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das Programm. Am 20. September wird ein gemeinschaftlicher Ausflug mit Sonderzug nach Neuenbürg und Wildbad das Fest beschließen. Vormittags wird nach einem kleineren Spaziergang beim Schützenhaus in Neuenbürg ein Picknick abgehalten werden. Dann folgt ein gemeinschaftliches Mittagessen in Neuenbürg. Nachmittags wird in Wildbad mit der Bergbahn der Sommerberg besucht. Abends findet Illumination der Enzanlagen statt. Bei der Heimfahrt wird die Festteilnehmer der festlich beleuchtete Schloßberg von Neuenbürg grüßen. — Die Festgabe: Der gediegene Schwarzwaldführer aus der Feder von Waiß ist nunmehr unter die Mitglieder versandt worden und hat überall volle Anerkennung gefunden. Da jedes neueintretende Mitglied diesen Führer nachgeliefert erhält, so ist zu hoffen, daß er in Verbindung mit dem Feste wohl dem Vereine zahlreiche neue Mitglieder zuführen wird.
Stuttgart 4. Sept. DemMostobst- markt auf dem Wilhelmsplatz waren 200 Ztr. zugeführt; Preis 4.20 ^ per Ztr. Kartoffelgroßmarkt auf dem Leonhardtsplatz. Zufuhr 250 Ztr; Preis 2.60—4.50 ^ pr. Ztr. Krautmarkt auf dem Marktplatz. Zufuhr 200 Stück; Preis 18—22 ^ per 100 Stück.
Gönningen 5. Sept. Unter dem Verdachte, einen Eisenbahntransport absichtlich gefährdet zu haben, ist hier ein früherer Angestellter der Reutlingen-Gönninger Bahn verhaftet worden, der zwischen Betzingen und Reutlingen unmittelbar beim Uebergang über die Brücke, mehrere Haufen Steine und Oehmd auf das Gleis gelegt haben soll. Der Lokomotivführer hatte die Hindernisse entdeckt und so ein Unglück verhütet.
Crailsheim 4. Sept. Auf der Durchreise von Nürnberg nach Friedrichshafen passierten gestern vormittag die Reichstagsabgeordneten mittels Sonderzugs die hiesige Stadt. Der Zug bestand aus einem Salon-, einem Speise- und zwei Schlafwagen, sowie den nötigen Schutzwagen.
Bunde-rats- urrd Reichstagsmitglieder beim Grafe« Zeppett«.
Friedrichshafen 4. Sept. Die an den Aufstiegen des 2 III teilnehmenden Mitglieder des Bundesrates und des Reichstages fuhren in drei Dampfern heute Vormittag nach Manzell. Nach zwölf Uhr wurde das Luftschiff aus der Halle gebracht und nahm einige Mitglieder auf. Graf Zeppelin sen., führte selbst das Fahrzeug, das auf dem See eine Zwischenlandung vornahm, um neue Gäste auf
zunehmen. Das Luftschiff fuhr bis Rorschach und kehrte dann quer über den See zurück, begleitet von den Dampfern mit den Gästen. Graf Zeppelin war wiederholt Gegenstand lebhafter Huldigungen des Publikums auf den zahlreichen österreichischen, schweizerischen und deutschen Dampfern und Booten, die den See belebten. Besonders stürmisch waren die Ovationen für den Grafen in Lindau, wo das Luftschiff einige Zeit manöverierte. Im ganzen wird das Luftschiff sechsmal aufsteigen. Späterhin führte Graf Zeppelin jun. das Luftschiff.
Friedrichshafen 4. Sept. Von den 6 Aufstiegen, die ^ III heute unternahm, erfolgten 2 vom Werftplatz aus. Die Staatssekretäre Delbrück und Dernburg, die Bundesratsbevollmächtigten bayrischer Ministerpräsident und Minister des Aeußern Frhr. v. Podewils und württembergischer Ministerpräsident und Minister des Aeußern v. Weizsäcker nahmen an einer Fahrt teil, vom Reichstagspräsidium Geh.-Rat Dr. Paas che, ferner als einzige nicht dem Bundesrat oder dem Reichstag angehörige Persönlichkeit Geh.-Rat Jungheim. Das Luftschiff war 7 V« Stunden in der Luft, abgerechnet die Zeit für die leicht, schnell und sicher erfolgten Landungen. Im ganzen sind 96 Teilnehmer mit ausgestiegen. Um 7 V» Uhr wurde das Luftschiff wieder in die schwimmende Halle bei Manzell gebracht. Die Teilnehmer an den Fahrten begaben sich in Dampfern nach Konstanz, wo am Abend ein Festmahl stattfand.
