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Zeppelin sein neues Luftschiff2III" dem Kaiser am 28. August in Berlin vorführen wird.

Friedrichshafen 8. Aug. Graf Zep­pelin, der mit einer schmerzhaften furunkulösen Entzündung im Nacken aus Köln hierher zurück­gekehrt war, hat sich im städtischen Krankenhause in Konstanz einer kleinen Operation unterziehen müssen, die durchaus nach Wunsch verlaufen ist, immerhin aber die angekündigte Uebersiedlung des Grafen nach Schloß Giersberg um einige Tage verzögert. In Giersberg gedenkt sodann Graf Zeppelin, sich einige Tage von den Strapazen der letzten Zeit zu erholen.

Aus Hohenzollern 8. Aug. Die vor acht Tagen in Kraft getretene Bierpreis­erhöhung hat eine starke Verminderung des Kofums bewirkt. Wirte und Bierbrauer er­wägen bereits wieder eine Preisermäßigung. Inzwischen ist der Preis für eine Halbliterflasche Doppelbier bereits um 2 ^ zurückgegangen.

Frankfurt 8. Aug. Der Parseval- Ballon stieg gestern nachmittag auf und landete nach 1'/«ständiger prachtvoller Kreuzfahrt über der Stadt kurz vor 7 Uhr auf dem Landeplatz der Jla. Aufstieg und Landung erfolgten glatt. Bemerkenswert war die unbedingte Sicherheit und Stabilität des Luftschiffes, die es in jeder Höhe behielt. Auch die Steuerung funktionierte tadellos. In der ganzen Stadt fand das interessante Schauspiel von dem zahlreich aus den Straßen angesammelten Publikum lebhafte Bewunderung. Auch heute vormittag stieg der Parseval-Ballon zu einer längeren Kreuzfahrt auf. Das Wetter ist schön. Der Parseval- Ballon wird jetzt täglich Passagierfahrten aus­führen, wozu bereits hundert Anmeldungen vor­liegen. Clouth III wird am Montag seine erste Fahrt unternehmen.

Frankfurt a. M. 7. Aug. Die Luft- schifflinie Frankfurt a. M.Leipzig ist so gut wie gesichert. Fünf Frankfurter Großindustrielle zeichneten zwei Millionen Mark. Es kommt noch darauf an, daß die Stadt Leipzig einen Landungs­platz kostenlos zur Verfügung stellt. Wie ver­lautet, sollen die Lindenauer Wielen dafür in Aussicht genommen sein.

Leipzig 7. Aug. Unter dem dringenden Verdacht, seine Frau und sein Kind durch Gift er­mordet zu haben, wurde gestern der Stellmacher Rother in Untersuchung genommen. Am II. Juni wurde die Frau des Verhafteten unter Ver­giftungserscheinungen ins städtische Krankenhaus eingeliefert und starb bereits am nächsten Tage. Kurz vor ihrem Tode äußerte die Frau zu einer Krankenschwester, daß sie von ihrem Manne ver­giftet worden sei, der ihr und ihrem Kind schon

wiederholt Gift gegeben habe, um ein Mädchen heiraten zu können. Die Leiche der Frau wurde auf diese Angabe hin seziert und man stellte Vergiftung durch Bleiweiß fest.

Berlin 7. Aug. Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren in Sachen des Unglücks auf der Radrennbahn, Botanischer Garten, eingestellt, weil kein Anlaß zu einem straf­rechtlichen Einschreiten vorliege.

Berlin 7. Aug. Das Militärluft­schiff Groß II wird bei günstiger Witterung heute vormittag von Reinickendorf nach der trans­portablen Ballonhalle auf dem Tempelhofer Felde fahren. Wie verlautet, wird das Militärlustschiff in den nächsten Tagen eine Fernfahrt nach Frank­furt a. M. unternehmen und vorläufig dort bleiben. Später soll das Luftschiff in Metz oder einer anderen Festung an der Grenze stationiert werden.

