oder ich bleibe hier, bis dein Liebster zurückkommt."

Ich wußte, daß er dazu imstande war, und sagte:Hören Sie zu! Tausend Dollar kann ich nicht beschaffen, und damit ist die Frage erledigt. Aber wenn Sie einige Schmucksachen haben wollen, die mein Papa mir geschenkt hat, und die, wie ich weiß, ungefähr diesen Betrag wert sind, so will ich sie Ihnen geben unter der Bedingung, daß Sie ein Schrift­stück unterzeichnen, worin Sie erklären, daß Sie den Schmuck durch Erpressung von mir erlangt haben, und daß Ihre Behauptungen gänzlich unbegründet sind."

Deinen Schmuck nehme ich unter keinen Umständen!" antwortete er.Was soll ich damit anfangen? Wenn ich ihn verkaufte, bekäme ich nur einen Bruchteil des wirklichen Wertes dafür; außerdem liefe ich noch Gefahr, in den Verdacht zu kommen, daß ich ihn gestohlen hätte. Nein,

nein, Verehrteste bares Geld auf den Tisch, oder aus unserem Geschäft wird nichts."

Nach vielem Hin- und Herreden erklärte er sich endlich bereit, noch vierundzwanzig Stunden auf das Geld zu warten. Ich sollte diesen Aufschub benutzen, um möglichst meinen Schmuck zu verkaufen; aber wenn ich am nächsten Abend nicht das Geld hätte, schwor er, so wollte er meine Geschichte an die Zeitungen verkaufen. Er sagte mir, er hätte eine Verabredung für den nächsten Tag in Boston, hätte aber nicht mehr genug Geld für die Reisekosten. Er ließ sich also von mir alles Geld geben, das ich bei mir hatte. Zum Glück war das nicht viel. Er schenkte sich noch im Speisezimmer ein großes Glas Whisky ein und ging dann mit einer letzten höhnischen Bemerkung taumelnd hinaus.

Da der Aufzug nicht mehr im Betrieb war, so sagte ich ihm, er müsse die Treppen hinuntergehen. Einen Augenblick sah ich ihm noch nach, wie er von einer Seite zur anderen torkelte, und ich dachte bei mir selber, ob er sich nicht auf der Treppe den Hals brechen würde. Ich hätte mir wahrhaftig nicht viel daraus gemacht. Das war das letzte Mal, daß ich ihn lebend sah.

Der nächste Tag verging mit fruchtlosen Versuchen, meinen Schmuck zu verkaufen. Da dies nicht gelang, wandte ich mich schließlich an eine Bekannte Freundinnen habe ich hier in New-Jork nicht. Sie schlug es mir ab, indem sie sagte, Lawrence Atkins' Frau braucht keine fremden Leute um Geld zu bitten. Sie hatte recht, und ich nahm ihr die Offenheit nicht übel. Schließlich gab ich alle Versuche auf und ging nach Hause. Da es nicht anders sein konnte, mußte ich die Sache ausfechten, so gut es eben gehen wollte! Von meinem Vater war immer noch kein Bescheid da. Ich begreife sein Schweigen nicht. Die schlimmste Antwort wäre besser gewesen als gar keine.

Der Zusammenkunft mit Allan sah ich hoffnungslos, aber gefaßt entgegen. Aber Stunde auf Stunde verging, und er ließ sich nicht sehen.

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