Konstanz 5. Sept. Auf dem gestern abend vom Grafen Zeppelin im Jnselhotel veranstalteten Festmahl zu Ehren der Vertreter des Bundesrates und Reichstages herrschte von Anbeginn eine äußerst freudige Stimmung, obwohl die Feier sich über der Menge Ausstiege und Landungen, sowie in Anbetracht der Masse der Teilnehmer lange hingezogen hatte. Nach V-10 Uhr stieg der erste Trinkspruch. Der bayrische Ministerpräsident Frh. v. Podewils toastete auf den Kaiser, dessen Herz mit dem Herzen des deutschen Volkes schlage. Das Hoch fand einen donnernden Widerhall in dem hochgewölbten, zum Festsaale gewandelten Refektorium des aus einem einstigen Kloster entstandenen Hotels, dessen einstige Malereien der Veranstaltung ein würdiges Relief gaben. Der Staatssekretär im Reichsamt des Innern, Staatsminister Dr. Delbrück, führte als nächster Redner aus, das deutsche Volk brauche Tage wie den heutigen, an dem es an die hohen einigenden Ziele der Nation erinnert werde. Wie Graf Zeppelin, sagte der Redner, wollen auch wir den Bundesfürsten in Treue dienen. Der Staatssekretär schloß mit einem Hoch auf die
die deutschen Bundesfürsten. Der Vizepräsident des Reichstages, Geheimrat Paasche feierte den Grafen Zeppelin als den heute populärsten Mann des Volkes und betonte, der Reichstag werde sich zur Bewilligung bereit finden lassen, wenn man an ihn zur Verwirklichung der eröffneten ungeahnten Perspektive mit Forderungen heran- herantreten werde. Redner schloß unter anhaltendem Beifall mit einem Hoch auf den Grafen Zeppelin, das sich zu enthusiastischen Ovationen der Festteilnehmer gestaltete. Als der Jubel verrauscht war, erhob sich der Gefeierte in gewohnter Frische, dem auch von den Strapazen dieses Tages nichts anzumerken war. Der Held, führte Graf Zeppelin aus, sei das Volk, das für ihn eingesprungen sei und ihn aus der Asche herausgeholt habe. Der heutige Tag habe, so glaube er, wieder einen Fortschritt gezeigt. Darum trinke er, hochbeglückt von dem Besuch, auf das Wohl der erschienenen Gäste. Die schlichten, bescheidenen, mit sichtlicher Rührung vorgetragenen Worte des greisen Bezwingers der Lüfte wurden stürmisch applaudiert. Auch der nächste Redner, der württembergische Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker fand ein begeistertes Echo, als er ausführte, Graf Zeppelin habe den schlummernden nationalen Drang des Volkes ausgelöst, das ihn als Symbol betrachte. Ein Hoch dem deutschen Volke! Geheimrat Her gesell, der bewährte Freund des Grafen und seiner Familie, gab einen Ueberblick über die Entwicklungsgeschichte des Zeppelin'schen Werkes und seiner Versuche seit dem Jahre 1900. Er gedachte dabei des Mißgeschicks, das den tapferen Grafen wiederholt so hart betroffen. Wenn es Graf Zeppelin möglich gewesen sei, trotz aller unsäglichen Widrigkeiten immer wieder Herr seines Schicksals zu werden, so gebühre der Dank dafür auch den treuesten und bewährtesten seiner Genossen, der Gattin, Gräfin Zeppelin, und der Tochter, Gräfin Hella v. Brandenstein-Zeppelin. Redner trank auf das Wohl dieser beiden Damen. Unter den weiteren Toasten sind noch die des Direktors Colsmann von der Luftschiffbaugesellschaft und des Vertreters der Stadt Konstanz zu erwähnen, die die Teilnehmer einluden, am heutigen Sonntag ihre Gäste zu sein. Das Fest fand erst zu später Nachtstunde seinen Abschluß. Die in Friedrichshafen wohnenden Teilnehmer kehrten um '/-2 Uhr dahin zurück. Leider hat das wundervolle Herbstwetter, das die Feier am Samstag ungemein begünstigte, nicht standgehalten. Der See liegt heute trübe im Regenwetter und wo gestern goldener Sonnenschein in den spiegelglatten Fluten flimmerte, hängen heute graue Wolken fast bis zu den weißen Wellenköpfen der unruhigen Wasserfläche herab. Umso nachhaltiger sind die Eindrücke, von denen alle
gespürt. Ein Buch lag in meiner Nähe auf einem Tischchen. Liebkosend ließ ich meine Finger über den Einband gleiten. Diese Berührung eines Gegenstandes, den sie oftmals angefaßt haben mußte, bereitete mir eine unbeschreibliche Wonne — eine Wonne, so groß, daß ich alles um mich herum vergaß —, und ich fuhr zusammen, wie ein auf der Tat ertappter Verbrecher und versuchte das Buch unbemerkt wieder auf feinen Platz zu legen, als eine hochgewachsene, grauhaarige Dame von der Veranda her den Salon betrat.
