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Kraftfahrzeuge in Friedrickshafen beim Bundesrat ev. bei den Regierungen der benachbarten Bundesstaaten in Anregung zu bringen. Minister v. Fleischhauer erklärte, daß der Antrag verfrüht und der ganze Plan noch nicht reif genug sei. Die Tragweite des Antrags lasse sich gar nicht übersehen. Die Regierung werde die Frage schon selbst im Auge behalten. Dr. Hieb er (D. P-). Der Antrag bringt uns in eine heikle Lage, die Geschäftslage spricht gegen den Antrag. Parteiunterschied gibt es in der Sympathie für Zeppelin nicht. Abg. Hildenbrand (Soz.): Sachlich stimmen wir alle dem Antrag zu. Die württ. Reichstagsabgeordneten sollten den Antrag gemeinsam im Reichstag stellen. Berichterstatter v. Gauß(V.): Die Frage ist noch nicht spruchreif. Wir können uns weder negativ noch positiv schlüssig machen. Abg. Gröber (Z.): In der Sache sind wir alle einig. Die Regierung hat in ihren Motiven die Sache selbst angeregt. Wir können nicht ruhig die Hände in den Schoß legen und alles Zeppelin selbst überlassen, haben vielmehr die Ehrenpflicht, die Sache Zeppelins zu unterstützen. Uebelnehmen kann man Locher als Bezirksabgeordneten diesen Antrag nicht. Wollen Sie diesen Antrag nicht annehmen, dann verweisen Sie ihn an die Kommission. Abg. Körner (B.K.): Der Antrag enthält einen so guten Keim, daß man ihn ohne Bedenken annehmen kann. Abg. Liesching (V.): Der Antrag ist nicht so harmlos, wie er aussieht. Wir müssen uns die Stellungnahme Vorbehalten. Ich beantrage Verweisung an die Finanzkommission. Minister v. Fleischhauer: Erst müßte das nötige Material gesammelt werden. Von einer Verweisung an die Kommission kann ich mir deshalb nichts versprechen. Abg. Locher (Z.): Die Regierung sollte sich selbst darüber klar sein, wie man sich eine solche Akademie zu denken hat. Der Antrag Liesching (Verweisung des Antrags an die Finanzkommission) wurde sodann angenommen, Die Nachexigenz von 9000 ^ für einen Unterricht am Polytechnikum über Luftschiffahrt rc. wurde angenommen und hierauf nach einem Referat des Äg. Schrempf (BK.) eine Petition von 13 Volksschullehrerinnen betr. Ständigwerden von Lehrerinnen der Regierung mit dem Ersuchen zur Erwägung überwiesen, bei eintretenden Einzelfällen in wohlwollender Weise etwaige Unbilligkeiten möglichst auszugleichen. Weiterhin erstattete Dr. Hieb er (DP.) Bericht über die Beschlüsse des anderen Hauses zur Volksschulnovelle. Die Resolutionen dieses Hauses werden der Regierung einseitig vorgelegt. Der Schlußbericht zum Etat, der nunmehr mit einem Staatsbedarf von 197 352173 ^ und einem Ueberschuß von 153031 abschließt, wurde nach einem Referat des Vizepräs. Dr. v. Kiene genehmigt. Morgen vorm. 11 Uhr Schlußabstimmung über den Etat und Petitionen.
Eßlingen 13.Aug. Auf dem Baugelände
bei Mettingen beabsichtigt die hies. Maschinenfabrik ein neues 120,80 Meter langes und 47,60 Meter breites Werkstätten-Gebäude für Brückenbau, bestehend aus einer Mittel- und zwei Seitenhallen, zu erstellen. Es sollen darin ca. 175 Arbeiter beschäftigt werden.
Eßlingen 13. Aug. Kaum hat sich die Aufregung über die Bluttat in Obertürkheim gelegt und schon wieder durcheilt die Kunde von einem entsetzlichen Mord und Selbstmord die Stadt. Der Fabrikant C. Stiefelmayer hat sich zu erschießen versucht und seine Frau und ein Kind erschossen, tätlich ein zweites Kind verletzt. Die Verletzten wurden ins Krankenhaus geschafft. Finanzielle Schwierigkeiten scheinen den Anstoß zu der unglücklichen Tat gegeben zu haben.
Eßlingen 13. Aug. Der Fabrikant Stiefelmayer und das zweite schwer verletzte Kind sind nun ebenfalls im Krankenhaus an den Schußwunden gestorben, die Stiefelmayer sich und seinem Kind beigebracht hat.
