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wurde von Fabrikant Schwarzenberger aus Feuer­bach für 50 000 ^ angekauft. Es wird in eine Kunstbaumwollspinnerei umgewandelt.

Friedrichshafen 30. Juli. Das Luft­schiff 2II ist um 4.15 Uhr ausgestiegen, machte eine Rundfahrt um den See, und manövrierte dann über Friedrichshafen. Im Luftschiff be­findet sich außer Professor Hergesell, Hauptmann George, Oberingenieur Dürr und Ingenieur Stahl, als Gast Adolf Daimler aus Untertürkheim. Graf Zeppelin führt das Steuer.

2 >! auf der Führt nach Frankfurt.

Stuttgart, 31. Juli. Das Zeppelin- sche Luftschiff ist heute früh 3,40 in Manzell aufgestiegen und fuhr zunächst mit günstigem Wind nach Ravensburg, wo es um 4 Uhr ein­traf. Es passierte 4,40 Biberach, 4,50 Laup- heim, 5,15 Ulm. Seither ist die Fahrt erheblich langsamer geworden. Um 6,50 passierte es Am­stetten, 7,15 Geislingen.

Stuttgart 31. Juli. Tas Luftschiff hat ^10 Uhr das Neckartal -ei Cannstatt passiert ahne Stuttgart zu berühren.

Stuttgart 31. Juli. (Nachm. 1 Uhr.) 2 II ist um 10,50 in Heilbroun, 11,15 in Neckarfulm, 11,30 in Rappenau und 12,30 in Heidelberg ei«getroffen.

Pforzheim 30. Juli. Ein wider­liches Schauspiel bereiteten gestern mittag gleich nach 12 Uhr den Scharen von Kindern und Erwachsenen, die um diese Zeit auf der Straße sind, zwei Frauen, die in der Calwer- straße gerade gegenüber vom Mädchenschulhaus miteinander in Streit geraten waren. Die eine Frau, die ihren Mann im Gespräch mit einer andern überraschte, stürzte sich auf diese, worauf sich ein hartnäckiger Kampf entspann, bei dem schließlich beide sich auf dem Boden herumzerrten und so in einander verbissen, daß die Bewohner im ersten Stockwerk des Hauses, vor dem sich die Szene abspielte, auf Ersuchen einiger Passanten die Frauen mit Wasser begossen, um sie aus­einander zu bringen. Die Polizei nahm dann beide Frauen mit auf die nächste Station. Während die ganze Straßenbreite von all den Zuschauern derart besetzt war, daß man kaum mehr durchkommen konnte, hatte es der Mann vorgezogen, sich in Sicherheit zu bringen.

(Gen.-Anz.)

München 30. Juli. Der Münchener Aviatiker Grub er wollte heute Vormittag mit einem von ihm konstruierten Aeroplan Flug­versuche unternehmen. Der Aeroplan befand

sich bereits an Ort und Stelle, als Gruber in­folge der Aufregung, in der er sich befand, einen Schlag an fall erlitt und durch die Rettungs­kolonne in seine Wohnung gebracht werden mußte.

Frankfurt 30. Juli. Das letzte Stück vom Parseval-Ballon ist heute hier auf der Ausstellung eingetroffen, nämlich die Hülle des Luftschiffes. Mit der Montage wird alsbald begonnen. Die Gondel des Schiffes wiegt 3000 k?', die Hülle 1800 kss. Der Kaiser trifft zur Jla nunmehr bestimmt in den Tagen vom 19. bis 22. August ein.

Neustadt a. H. 30. Juli. In der heute stattgehabten Reichstagsersatzstichwahl im zweiten pfälzischen Wahlkreis Neustadt-Landau wurde der Sozialdemokrat Huber mit 12 719 Stimmen gegen den liberalen Kandidaten Dr. Oehlert, welcher 11867 Stimmen erhielt, gewählt. Das Zentrum ist trotz der von der Parteileitung empfohlenen Wahlenthaltung für den sozial­demokratischen Kandidaten eingetreten.

Aachen. Die Kriminalpolizei hat einen Kaufmann verhaftet, der der Witwe eines kürzlich verstorbenen Einwohners einen Brief mit der Aufforderung gesandt hatte, postlagernd eine größere Summe einzusenden, widrigenfalls er Anzeige gegen den Gatten und seine Genossen wegen Vergehen gegen Z 175 erstatten werde. Der Verhaftete gab eine Liste angesehener Per­sonen an, mit denen er seit langem strafbare Beziehungen unterhalten haben will.

