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Kraftwagen einen Motordefekt. Zeppelin konnte, auf einem Kartoffelwagen fahrend, erst um V- 3 Uhr anlangen, worauf die Abfahrt des Luftschiffes mit fast 2stündiger Verspätung erfolgte. Dicke Nebel erschwerten dann noch weiter die Orientierung während der Fahrt und so kam es, daß 2 III erst auf dem Manövergelände eintraf, als die Feldübungen schon so gut wie beendet waren und man eigentlich nichts als die Kritik zu sehen bekam. Es ist deshalb auch unangebracht, wenn nun hervorgehoben wird, daß 2 III erheblich niedriger als Groß II geflogen sei und von diesem „von oben durch Dynamit hätte in Atome zerstäubt" werden können. 2III hatte gar kein Interesse daran, nach der Schlacht noch sein Höhenflugvermögen zu zeigen. Er bewegte sich dennoch nicht, wie in dem Artikel steht, nur wenige hundert Meter hoch, sondern hat zum Teil Höhen von mehr als 1000 m eingenommen und befand sich hier noch immer unterhalb seiner Prallhöhe, so daß er bequem noch hätte weiter steigen können. Es ist ja bekannt, daß sogar das viel weniger tragfähige Metzer Schiff 2 I im Frühjahr über 1700 m Höhe hinausging. Ueberhaupt zeugt es nicht von besonderer fachmännischer Kenntnis, wenn man heute noch den starren Luftschiffen das Vermögen absprechen will, hoch hinauf zu fliegen. Und ebenso wollen wir bei dieser Gelegenheit darauf Hinweisen, daß auch in größeren von Motorballons überhaupt noch erreichbaren Höhen diese modernen Kriegswerkzeuge kaum vor feindlichem Feuer zu schützen sind. Man sollte also diese Fragen bei allen Typen lieber gänzlich aus dem Spiel lassen. Sonderbar berührt der Abschnitt in dem Artikel, wo von der „Manövrierfähigkeit in vertikaler Richtung" gesprochen wird. Gewiß ist diese „von ausschlaggebender Bedeutung für die Verwendbarkeit der Luftschiffe im Kriege". Aber es heißt doch geradezu alle Tatsachen auf den Kopf stellen, wenn man in dieser Beziehung das durch seine vertikale Steuerfähigkeit berühmte und bei allen Fachleuten Staunen erregende Aluminiumschiff unseres Grafen Zeppelin einem Ballonetluftschiff und also auch dem Groß II nachstellen will. Schließlich spricht der Artikel noch davon, daß dem 2 III Apparate für Funkentelegraphie mangelten, die der Groß 11 besitze und mit Erfolg im Manöver habe verwenden können. Es ist ja richtig, daß 2 III solche Apparate zur Zeit noch nicht hat. Aber es kann nicht als eine objektive Darstellung bezeichnet werden, wenn gesagt wird, daß die „Zeppeline" keine Apparate für Funkentelegraphie an Bord haben können. Vielmehr ist es doch eine Tatsache, die jeder kennen muß, daß auch 2 III demnächst mit den fraglichen Apparaten ausgestattet wird, nachdem die Versuche die Tatsache ergeben haben, daß ihrer Anbringung nichts im Wege steht.
Friedrichshafen 30. Sept. Ueber die Werkstätten-Aufstiege des 2 III schreibt die „Köln. Ztg.": Es handelt sich vor allem darum, die Ungefährlichkeit festzustellen, die die geworfenen elektrischen Wellen dem Luftschiff gegenüber besitzen sollen. Auch fürchtet man, daß das Aluminium einen störenden Einfluß auf die Aufnahme der Wellen haben könnten. Die Anfangsversuche, die vor einigen Wochen gemacht wurden, haben damals günstige Ergebnisse gehabt. Es ist wahrscheinlich, daß einer dieser Werkstätten- Aufftiege zu einer Fahrt nach Luzern ausgedehnt wird. An einen bestimmten Tag ist jedoch noch nicht gedacht worden. Die Meldungen über den Einbau eines dritten Motors bedürfen einer Richtigstellung. Die Ingenieure wollen, wie mir die Luftschiffbaugesellschaft mitteilt, einen dritten Motor einbauen, aber nur zum Zweck vorläufiger Versuche, deren Ergebnisse den künftigen Luftschiffen zugute kommen sollen. Hat dieser Motor seine Pflicht erfüllt, so soll er wieder aus dem 2III herausgenommen werden. Wo er hinkommt, ob in eine der Gondeln oder in die Mitte des Laufstegs, müssen erst Versuche ergeben, die noch nicht abgeschlossen sind. Aus derselben Quelle erfahre ich, daß an eine Reise des 2III nach Wien, wie sie der kürzliche Antrag des Abgeordneten Reisch glauben machen konnte, noch nicht gedacht worden und daß dieser Antrag in Friedrichshafen auch nicht bekannt sei.