Kiel 7. Aug. Die Zaren-Dacht Standard" ist heute mittag 12'/- Uhr bei Brunsbüttel in den Kanal eingelaufen. Die Uacht hatte vorher drei Stunden am ersten Elb­feuerschiff gelegen, weil der kommandierende Kapitän wegen des unsichtigen Wetters die Ein­fahrt in die Elbe nicht wagte. In Brunsbüttel begaben sich Prinz Heinrich sowie der Großherzog und die Großherzogin von Hessen und die Prinzessin von Battenberg an Bord der Dacht, um den Zaren und die Zarin auf der Fahrt durch den Kanal zu begleiten. Der Kanal ist wieder von Polizei, Militär, Gendarmerie usw. vollständig geschützt. Durch die verspätete Ankunft des Zaren­paares in Brunsbüttel wurde das Programm des Zarcnbesuches vollständig verschoben. Der Kaiser hat sich deshalb entschlossen, dem Zaren bis Rends­burg entgegen zu fahren und zwar längs des Kanals. Er begibt sich im Kriegshafen in Rends­burg an Bord desStandard" und fährt mit dem Zarenpaar nach Kiel. Die Ankunft in Kiel ist nicht vor 8 Uhr abends zu erwarten, da die Standard" im Kanal äußerst langsam fährt.

Kiel 8. Aug. Die Schiffe des russischen Kaisergeschwaders, die heute nacht Kohlen übernommen haben, sind heute früh 6°/« Uhr in See gegangen. Eine ganze Torpedobootsdivision begleitete das Geschwader.

Petersburg 8. Aug. Seit gestern sind 27 Neuerkrankungen und Todesfälle an Cholera vorgekommen. Die Gesamtzahl der Kranken be­trägt 425.

Paris 7. Aug. Der französische Aviatiker Sommer führte heute in Mourmelon mit seinem Aeroplan einen Flug von 2 Stunden 27 Min. 15 Sek. aus und stellte damit einen neuen Welt­rekord auf.

den Anfang hierzu hat die Witterung seit zwei Tagen gemacht. Von eigentlichen Schädlingen trifft man wenige. Der Wein kann nach der Belaubung und dem Behang noch gut und reich ausfallen, wenn die ausgebliebenen Sommertage sich noch zeitig einstellen.

Oehringen 8.Aug. JnKirchensall hat Schultheiß Hartmann infolge andauernder Krankheit sein Amt niedergelegt.

Neckarweihingen 7. Aug. Seit voriger Woche werden die Weinberge der hiesigen Markung unter Leitung des Landwirtschaftsinspektors Ströbele (Leonberg) mit etwa 110 Mann auf das Vorhandensein der Reblaus untersucht. Es ist sehr erfreulich, daß bis jetzt verseuchte Wein­berge nicht angetroffen wurden. Trotz der un­günstigen Witterung während der letzten Wochen stehen die hiesigen Weinberge sehr schön; so daß, eine günstige Herbstwitterung vorausgesetzt, ein schöner Ertrag zu erhoffen ist. Bis jetzt sind die Stöcke auch ziemlich frei von Pilzkrankheiten.

Metzingen 8. Aug. Die Kirschenernte ist Heuer so reichlich ausgefallen wie seit vielen Jahren nicht mehr. Vom 9. Juli bis 7. August sind von hier und Umgegend 5224 Körbe mit Kirschen auf dem hiesigen Bahnhof als Eilgut und 3000 Körbe als Gepäck aufgegeben, wozu noch massenhaft einzelne Expreßversendungen kommen. Das Eilgut allein füllte 73 Eisenbahn­wagen. Dazu kommt aber noch alles das, was auf der Achse über die Landstraßen wegging und wofür jede Schätzung von hier und der Umgegend fehlt.

Ulm 7. Aug. (Schöffengericht.) Etwas zu kräftig den Melkkübel geschwenkt hat die Bauern­tochter Barbara Wiedmanndt von Wester­stetten OA. Ulm. Es wurde vom Gerichtschemiker sestgestellt, daß sie zeitweise aus einem Liter Milch durch Beimengung von Wasser zwei oder drei Liter machte, und da behauptet die Angeklagte, sie habe nur den Melkkübel geschwenkt. Die Milch hatte sie an die Molkerei Westerstetten ab­geliefert und wurde wiederholt von der Molkerei­magd darauf aufmerksam gemacht, daß die Milch zu wässerig sei. Schließlich wurde gegen den Vater durch den Ausschuß der Molkerei auf eine Strafe von 25 ^ erkannt. Der Landjäger nahm sich aber nach Erhalt mehrerer anonymer Briefe ebenfalls der Sache an, sodaß sich jetzt der Vater und eine ältere Tochter zu verantworten hatten. Das Urteil lautete gegen Johann Wied­manndt auf 100 gegen die beiden Töchter auf je 20 ^ Geldstrafe und Veröffentlichung des Urteils.