Berlin 30. Juli. Ein kleiner Benzin - brand in der Luftschiffhalle des Parseval II ereignete sich gestern, als der Motor, der kurz vorher mit Benzin gereinigt worden war, einer Laufprobe unterzogen werden sollte. Irgend eine Gefahr für das Luftschiff bei dem Brande bestand nicht.

Cuxhaven 30. Juli. Das gestrige Sturmwetter auf hoher See war nach über­einstimmenden Berichten das schwerste, das je in den Sommermonaten geherrscht hat. Fortgesetzt laufen noch Meldungen über Schiffs Unfälle und treibende Schiffstrümmer ein. Ueber den Verbleib einer Anzahl kleiner Segler ist man in ernster Besorgnis.

D o v er 30. Juli. Der amerikanische Aviatiker Santos Dumont und der rus­sische Aviatiker Graf Bolotoff sind mit ihren Aeroplanen auf dem Wege nach Calais, um einen Flug über den Kanal zu versuchen.

Barcelona 30. Juli. Wie es heißt, sollen 9 Soldaten wegen Meuterei kriegs­rechtlich erschossen worden sein. Fromme Damen beschenkten die Soldaten die sich ein­schiffen wollten, mit geweihten Denkmünzen der heiligen Jungfrau. Die Soldaten warfen diese

Münzen jedoch ins Meer und weigerten sich, an Bord der Schiffe zu gehen. Fabrikleiter, die sich der Arbeitseinstellung widersetzten, wurden von den Arbeitern ermordet. Die Elektrizität ist ab­gestellt, Straßenbahnen verkehren nicht. Die Zusammenstöße zwischen Truppen und Volk hören nicht auf.

Paris 30. 'Juli. Eine Depesche aus Madrid berichtet über einen Aufsehen erregenden Vorfall am Bahnhofe von Madrid. Das Publi­kum widersetzte sich der Einwaggonierung der Truppen, welche nach dem Rifgebiete ab­gehen sollten. Die Menge hinderte die Soldaten, die Wagen zu besteigen. Ein großer Teil der Soldaten schloß sich den Manifestanten an, zog vor das königliche Schloß und manifestierte mit den Rusen: Nieder mit dem Krieg, nieder mit dem Präsidenten Mama, es lebe die Armee.

Paris 30. Juli. In Melilla ein­getroffene Israeliten behaupten, die Verluste der Mauren seien so ungeheuer gewesen, daß sie die Toten zu Hunderten verbrennen mußten, weil sie diese nicht beerdigen konnten. Die Rif- i leute seien entmutigt und trugen sich mit dem Gedanken, um Frieden zu bitten, befürchten je­doch, daß General Marina die Auslieferung der Waffen verlangen würde.

London 30. Juli. Nach einer Spezial- Depesche des Daily Expreß aus San Seba­stian sollen sich die gestern in Barzelona abgespielten blutigen Ereignisse in einer großen Anzahl spamscher Städte in fast gleicher Weise wiederholt haben und es soll sich dabei heraus­gestellt haben, daß die Regierung keineswegs unbedingt auf die Treue die Armee bauen kann. In der Hauptstadt selbst herrscht eine sehr schwüle Atmosphäre. Gestern kam es wieder zu einem Ausbruch des Volksunwillens gegen den König. Eine große Menschenmenge versammelte sich vor dem Kriegsministerium und bewarf das Gebäude mit Steinen. Dann zog man vor den Königs­palast und schrie: Nieder mit dem Krieg. Auch des Königs Person wurde verhöhnt. Die Polizei vermochte nicht die Menscheninassen zu zerstreuen. Die Unruhen dauerten bis spät in die Nacht.

London 30. Juli. Die Daily Mail verzeichnet das Gerücht, daß der Gouverneur von Barzelona ermordet worden sei. Die Revolutionäre hätten eine provisorische Regierung eingesetzt. Der Geist der Meuterei unter den Truppen wächst. 9 Soldaten wurden bereits standrechtlich erschossen.

Vermischtes.