Pforzheim 30. Sept. Der hier bei einem Bijouteriefabrikanten in Dienst stehende 32 Jahre alte Chauffeur Friedrich Deeg aus dem benachbarten Ellmendingen lud bei einer Fahrt mit dem Auto seines Herrn seinen ihm begegneten Bruder, den Goldschmied Gustav Deeg, zum Mitfahren ein und raste derart durch Ellmendingen, daß sein Bruder aus dem Auto fiel und nach 10 Minuten tot war. Friedrich Deeg hat sich deshalb vor der Strafkammer wegen fahrlässiger Tötung zu verantworten. Es stellte sich aber heraus, daß Gustav Deeg im Auto aufgestanden war, und den Hut geschwenkt hatte. Deshalb wurde sein Bruder freigesprochen.
Konstanz 30. Sept. Ein furchtbares Unglück ereignete sich heute morgen halb 8 Uhr an einem Neubau in der Turnierstraße. Wohl infolge des Regens löste sich an der Rückfront des Neubaues das Gerüst und stürzte zusammen, vier auf demselben beschäftigte Personen mit sich in die Tiefe reißend. Es sind dies die verheirateten Maurer Raidt, Bernhard und Hahn, sowie Bauunternehmer Adolf Heinemann. Die Verletzungen sind größtenteils sehr schwer, doch ist eine direkte Lebensgefahr nicht vorhanden.
Berlin 30. Sept. Der Militär- Ballon Groß II, der am Freitag vom
Manövergelände zurückgekehrt ist, erhält heute eine Wasserstoffgas-Füllung, um morgen bei gutem Wetter eine Nachtfahrt nach Metz anzutreten. Der Luftkreuzer wird in Frankfurt a. M. auf dem Gelände der Jla eine Zwischenlandung vornehmen, um neue Füllung zu erhalten. Groß 1, dessen Stationierung früher in Metz geplant war, wird vorläufig hier bleiben, um vergrößert zu werden. Er soll alsdann in Köln stationiert werden.
Berlin 30. Sept. Orville Wright unternahm gestern nachmittag auf dem Born- stedter Felde bei Potsdam einen Aufstieg und umkreiste in einer 10 Minuten währenden Fahrt mehrfach das Feld, wobei er eine Geschwindigkeit von etwa 60 Kilometer in der Stunde erreichte. Nach glücklicher Landung nahm er den Kapitän Engelhardt mit, der das Höhensteuer bediente. Dieser Flug dauerte ungefähr eine halbe Stunde.
Potsdam 30. Sept. 10.45 Uhr abends. Die Kronprinzessin ist soeben glücklich entbunden worden, wie verlautet von einem Prinzen. Die amtliche Bekanntgabe ist noch nicht erfolgt.
Wien 30. Sept. Die Meldungen über ein mißglücktes militärisches Komplott in Montenegro, die hier anfangs ungläubig ausgenommen wurden, werden nun durch Informationen, die an zuständiger Stelle eingetroffen sind, bestätigt. Darnach hätte diese Verschwörer- Affäre, in die bereits mehrere Offiziere verwickelt sind, einen großen Umfang angenommen. Es wird versichert, daß hinter den Verschwörern der Erbprinz Danile gestanden habe, der die Entthronung oder Entfernung des Fürsten anstrebt und deshalb mit den unzufriedenen Offizieren in Verbindung getreten sei. Zahlreiche Verhaftungen stehen noch bevor. Die Angelegenheit wirkt um so peinlicher, als das nächste Jahr große Festlichkeiten zur Feier des Regierungsund Ehejubiläums des Fürsten Nikita geplant sind, bei denen angeblich auch seine Ausrufung zum König erfolgen soll.
New-Dork 30. Sept. Die Lenkballons der Luftschiff-Kapitäne Balduin und Tom- linson gingen gestern zu einer Wettfahrt von New-Dork nach Albany auf. Kapitän Balduin stürzte in einer Entfernung von 5 Meilen von der Stadt in den Hudson-Fluß, aus dem er von einer Dacht herausgefischt werden konnte und unverletzt blieb. Tomlinson mußte wegen eines Motordefektes frühzeitig landen.
Gottesdienste.
17. ««ch Urt«kt», 3. Okt. Vom Turm: 269.
Predigtlied: 273 Jesu, Seelenfremid rc. Sl's Uhr: Predigt, Dekan RooS. 1 Uhr: Christenlehre mit den Söhnen. DaS Opfer ist für einen Ktrchbau in Schwenningen bestimmt.
Donnerstag, 7. Okt. 8 Uhr abends, Bibclstunde im VereinShauS, Stadtpfarrer Schmid.