Frau Derwent begrüßte Alice Cooper aufs zärtlichste und hieß mit ruhiger Anmut auch mich willkommen, indem sie sagte:
„Fred hat mir so viel von Ihnen erzählt, Herr Doktor Rowland, daß ich sehr erfreut bin, Sie endlich einmal persönlich kennen zu lernen."
Dann wandte sie sich zu Alice Cooper und fuhr fort:
„May sehnt sich sehr danach, dich zu sehen. Sie liegt in einer Hängematte auf der Terrasse, wo es viel kühler ist als hier drinnen. Doktor Rowland und ich kommen später zu euch." . . .
„Sie haben von dem Zustand meiner Tochter gehört?" fragte sie mich, sobald wir miteinander allein waren.
„Ja. Wie ich vernehme, hat sich aber ihr Befinden seit Sonntag merklich gebessert."
„Die Besserung war wirklich recht bedeutend. Gestern schienen ihre Nerven viel ruhiger zu sein, aber heute hat sie wieder einen Anfall gehabt."
„O, das tut mir leid. Wissen Sie vielleicht, wodurch dieser Anfall verursacht sein könnte?"
„Ja! Durch den Bericht der Zeitungen über den Angriff der tobsüchtigen Franzosen gegen Sie!"
„Aber ich begreife nicht, inwiefern dieser Vorfall Fräulein May aufregen konnte!"
„Sie werden entschuldigen, Herr Doktor, wenn ich Ihnen offen meine Meinung sage — ich begreife das ebensowenig, obgleich ich herzlich
froh bin, daß Sie unverletzt davongekomrrcn sind." Tann, nach einer kurzen Pause, fuhr sie fort:
„Als Fred mir riet, Sie wegen des Gesundheitszustandes meiner Tochter zu befragen, wußte ich sofort, daß ich Ihren Namen früher schon gehört hätte, ich konnte mich jedoch nicht besinnen, in was für einem Zusammenhang dies wohl der Fall gewesen sein möchte. Erst als ich in der „New-Aorker Trompete" las, der Mann, der vermutlich den Mord im Rosemere-Hotel verübt, habe gestern abend einen Mordversuch gegen Sie unternommen, da kam es mir zum Bewußtsein, daß Sie der junge Arzt seien, von dem meine Tochter mir erzählt hatte. Sie waren zugegen, als sie vor dem Coroner ihre Zeugenaussage ablegen mußte — nicht wahr?"
„Ja. Aber ich hoffe, dieser Umstand, daß ich als ganz unbedeutende Nebenperson mit jener Mordgeschichte zu tun gehabt habe, wird nicht von Bedeutung sein."
Wieder unterbrach sie mich:
„Im Gegenteil — dies wird von der allergrößten Bedeutung sein, das kann ich Ihnen versichern. Da Sie mit der Angelegenheit bereits genau Bescheid wissen, so bleibt mir die unangenehme Notwendigkeit ja erspart, einem fremden Herrn gegenüber mich über den unüberlegten Schritt meiner Tochter auszusprechen. Natürlich liegt uns sehr viel daran, daß möglichst wenig Leute von ihrer Anwesenheit im Rosemere- Hotel zur Zeit der Mordtat erfahren. Ich werde Ihnen daher sehr dankbar sein, wenn Sie über die Sache mit keinem Menschen sprechen — auch nicht mit Fred Cooper. Obgleich ich mich genötigt sah, ihn ins Vertrauen zu ziehen, bin ich doch sehr froh, daß Sie dies nicht getan haben. Dies war Ihrerseits eine Diskretion, wie man sie heutigen Tages selten findet."
Ich dankte ihr durch eine Verbeugung und sagte:
„Sie dürfen sich auf mich verlassen. Ich hege für Ihr Fräulein Tochter Gefühle der größten Verehrung und. Bewunderung und möchte nicht um alles in der Welt etwas sagen, was die junge Dame in eine schiefe Lage bringen könnte." (Forts, folgt.)