Besigheim 13. Aug. Auf Markung Neckarwestheim wurde gestern vormittag die Leiche eines unbekannten, etwa 40 Jahre alten Mannes geländet. Er war mit blauem Tuchanzug (ohne Namensbezeichnung) bekleidet. Da vor etwa 4 Wochen ein Unbekannter in Kirch- heim a. N. in das Wasser gesprungen ist, nimmt man an, daß die aufgefundene Leiche mit dieser Person identisch ist.
Friedrichshafen 13. Aug. Wie bekannt, hat Graf Zeppelin die Mitglieder des Reichstages auf den 4. September nach Friedrichshafen zur Besichtigung seines Luftschiffes und der Werftanlagen eingeladen. Auf den Tag zuvor hat der Bundesrat eine gleiche Einladung des Grafen erhalten und es steht fest, daß die Mehrzahl seiner Mitglieder am 3. Sept. zum Besuch in Friedrichshafen erscheinen wird.
Friedrichshafen 13. Aug. Die Blättermeldung, daß Graf Zeppelin bereits wieder auf seinem Schlosse Giersberg weile, ist falsch. Er wird vielmehr noch etwa acht Tage im Krankenhaus zu Konstanz bleiben. Voraussichtlich wird Graf Zeppelin auch nicht die ganze Fahrt nach Berlin persönlich mitmachen, vielmehr erst von einer Zwischenstation aus die Führung seines Luftschiffes nach Berlin übernehmen.
München 13. Aug. Heute Mittag wurde in der Hauptpost ein internationaler Hoteldieb und Hochstapler bei der Erhebung eines größeren Geldbetrages verhaftet. Bei der Verhaftung zog er einen Revolver und jagte sich eine Kugel in den Kopf, die ihn sofort tötete. In den Taschen des Mannes fand man zahlreiche Juwelen, die von Hoteldiebstählen herrührten.
Frankfurt a. M. 13. Aug. Zu dem gestrigen Unfall des Parsevalballons ist
noch zu melden, daß der Ballon, der eine Fahrt nach Homburg unternehmen wollte, schon eine halbe Stunde nach der Abfahrt allen Ballast ausgegeben hatte. Man kehrte sofort um. Ein absteigender Luftstrom machte jedes weitere Empordringen unmöglich. Der Führer, Oberleutnant Stelling suchte sofort einen Platz in der Stadt zur Landung aus, entdeckte ihn vor der Feuerwache in der Franken-Allee und ließ den Motor zurücklaufen. Wie bereits gestern mitgeteilt, ist der Ballon bei seiner gefährlichen Landung an der Hülle erheblich beschädigt worden. Die Arbeiter der Firma Riedinger, sind telegraphisch beordert. Die Reparatur wird 8—10 Tage dauern. Die Passagiere blieben unverletzt. Gondel und Motore sind vollkommen intakt. Nach dem Unfall wurde sofort mit der Bergung des Ballons begonnen. Bis abends 10 Uhr war alles verladen und nach dem Ausstellungsplatz zurückgebracht.
Dresden 13. Aug. Der Gesamtschaden durch den Brand auf der Vogelwiese beträgt nach den bisherigen Schätzungen 300 000 Da die Sammlungen bis jetzt nur 25000 ^ ergeben haben, beschloß der Rat, eine öffentliche Geldsammlung in die Wege zu leiten. Großes Aufsehen erregt es hier, daß die beiden Dresdener Schützengilden bis jetzt keinen Pfennig bewilligten.
Berlin 13. Aug. Zu der Landung des Berliner Ballons Tschudi auf russischem Gebiete wird gemeldet: Um kinomatographische Aufnahmen zu machen, stiegen vorgestern mittag die Herren Dr. Brinckmann und Meester, die sich einen besonderen Apparat konstruiert hatten, vom Schmargendorfer Ballonplatz im Ballon Tschudi auf. Sie hatten keinenfalls die Absicht, in Rußland zu landen, hatten vielmehr geäußert, sie wollten vielmehr im Falle der Notwendigkeit einer Landung jenseits der Grenze sich bemühen, nach Oesterreich hinüberzukommen. Durch einen starken Wind wurde der Ballon nordwestlich getrieben. Gestern früh traf eine von Meester ausgeworfene Karte an seine Familienmitglieder in Berlin ein, wonach der Ballon sich in der Richtung auf Breslau bewegte; man hoffe, in Oestreich zu landen. Im Laufe des Vormittags langte ein Telegramm an, dem zufolge die beiden Luftschiffer früh 4 Uhr bei Sosnowice gelandet waren; ihre Rückkehr werde sich wegen Formalitäten bei der Zollabfertigung wahrscheinlich verzögern. Dr. Brinckmann und Meester werden im Laufe des heutigen Tages in Berlin, zurückerwartet.