Als es elf Uhr schlug, ohne daß er gekommen war, wußte ich, daß mir § noch ein Aufschub gnädig gewährt worden sei. Ich glaubte, du würdest sehr bald nach Hause kommen, Larrie, und beschloß daher, aufzubleiben. Die Anstrengungen und Aufregungen der letzten Tage waren aber zuviel für mich gewesen, und ich schlief auf dem Sofa ein. Ich hatte mich den ganzen Tag nach dir gesehnt und die feste Absicht gehabt, dir sofort die volle Wahrheit zu sagen. Aber als du dann kamst, da warst du so sonderbar kalt und abweisend, daß ich leider aus Feigheit meine Beichte auf einen günstigeren Augenblick verschob.
Als ich am anderen Morgen noch keine Nachricht von meinem Peiniger erhielt, begann ich freier aufzuatmen. Ich hatte gehört, es sei in unserem Hause ein Unglücksfall vorgekommen; aber daß Allan Brown das Opfer sein könnte — das fiel mir nicht im Traum ein. Denke dir also mein Entsetzen, als ich, vor die Leiche geführt, in dieser meinen früheren Gatten erkannte! Als ich aber erfuhr, daß die Tat am Dienstag geschehen sei, fühlte ich mich unbeschreiblich erleichtert. Ich hatte gefürchtet, du wärest ihm begegnet und hättest ihn getötet! Aber am Dienstag warst du ja gar nicht in New-Dork gewesen.
Meine einzige Furcht war jetzt nur noch, daß man mich im Verdacht haben könnte, an der Tat beteiligt zu sein; dadurch wäre ja mein früheres Verhältnis zu dem Ermordeten an den Tag gekommen; und da ich nicht selber dir gebeichtet hatte, so fürchtete ich die Enthüllung dieser Tatsache. Denn was wußtest du von mir denken, wenn sie dir durch die Polizei mitgeieilt wurde! Ich nahm an, daß ich von der Polizei beobachtet würde und daß der Wachtposten wahrscheinlich in diesem Hause, über der Wohnung des Herrn Doktors, auf der Lauer läge. War das der Fall, Herr Merritt?"
„Ganz recht."
„Ich wurde nun von Tag zu Tag aufgeregter. Das Geheimnisvolle der ganzen Geschichte ging mir auf die Nerven. Der Gedanke, daß ich mit einem Mörder unter demselben Dache wohnte, machte mich schaudern.
Du wirst also begreifen, welche Erleichterung ich fühlte, als der französische Diener verhaftet wurde. Aber meine Freude dauerte nicht lange. Herr Doktor Rowland verriet mir, ohne es zu wollen, daß Herr Merritt nicht den Franzosen, sondern ein junges Weib für den schuldigen Teil halte. Da floh ich. Den ganzen Tag irrte ich planlos in den Straßen umher. Die Nacht verbrachte ich bei einer anständigen Frau, die ich auf der Straße um ein Obdach angesprochen hatte; sie gewährte es mir, nachdem sie sich versichert hatte, daß es mir an Geld nicht fehlte. Aber heute früh konnte ich es nach einer schlaflosen Nacht nicht mehr aushalten. Ich wollte mir das Haus, worin ich so glückliche Monate verlebt hatte, wenigstens noch einmal von außen ansehen, obwohl ich wußte, daß man mich bei dieser Gelegenheit einfangen würde."
„Und tut es dir leid, daß du eingefangen worden bist?" fragte ihr Mann sie.
„N—nein", antwortete sie mit einem furchtsamen Seitenblick auf den Detektive; „wenn ich nur nicht ins Gefängnis gebracht werde."
„Bitte, seien Sie darüber ganz ruhig, Frau Atkins", sagte Merritt. „Niemand hat Sie im Verdacht, den Mann getötet zu haben. Der Leichnam muß vierundzwanzig Stunden lang irgendwo versteckt gehalten worden sein, und in Ihrer ganzen Wohnung ist kein solches Versteck mit Ausnahme des kleinen Wandschranks unter der Treppe. Ihr Stubenmädchen schwört aber, sie habe am Morgen nach dem Morde diesen Schrank aufgeräumt. Ebensowenig waren Sie, soweit ich die Verhältnisse übersehen kann, imstande, sich den Schlüssel zur leerstehenden Wohnung zu verschaffen. Nein, Frau Atkins, es wird Ihnen nicht die geringste Mühe machen, sich von allem Verdacht zu reinigen."
„Aber die Schande — das Gerede der Leute, die Zeitungen"-
„Von Schande ist gar keine Rede, und das Geschwätz der Leute und der Zeitungen soll der Teufel holen!" rief Atkins.
(Fortsetzung folgt.)