Der König von Italien als Zei­tungsleser. Auch jetzt, da König Emanuel in Racogni seineSommerferien" verlebt und auf der Jagd, beim Fischen oder im traulichen

Vergessen Sie Frau Atkins nicht!" flüsterte der Detektive mir im Vorbeigehen zu. Ich nickte nur kurz zum Zeichen der Bejahung. In meinem Hirn ging alles rund. Was sollte ich glauben? Das königlich schöne Geschöpf schien einer Täuschung völlig unfähig zu sein, und doch wer waren diese beiden Personen, die ich zu solch später Stunde in ihrer Wohnung gesehen hatte? Warum hatte sie von diesen kein Wort gesagt? Aber das war mir einerlei: ich glaubte an des jungen Mädchens Unschuld, mochten auch allerlei Tatsachen scheinbar gegen sie zeugen, und ich gelobte in diesem Augenblick, für sie einzustehen, sobald es nötig sein sollte was, wie ich befürchtete, wohl bald der Fall sein könnte.

Ich empfand ein unbestimmtes Unbehagen darüber, daß der Detektive sie durchaus hatte begleiten wollen. Ich fragte mich innerlich, ob er wohl einen besonderen Grund hiefür gehabt hätte, oder ob einfach der Zauber ihres Wesens auch auf ihn gewirkt wie auf uns andern alle. Jedenfalls gefiel es mir nicht, und ich war in recht schlechter Stimmung, als ich an Frau Atkins' Wohnungstür läutete.

5. Kapitel.

Ist Frau Atkins bereit?" fragte ich die hübsche Zofe.

Bevor sie aber Zeit zur Antwort hatte, hörte ich ein Rauschen seidener Röcke mir schnell näher kommen. Das Parfüm, das ich bereits in der Wohnung wahrgenommen hatte, machte sich stärker bemerkbar, und die Dame selbst erschien, und zwar ein außerordentlich hübsches Dämchen mit goldenem Haar und Rosenwangen. Ihre großen blauen Augen waren so unschuldig, und wie ein überkritischer Beobachter vielleicht hinzugesetzt hätte so ausdruckslos wie die ihrer leblosen Schwestern in einem Puppenladen. Ein weißes Muffelinkleid mit tausend Spitzenbesätzen und Rüschen umhüllte ihr Persönchen, und ganze Ellen blauen Bandes umflatterten sie. Ihre zarten und doch fleischigen Finger waren mit

glitzernden Ringen bedeckt, die jedoch kaum mehr glänzten als ihre rosigen Nägel. Sie strahlte mich mit einem koketten Lächeln an, wobei sie sehr niedliche, scharfe, weiße Zähnchen sehen ließ, und unwillkürlich lächelte ich sie wieder an der tragische Anlaß, der mich zu ihr führte, war mir für den Augenblick ganz aus dem Gedächtnis gekommen.

O, Herr Doktor!" rief sie mit einer hohen, durchdringenden Stimme. Ist es nicht gräßlich? Man sagt mir, ein armer Mensch sei hier im Hause totgeschlagen worden, und nun Hab' ich so eine schreckliche Angst, weil ich ihn ja ansehen soll. Muß ich das wirklich?" Dabei rang sie mit einer anmutigen Gebärde von Verzweiflung die Hände.

Ich fürchte, das werden Sie wohl müssen!" antwortete ich, zu ihr herablächelnd.

Aber Sie werden mit mir gehen, nicht wahr?" bat sie.

Gewiß, meine verehrte Gnädigste, und wenn Ihre Mädchen eben­falls fertig sind, so wäre es am besten, wir gingen sofort."

Merrit empfing uns vor der Wohnung, worin der Ermordete lag, bedeutete den beiden Mädchen, sie sollten draußen warten, und führte uns hinein.

Als Frau Atkins den toten Mann erblickte, fuhr ein Schauder ihr durch den ganzen Leib, und ich fühlte, wie die auf meinem Arm ruhende Hand sich plötzlich zusammenkrampfte. Sie schrie zwar nicht auf und würde auch nicht ohnmächtig, aber es war doch seltsam; sie stand plötzlich still, wie wenn sie zu Stein erstarrt wäre, und ihre Augen hafteten mit einem Ausdruck des Entsetzens an dem Leichnam.

Frau Atkins", wiederholte er etwas lauter,kennen Sie den Toten?"

Diesmal machte sie eine leise Bewegung. Sie versuchte, ihre fahlen Lippen zu netzen, und schlug endlich, mit sichtlicher Anstrengung, die Augen auf, um sich furchtsam nach allen Seiten umzusehen.

(Fortsetzung folgt.)