Paris 13. Aug. Meldungen aus Melilla besagen, daß der gestrige Tag neben dem 27. Juli für die Riffbewohner der blutigste des ganzen Feldzuges gewesen ist. Eine spanische Batterie zerstörte ein in den Gurugu-Bergen befindliches Haus, in welchem sich zahlreiche Marokkaner verschanzt hatten. Alle, die sich im Innern befanden, wurden unter den Trümmern begraben.
an der er selber ein Verbrechen begangen oder begehen geholfen hat, so ruhig und gefaßt benehmen könnte."
„Aber er schien doch aufgeregt zu sein?"
„O ja — ich weiß schon, worauf Sie zielen: als er erfuhr, daß de-" Mann in der Nacht vom Dienstag auf den Mittwoch ermordet worden feilschten er betroffen zu sein."
„Ganz recht. Und wie erklären Sie sich das?"
„Gar nicht. Mein bester Herr Doktor— in einem Fall wie der vorliegende gibt es hundert Dinge, die ich mir nicht erklären kann. Warum zum Beispiel hat Frau AtkinS geschrieen? Sie haben keine Ahnung von der Ursache — ich auch nicht. Warum war sie beim Anblick der Leiche so tief ergriffen worden? Ich weiß dafür keine Erklärung. Warum war sie allem Anschein nach so erleichtert, als sie hörte, der Mord sei am Dienstag begangen? Dafür vermag ich eine einleuchtende Erklärung nicht vorzubringen. Und dies sind nur einige wenige von den Klippen, die ich fortwährend in meinem Fahrwasser finde."
„Aber hören Sie — wenn Sie wirklich Fräulein Derwent sowohl wie Frau Atkins für unschuldig halten — wer hat denn Ihrer Meinung nach den Mann getötet?"
„Das weiß ich nicht. O — in den Romanen wird der Detektive ja stets als allwissend hingestellt — aber mein Beruf, Herr Doktor, ist gerade wie jeder andere Beruf auch. Hokuspokus ist nicht dabei. Um in ihm Erfolg zu haben, braucht man vor allen Dingen eine scharfe und peinlich genaue Beobachtungsgabe, unendliche Geduld und die Fähigkeit, zwei Dinge sich zusammenreimen zu können. Hierzu noch ein unvoreingenommener Geist und Achtung, ja beinahe Ehrfurcht vor jeder sicher feststehenden Tatsache. Die einzigen Tatsachen, die in bezug auf diesen Mord feststehen, sind folgende: Der Mann war jung; er hatte einen un
soliden Lebenswandel geführt; er erhielt einen Stich ins Herz mittels eines sehr dünnen Werkzeugs oder einer entsprechenden Waffe; sein Mörder war ein Bewohner des Rosemere-Hotels; das Verbrechen wurde in der Nacht vom Dienstag auf den Mittwoch begangen. Endlich muß die Person, die die Leiche an ihren Fundort brachte, den Schlüssel zu der betreffenden Wohnungstür in ihrem Besitz gehabt haben. Alles, was wir sonst noch etwa meinen oder glauben, beruht lediglich auf Spekulation. Wir nehmen zum Beispiel an, der Mann sei arm gewesen. Beweise dafür haben wir nicht. Was wir an Tatsachen über die Bewohner des Rosemere-Hotels erfahren haben, ist nicht derart, daß der Mord dadurch aufgeklärt würde. Von dem Morde selbst wissen wir, wie gesagt, verdammt wenig, und dieses wenige ist das Ergebnis achtunddreißigstündiger Arbeit nicht eines Mannes, sondern von sieben oder acht Beamten."
„Was Sie nicht sagen!" rief ich aus.
„Beide Damen behaupten, den Toten nicht gekannt zu haben, und vielleicht haben beide die Wahrheit gesprochen. Natürlich ist die Möglichkeit vorhanden, daß an jenem Abend noch ein dritter großer, dunkler Mann mit einem Spitzbart im Hotel war. Wahrscheinlich freilich ist das nicht. Ein derartiges Zusammentreffen ist sozusagen unerhört. Trotzdem ist es möglich — und mit dieser Möglichkeit muß gerechnet werden . . . So, jetzt muß ich gehen," sagte Herr Merritt ganz plötzlich, indem er von seinem Stuhl aufsprang, „und wenn Sie etwas Neues von der jungen Dame hören, so lassen Sie mich's wissen, hier haben Sie meine Adresse. Einstweilen danke ich Ihnen recht sehr, für das, was Sie mir bereits erzählt haben."
Und bevor ich noch eine von den zwanzig Fragen Hervorbringen konnte, die mir auf den Lippen brannten, war der Mann schon fort.
(Fortsetzung folgt.)