Friedrichshafen 7. Aug. Graf Zep­pelin übersiedelt heute nach seinem Schloß Giers­berg bei Konstanz. Es bleibt dabei, daß Graf

und stärker. Er war der Anführer bei all unseren Spielen und der An­stifter unserer tollsten Streiche. Der Abscheu aller Eltern und das Ent­zücken aller Kinder. Grausam, rachsüchtig, verlogen, ließ er am liebsten andere ausefsen, was er selber eingebrockt hatte; selbst in dieser frühen Jugend war er keinguter Junge" aber er war so hübsch, so kühn, so erfinderisch im Aussinnen immer neuer Streiche, daß es nicht zu ver­wundern war, wenn wir ihn gleichzeitig fürchteten und vergötterten. Seine Aufführung auf der Schule war schlecht, seine Aufführung auf der Uni­versität noch schlechter, bis er eines schönen Tages auf geheimnisvolle Weise aus Harvard verschwand, um niemals wieder etwas von sich hören zu lassen. Was eigentlich vorgefallen war, konnte ich niemals heraus­bringen, aber ich bin überzeugt, daß es etwas sehr Schändliches war, denn seine Mutter, deren Hoffnung und Stolz er gewesen war, hat seitdem seinen Namen nicht wieder ausgesprochen.

Hältst Du es nun nicht für recht wohl möglich, daß er wieder auf­getaucht ist und in irgend einer Weise seine Schwester drangsaliert? Vielleicht bemüht sie sich, ihn vor noch größerer Schande zu bewahren, oder ihrer Mutter die Kenntnis seiner neuen Missetaten fernzuhalten. Aber ich bemerke ausdrücklich: dies alles sind lediglich Vermutungen von mir.

Was nun Mays Freier anbetrifft, so ist deren Zahl geradezu Legion. Unter ihnen sind: der junge Millionär Norman, Sir Artur Trevos, Guy Weatherby und ein junger Maler ich glaube, Greywood heißt er. Mutter Derwent begünstigt, wie ich glaube, Normans Bewerbung; als vernünftige Frau hat sie großes Vertrauen zu amerikanischen Ehemännern. ES geht aber das Gerücht, daß May, unberechenbar, wie die Weiber nun mal sind, nicht übel Lust habe, dem jungen Künstler den Vorzug zu geben. Dieser ist, wie ich höre, eben von Paris zurückgekehrt, ein aufgeblasener Lasse, ohne Geld und ohne Talent. Ohne Zweifel aber dünkt er ihr ein romantischerer Liebhaber zu sein als der brave Norman, der ein herzens­guter Junge ist und in jeder Beziehung bei weitem die beste Partie für sie wäre.

Alice sagt mir, Fräulein Derwent habe dem Anschein nach sich sehr viel von ihrem Besuch in Bar Harbor versprochen gehabt, obwohl sie sonst alle anderen Einladungen ausgeschlagen habe, und ihre Mutter habe große Hoffnungen gehegt, daß die Ortsveränderung dem Mädchen gut tun werde.

Was Du mir gesagt hast, stellt keine geringen Ansprüche an meine Verschwiegenheit; aber was Du mir verschwiegen hast, stachelt meine Neu­gier noch schärfer an. Aber bewundere mich! ich stelle trotzdem keine Fragen.

Uebrigens warum kommst Du nicht mal rüber und verbringst den nächsten Sonntag mit mir zusammen? Vielleicht würdest Du bei der Gelegenheit die liebliche May Wiedersehen wer weiß?

Herzlichst Dein Fred."

7. Kapitel.

Freds Brief gewährte mir eine große Beruhigung. Ich hatte es nicht gewagt, meine Gedanken näher mit jenem Mann zu beschäftigen, den ich in jener ereignisvollen Nacht in May Derwents Wohnung gesehen hatte. Die Vermutung jedoch, daß es ihr Bruder gewesen sei, erklärte alles auf befriedigende Weise. Nichts war wahrscheinlicher, als daß dieser Engel der Rettung dem heimgekehrten, verlorenen Sohn Aufnahme gewährte und ihn so vor reichlich verdienter Strafe zu bewahren suchte. Aber was ging es mich an, was er getan hatte! Sie sie war unbefleckt!

Bei meiner Dienstarbeit im Hospital war ich an diesem Morgen in so gehobener Stimmung, daß ich meine freudige Erregung kaum in Schranken zu halten vermochte. Ich bemerkte, daß mehrere Krankenschwestern mich mit ganz mißtrauischen Blicken beobachteten.

Meine Unruhe wegen May Derwent war so groß gewesen, daß ich an den geheimnisvollen Mord kaum gedacht hatte. Ich war daher sehr überrascht, als ich beim Nachhausekommen am Nachmittag den Detektive vorfand, der geduldig auf mich gewartet hatte.

Ah, Herr Merritt!" rief ich aus.Freut mich, Sie zu sehen.